Ich gehe also mal davon aus, dass die geflüchteten polnischen Exilpolitiker, ein ernsthaftes Interesse an der Wiederherstellung ihres Landes hatten. Und das in den Grenzen, welche ihnen vom Ausland nach dem 1. Weltkrieg zugesichert worden waren. Deshalb gehe ich davon aus, dass die verantwortlichen Leute, diese polnischen Grenzen als ihre "natürlichen Grenzen" gesehen haben.
Aus diesem Grund, wäre schon ganz schön zu wissen, wie die Reaktionen der Leute waren. Immerhin, handelt es sich dabei um eine weitere willkürliche Grenzverschiebung! Die Betroffenen hat man sicherlich nicht gefragt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Verhalten, sicherlich nicht dazu beigetragen hat, die Allianz zu stärken. Es wundert mich schon, dass man zu diesem Sacherhalt, keine nennenswerten Dokumente oder Aussagen von Zeitzeugen findet.
Es kann natürlich durchaus sein, dass man den Polen einfach gesagt hat: Ihr haltet die Klappe.
Das ist zwar nicht sehr nett. Soll aber zuweilen vorgekommen sein.
Ich bestreite nicht, dass die deutsche Besatzung, für Polen alles andere als "schön" war. Mir ging es wie gesagt darum, dass man ohne die Vertreter des freien Polen zu konsultieren, einfach mal über das Schicksal von Millionen Menschen entschied! Und wie Turgot so richtig geschrieben hat, man sanktionierte, ohne mit der Wimper zu zucken, einen illegalen Plan, der diesen Krieg ja quasi ausgelöst hat. Und dass ausgerechnet die BRITEN diesen Plan abgesegnet haben, finde ich ein starkes Stück. So behandelt man Vasallen, keine Verbündeten! Und für die Polen, war Stalin nicht weniger schuldig als Hitler, könnte ich mir denken!
Hier offenbart sich mal ganz klar, Großmachtdenken. Was wiederum klar, einen Bruch der berühmten Atlantik-Charta bedeutet hat. Dieser Geist, ist ja heute noch zu spüren, wenn, man sich den sogenannten Weltsicherheitsrat anschaut! Kein der dort ständig vertretenen Mächte, hatte historisch gesehen oder moralisch das Recht, anderen Völkern vorzuschreiben, wie diese sich zu verhalten hatten!
Roosevelts Idee, mag gut geklungen haben, aber ihre Fehler waren schon kurz nach ihrem in Kraft treten, unübersehbar. Dazu muss man sich nur das Jahrzehnt nach 1945 bis 1955 anschauen. Für mich steht fest, dass man die Polen, sehr stark
verarscht hat. Um es mal freundlich z formulieren.
Du kannst dich ja mal mit der Konferenz von Jalta beschäftigen, da wurde ausführlich über das Thema Polen verhandelt, und es war die polnische Exilregierung auch bei den Verhandlungen anwesend. Wenn man sich auch nur oberflächlich mit dieser Konferenz beschäftigt, kann man eigentlich gerade den Briten und Churchill nicht vorwerfen, dass er die Polen verarscht hat.
Im Gegenteil! Churchill hat wie ein Löwe für die polnischen Interessen gekämpft, und er hat Polen in den Grenzen von 1939 wieder erreichten wollen, erklärte sich aber schließlich mit der Curzon-Linie einverstanden. Dass er die überhaupt durchsetzen konnte, war schon ein Verhandlungserfolg. Unter den Großen Drei war GB inzwischen zum Juniorpartner geworden. Wenn überhaupt hätte höchstens Roosevelt versuchen können, ein Machtwort zu sprechen, aber der war ein todkranker Mann. Die Reise um die halbe Welt war eine enorme Belastung für ihn, und er traf sich mit Stalin, um sein Lieblingsprojekt die Gründung der UNO durchsetzen zu können. Im Gegensatz zu Churchill machte sich Roosevelt noch Illusionen über Stalin und glaubte mit dem eine friedliche demokratische Weltordnung errichten zu können. Vor allem aber hatte Stalin in Osteuropa bereits vollendete Tatsachen geschaffen. Die Rote Armee hatte soeben Polen "befreit", sie kontrollierte halb Europa, und GB und die USA hatten nicht die Möglichkeit, dem etwas entgegenzusetzen. Die USA befanden sich noch im Krieg mit Japan, dass sich immer noch verbissen hielt. Roosevelt hoffte auf sowjetische Unterstützung im Pazifikkrieg, er brauchte Stalin für sein UNO-Projekt, er brauchte Stalin für die Neuordnung Europas, und er war daher schon bei früheren Konferenzen weit eher geneigt, Stalin Zugeständnisse zu machen.
Churchill sagte: "Für uns ist es eine Frage der Ehre, Polen in seiner territorialen Integrität und Freiheit wiederherzustellen!" Stalin antwortete darauf: Für uns ist das eine Frage auf Leben und Tod!" Churchill hatte für Polen gerettet, was zu retten war. Mehr, als die Curzon-Linie war für Polen nicht drin. Stalin sagte "njet"-und das war´s auch schon. Churchill erklärte sich schließlich mit der Curzon-Linie einverstanden, und er beharrte auch nicht, Lemberg polnisch zu lassen.
Stalin sagte, er wolle ein "starkes und demokratisches Polen". Stark- das hieß, das Polen sich bis nach Pommern und Schlesien ausdehnen sollte bis Oder und Neiße-die damals so polnisch waren wie die Fidschi-Inseln, und Polen sollte "demokratisch" werden-das hieß, es sollte die gleiche Regierungsform haben wie die SU.
Die von Stalin zugesicherten freien Wahlen gab es nie, weder in Polen, noch in einem anderen Ostblockstaat.
Die Mitglieder des polnischen Exilkomitees sollten die Heimat übrigens nie wiedersehen. Sie mussten sich die fürchterlichsten Vorwürfe und Anklagen anhören. Es wurde beschlossen, die Polnische Provisorische Regierung durch eine "Regierung der Nationalen Einheit" zu ersetzen. Das Komitee von Lublin setzte in Polen ein Politik fort, die wie in Katyn auf Zerstörung der Bourgeoisie ausgerichtet war. Jeder Widerstand wurde von der Roten Armee gebrochen. Bei der Konferenz von Jalta wurde endgültig die Westverschiebung Polens beschlossen, die bereits bei der Konferenz von Teheran angeregt wurde.
Churchill hat in Teheran und in Jalta sich tatsächlich sehr für Polen eingesetzt, und es war vor allem seinem Engagement zu verdanken, dass die polnischen Interessen nicht vollends missachtet wurden. Die Vertreter der Polnischen Exilregierung mögen sich freilich durchaus verarscht gefühlt haben: In Jalta wurde ihnen-und zwar nicht mal durch die Blume-klar gemacht, dass sie nicht mehr gebraucht werden und auch nach Hause gehen können-aber nicht nach Polen, das von Stalins Kreaturen zur "Volksrepublik" umgestaltet wurde.
Wenn überhaupt, hätte höchstens der US-Präsident versuchen können, mehr herauszuholen. Die USA hatten der SU enorme Mengen an Kriegsmaterial geliefert, aber es benahm sich die amerikanische Delegation in Teheran und Jalta gegenüber der SU wie Bittsteller.
Es ist aber fraglich, ob für Polen mehr drin gewesen wäre, wenn Roosevelt stärker darauf gedrängt hätte. Für sein Projekt UNO brauchte er Stalin, der anfangs für jede Sowjetrepublik eine Stimme forderte Roosevelt war ein todkranker Mann, er war auf Stalins Mitarbeit angewiesen, und er schätzte ihn falsch ein. In Ost- und Mitteleuropa war Stalin der Herr geworden. Seine Armeen hatten vollendete Tatsachen in Europa geschaffen, er kontrollierte Osteuropa. Wie hätten GB und die USA ihm irgendwelche Entscheidungen aufzwingen sollen-und um welchen Preis!
Eine Widerherstellung Polens in den Grenzen von 1921 war in keiner Weise gegen Stalin durchsetzbar, und es ist sehr fraglich, ob es sinnvoll war, ein überdehntes und mit Minderheiten vollgestopftes Polen zu reanimieren. Auch konnte die SU durchaus mit einiger völkerrechtlicher Berechtigung Ansprüche auf Gebiete anmelden, die Polen 1921 gewaltsam von der SU annektiert hatte. Die Person (und Kriminalstatistik) Stalins ändert daran nichts.
In der Praxis war das natürlich barbarisch: ethnische Säuberung und Vertreibung in Galizien und Wolhynien gegen Polen, in Ostpreußen, Schlesien und Pommern ethnische Säuberung und Vertreibung gegen Deutsche.
Fazit: Es wurden polnische Interessen berücksichtigt. Polen wurde auf Kosten Deutschlands territorial entschädigt. Das Polen überhaupt in seiner staatlichen Souveränität und mit den Grenzen der Curzon-Linie wiederhergestellt wurde, hatte es zum großen Teil dem Engagement Churchills zu verdanken, der in Teheran und Jalta als Fürsprecher Polens und Frankreichs auftrat, und der wegen dieser Punkte immer wieder mit Stalin und Roosevelt aneinandergeriet.
Völkerrechtlich waren die Ansprüche der SU auf Weißrussland, Litauen, Wolhynien und Teile Galiziens nicht völlig unbegründet. Polen hatte diese Gebiete 1921 gewaltsam annektiert. Realpolitisch hatte GB, aber auch nicht die USA die geringsten Möglichkeiten, die von Stalin vollendeten Tatsachen ändern zu können.