Spitzmützen

Bis heute - und eben schon vor der Inquisition - tragen und trugen die nazarenos (Nazarener) und penitentes (Büßer)in den Prozessionen der Semana Santa (Karwoche) die capirotes, wobei du die der Nazarener meinst, die nämlich spitz nach oben zeigt, wie beim Ku-Klux-Klan (beide Dinge haben aber nichts miteinander zu tun), während die der penitentes (die häufig auch Fußketten und ein Kreuz tragen) schlaff herab hängt.
Ursprünglich verhüllt die capirote das Gesicht, individuelle Unterschiede der Büßer sollten dadurch ursprünglich unkenntlich gemacht werden, da man ja davon ausgeht, dass jemand, der zu büßen hat, etwas Schlimmes gemacht hat. Heute allerdings ist es eine Ehre zu einer Bruderschaft (Hermandad, Cofradía) zu gehören, trotz des religiösen Charakters der spanischen Karwochenprozessionen, ist dies mehr Traditionsverbundenheit als christl. Glaube und man wächst in die Bruderschaften hinein.
 
Die Fragestellung ist ja hoch interessant.

Jan Hus scheint auch Verbrennungen nie mit spitzem Hut dargestellt.
Stattdessen ein weißer hoher Hut ohne Spitze auf dem drei Teufel abgebildet sind.
Beispiel 1
Auf diesem Gemälde aus dem Jahr 1536 trägt der weiße Hut des tschechischen Reformators und anerkannten Ketzer eine schwer entzifferbare Inschrift. "Häresie"?

In der chinesischen Kulturrevolution wurden von den Roten Garden kurioserweise nach Vorbild der christlichen Inquisition spitze Papierhüte zur Demütigung der Opfer verwendet. Das ist zwar nicht der Ursprung der Tradition... aber zumindest das Finale. ;)
 
Ich habe mal etwas rumgegoogelt und zum Thema das folgende Goya-Bild gefunden:
http://www.artchive.com/artchive/g/goya/goya_inquisition.jpg

Die Spitzhüte sind nicht rein weiß (oder schwarz), wie die Capirotes, da ist irgendwas drauf und es fehlt eben auch das verdeckte Gesicht. Außerdem scheinen die Angeklagten auch eine Art Capa zu tragen.

Neben den Capirotes und den Ku-Klux-Klan-Mützen tragen übrigens auch die Guglmänner vergleichbare Kopfbedeckungen: http://www.spiegel.de/img/0,1020,1231678,00.jpg

Eventuell auch passend zum Thema: man denke in dem Zusammenhang vielleicht auch an die bis heute noch verbreitete klischeehafte Vorstellung von Hexenhüten.
 
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Eventuell auch passend zum Thema: man denke in dem Zusammenhang vielleicht auch an die bis heute noch verbreitete klischeehafte Vorstellung von Hexenhüten.

Das wird es sein,
Wenn ich so ein Thema lese, wenn jemand fragt, was hat dieses und jenes Kleidungsstück zu bedeuten, denke ich immer, es war eben
Mode damals.
In 1000 Jahren wird auch keiner mehr verstehen, warum hier und heute Frauen auf hochhackigen Schuhen rumgelaufen sind.
 
Kann jemand den Ursprung der Spitzmützen erklären, welche in der spanischen Inquisition Ketzern aufgesetzt wurden?
Da es im Zusammenhang mit der Tat gesehen werden könnte, fällt mir spontan "Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden", ein.
Ein hoher Hut oder eine Krone erhöht optisch und ist ein Macht- und Herrschaftssymbol. Im Zuge der Inquisition sollten die Angeklagten gedemütigt und verspottet werden, der einfache Tod wurde nicht als harte Strafe empfunden.
Eventuell auch passend zum Thema: man denke in dem Zusammenhang vielleicht auch an die bis heute noch verbreitete klischeehafte Vorstellung von Hexenhüten.

Bei den spitzen Hüten, die nicht nur Hexen sondern auch Zauberer im Märchen tragen, denke ich an Berliner Goldhut ? Wikipedia als möglichen Prototyp.
 
Ich habe mal etwas rumgegoogelt und zum Thema das folgende Goya-Bild gefunden:
http://www.artchive.com/artchive/g/goya/goya_inquisition.jpg

Die Spitzhüte sind nicht rein weiß (oder schwarz), wie die Capirotes,

Die capirotes sind zwar meist nicht bunt, sondern einfarbig - wobei es farblich kombinierte Gewänder gibt - aber sie sind auch nicht unbedingt immer weiß, wie beim KKK, es gibt sie in vielen Farben, jede Bruderschaft hat ihre eigenen.


da ist irgendwas drauf und es fehlt eben auch das verdeckte Gesicht.

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.


Jan Hus scheint auch Verbrennungen nie mit spitzem Hut dargestellt.

Der war allerdings auch kein Opfer der spanischen Inquisition.


Auf diesem Gemälde aus dem Jahr 1536 trägt der weiße Hut des tschechischen Reformators und anerkannten Ketzer eine schwer entzifferbare Inschrift. "Häresie"?

Zumindest hereſe kann man lesen. Die Zeichnung ist allerdings nicht zeitgenössisch, sondern ein gutes halbes Jahrhundert später entstanden.
 
Auf der Suche nach der "Beschriftung" der Spitzhüte auf dem Goya-Bild habe ich noch ein Bild gefunden, auf dem etwas deutlicher zu erkennen ist, dass sowohl auf dem Hut als auch auf der Capa (?) wohl Bilder/Schrift sind:
 

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    GoyainIraq.jpg
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Ohne mich mit dieser Frage schon einmal beschäftigt zu haben, kann ich mir vorstellen, dass eine Herkunft vom spitzen Judenhut wahrscheinlich ist.

Judenhut ? Wikipedia

Dem schließe ich mich - zugegebenermaßen mit einiger Vorsicht - an, zumal das dort verlinkte Judenhut (Deutsches Rechtswörterbuch - DRW) u.a. ausführt:
Judenhut II als Schandmütze schrieb:
  • [ein Wucherer soll Kirchenbuße tun] und eyn judenhut uff han (1390 Region/Autor/Textsorte: Seligenstadt am Main)

  • vnd eynen gespizten judenhút sol er haben auf dem haúpt [der der Zauberei Überwiesene] (1413/21 Fundstelle: Ofener Stadtrecht)

  • man müst ieglichem [Wucherer] ain judenhuot für das hus slan (Des Teufels Netz : satirisch-didaktisches Gedicht 1415/18)

  • 4 sh von dem judenhut den man brante zu machen [weitere Angaben: als Schandmütze für einen zu Verbrennenden] (Freie Reichsstadt Frankfurt a. Main Datierung: 1474)
und von dort weiter zu Judenhtlein (Deutsches Rechtswrterbuch - DRW)
  • [eine Christin, die mit einem Juden Geschlechtsverkehr gehabt hat, soll man auf einem Karren durch die Stadt führen] auch ein judenhütlein von papier ihro auf das haupt setzen
Zwar gebe ich zu, daß ich da auf dünnem Eis stehe, aber da der von der Inquisition der Ketzerei überführte Delinquent neben dem Spitzhut mW auch ein Schandkleid bzw. Schandhemd zu tragen hatte, erscheint mir die Einordnung in den entsprechenden Kontext (Randgruppe, aber auch Schand- oder Ehrenstrafe) durchaus plausibel.

DeutschesFachbuch.de : Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft Von Hrsg. v. Hergemöller, Bernd U führt den Spitzhut ebenfalls zusammen mit phrygischer Mütze, Hörnerhaube, Judenhut und Trichterhut auf.
Anm.: Die Hörnerhaube dürfte dabei mE mit dem gehörnten Hut (pileus cornutus) identisch sein.

Reichel, Andrea-Martina - Kapitel 3 versucht, die Zusammenhänge von Spitzhut, phrygischer Mütze, Hörnerhaube, Judenhut und Trichterhut darzustellen.
 
Vielleicht der Ursprung des Ketzerhutes?
Die karolingische Handschrift Stuttgrater Psalter zeigt zwei gefesselte Männer mit weißen Mützen.
Zur Abbildung gehört Psalm 149 6,9:
Ihr Mund soll Gott erheben, und sie sollen scharfe Schwerter in ihren Händen haben, dass sie Rache üben unter den Heiden, Strafe unter den Völkern; ihre Könige zu binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln.
Die gefesselten Heiden-Könige, an denen das Gottesvolk Rache nehmen soll, tragen offenbar weiße Hüte mit einer Art Spitze.
Der Psalter entstand zwischen 820 und 830 nach byzantinischen Vorbildern.
 
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