Transkripierte Texte im allgemeinverständlicher Sprache?

Namenlos

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Hallo zusammen,

es gibt wohl sehr viele Bücher, Memoarien, Tagebücher, Briefe und sonstige Original-Schriftstücke aus der Vergangenheit.

Ich frage mich, ob sämtliche dieser Quellen bereits 1) eingescannt, 2) transkripiert, dann 3) in allgemeinverständlicher Sprache übersetzt und 4) der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden?

Gibt es Online-Plattformen, wo man solche "aufgearbeiteten" Originalquellen nachgucken kann? Thematisch würde mich eigentlich alles bis 1800 interessieren.
 
Ich frage mich, ob sämtliche dieser Quellen bereits 1) eingescannt, 2) transkripiert, dann 3) in allgemeinverständlicher Sprache übersetzt und 4) der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden?
Die KI ist eigentlich erst jetzt so weit, Handschriften (HSS) zu entschlüsseln. Sie ist noch nicht so weit, Archivalien, vielleicht sogar zerfallende Archivalien aus ihren Kartons zu holen, auf den Scanner zu legen und zu scannen. Das ist noch immer Handarbeit (und ganz ehrlich: es ist doch gerade das spannende eine alte HS zu entziffern und sich nicht vorlegen zu lassen, wo bleibt da die Entdeckerfreude? Geisteswissenschaftler arbeiten für die Passion, nicht fürs Geld ;) , sind keine Technokraten).

Du offenbarst ein sehr erzählendes Quellenverständnis. Klar, historiographischen Quellen sind die, die spannend und verhältnismäßig leicht zu lesen sind. Die überwiegende Anzahl der historischen Quellen sind aber Archivalien. Und das sind Überreste von Verwaltungshandeln. Wer will die alle digitalisieren und vor allem für wen? Das findet keine Leser. Und wenn, dann verfügen die i.d.R. über die notwendigen Schriftkenntnisse (und die kann man sich aneignen).

Hinzu kommt, dass digitale Medien bisher nicht das beste Speichermedium sind, Mittelalterliche Pergamente und nichtindustrielle Papiere sind noch nach Jahrhunderten lesbar. Digitale Quellen (und auch eine Cloud hat irgendwo ihr physisches Gegenstück) haben eine begrenzte Haltbarkeit und müssen andauernd migriert werden, da kommen Daten hinzu und andere gehen verschütt.

Es ist natürlich so, dass Quellen, die von vielen gelesen werden, besser digital vorliegen, um das Original zu schonen. Daher wird auf auf demand gescannt und der Scan kann dann wieder und wieder verwendet werden.




Thematisch würde mich eigentlich alles bis 1800 interessieren.
Vorwärts oder rückwärts gedacht?
 
Das finde ich schade, dass es offenbar keine "zentrale" Stelle gibt, die Archivarien digitalisiert, transkripiert und dann auch noch in verständlicher Sprache wiedergibt. Es wird da wohl auf den einzelnen Interessierten gesetzt, der ins Archiv fährt und entsprechende Lesefähigkeit hat und dazu die Sprache kennt.

Mir ist der Gedanke gekommen als ich eine Doku über Austerlitz gesehen habe. In der Doku sagte man mehrmals nach dem Motto "in den Memoarien von XY"... ich fände es spannend diese Memoarien und Tagebücher nachzulesen. Aber ich kann weder französisch noch kann ich die "alte" französische Sprache. Gleiches gilt für Altdeutsch. Außerdem auch kein Geld um in Archiven in Frankreich zu stöbern.

Da fände ich es sehr schön, dass es eine "Sammestelle" gäbe, die solche Memorian scannt, transkripiert und in moderne Sprache übersetzt. Weil dann kann man auch mit Deepl in jede andere Sprache übersetzen und jeder hätte Zugriff drauf. Schade, dass es eine Utopie bleibt.
 
Das Übersetzen halte ich für eher problematisch. Jede Übersetzung ist auch eine Interpretation (wie das Französische so treffend benennt). Interpretiert wird immer nach dem aktuellen Verständnis des Sachverhalts. Dieses ändert sich, sowohl mit Veränderungen in der Gesellschaft als auch mit dem Verständnis durch mehr Quellenstudium.
Mit einer festgeschriebenen "Übersetzung" hätte man eine festgeschriebene Interpretation.
Nimm als Beispiel Shakespeares Werke. Da gibt es Übersetzungen von Schlegel/Tieck ab 1789 bis heute. Jedes Mal ist etwas Anderes Schwerpunkt, ohne dass die jeweilige Übersetzung als falsch bezeichnet werden könnte.
 
Das finde ich schade, dass es offenbar keine "zentrale" Stelle gibt, die Archivarien digitalisiert, transkripiert und dann auch noch in verständlicher Sprache wiedergibt. Es wird da wohl auf den einzelnen Interessierten gesetzt, der ins Archiv fährt und entsprechende Lesefähigkeit hat und dazu die Sprache kennt.
Wer soll das tun und für wen? Und von welchem Geld?

Es gibt Historiker und historisch begeisterte Publizisten, welche historische Quellen (Briefe, Tagebücher, historiographische Schriften) publizieren. Weil sie (und die Verlage im Hintergrund) glauben, dass das Interesse an diesen Texten groß genug sei, um damit wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Denn es gibt zwar eine Vorhaltepflicht für bestimmte historische Dokumente (z.B. Kataster) aber es gibt keine Publikationspflicht. Bei personenbezogenen Dokumenten gibt es sogar Schutzfristen, wie lange ein Dokument der Öffentlichkeit NICHT zugänglich gemacht werden darf.

Was du machen kannst, ist, Bibliotheken und Buchgeschäfte nach publizierten Quellen zu durchsuchen. Die gibt es, bändeweise.
Wenn dir das Angebot auf dem Markt nicht reicht, dann musst du entweder selber ins Archiv gehen und lesen (wie gesagt, das ist erlernbar) oder aber Geld investieren und einen Profi damit beauftragen.

Mir ist der Gedanke gekommen als ich eine Doku über Austerlitz gesehen habe. In der Doku sagte man mehrmals nach dem Motto "in den Memoiren von XY"... ich fände es spannend diese Memoiren und Tagebücher nachzulesen. Aber ich kann weder französisch noch kann ich die "alte" französische Sprache. Gleiches gilt für Altdeutsch. Außerdem auch kein Geld um in Archiven in Frankreich zu stöbern.
Auch frz. Quellen sind publiziert und z.T. auch auf deutsch. Bzgl. der napoleonischen Kriege sind auch hinreichend deutsche Quellen (z.B. durch Kleßmann) oder frz. Quellen auf deutsch publiziert.
Memoiren, die in einer Doku erwähnt werden, liegen mit einiger Wahrscheinlichkeit publiziert vor.
 
Schau dir mal bei Wiki die "Monumenta Germaniae Historica" an. Die beschäftigen sich nur mit Deutschland von 500 bis 1500 und das seit 1819. Und jetzt überlege noch was nach 1500, alleine in Deutschland, dazu gekommen ist.
 
Nimm als Beispiel Shakespeares Werke. Da gibt es Übersetzungen von Schlegel/Tieck ab 1789 bis heute. Jedes Mal ist etwas Anderes Schwerpunkt, ohne dass die jeweilige Übersetzung als falsch bezeichnet werden könnte.
Doch, manche deutsche Übersetzungen waren falsch, weil sie aus sittlichen Gründen die deftige Sprache Shakespeares nicht übersetzten, sondern mildere Ausdrücke benutzten und manchmal sogar Sätze oder ganze Passagen wegließen. Das ging schon bei Wieland los – Zitat: "die ekelhafte Unsittlichkeit derselben Szenen verbietet uns, sie zu übersetzen"

Das ging bis in die 1950er Jahre so. Ich habe vor Jahren eine Doktorarbeit gelesen, die sich ausschließlich mit den deutschen Übersetzungen Shakespeares beschäftigte.
 
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