Wie und wann wurden viele Germanenvölker zu arianischen Christen?

Wobei das römische Beispiel , wie alle Beispiele, haken dürfte. Denn mit dem Gefolgschaftswesen löst sich das Individuum ja von der Familie und tritt in eine andere Gemeinschaft ein. Diese Bindung ist aber lösbar, im Gegensatz zum Familienband.
(s. er familienlose Hagen, der zurückkehrende Hadubrand u.a.)

Wenn also der Herr auf seine Frau hört und zum neuen Gott betet,-die alten verrät-, wird´s eng ..... Also neben allem anderen, Überzeugungsarbeit ist gefragt.

Deswegen hat es vielleicht bei etlichen Germanen auch vom ersten Kontakt bis zum Durchsetzen so lange gedauert. Im römischen Reich mit seinen Widerständen waren es ja kaum 3 1/2 Jahrhunderte, in Sachsen alles in allem 5 und in Skandinavien noch länger. Vom Erstkontakt bis zur "Staatsreligion"
 
Ja Maglor, durch die Hausmutter an den Schlüssel zur Hintertür sozusagen^^
Eine frühere Christianisierung der thüringischen Könige wird ...nahelegt. Echte Hinweise für die missionierende Wirkung dieser Ehe analog zu Chlodwigs Ehe mit der katholischen Burgunden-Prinzessin gibt es allerdings nicht.
Arianisches Christentum in Mittel-, Süd- oder Norddeutschland bleibt Spekulation.
Das ist weitgehend richtig. Soweit es ein arianisch-thüringisches Substrat bewirkt haben sollte, dürfte es weitgehend im Gefolge der kurze Zeit später durch die Franken erlittenen Niederlage verstreut – und oft außer Landes geflohen sein. Keine Keimzelle also für etwas Bleibendes also.
Dass die Goten (welche südlich der Donau bis zu ihrem Untergangskrieg gegen Kaiser Justinian herrschten) auch nördlich von Italien Garnisonen und auch arianische Kirchen unterhielten, wird durch die Funde am österreichischen Hemmaberg unterstrichen. Man brauchte wohl die dortigen Großen und Truppen für die Kämpfe in Italien. König Wittichis gab diese Regionen an die Franken und zog die Truppen ab, so wird hier das gleiche gelten wie für Thüringen. Ob arianische Missionare jemals nach Norddeutschland kamen??
Zu beachten ist jedoch, dass die Langobarden zur Zeit der Entstehung der Grabsitte [Anm: Blattgoldkreuze] zur Römische Kirche tendierten. Bereits um 600 war der Arianismus bei den Langobarden auf dem Rückzug. König Agilulf tolerierte bereits das römische Christentum, blieb aber Arianer, sein Sohn wurde bereits römisch getauft. Die Kreuzbeigabe kann daher aufgrund der schriftlichen Überlieferung sowohl arianisch als auch trinitarisch sein, auf jeden Fall war sie aber germanisch.
…aber auf Agiulfs Sohn Adaloald folgte mit Arioald wieder ein arianischer König, selbst wenn er zumindest tolerant blieb. Dessen Nachfolger Rothari war wieder Arianer und er war ein starker König mit expansiven Bestrebungen und Gesetzestätigkeit. K. Priester vertritt beispielsweise in ihrem Buch „Die Geschichte der Langobarden“ von 2004 die Ansicht, dass für einige Zeit ein katholisches Bekenntnis langobardischer Könige immer eine Phase des Ausgleichs mit Rom und Konstantinopel, meist gekoppelt mit außenpolitischer Ruhe und dem Versuch war, eine eigene Dynastie zu errichten. „Rebellenkönige“, welche eine solche „Dynastie“ beerbten- oder stürzten setzten dagegen meist auf außenpolitische Expansion und eine Konsolidierung der arianischen Konfession. – Was eine interessante Theorie ist.
Wie auch immer war die arianische Konfession seit der Niederlage des Ostgotenreichs überall in starkem Niedergang: auch bei den Germanen! Wenn ich im vorherigen Beitrag davon geschrieben habe, dass Bonifatius die Spuren früherer Missionare vorfand, meinte ich damit am wenigsten jene von arianischen Predigern, sondern eher die iroschottische-, die angelsächsische- (Bonifatius war Angelsachse) und die alamannisch/burgundische Mission. Es mag überraschen, hier nicht von fränkischen Missionaren zu hören, doch die Franken kümmerten sich wenig um ihre Gebiete östlich des Rheins. Auch Alamannien war über viele Generationen hinweg nicht nennenswert, oder gar systematisch missioniert worden. Es waren Klöster in Burgund und einige im Bereich der Alamannen, welche diese Aufgaben angingen und eine Basis für Kirchenreformen im Frankenreich schufen. .. später kreuzten sich ihre Wege mit jenen des Bonifatius, was nicht ohne Konflikte ablief.

Wobei das römische Beispiel , wie alle Beispiele, haken dürfte. Denn mit dem Gefolgschaftswesen löst sich das Individuum ja von der Familie und tritt in eine andere Gemeinschaft ein. Diese Bindung ist aber lösbar, im Gegensatz zum Familienband.
(s. er familienlose Hagen, der zurückkehrende Hadubrand u.a.)...
Naja, der Gefolgschaftsherr ersetzte ja dann die Familie. Ein in den Glauben seines Herrn übergetretener Krieger zeigte damit deutlich wem seine Loyalität gehörte, was ihn sicherlich für weitergehende Aufgaben empfahl... Ich habe ja nie behauptet mit dem Beispiel alles erklären zu können. Es war als Augenöffner für unser Denken an ein meist individuell gedachtes Verhältnis zu Gott gedacht.

Im Übrigen finde ich nicht, dass wir in diesem Thread uns eingehender mit den entfernt vom einstigen Römischen Imperium lebenden Germanenvölkern befassen sollten. Das gilt bereits für die norddeutschen Sachsen und erst Recht für die Skandinavier. Es ist nicht auszuschließen dass die sächsischen Truppen, welche den Langobarden unter König Alboin nach Italien folgten auch mir der neuen Religion in Kontakt gekommen sind. Bekanntlich vierließen sie die Langobarden aber wieder im Missklang!
Bei den Sachsen wird ein arianischer Glaube wohl kaum - bei den Skandinaviern wohl bestimmt keine nennenswerte Rolle gespielt haben. Schon bei den Sachsen ist das nicht wirklich vorstellbar. Beide Germanengruppen gingen dann den direkten Weg zum katholischen Bekenntnis bei ihrer Christianisierung (soweit sie nicht wie die im slawischen Osten aktiven Skandinavier an der orthodoxen Konfession orientierten, wie die Rus)!
 
Zuletzt bearbeitet:
und die alamannisch/burgundische Mission.
und die ist interessant!
jene überwiegend alamannischen Truppen unter Buchtilin und Leuthari, die sich am Ende des Gotenkriegs marodierend auf dem italischen Kriegsschauplatz zeigten, waren laut Agathias noch recht krass barbarische Heiden - und das im 6. Jh.!
zwar sollen die Herzöge (?) oder duces (?) Leuthari und Buchtilin wenn nicht in merowingischem Auftrag, so doch mit merowingischer Billigung gehandelt haben - aber interessant daran ist, dass in dieser zumindest im kriegsgebeutelten Italien wilden Zeit heidnische Truppen im Dienste christlicher bzw. christianisierter Herrscher agierten -- womöglich ein Beleg für den religiösen Synkretismus jener Zeit.

die arianische Mission scheint sich nicht sonderlich erfolgreich wenn nicht sogar gar nicht gen Norden ausgebreitet zu haben - zweifelhaft bzw. unklar ist, ob Chlodwig eventuell mit dem Arianismus liebäugelte.
 
Also, ich weiß nicht ....
Ob die sich sooo viel Gedanken gemacht haben , wenn sie zur Messe gegangen sind?
Oder ob ihnen , dem "normalen Volk/Adligen" der Unterschied bewußt war?
Zumindest bei den Völkern nördlich der Alpen?
Die Haupbotschaft ist ja bei Arianern und Katholiken gleich:
Es gibt nur einen Gott, der kümmert sich um alles und das das jeder weiß , dafür hat er seinen Sohn geopfert.

Teilweise scheint das zuzutreffen, zumindest um 350 rum bei Poitier.

"Und zwar wird durch den Trug dieser Gottlosigkeit bis jetzt bewirkt, daß unter den Priestern des Antichristen das Volk Christi noch nicht untergeht, weil sie meinen, es werde das geglaubt, was gesagt wird. Sie hören, Christus sey Gott; sie halten ihn für das, was er genannt wird. Sie hören, er sey Gottes Sohn; sie glauben, weil er Gott von Geburt sey, sey er in Wahrheit Gott. Sie hören, er sey vor den Zeiten gewesen, und meinen, eben dieses sey vor den Zeiten, was immer ist. Heiliger sind die Ohren des Volkes, als die Herzen der Priester. Wenn die Arianer lehren, daß Christus wahrer Gott sey, so behaupten sie ohne Trug, daß er Gott sey; weil sie, wenn sie ihn Gott nennen, auch be- [S. 332] haupten, daß er nicht wahrer Gott sey; sie geben ihm den Namen und nehmen ihm die Wahrheit. "


BKV


@Hausmutter/ Hausvater / Gefolgschaft:

in Stücken greift Gregor der Große das auf, setzt Gott an die Spitze der gesamten Hierachie, erweitert dieses aber auch, indem er argumentiert, daß besser über Unterworfene geherrscht werden kann, wenn man selber unterworfen ist?

"Auch haben wir große Freude über Eure christliche Gesinnung, mit welcher Ihr diejenigen, die Ihr als Christi Diener ehret und liebet, auch mit höherer Würde bekleiden wollet. Es geziemt sich allerdings für Euch, erlauchteste Frau, - ja es geziemt sich für Euch ein solches Verhalten, damit Ihr eine Untertanin des höchsten Gebieters zu sein vermöget. Denn dadurch befestigt Ihr Eure Herrschaft über die unterworfenen Völker, dass Ihr Euer eigenes Herz der Furcht des allmächtigen Gottes unterwerfet. Und wenn [S. 440] Ihr Euch selbst in den Dienst des allmächtigen Gottes begebet, so verpflichtet Ihr nur dadurch Eure Untertanen, Euch um so treuer zu dienen." (An die Frankenkönigin Brunichilde)

http://www.unifr.ch/bkv/kapitel4298.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
"Auch haben wir große Freude über Eure christliche Gesinnung, mit welcher Ihr diejenigen, die Ihr als Christi Diener ehret und liebet, auch mit höherer Würde bekleiden wollet. Es geziemt sich allerdings für Euch, erlauchteste Frau, - ja es geziemt sich für Euch ein solches Verhalten, damit Ihr eine Untertanin des höchsten Gebieters zu sein vermöget. Denn dadurch befestigt Ihr Eure Herrschaft über die unterworfenen Völker, dass Ihr Euer eigenes Herz der Furcht des allmächtigen Gottes unterwerfet. Und wenn Ihr Euch selbst in den Dienst des allmächtigen Gottes begebet, so verpflichtet Ihr nur dadurch Eure Untertanen, Euch um so treuer zu dienen." (An die Frankenkönigin Brunichilde)

Auch wieder ein schönes Beispiel, dass es eben nicht um Brunichildes Seelenheil geht, sondern darum, wie sie besser ihre Untertanen beherrschen kann...
 
Ich nehme Gregor ab, daß er beides, Macht und Seelenheil, im Sinn hat, ersteres mglw. nur aus Notwendigkeit, um angenommen zu werden.

zur allgemeinen Situation noch:

"Desgleichen ermahnen wir Euch, auch Eure übrigen Untertanen in weiser Zucht zu halten, damit sie nicht den Götzen opfern, nicht Bäume anbeten und nicht mit Tierköpfen einen Gottesräuberischen Opferdienst treiben. Denn es ist uns gemeldet worden, dass viele Christen zwar die Kirchen besuchen, aber — schrecklich zu sagen — gleichwohl den Dämonendienst nicht unterlassen."
(gleicher Link, wie der letzte)

"Vor ungefähr fünfzehn Jahren wurden nämlich von den Langobarden, nach dem Zeugnis solcher, die dabei zugegen sein konnten, vierzig Bauern gefangen genommen und genötigt, Opferfleisch zu essen."
http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3223-26.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Ashigaru, er traf auf "nominelle" Christen, aber traf das nicht vielleicht nur einen fränkisch geprägten oder aus Franken kommenden Personenkreis an.
Der große Rest hing dem alten Glauben an. Das er dann mit Unterstützung, fränkischer Seite, seine Glaubenlehre umzusetzen und eine Kirchenstruktur nach seinen Vorstellungen aufzubauen begann ist voll nachvollziehbar. Es gab Christen schon in seiner Zeit, nur welche Art und wie viele? Deshalb meine ich, man kann nicht von einem missionierten Hessen/Thüringen vor seiner Zeit reden. Er begann erst damit das Christentum dort, mit Unterstützung, einzuführen.


Hallo Gisone,

bei meiner Ansicht beziehe ich mich auf eine Stelle in Willibalds "Leben des Bonifatius", wo er ein sehr differenziertes Bild zur Religion der Althessen entwirft:

Damals aber empfingen viele Hessen, die den katholischen Glauben angenommen und durch die siebenfältige Gnade des Geistes gestärkt waren, die Handauflegung; andere aber, deren Geist noch nicht erstarkt, verweigerten des reinen Glaubens unverletzbare Wahrheiten zu empfangen; einige auch opferten heimlich Bäumen und Quellen, andere taten dies ganz offen; einige wiederum betrieben teils offen, teils im geheimen Seherei und Wahrsagerei, Losdeuten und Zauberwahn; andere dagegen befaßten sich mit Amuletten und Zeichendeuterei und pflegten die verschiedendsten Opfergebräuche, andere dagegen, die schon gesunderen Sinnes waren und allem heidnischen Götzendienst entsagt hatten, taten nichts von alledem. Mit deren Rat und Hilfe unternahm er es, eine ungeheure Eiche, die mit ihrem alten heidnischen Namen die Jupitereiche genannt wurde, in einem Orte, der Geismar hieß, im Beisein der ihn umgebenden Knechte Gottes zu fällen.

Dabei ist zu beachten, dass ausdrücklich von den "Hessi" die Rede ist. Ansonsten halte ich diese Stelle für eine treffende zeitgenössische Schilderung des Synkretismus. Auffällig ist auch, dass sich Bonifatius in Hessen und Thüringen vor allem dort bewegte, wo schon Burgen und Adelssitze existierten.
 
Zum "Priestergrab" von Schlotheim: Laut Reallexikon ist die Lanze neben Kreuzen und Fischen mit einem Dreieck, welches für die Dreifaltigkeit steht, verziert. Das ist dann wohl ein trinitarischen Symbol und würde eine trinitarisch-fränkische Kriegerelite für Thüringen um 600 belegen.
 
Es handelt sich aber nicht um freiwillig konvertierte, sondern die Franken setzten mit militärischen Mitteln das Christentum durch, wobei Bonifatius die Kirchenorganisation aufbaute. In diesem Fall braucht man nicht über die Gründe zu diskutieren, warum Chatten oder Thüringer das Christentum annahmen.

Diesen Punkt möchte ich noch mal aufgreifen. Die Vorstellung einer Zwangsmission im Ostfrankenreich vor den Sachsenkriegen halte ich für eher unwahrscheinlich. Der Erfolg der Reichsklöster Fulda, Hersfeld und Lorsch im 8. Jahrhundert beruhte zunächst vor allem auf einer gewaltigen Zahl von Schenkungen, die auch von einheimischen Adligen kamen. Ebenso sind mehrere Gräberfelder und im Falle Kirchbergs sogar ein sehr wahrscheinliches adliges Grab bekannt, bei denen sich der Übergang von der Beigabensitte zur Beigabenlosigkeit schrittweise beobachten lässt. Ich denke, es gibt viele Indizien für eine sich zwar über Jahrzehnte hinziehende Grundbereitschaft, den christlichen Glauben anzunehmen. Über die Motivlage lässt sich spekulieren; es ist schwer zu sagen, welchen konkreten Nutzen die einheimische Adelsschicht aus der Unterstützung des Christentums zog, aber der Glauben scheint für mich auch ein Mittel gewesen zu sein, mit denen sich alteingesessene und Franken gegenseitig annähern konnten.
 
Die Frage wäre, ob man hier zwischen den Adligen - die sich möglicherweise Vorteile in der fränkischen Hierarchie versprachen - und den Freien unterscheiden muss.
 
Hallo Gisone,

bei meiner Ansicht beziehe ich mich auf eine Stelle in Willibalds "Leben des Bonifatius", wo er ein sehr differenziertes Bild zur Religion der Althessen entwirft.


Jo, aber dann müssen wir vorne anfangen:

721:
Er begab sich dann sogleich auf den Weg und gelangte endlich an einen Ort, den man Amöneburg nannte, [...]. Als er dem Herrn in Friesland eine große Menge Volks erworben hatte und viele, durch seinen geistlichen Unterricht belehrt, durch das Aufleuchten der Strahlen des wahren Lichtes zur Kenntnis der Wahrheit gekommen waren, da begab er sich der Predigt wegen unter Gottes väterlichem Schutz nach anderen Ländern Germaniens, erreichte mit Gottes Hilfe den oben genannten Ort, dem zwei Zwillingsbrüder namens Dettic und Deorulf vorstanden, und rief sie zurück von der schändlichen Verehrung der Götzenbilder, der sie, einen Rest von des Christentums Namen sehr mißbrauchend, anhingen; auch zog er eine große Menge des Volks, nachdem er ihnen den richtigen Weg der Erkenntnis eröffnet und sie ihren schrecklichen Irrtum abgelegt hatten, vom sündhaften Aberglauben des Heidentums ab und errichtete, nachdem er eine Schar von Gottesknechten gesammelt hatte, ein Klösterlein. Ebenso befreite er an den Grenzen der Sachsen das Volk der Hessen, das bis dahin noch im Irrtum heidnischer Gebräuche befangen war, aus der Gefangenschaft der bösen Geister durch Verkündigung der evangelischen Botschaft.

Zwei Namen, Dettic und Deorulf, werden hier genannt und eine große Menge des Volkes. Hier kann man davon ausgehen das hiermit die unmittelbare Umgebung von der Amöneburg angesprochen wird. Wo ist aber die Grenze zu Sachsen anzusetzen? Meiner Meinung nach Richtung Kassel und nicht Richtung Grenze zu Thüringen. Nicht zu vergessen das Klösterlein.

723:
Er [Bonifatius] aber durchwanderte auf weiten Umwegen die Gebiete vieler Völker und kam zuletzt zu dem genannten Fürsten der Franken, von dem er ehrerbietig aufgenommen wurde. Und nachdem er dem Herzog Karl den Brief des genannten römischen Bischofs und des apostolischen Stuhls [493/495] überbracht hatte, wurde er vom Fürsten in Huld und Schutz genommen und kehrte mit Erlaubnis des Herzogs Karl zu den schon früher besuchten Gefilden der Hessen zurück.
Damals aber empfingen viele Hessen, die den katholischen Glauben angenommen und durch die siebenfältige Gnade des Geistes gestärkt waren, die Handauflegung; andere aber, deren Geist noch nicht erstarkt, verweigerten des reinen Glaubens unverletzbare Wahrheiten zu empfangen; einige auch opferten heimlich Bäumen und Quellen, andere taten dies ganz offen; einige wiederum betrieben teils offen, teils im geheimen Seherei und Wahrsagerei, Losdeuten und Zauberwahn; andere dagegen befaßten sich mit Amuletten und Zeichendeuterei und pflegten die verschiedendsten Opfergebräuche, andere dagegen, die schon gesunderen Sinnes waren und allem heidnischen Götzendienst entsagt hatten, taten nichts von alledem. Mit deren Rat und Hilfe unternahm er es, eine ungeheure Eiche, die mit ihrem alten heidnischen Namen die Jupitereiche genannt wurde, in einem Orte, der Geismar hieß, im Beisein der ihn umgebenden Knechte Gottes zu fällen. Als er nun in der Zuversicht seines standhaften Geistes den Baum zu fällen begonnen hatte, verwünschte ihn die große Menge der anwesenden Heiden als einen Feind ihrer Götter lebhaft in ihrem Innern. Als er jedoch nur ein wenig den Baum angehauen hatte, wurde sofort die gewaltige Masse der Eiche von höheren göttlichen Wehen geschüttelt und stürzte mit gebrochener Krone zur Erde, und wie durch höheren Winkes Kraft barst sie sofort in vier Teile, und vier ungeheuer große Strünke von gleicher Länge stellten sich, ohne daß die umstehenden Brüder etwas dazu durch Mitarbeit getan, dem Auge dar. Als dies die vorher fluchenden Heiden gesehen, wurden sie umgewandelt, ließen von ihrem früheren Lästern ab, priesen Gott und glaubten an ihn. Darauf aber erbaute der hochheilige Bischof, nachdem er sich mit den Brüdern beraten, aus dem Holzwerk dieses Baumes ein Bethaus und weihte es zu Ehren des heiligen Apostels Petrus <1>.
Hier fängt die Geschichte wieder von vorne an:
Viele Hessen, den katholischen Glauben und die Wunderfällung, diesmal mit Unterstützung der fränkischen Herrschaft. Natürlich auch der Bau eines Kirchleins.

731:
Und so geschah es, daß der Ruf seiner Predigt ruchbar wurde und so sehr wuchs, daß sein Name schon im größten Teile Europas widerhallte und zu ihm aus den Landen Brittaniens eine große Anzahl Knechte Gottes, Lehrer und Schreiber, sowie Männer, die auch in verschiedenen anderen Künsten geübt waren, zusammenströmten. Von diesen ordneten sich nun sehr viele seiner Leitung als Mönche unter und riefen an vielen Orten das Volk von den unheiligen Abwegen des Heidentums zurück, andere [497/499] wiederum predigten im Lande der Hessen, andere auch in Thüringen weit und breit unter dem Volk zerstreut in Gauen und Dörfern das Wort des Herrn.
Als nun bereits von beiden Völkern eine große Menge die Sakramente des Glaubens empfangen hatte und viele Tausend Menschen getauft waren, sandte er, als der Papst des apostolischen Stuhles Gregor der Zweite seligen Angedenkens verschieden war [1] und der ruhmreiche jüngere Gregor den Hochsitz des apostolischen Stuhles einnahm [2], wiederum seine Boten nach Rom, die den Bischof des apostolischen Stuhles begrüßten [...]
Darauf erteilte ihnen der heiligen Bischof des apostolischen Stuhles sofort eine gnädige Antwort und beschenkte den heiligen Bonifatius sowohl wie auch seine Untergebenen mit der engen Gemeinschaft und Freundschaft des apostolischen Stuhles, ja er verlieh ihm das erzbischöfliche Pallium und schickte die Gesandten damit und mit Geschenken und verschiedenen Reliquien der Heiligen ehrenvoll in die Heimat zurück.
Als aber die Boten heimkehrten und die bereitwilligen Antworten des apostolischen Mannes überbrachten, da wünschte er sich Glück, daß er so durch Beistimmung des apostolischen Stuhles in seiner Schwachheit unterstützt sei, und erbaute, von dem Beistand der göttlichen Gnade begeistert, dem Herrn zwei Kirchen, eine in Frideslare [3], die er dem heiligen Petrus dem Apostelfürsten weihte, und die andere in Hamanaburch [4] zu Ehren des heiligen Erzengels Michael. Auch fügte er zwei Klösterlein den beiden Kirchen hinzu und versammelte in ihnen eine nicht geringe Anzahl von Dienern des Herrn, so daß bis zum heutigen Tage dort dem Herrn Gott Ruhm und Preis und Danksagung in Demut dargebracht wird.

Erst hier in 731 kann man von einer flächendeckenden Missionierung von Hessen/Thüringen sprechen, alleine oder mit einigen Getreuen war es nicht möglich die gesamte Fläche dauerhaft dem christlichen Glauben zuzuführen.
Nur mit dem Ausbau einer Kirchenstruktur und intensiver Missionierung war es möglich das Christentum als den wahren Glauben in Hessen und Thüringen zu festigen.
Was mich hier ein wenig stört ist das zweite Klösterlein in Amöneburg und die zweite Kirche in Fritzlar. Ist nach seinem Weggang von der Amöneburg 721, das Klösterlein dort wieder untergegangen? Genau so die Kirche aus der Eiche bei Fritzlar?
Meiner Meinung nach ist nur ab den Zeitraum nach 731 von einer flächendeckende Christianisierung von Hessen und Thüringen auszugehen.
Maglor:
Die Region war also um 600 deutlich bereits oberflächlich christlich und heidnische Riten wurden wenn überhaupt nur geheim praktiziert.
Ein Beleg für eine weitgehende Christianisierung vor Bonifatius ist das sicherlich, sie fällt jedoch bereits in die Zeit fränkischer Herrschaft.


Dem kann ich nicht zustimmen, heidnische Riten wurden immer noch öffentlich praktiziert.

En hesse
 
Wo ist aber die Grenze zu Sachsen anzusetzen? Meiner Meinung nach Richtung Kassel und nicht Richtung Grenze zu Thüringen.

Sogar eher Richtung Nordwest. Christenburg/Kesterburg war eine Grenzbefestigung, der Haigergau bekam Sonderrechte wegen der Grenzverteidigung, bei Battenberg-Laisa kam es zur Schlacht (778).
Die Grenze Franken-Sachsen dürfte also nicht weit von der heutigen Landesgrenze Hessen-NRW verlaufen sein. Die Eresburg ist ja fast direkt nördlich von der Amöneburg, ein Katzensprung von Fritzlar.
 
Sogar eher Richtung Nordwest. Christenburg/Kesterburg war eine Grenzbefestigung, der Haigergau bekam Sonderrechte wegen der Grenzverteidigung, bei Battenberg-Laisa kam es zur Schlacht (778).
Die Grenze Franken-Sachsen dürfte also nicht weit von der heutigen Landesgrenze Hessen-NRW verlaufen sein. Die Eresburg ist ja fast direkt nördlich von der Amöneburg, ein Katzensprung von Fritzlar.
Sorry, gebe ich dir recht, genau vor der Haustür.

en hesse
 
Sogar eher Richtung Nordwest. Christenburg/Kesterburg war eine Grenzbefestigung, der Haigergau bekam Sonderrechte wegen der Grenzverteidigung, bei Battenberg-Laisa kam es zur Schlacht (778).
Die Grenze Franken-Sachsen dürfte also nicht weit von der heutigen Landesgrenze Hessen-NRW verlaufen sein. Die Eresburg ist ja fast direkt nördlich von der Amöneburg, ein Katzensprung von Fritzlar.


In diesen Kontext zu stellen ist auch noch die Belagerung der Büraburg im Jahr 774.
P.S.: und auch noch der Rückzug der von Sturmi gegründeten Einsiedelei in Hersfeld.
Zur Frage Freie/Adlige: diese Unterscheidung lässt sich für den betreffenden Raum kaum treffen. Die Forschungsmeinung beruht auf eher indirekten Schlüssen, vor allem der Beobachtung, dass es im althessischen Raum später kaum Reichsland gab und hier für die frühe Zeit (anders als z.B. am Mittelrhein) offenbar keine hochadligen fränksischen Familien bezeugt sind. Daher ist man der Meinung, dass das Verhältnis der Hausmeier gegenüber einheimischen Führungsschichten moderat und kooperativ war.
 
Zuletzt bearbeitet:
J
Zwei Namen, Dettic und Deorulf, werden hier genannt und eine große Menge des Volkes. Hier kann man davon ausgehen das hiermit die unmittelbare Umgebung von der Amöneburg angesprochen wird. Wo ist aber die Grenze zu Sachsen anzusetzen? Meiner Meinung nach Richtung Kassel und nicht Richtung Grenze zu Thüringen. Nicht zu vergessen das Klösterlein.

Der Grenzraum zu den Sachsen wird in der Tat auf einer West-Ost-Linie im Kasseler Raum vermutet. Bei den Thüringern - die wohl das erste Herzogtum waren, dass die Hausmeier im Ostfrankenreich einzogen - war Bonifatius auch, und soll dort nicht näher beschriebene Priester vertrieben haben, die Ketzer gewesen seien.


Viele Hessen, den katholischen Glauben und die Wunderfällung, diesmal mit Unterstützung der fränkischen Herrschaft. Natürlich auch der Bau eines Kirchleins.

Wobei Dettic und Deorulf - die außer in der Vita nie wieder auftauchen - in der Regel als Franken angesehen werden. Auch sie ja Christen, die ein "Lotterchristentum" pflegen. Ich finde an dieser Stelle insbesondere ein Detail wichtig, dass dem populären Bild der Fällung der so genannten Donareiche entgegensteht, wo Bonifatius die Geismarer praktisch durch seinen Mut und seine Glaubensfestigkeit bekehrt. Das sind die Christen, die von Willibald als "sanior" bezeichnet werden, und ihn zu dem Schritt raten. Die Eichenfällung - mit hoher Wahrscheinlichkeit in Sichtweite der fränkisch beherrschten Büraburg - ist wohl mehr als symbolischer Akt anzusehen.


Erst hier in 731 kann man von einer flächendeckenden Missionierung von Hessen/Thüringen sprechen, alleine oder mit einigen Getreuen war es nicht möglich die gesamte Fläche dauerhaft dem christlichen Glauben zuzuführen.
Nur mit dem Ausbau einer Kirchenstruktur und intensiver Missionierung war es möglich das Christentum als den wahren Glauben in Hessen und Thüringen zu festigen.

Hier meine ich, dass Bonifatius in zweierlei Hinsicht von Beginn an Unterstützug fand, einmal durch die bereits konvertierten und auch als christlich genug empfundenen Christen, zum anderen durch die Franken in den großen Burgen, welche die Gegend lange vor Ausbruch der Sachsenkriege politisch im Griff hatten. Also, dass natürlich Heidentum oder als abergläubisch angesehen Bräuche betrieben wurden, auch öffentlich, dass es aber nicht eine wirkliche Neumissionierung war. In diesem Zusammenhang steht auch, dass anhand von Radiokarbondatierungen in der Grabkapelle auf dem Büraberg festgestellt wurde, dass es zumindest möglich ist, dass dort schon im 7. Jahrhundert ein Kirchenbau war - freilich aus methodischen Gründen ein schwaches Indiz.


Was mich hier ein wenig stört ist das zweite Klösterlein in Amöneburg und die zweite Kirche in Fritzlar. Ist nach seinem Weggang von der Amöneburg 721, das Klösterlein dort wieder untergegangen? Genau so die Kirche aus der Eiche bei Fritzlar?

Das ist eine gute Frage - hier müsste genau geprüft werden, ob es sich nicht nur um eine literarische Wiederholung handelt. Leider sind die Ereignisse an der Amöneburg und in Geismar singulär durch Willibald beschrieben, während die Briefe als Primärquelle leider nicht so genaue Ortsnennungen für die Zeit haben.


 
P.S. merke gerade, dass wir uns weit von der Ausgangssituation entfernt haben. Zum Komplex Bonifatius/Fritzlar/Amöneburg vielleicht in älteren Strängen dazu weiter? Arianer tauchen auf jeden Fall nicht mehr dort auf.
 
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