Juden in Preußen...

D

Dörte

Gast
Hallo ihr Lieben:winke:

ich bin etwas verwirrt und zwar mache ich gerade ein Referat über "Das Verhältnis der Religionen im 18. Jahrhundert"... gerade bin ich bei Friedrich dem Großen, der ja die Glaubensfreiheit verkündet hat...so, nun kommt mein Problem: Warum unterlagen dann die Juden in Preußen trotzdem noch so vielen Sondergesetzen, Abgabenforderungen und Einschränkungen in ihren beruflichen Möglichkeiten?
Meine Theorie ist, dass er (aus wirtschaflichen Gründen?) dann eben doch nicht so weit ging, auch die Juden mit allen gleich zusetzen...kann mir jemand helfen? :(

LG, Dörte
 
Du kannst auch weiter gehen. Katholiken unterlagen ebenfalls Sonderregelungen, denn diesen waren Staatsämter verwehrt. Man durfte als Jude oder Katholik seine Religion frei ausüben, aber gänzliche juristische Gleichstelllung bedeutet Glaubensfreiheit eben nicht.

Übrigens geht die preussische Glaubensfreiheit nicht auf F. II. zurück, sondern auf das Toleranzedikt des Großen Kurfürsten von 1685.

http://de.wikipedia.org/wiki/Edikt_von_Potsdam

:winke:
 
Mit den Juden in Brandenburg-Preußen hat es nur indirekt etwas zu tun - es beleuchtet eine häufig vergessene Seite der religiösen Verhältnisse und des Toleranzkurses in Bbg.-Pr.:

Eine Besonderheit Brandenburg-Preußens stellt die Tatsache dar, daß die Hohenzollern im Jahre 1613 zu Weihnachten vom evangelisch-lutherischen zum reformierten (calvinistischen) Bekenntnis konvertierten und somit im Gegensatz zu ihrer überwiegend evangelisch-lutherischen Bevölkerung geriet, die dies lange Zeit argwöhnisch verfolgte. Insbesondere die Kreise am Hofe und die Teile der Beamtenschaft bekannten sich zum reformierten Bekenntnis.

Allerdings wurde der Toleranzkurs nicht überall mit Freuden aufgenommen. So wurde Paul Gerhardt, der als wichtigster protestantischer Kirchenliederdichter nach Luther, einer der schärfsten Gegner der Reformierten aufgrund eines Konfliktes mit dem Kurfürst im Jahr 1666 faktisch entlassen. Am Ende wurde eine Sonderregelung für ihn beschlossen, der er aber aus Gewissensgründen nicht zu stimmen wollte. Der stark von der traditionellen lutherischen Orthodoxie geprägte Paul Gerhardt dem preußischen Toleranzedikt nicht zustimmen wollte, das auch den Protestanten reformierter Prägung eine Heimat in der Kirche bieten sollte.

Mehr dazu unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Gerhardt
 
Zuletzt bearbeitet:
Meines Wissen nach, war Bismarcks Bankier ein Jude und wurde sogar, da er so erfolgreich, war in den Adelsstand erhoben.:)
 
Du meinst sicher Gerson von Bleichröder, den großen Bankier. Der lebte und wirkte aber im späten 19. Jahrhundert, als die Gleichberechtigung - zumindest in der Theorie - durchgeführt war.
 
Mark Mallokent schrieb:
Du meinst sicher Gerson von Bleichröder, den großen Bankier. Der lebte und wirkte aber im späten 19. Jahrhundert, als die Gleichberechtigung - zumindest in der Theorie - durchgeführt war.

Lieber Mark,
genau den habe ich gemeint.:)
 
Lage der Juden in Preußen im 18. Jhd.

hallo leutz, ich hoffe, dass ihr mir helfen könnt. anfang mai muss ich ein referat zum thema "Lage der Juden in Preußen im 18. Jhd." halten. leider hab ich gar keinen plan und find auch relativ wenig über das thema, das einzige, was ich bisher herausgefunden habe, ist, dass die juden nicht so angesehehn waren und eher das untere fußvolk waren und nicht mehr als ein kind haben durften.bitte helft mir, bin euch auch sehr dankbar!!!!

schon ma danke fürs helfen, man sieht sich!!!!!
 
Gast schrieb:
... anfang mai muss ich ein referat zum thema "Lage der Juden in Preußen im 18. Jhd." halten...

Schau doch mal in folgende Seiten
http://www.goethe.de/ges/phi/de159531.htm
http://www.vfh-saarlouis.de/juden.htm
http://www.preussen-chronik.de/_/thema_jsp/key=thema_preu%25dfen+-+eine+multikulturelle+gesellschaft%253f.html
usw. unter der Suchwortkombination "Juden in Preußen+18.Jahrhundert" bei Google.

Vielleicht hilft dir auch folgendes Buch:
Erika Herzfeld, Juden in Brandenburg-Preussen. Beiträge zu ihrer Geschichte im 17. und 18. Jahrhundert, hrsg. von Irene Diekmann und Hermann Simon. Festschrift anläßlich des 80. Geburtstages von Erika Herzfeld, Berlin 2001
 
Gast schrieb:
hallo leutz, ich hoffe, dass ihr mir helfen könnt. anfang mai muss ich ein referat zum thema "Lage der Juden in Preußen im 18. Jhd." halten.


Brandenburg-Preußen blieb in Deutschland Vorreiter in Sachen Gleichstellung
seiner Bürger, denn „der preußische Staat des 18. Jahrhunderts war
konfessionell gleichgültig, national gleichgültig und sozial gleichgültig. Seine
Untertanen durften katholisch oder protestantisch, lutherisch oder kalvinistisch,
mosaisch oder, wenn sie wollten, auch mohammedanisch sein, das war
ihm alles gleich recht, wenn sie nur ihre Staatspflichten pünktlich erfüllten.“ (8)
Es ist deshalb kein Zufall, daß in Berlin einer der bedeutendsten Kämpfer für
die jüdische Emanzipation und Aufklärung (Haskala) wirkte, Moses Mendels-sohn.

Wie relativ die Freiheiten im preußischen Staat noch waren, zeigen zwei Fakten:
Am 17. April 1750 schränkte das „Revidierte Generalprivilegium“ die Rechte der
Juden Berlins ein. Nur 203 von ihnen blieben als „ordentliche Schutzjuden“
aufenthaltsberechtigt, 500 ärmere Gemeindemitglieder haben die Stadt um-gehend
zu verlassen. Und 1768 ließ Friedrich II. den jährlichen Schutzgeldsatz
von 15.000 auf 25.000 Taler erhöhen.
Die entscheidende Wende zum Besseren brachte erst die Französische
Revolution.


Dies und weitere Infos hier unter :
jüd. Geschichte B/ Aufklärung +Emanzipation . ( im Bild rechts alles zum runterloaden) :)

http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/juedische_kultur_und_geschichte.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Arcimboldo schrieb:
Und 1768 ließ Friedrich II. den jährlichen Schutzgeldsatz
von 15.000 auf 25.000 Taler erhöhen.

Der Jahresverdienst eines Handwerksmeisters lag bei 200-600 Taler, während beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe als Schriftsteller und Weimarer Geheimrat 3000 Taler jährlich und mehr verdiente, Friedrich Schiller als Geschichtsprofessor jedoch nur auf 200 Taler kam.
http://de.wikipedia.org/wiki/Taler

Muß man die 25.000 Taler durch 203 teilen? Das wären immer noch horrende Summen pro Person.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
hyokkose schrieb:
http://de.wikipedia.org/wiki/Taler

Muß man die 25.000 Taler durch 203 teilen? Das wären immer noch horrende Summen pro Person.

...:grübel: scheint mir, daß dies die Summe fürs ganze Königreich sein könnte, incl. "Nichtschutz-Juden " Mal sehen,
vielleicht kommt auch hier noch die "Aufklärung". Die Zahl 203 bezieht sich möglicherweise nur auf Berlin.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerson von Bleichröder war Bismarcks getreuer Freund und Gefolgsmann. Als aber die Kreuzzeitung u.a. gegen Bleichröder übel von Leder zog und er Hilfe bei den Bismarcks suchte, blieb ihm diese versagt. Ihm wurde lediglich der Rat gegeben öffentlich Stellung zu ziehen, ohne „die hohen Herren“ zu verletzten, um die unzutreffenden Aussagen, von wegen „Deutschlands Wirtschaftspolitik sei Judenpolitik“ klar zu stellen. Bleichröder sollte nebenbei auch noch seinen Einfluss leugnen. Ein „Freund“ hätte sich doch etwas anders verhalten.
 
silesia schrieb:
Der Fall Bleichenröder ist demnach ein Beispiel dafür, dass antisemitische Grundhaltungen (würde man sie Bismarck und seiner Umgebung unterstellen) nicht unbedingt oder nur eingeschränkt Folgen für die Personen in direkten Umfeld haben.


Das sehe ich so. Allein als das deutsche Hauptquartier noch nicht in Versailles war sondern im Schloss Ferrièrs von James de Rothschild, wurden reichlich antisemitische Äußerungen ventiliert. Das hinderte aber Bismarck nicht daran, Bleichröder dorthin zu holen, um ihn mit einem Auftrag nach Paris zu schicken.
 
Als ein weiteres kleines Beispiel kann auch die Beziehung zwischen Martin Heidegger und Hannah Arendt gelten. So war Heidegger der Meinung, dass seine antisemitische Haltung das (generelle) Verhältnis zu Arendt nicht beeinflussen würde. [1]
Antisemitismus sollte im zeitlichen Kontext auch differenziert gesehen werden. Nicht jeder der sich antisemitisch äußerte sah sich auch selber als Antisemiten. Heinrich von Treitschke - dessen Aufsatz mit dem Titel "Unsere Aussichten" den Berliner Antisemitismusstreit auslösten und Antisemitismus auch in gebildeten Schichten endgültig salonfähig machten - gehörte zu einer eher gemäßigten Fraktion und sah sich selbst nicht als Antisemiten (obwohl er einer war). Sein Antisemitismus äußerte sich in der Ansicht, dass ein "völliges Aufgehen des zahlenmäßig so geringen Judentums im Deutschtum" und die "Preisgabe jedes eigenen jüdischen Lebensstiles" [2] eine Lösung der vermeintlichen Judenfrage. Nur die nicht Intgrations- oder besser gesagt Assimilationswilligen sollten ausgeschlossen werden. [3]
Diese Art des Antisemitismus unterscheidet sich also in seiner Grundannahme von dem, der die Juden als Feind der gesamten Menschheit sieht und nur eine Ausrottung als Lösung akzeptieren kann. Die Folgen für die Betroffenen sind dementsprechend unterschiedlich (wenn auch beide Arten Folgen nach sich zogen). Im ersten Fall haben die Personen noch eine "Existenzberechtigung" (wenn man das so nennen will) und es wird sogar von ihnen verlangt, dass sie ... wie soll ich es sagen ... deutscher sind als die Deutschen. Im zweiten Fall kommt nur ihre Vernichtung als Lösung infrage.

[1] Bodersen, Dammann 2006: Zerrissene Herzen - Die Geschichte der Juden in Deutschland, S.: 175.

[2] Mann Golo 1961: Über Antisemitismus, In: Geschichte und Geschichten, S.: 178.

[3] Heinrich von Treitschke ? Wikipedia
 
Für mich hat das Verhältnis von Bismarck zu Bleichröder Züge des Verhälttnisses der Fürsten früherer Zeiten zu ihren Schutzjuden. Man nutzte gern ihre Fahigkeiten und Verbindungen auf wirtschaftlich-finanziellem Gebiet, trotzdem blieb eine gewisse gesellschaftliche Geringschätzung. Und wenn es hart auf hart ging, wurden sie im Stich gelassen oder durften als Sündenböcke dienen, wie z.B. Joseph Süß Oppenheimer.
 
Das trifft es m.E. nach bei Bleichröder/Bismarck nicht so ganz, denn Bismarck hat sich gegenüber Bleichröder keinen Antisemitismus geleistet. Er hat ihn vertraut und das sogar in privaten Bereich. So wurde Bleichröder mit der überaus delikaten Mission betraut, die von Herbert geliebte Frau klarzumachen, das er, Bismarck Senior, sie als Schwiegertochter vollkommen unakzeptabel sei. Die Dame hatte zwei Schwestern, die mit Männern verheiratet waren, die Bismarcks Feinde waren. Herbert seinerseits hat von dieser unfeinen Aktion Wind bekommen und sie Bleichröder nie verziehen.
 
Nicht, um unbedingt recht zu behalten, aber deine Geschichte (wie auch die weiter oben), ließe sich in das von mir skizzierte Muster einordnen.
Der geschickte/gerissene jüdische Händler/Verhandler wird mit der "unfeinen Aktion" beauftragt, sozusagen als "negativer" Schadchen.
Und wenn was schiefgeht, ist er der Buhmann:
Herbert seinerseits hat von dieser unfeinen Aktion Wind bekommen und sie Bleichröder nie verziehen.
Hätte er sie nicht eher seinem Alten nicht verzeihen sollen?
 
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