Zeitgemäßere Wörter gesucht

Teresa C.

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Wieder einmal eine kleine Bitte. Diesmal geht es bei mir um die Gestaltung eines historischen Dialogs bzw. Monologs, wofür ich allerdings Probleme mit zwei Ausdrücken habe.

1.)
Situation:
Jemand aus dem Hochadel zieht sich eine kleine Brandblase zu, als er versehentlich die Flamme einer Kerze mit einem seiner Finger berührt. Seine momentane Reaktion darauf: Er stößt einen leichten Schmerzensschrei aus. Der Betroffene ist in diesem Moment alleine im Raum. (15. Jahrhundert, erstes Viertel)

Aufgrund der Erzählperspektive, die ich nun wirklich nicht wegen eines einzelnen Wortes ändern möchte, benötige ich hier ein Wort, das den "Schmerzensschrei" direkt ausdrückt, das in etwa der Gegenwartssprache: Autsch! oder Au! entspricht.

2.)
Situation:
Der fürstliche Gastgeber hat gerade von seiner Ehefrau erfahren, dass eine Fürstin, die in seiner Burg zu Besuch ist, verschwunden sein soll. Während die Ehefrau jedoch eine Suchaktion anordnen will und sehr besorgt ist, hält er das für übertrieben, denn: "Quatsch, in meiner Burgkapelle ist noch niemand verschwunden."
(Mitte des 15. Jahrhunderts)

Hier würde ich mit Blick auf die Zeitepoche einen zeitgemäßeren Ausdruck als Quatsch benötigen.
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Meine Bitte, hat jemand eine Idee oder kann mir zumindest ein Fachbuch oder eine Quelle empfehlen, die leicht zugänglich ist und mir hier weiterhilft.
 
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Das Frühneuhochdeutsche Wörterbuch, genaue Angabe findet sich im Wikipedia-Artikel Frühneuhochdeutsch. Es ist auch eine Online-Version angegeben.

Da findet sich awe und auwehe. Also andere Rechtschreibung. In dem Fall ist es natürlich Glück, dass sich die Interjektion nicht zu sehr verändert hat.

Quatsch wird als Gequake der Frösche aufgeführt, was ja auch der Ursprung ist. Irgendwie wirkt Gequake aber auf mich aber auch erst wie 19. Jahrhundert, für das ich es auch im Kopf habe, was aber nichts heißen muss. Beispiele für die Übertragene Bedeutung finden sich jedenfalls auch in dem Wörterbuch noch nicht. Vielleicht etwas anderes Zeittypisches, wie 'Worte einer Frau!". (Was natürlich aufgrund heutiger Empfindlichkeiten vielleicht nicht in Betracht kommt. Ich hatte den Ausruf nur gerade gehört.) Vielleicht bei einer Kapelle auch Aberglaube/Superstition?
 
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Situation 1:
»au«, »auweh«
Wörterbuchnetz - Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm

Bei Interjektionen würde ich mich im Zweifelsfall eher an natürliche Laute halten.(kommt aber sicherlich auch auf den Schreibstil an) Bsp. bei kleinerem Schmerz: »ai«, eher weiblich, resp. auf Selbstkontrolle bedacht, da nach dem überraschten »a« der Kiefer schnell wieder zugeklappt wird. Extremform wäre (bspw.) »hss«, mit zusammengepressten Zähnen, wenn man den Schmerz zwar nicht zeigen will, aber doch einen Laut geben muss. Männlicher, d.h. weniger kontrolliert wäre bspw. »hoa« oder »uah« o.ä. Das kommt also ziemlich stark auf den Charakter Deines Helden an. Ich persönlich hätte auch im MA wahrscheinlich »haii« geschrien, falls ich den Finger leicht verbrannt hätte.(adlig vmtl. etwas leiser) Natürliche Interjektionen werden damals genau gleich gewesen sein. Heutige Ausrufe, wie z.B. »fuck« :rotwerd: bei Schmerz, muss schon sehr gut eingeübt sein, damit man ein solches, dem Zeitgeist entsprechendes Wort in Stresssituationen von sich gibt. Bei heftigerem Schmerz jedoch würden solche Wörter nicht einfallen.


Situation 2:
»Unsinn« vielleicht, oder »Hör auf mit dem Geschwätz, …«, je nach Grad des Machismo, oder aber ein simples »Ach, …«, mit mehr Achtung vor der Ehefrau.
 
"Unsinn" hatte früher die Bedeutung von "Wahnsinn" / "Geisteskrankheit", eventuell "Bewusstlosigkeit".

Weniger krass wäre "alber" (in etwa: "einfältig").

"Geschwätz" könnte hinkommen. ("eitel Geschwetz" finde ich bei Luther, das ist allerdings schon ein paar Jahrzehnte zu spät.)
 
Wann früher?
...
(apropos Luther)

Z. B. bei Luther 1545:

VND Dauid macht sich auff / vnd floh fur Saul /vnd kam zu Achis dem könige zu Gath. Aber die knechte Achis sprachen zu jm / Das ist der Dauid des lands König / von dem sie sungen am Reigen / vnd sprachen Saul schlug tausent / Dauid aber zehen tausent. Vnd Dauid nam die rede zu hertzen / vnd furcht sich seer fur Achis dem könige zu Gath. Vnd verstellet / sein geberde fur jnen / vnd kollert vnter jren henden / vnd sties sich an die thür am thor / vnd sein geiffer flos jm in den bart. Da sprach Achis zu seinen knechten / Sihe / jr sehet das der Man vnsinnig ist / Warumb habt jr jn zu mir bracht Hab ich der vnsinnigen zu wenig / das jr diesen her brechtet / das er neben mir rasete? Solt der in mein haus komen.

Moderne Übersetzung:

Und David machte sich auf und floh an jenem Tage vor Saul und kam zu Achisch, dem König von Gat. Aber die Knechte des Achisch sprachen zu ihm: Ist das nicht David, der König des Landes, von dem sie im Reigen sangen: Saul schlug tausend, David aber zehntausend? Und David nahm sich diese Worte zu Herzen und fürchtete sich sehr vor Achisch, dem König von Gat. Und er stellte sich vor ihnen wahnsinnig und tobte unter ihren Händen und rannte gegen die Pforte des Tores und ließ seinen Speichel in seinen Bart fließen. Da sprach Achisch zu seinen Knechten: Ihr seht ja, dass der Mann wahnsinnig ist; warum bringt ihr ihn zu mir? Hab ich zu wenig Wahnsinnige, dass ihr diesen herbrachtet, bei mir zu toben? Sollte der in mein Haus kommen?
 
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Für Situation 1 würde mir spontan "Verflucht!" oder "Mist!" einfallen.
Bei Situation 2 eventuell "Unfug."

Hängt natürlich davon ab, wie viel Wert du auf Authentizität und/oder Lesbarkeit legst. Diese Worte kann denke ich jeder verstehen, aber mir würden sie im Kontext auch nicht negativ auffallen.
 
Hängt natürlich davon ab, wie viel Wert du auf Authentizität und/oder Lesbarkeit legst.

Das ist natürlich ein grundsätzliches Problem: Authentische Ausdrücke werden heute anders verstanden, als sie damals gemeint waren. Zumindest in den Bedeutungsnuancen gibt es fast immer Unterschiede.

Auch das Wort "Unfug" klang ehemals nicht so harmlos. Das mittelhochdeutsche unvuoc wäre mit 'Unanständigkeit, Unziemlichkeit, Roheit, Schande, Frevel' zu übersetzen.
 
Was die Authentizität betrifft, mir ist klar, dass ein Kompromiss notwendig sein wird. Andererseits soll es zumindest im Rahmen des Vorstellbaren bleiben. Bei der Autsch-Geschichte ist für mich einerseits wichtig, dass die Figur sich glaubwürdig erhält, aber sie darf gerade in dieser Szene nicht zur wehleidigen Witzfigur werden.

Beim anderen Fall werde ich wohl Mashenkas Vorschlag nehmen, immerhin, nachdem die Reichsfürstin wieder auftaucht und es Erklärungen gibt, die seine Ehefrau für "bare Münze" nimmt, wird seine Sicht von der Erzählerfigur in dieser Szene gedeutet: "Als wollte er sagen, du glaubst aber wirklich alles, du dumme Gans."

Das mit dem Wörterbuch-Link ist auch recht hilfreich.

Allen hier vielen Dank für eure Tipps und für die Mühe, die ihr euch gemacht habt. Antworten.
 
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