Wie genieße ich als römischer Gourmet?

Riothamus

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Es erhob sich die Frage in welchem Verhältnis der Römer seinen Wein mit Wasser versah. In der katholischen Kirche ist es eine Frage von kleinen Löffelchen. Aber gibt es Informationen, wie das in der Antike war?

Falls ich an eine Zeitmaschine komme, will ich ja nicht gleich als teutscher Barbar auffallen. ;)

Edit: Natürlich habe ich nichts gegen andere kulinarische und bacchische Fragen in diesem Thread.
 
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Das Verhältnis war üblicherweise 1:7, zu fortgeschrittener Stunde auch schon mal fette 1:5. Alles Stärkere war verpönt.

Also deutlich schwächer als eine moderne Schorle die von etwa 1:1 bis 1:3 reicht. Wir wären in den Augen der Römer wohl alle Alkoholiker. Aus römischer Sicht hat sich in 2000 Jahren in Sachen Weinkultur damit wenig getan in Germanien. Das war ja auch nicht zu erwarten. ;)
 
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Was ich auf die Schnelle finde:

Obwohl das Mischen der Normalfall war, fehlen eindeutige Angaben über gängige Mischverhältnisse bei den Römern fast gänzlich. Nach griechischen Angaben gab es ausgeprägte Variationen. Zwei Teile Wein auf fünf Teile Wasser galten als starker Trunk, 1:2, 1:3 und 1:4 waren nicht ungewöhnlich - stets also mehr Wasser als Wein. Die Römer dürften ähnliche Mischverhältnisse bevorzugt haben. Martial spricht an einer Stelle von 1:1, da es sich aber um eine ausgelassene Feier des Saturnalienfests handelte und man sich vom Wein eine Art Inspirationsschub erhoffte, muß man davon ausgehen, daß es ein außergewöhnliches Mischverhältnis darstellt, vermutlich die Obergrenze des Weinanteils.
https://www.kirke.hu-berlin.de/petron/getraenke.html

Nach Marcus Junkelmann, Panis militaris (Mainz 2006), S. 87 und S. 179 sind für Soldaten Tagesrationen von 1,1 l bis 1,27 l Wein bezeugt.




 
Nee, Brrr, das probiere ich nicht aus.

Danke für die schnelle Antwort.

@ Sepiola: Das hört sich etwas besser an. ;) Auch Dir Dank für die späte Antwort.
 
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Nee, Brrr, das probiere ich nicht aus.

Das Problem ist weniger das Mischungsverhältnis. Die Römer haben ihre "Schorle" ja schon zum Frühstück getrunken.

Aber hast du schon Mal eine Schorle mit normalem Wasser ohne Kohlensäure gemischt? DAS ist das Problem ;)

Meines Wissens wussten die Römer auch noch nicht, wie man die Weingärung stoppt. Der Wein ist also voll durchgegoren. Ich habe das Mal bei einem Winzer zu Hause getrunken; Opas Haustrunk. Das Zeug ist brutal sauer; aber man kann sich dran gewöhnen. ;)

PS: mit der hohen Säure und einer spritzigen frische, eignet sich so ein Wein auch besser als Schorle mit Wasser ohne Kohlensäure, imho. Die Römer haben dann aber Honig reingekippt, weil er ihnen zu sauer war. Und jede Menge Gewürze oben drauf. Das hat wohl gschmeckt, wie kalter, mit Wasser verdünnter Glühwein.
 
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Es gibt einen Winzer in der Eifel, der sich intensiv mit römischer Weinherstellung beschäftigt und seinen Beruf mit seinem Hobby Re-enactment verbindet - bei diesem habe ich mal Amphorenwein getrunken. Ist okay, aber man schmeckt die Keramik deutlich durch! Er hatte denselben Wein auch in der Flasche und wenn man die Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, ob Flasche oder Amphore, dann kann ich nur raten, die Flasche vorzuziehen.
 
ein Artikel zum römischen Wein:

https://www.welt.de/geschichte/article119948272/Sauer-aber-trotzdem-begehrt-Wein-im-alten-Rom.html

Wie beim Essen hatten die Römer in unseren Augen seltsame Verfeinerungsmethoden. Gerne und oft mischten die Winzer den Wein deshalb mit Zusätzen. Aschenlauge, Flöhkraut, Salz, Schwefel, Gips, Pinien- und Pistazienharz, Pech oder zerstoßener Marmor sind als Beigaben verbürgt. Kalk gab man bei, um die Säure zu mildern.

Der Geruch wurde durch Zimtrinde und Terpentin verändert oder verschlimmbessert. Mit dem Tönungsmittel Aloe ließ sich die Farbe verändern. Süß wurde er durch viel Honig und Rosenblütenblätter, aber auch Kräuterzusätze: Oregano, Thymian. Oft waren Amphoren mit Öl ausgeschmiert, damit sie dicht blieben. Auch das beeinträchtigte den Geschmack.
 
Nicht umsonst heißt es ja "trinken wie die Skyten" wenn die Römer Wein unverdünnt zu sich nahmen. also die höfliche Form von Saufen =)
 
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Wer hierzulande beim Ordern von Wein nicht aus Eigenantrieb gleich auch Wasser mitbestellt, wird gern vom (umsatz- und gewinnbeauftragten aber auch stilgeleiteten) Service dorthin moderiert - nicht nur in Gourmettempeln. Die entstehende “Schorle“ bildet sich so halt erst im Magen.
Riothamus angestrebte weinseelige Zeitreise scheint mir gar nicht so berauschend viel Mentalitätswechsel notwendig zu machen um als römischer Gourmet durchzugehen und der Abstempelung als “teutscher Barbar“ zu entgehen.

K.-W. Weeber* führt (wohl gängige) Mischungsverhältnisse an die mit “3:1, 2:1 oder 3:2“ dem in Sepiolas Post als Besonderheit im Zuge der Saturnalien erwähnten martialischen 1:1 sehr nahe kommen. Bei einem geschätzten täglichen Pro-Kopf-Verbrauch der männlichen stadtrömischen Bevölkerung von 0,8 bis 1,1 Liter, zudem sollen römische Qualitätsweine ordentlich umdrehungsreich daher kommen (bis zu 18%), bewahrt einen das Verwässern wohl nicht nur vor dem Vorwurf gewohnheitsmäßiger Sauferei, sondern lässt einen auch nicht ganz so torkelnd ins Bett finden.
Wie auch immer man sich als Gourmet definiert, und ob Catull einer war? In Carmen 27 befindet er, die Wasser seien Vernichter des Weines, es solle unvermischt eingeschenkt werden.

* “Alltag im Alten Rom - das Leben in der Stadt“ S. 397ff
 
Nomen enim obligat.

Liege ich frank und frei richtig, wenn ich das mit: “Der Name spricht/steht für sich“ übersetze?

Ich wage mich übermütig bierseelig sogar auf weiteres Terrain von dem ich mich sonst meist fernhalte, Aspekte rund ums Hauen und Stechen. Auch auf die Gefahr hin dass mir Sepiola Fassdauben oder Schläuche um meine angeheiterten Ohren haut. Doch bei über einem Liter Wein pro Tag und Legionär, das muss ne beeindruckende Wagen- oder noch beeindruckendere Mulikolonne gewesen sein, wenn einst ein Feldherr dessen Name ich mich dann doch nicht auszusprechen traue, in Fürsorge um das Wohlergehen seiner Kohorten entsprechend bevorratet unterwegs gewesen ist. So stellt sich mir gerade die Frage, wer da wann und vor allem wie besoffen war, damals bei Kalkriese oder wo auch immer. Immerhin soll es ja ordentlich geregnet haben, was ja zumindest gourmethafte Mischungsverhältnisse vermuten lässt.
:prost:
 
Auf Feldzügen war natürlich nicht dieselbe Gourmet-Kost angesagt wie in den Standlagern. Da mussten sich die Legionäre wohl mit posca zufriedengeben.

Junkelmann S. 87 schrieb:
Und von Avidius Cassius heißt es, er habe den Soldaten verboten "unter feldmarschmäßigen Bedingungen etwas anderes mitzuführen als Speck, Zwieback (buccelatum) und Essigwasser
 
Liege ich frank und frei richtig, wenn ich das mit: “Der Name spricht/steht für sich“ übersetze?

Der Name verpflichtet.

Doch bei über einem Liter Wein pro Tag und Legionär, das muss ne beeindruckende Wagen- oder noch beeindruckendere Mulikolonne gewesen sein, wenn einst ein Feldherr dessen Name ich mich dann doch nicht auszusprechen traue, in Fürsorge um das Wohlergehen seiner Kohorten entsprechend bevorratet unterwegs gewesen ist.
Man trank posca.
https://de.wikipedia.org/wiki/Posca
 
Ernüchtert stelle ich fest, das “obligat“ hätte ich selbst sauberer herleiten können/müssen - doch Lukullus steht ja auch eher für Gourmand denn Gourmet, da spielen Feinheiten nicht zwingend die erste Geige. ;)


Ist ja nur zu hoffen, dass den Mauleseln des Marius ein Ansparen ermöglicht war, sonst war ne ausgiebige Feldsaison ja ne mehr als freudlos saure Angelegenheit.

Zurück zu Aspekten für den Gourmet. Mich beeindruckt, dass die Römer einen regelrechten Hype nicht nur um Sorten sondern auch um Jahrgänge machten. Reifungszeiten von um die 20 Jahre für einen Spitzentropfen wie Falerner. vinum Opimianum,, das Maß der Dinge für die Jahrgänge, 121 v. Chr., von dem zu Plinius Lebzeiten noch einige Amphoren existierten, der nach 200 Jahren allerdings keine Gaumenfreude mehr gewesen sein soll, eine Art bitterer Honig.
(bei oben angeführtem Weeber)
 
Was die Posca angeht, gehen wir wohl heute auch von falschen Voraussetzungen aus.

Trinkessig ist eigentlich sehr lecker. Er wurde auch bei uns bis ins 19te Jhdt. kultiviert; dann leider lange vergessen. Kein Vergleich zu dem sauren Essig, den wir heute für den Salat benutzen. Einige wenige Winzer haben den Trinkessig wieder entdeckt. Sie beliefern bessere Restaurants, die diesen edlen und recht teuren Essig als "Dessertwein" und alternative zum eher süssen Portwein anbieten. So richtig sauer ist ein Trinkessig aber nicht. Ich würde ihn eher als herb und aromatisch mit einer frischen Säure bezeichnen.

Wir sollten also nicht selbstverständlich davon ausgehen, daß Posca sehr sauer war. Wenn man bedenkt, was die Römer Alles in ihren Wein gekippt haben, dann war die Posca vielleicht die bessere Schorle und das beste Getränk, das Rom für einen modernen Zeitreisenden zu bieten hätte.
 
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Und es wurde ja nicht nur den Legionären vorgesetzt.

Mitunter wurde der Trinkessig auch als Wein bezeichnet. Hier vor Ort endete der Weinanbau um 1850 durch den Mehltau. Erst um 1900 nach der Reblauskrise wurde Wein wieder neu gepflanzt, aber nur für richtigen Essig genutzt. Vor 1850 wurde er in drei kleinen, geschützten Tälern mit hoher Sonneneinstrahlung kultiviert. Sie sind im 20. Jahrhundert dem Kiesabbau zum Opfer gefallen. Praktisch jeder Bauer der drei umliegenden Orte hatte dort einen kleines Stück Land. Um 1900 wurde er im Schutz von Hauswänden gezogen. Nach der Reblaus gab es die alten Sorten nicht mehr und es dauerte bis man welche bekam, die auch für Ostwestfalen geeignet waren. Wir hatten eine alte Pflanze davon, die noch an der Nordseite (als unergiebig versetzt) eines alten Nebengebäudes hochrankte, mittlerweile aber auch verschwunden ist. Sie soll nicht mal zu Essig getaugt haben. Viele, die sich betrogen fühlten, unternahmen keinen zweiten Versuch.

Wein für Feste wurde aus Birnen und Äpfeln bereitet. Es gab einen speziellen Birnwein für Hochzeiten.

Wenn sich das so lange in Germanien gehalten hat, kann es nicht so furchtbar gewesen sein. Der Weinbau wurde hier ja erst im Mittelalter eingeführt.
 
Wann sind eigentlich die Römer darauf gekommen, Wein statt in Amphoren in Fässern zu lagern? Es gibt doch eine bekannte Grabstele zu Ehren eines Weinhändlers aus Neumagen in der Form eines Schiffes. Wenn meine Optik und mein Gedächtnis noch einigermaßen funktioniert, sind auf diesem "Neumagener Weinschiff" ziemlich eindeutig Weinfässer abgebildet. Ich weiß zwar nicht, aus welcher Zeit diese Stele datiert, aber würde mal so nach Bauchgefühl schätzen, dass diese Stele aus der Zeit der Antonine oder Severer datiert, also Ende des 2., Anfang des 3. Jahrhunderts.

Wenn ich mich an die Ausführungen eines Kellermeisters recht erinnere und der Mann, dessen Armagnac-Brennerei ich mal besichtigt habe, waren die Gallier recht geübt, in der Kunst der Küferei, und gute Fässer aus Eiche dürften die am besten geeigneten Behälter für langfristige Lagerung von Wein und Edelbränden sein. Da die Römer wussten, was gut ist und auch recht findig Innovationen anderer Kulturen aufgenommen haben, dürften sie darauf gekommen sein, dass Holz bessere Aromen bewahrt, als Keramik. Fragt sich bloß wann?
 
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