Süntelschlacht 782n.Chr.

C

Cherusker

Gast
Die Süntelschlacht war die schwerste Niederlage, die das fränkische Heer gegen die Sachsen erlitten hat.
782 sollte ein fränkisches Heer mit Unterstützung von sächsischen Aufgeboten die aufständischen Slawen im Gebiet zwischen Elbe und Saale wieder beruhigen und vom fränkischen Gebiet vertreiben.
Die zusammengerufenen Sachsen versammelten sich unter Widukind an der Weser in der Nähe des Süntels. Widukind hatte auch die Friesen zu einem Bündnis gegen die Franken ermutigen können. Somit gab es eine große sächsische Streitmacht, die anscheinend nicht "gewillt" war sich am Slawenfeldzug zu beteiligen.

Die fränkischen Feldherren Adalgis, Geilo und Worad sollten den Slawenfeldzug durchführen. Als jedoch die Sachsen ebenfalls aufständische Tendenzen zeigten, sollten diese fränkischen Feldherren auf ein zusätzliches fränkisches Heer des Grafen Theoderich/Dietrich warten, um dann gemeinsam gegen diese aufständischen Sachsen unter Widukind vorzugehen. Obwohl es noch nicht zur Vereinigung der fränkischen Heere gekommen war, gingen die Franken unter ihren Feldherren Adalgis, Geilo und Worad gegen die Sachsen vor. Höchstwahrscheinlich von der Weser kommend (Hameln) zogen sie gen Deisterpforte, um so gegen die noch feindlichen östlich der Weser wohnenden Sachsen vorzugehen. Der Feldzug gegen die aufständischen Slawen (Wenden) war höchstwahrscheinlich nur vorgetäuscht.
Es kam zu einer Schlacht in der Nähe des Süntels (es wurde eher von einer offenen Feldschlacht berichtet als von einem Waldgefecht). In dieser Auseinandersetzung wurden die Franken vernichtend geschlagen. So hatten sie 2Königsboten, 4Grafen und 20 Edle als Tote zu beklagen. Die fliehenden überlebenden Franken zogen sich nicht in ihr Lager zurück, sondern flohen gleich über die Weser in das Lager von Theoderich. Nach diesem Debakel kümmerte sich Karl der Große persönlich um diesen Aufstand. Als Hauptschuldiger wurde Widukind erklärt, der sich allerdings wieder gen Dänemark abgesetzt hatte.

Der genaue Schlachtort ist bis heute nicht lokalisiert. Es gibt einige Funde, die mit dieser Auseinandersetzung in Verbindung gebracht werden können. So gab es auf 2Burganlagen einige Funde aus dieser Zeit, die auf sächsische Reiterei und Kriegern schließen lassen. In der Nähe vom Süntel wurden einzelne Sachsenfunde (Messer, Nägel, usw.) gemacht. Allerdings wurden im Nordteil des Süntels keine Schlachtfunde registriert. Dadurch ist eine Theorie zur Lokalisierung des Schlachtorts somit z.Zt. hinfällig.
Heutige Vermutungen richten sich auf den Raum Bad Münder - Hachmühlen. So gab es auf einer nördlichgelegenen Burg Funde einer Reiterei. Höchstwahrscheinlich wurden die Franken von 2Seiten her angegriffen. 2sächsische Heere haben sich vermutlich an dem Schlachtort getroffen. Somit kann die Überlieferung stimmen, daß das Frankenheer von 2Seiten angegriffen wurde.
Ferner sind noch sächsische Grabfunde aus der Zeit interessant. So wurden auf dem "Heidenkirchhof" (zwischen Hannover und Hildesheim) 2 sächsische Reitergräber (Körpergräber) gefunden. Beide Gräber wiesen Skelette auf, die wiederum Gewaltspuren aufwiesen (einmal eine tödliche Hiebverletzung am Hinterkopf und beim anderen ein fehlender Unterschenkel). Diese Gräber waren reichhaltig ausgestattet und wiesen auch jeweils eine "Totenfolge" einer sozialniederstehenden Frau auf. Diese Frauenskelette wurden in der Nähe der Pferdeskelette und den Grabbeigaben gefunden und nicht beim Skelett des Kriegers. Anscheinend folgte eine sozialabhängige Bedienstete dem Krieger in den Tod (sowas gab es auch bei den Wikingern).
Aufgrund der reichhaltigen Ausstattung und der sorgfältigen Beisetzung kann davon ausgegangen werden, daß es sich hierbei um sächsische Reiter gehandelt haben, die während der Süntelschlacht fielen und dann von den Angehörigen (aufgrund des Sieges) mit aller Zeremonie beigesetzt wurden.

Was ist noch anzumerken....793 wurde ein Graf Dietrich an der Weser von Sachsen abgefangen und vernichtend geschlagen. Vielleicht handelte es sich hierbei um den Grafen Dietrich von 782?

Und noch was....es gibt bei der Erzählung der Süntelschlacht einige Parallelen zur Varusschlacht. Ein Feldzug (relativ spät im Jahr) gegen Aufständische (die auch im Osten saßen). Sächsische Verbände, die eigentlich behilflich sein sollten, entpuppen sich als Feinde. Aufgeteiltes Heer, usw..
 
Kannst Du Literatur zu den Funden nennen?
Würde mich interessieren auch inwieweit man die Grablegen mit der Schlacht verbindet.

Zur Varusschlacht sehe ich keine Verbindung.
Die meisten Interpretationen, weswegen die Schlacht verloren ging beziehen sich auf falsches Timing der Franken, da man versuchte mit zwei Heeresabteilungen ein sächsisches Lager anzugreifen, eine davon aber zu schnell hervor stieß und so Überraschungseffekt und Vorteil verloren ging. Die Schuld wird in den historischen Quellen klar einigen fränkischen Großen gegeben. Inwieweit Karl bei dieser Schlacht dabei war und ob er vom Ort des Geschehens „weggelobt“ wurde wird diskutiert.
 
- hallo erstmal -

@Süntelschlacht

da ich mit den Örtlichkeiten am Süntel vertraut bin, möchte ich hier einige Dinge beisteuern:

Am Süntel selbst liegt im Bereich des "Hohensteins" https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCntel
eine alte Kultstätte. Von diesen markanten Steilklippen aus hat man einen guten Blick in das Weserbergland hinein, so dass von hier aus ein entlang der Weser marschierendes fränkisches Heer beobachtbar wäre.
Direkt am nördlichen Rückhang dieser Klippenformation liegt das Tal des Blutbachs
(Angeblich soll dieser Bach sich bei der Sachsenschlacht am Süntel rot vor Blut gefärbt haben. Der Bach strebt auf Höhe der Ortschaft Zersen aus dem Süntel heraus und eilt hier der nahen Weser zu.
Zu beachten ist aber, dass hier gleich auch Hess. Oldendorf liegt, Schauplatz eines blutigen Zusammentreffens im 30-Jährigem Krieg. Eine Vermengung solcher markanten Ereignisse bei Flur- und Bachnamen lässt sich schwerlich ausschließen)
Im Bereich des Blutbachtals liegt - naheliegenderweise - die Blutbachquelle. Diese Quelle entwässert Gesteins-Formationen aus Richtung des Dachtelfeldes (zentral im Süntel gelegen), auf dem die Heimatkundler die Süntelschlacht genauer lokalisieren wollen. Grabungsfunde als Beleg sind mir aber nicht bekannt.

Das scharf eingeschnittene Tal von der Blutbachquelle herab hat zusätzlich noch den Eigennamen Totental. Angeblich, weil hier nach der Schlacht all die Toten hineingeworfen worden sein sollen, was ich aber für hinterfragungswürdig halte
(Leichen aufsammeln und mehr als 2 km weit karren, um sie in einem Bachlauf zu werfen?).

Westlich des Hohensteins schließt sich, keine halbe Stunde zu Fuß entfernt, die Amelungsburg an https://de.wikipedia.org/wiki/Amelungsburg_(S%C3%BCntel)

Zwischen Hohenstein und Amelungsburg ist der Pass nach Langenfeld und von dort ins Auetal. Nochmals eine halbe Stunde zu Fuß vom westlichen Tor der Amelungsburg kommt der Pass von Rhoden, welcher ebenfalls Richtung Norden und weg von der Weser ins Auetal führt.
Unter Gesichtspunkten einer sächsischen Aufgebotssammlung "am Hohenstein" wären das die Flucht/Rückzugsrouten gegenüber ein von Süden (Paderborn) kommendes rechts und links der Weser beide Seiten aufrollendes Heer der Franken.

Ob nun wirklich die Franken bei Hameln hoch ins Deister Süntel Tal von der Weser weg nach Norden abbogen, um dann hinter Bad Münder über das Dachtelfeld in den Süntel zogen? Halte ich für spekulativ.

Operativ gäbe ein solcher Zug her, via Dachtelfeld den Süntel zu Überqueren und bei Raden das Auetal zu erreichen. Die Pforte zwischen Blutbachtal und Bleekesgrund wäre breit genug, hier als wehrhafte (breite) berittene Formation durchstoßen zu wollen. Anschließend kämen bis Langenfeld und Pass von Rhoden keine natürlichen Kavalleriehindernisse mehr
(wer den, so auch in den Quellen so beschriebenen, zerklüfteten Süntel kennt, weiß was ich damit nur ausdrücken will)

Andererseits würde sich so das fränkische Heer den bekannten Nachteilen der Äußeren Linie aussetzen, während die Sachsen mit ihren starken Infanteriekontingenten die Vorteile der Inneren Linie noch voll nutzen könnten.
In wie weit aber hier 782 wirklich Feldherrnkunst am Werke war, ist ebenfalls nicht belegbar. Daher hier erstmal Ende
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Quellen sind ja eigentlich recht dürftig. So berichten die älteren Metzer Annalen (Annales Mettenses priores), dass Karl drei Heerführer durch das rebellische Sachsenland gegen die Slawen geschickt habe und diese seien von den ungläubigen Sachsen gemeinerweise überfallen und viele getötet worden. Von den drei namentlich genannten Heerführern sollen dann zwei am Süntel gefallen sein: Inter quos etiam Adalgisus et Gailo in monte qui dicitur Sundal occubuerunt.
Danach folgt direkt Karls Rache mit dem Blutbad an der Aller, wobei ihm der Hauptschuldige entkommt:
Hoc audiens rex Carolus cum his, quos sub celeritate coniungere potuit, Renum transiens Saxoniam penetravit et pervenit ad locum , ubi Alera et Wisera flumina confluunt. In quo loco supplices Saxones undique ad illum venerunt et omnes illos malefactores, qui illud iniquum consilium perpetraverant , regi tradiderunt ad occidendum, viros quasi IIIIor milia D. Quod ita et factum est. Witigindus tamen, auctor criminis, ad Nordomanniam confugium fecit.
(Übersetzung auf Anfrage)Die Reichsannalen geben nicht viel mehr her, der Text ist mehr oder weniger identisch. Die Annalen von Niederlataich behandeln die Schlacht immerhin als das wichtigste Jahresereignis, geben aber noch weniger her:
781. Carolus Romae; baptisatus filius Carolomanus, quem Adrianus
mutato nomine Pipinum vocat; ibi filia eius Ruotdrud desponsatur Constantino.
782. Comites Caroli a Saxonibus occisi Suntdal.
783. Hildigard regina obiit, succedit Fastrat. Carolus contra
Saxones in Thietmelli.



Das Karl im darauffolgenden Jahr schon wieder in Thietmelli (Detmold) gegen die Sachsen zieht, ist anmerkenswert.

Ohne die Schlacht von Detmold im darauffolgenden Jahr: Weißenburger Annalen und Lampert von Hersfeld.



Der Poeta Saxo verändert zwei bis drei Gernationen später Adalgisus in Conradus, aber sonst bleibt er bei der altbekannten Schilderung. Er wird dann von den Quedlinburger Annalen benutzt.



Am ausführlichsten ist die als Einhardsannalen bekannte Fassung der Lorscher Annalen, welches das in monte Sund(t)al spezifiziert. Da ist dann plötzlich von mehreren Burgen die Rede, eine sächsische an der Nordseite des Süntel und eine fränkische am Übergang über die Weser (wenn ich den Text zu dieser vorgerückten Stunde noch richtig verstehe, er ist nämlich etwas komplizierter, als die anderen, die in einem relativ eingängigem Latein verfasst sind). Karls Feldherren wollten den Süntel demnach umgehen, wurden aber durch die Sachsen gehindert. Die Einhardsannalen beschränken sich dann auch nicht auf den Zusammenfluss von Weser und Aller sondern nennen Verden (Ferdi) namentlich.


Zuguterletzt noch eine kleine Anmerkung: Wie aus einer Urkunde Ottos III. (# 73, 9. September 991) zu entnehmen ist, ist der Süntel in damaliger Zeit wohl größer gewesen als heute. Damals wurde unter dem Süntel wohl ein Gebiet beiderseits der Weser verstanden. Jedenfalls verschenkt Otto den Teil des Süntels der westlich der Weser liegt: dedimus silvam Suntel vocatam quantum ex occidentali parte fluminis quod Uuisera nuncupatur
 
@ el Quijote

danke für deine Aufstellung.

zu heutiger Süntel vs damaliger Süntelbegriff

es wurde von mehreren Autoren darauf hingewiesen, dass der damalige Süntelbegriff weitgefasster war, also auch westlich über den Durchbruch der Weser hinaus benutzt worden war (Wiehengebirge).

in dem wilheminischen Schulbuch "Geschichte der neueren Zeit in vier Bänden" von Oskar Jäger 1888 wird im Fließtext (ohne Quellenangabe) die Süntelschlacht nördlich es Weserdurchbruchs im Raum Minden-Bückeburg verortet.

In der Biographie "Karl der Grosse" von Gerhard Herm (Econ Verlag, 1987) wird die Schlacht im Fließtext sehr ausführlich beschrieben. Ständige in "" gesetzte Halbsätze-lange Einschübe beziehen sich auf diverse Überlieferungen. Leider ist nicht nachvollziehbar, welcher dieser Einschübe, die jedes Mal ein relevantes Detail für die Ablauf-Hypothese liefern, nun aus welcher Quelle stammt.
Auch Herr Herm verortet die Schlacht auf nördlich des Weserdurchbruchs. Er legt sich sogar auf den Ort des heutigen Bückeburgs fest.

Die dargelegte Ablauf Hypothese geht von aus:
- verschiedene Heerhaufen der Franken mit Unterführern
- zu beiden Seiten der Weser wird marschiert
- der rechte (ostseitige) Heerhaufen wird eines sächsischen Kontingents ansichtig
- stürmt alleine los, um die Siegerehre nicht mit dem Heerführer auf der anderen Seite der Weser teilen zu müssen
- wird an der Flanke durch weitere sächsische Kontingente eingekreist und zu einer verlustreichen Flucht gezwungen.
- anschließend verschwinden die Sachsen unter Widukind wieder "im zerklüfteten Süntel"
- der nicht betroffene Heerhaufen nimmt die Überlebenden auf und rückt wieder ab


Hier wäre halt die Frage an Quellkundige, ob es für einzelne dieser Thesen auch Belege aus vertrauenswürdiger Überlieferung gibt.
Gerade die Frage, ob es neben "Süntel" noch irgendwelche anderen Namen (etwa von Einmündungen in die Weser) zur Bestimmung des Gebietes gäbe.
 
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