Völkermord im 20. Jahrhundert

K

Kathi

Gast
hi leute.
in geschichte nehmen wir demnächst den völkermord im 20. jahrhundert durch.
kann mir vielleicht einer sagen wo, wann, welches volk durch wen ermordet wurde?

ich hab schonmal was vom völkermord an den armeniern gehört oder an den juden im 2. weltkrieg. wo kann ich was darüber finden? sind noch mehr volksstämme im 20. jahrhundert ausgerottet oder zumindest fast ausgerottet worden? wenn a welche und wo gibts informationen darüber?
ich bräuchte so viele infos wie möglich zu diesem thema.

ich freu mich auf antwort!
gruß kathi
 
Völkermord Pol Pots an den Kambodschanern.
Wobei Völkermord nicht unbedingt passt, denn Pol Pot hat ja sein eigenes Volk verfolgt. Und die Menschen die er umbrachten waren politische Gegner(jedenfalls einer paranoiden Auffassung nach).

Völkermord Suhartos an den Chinesen in Indonesien.

Völkermord der Amerikaner an den Vietnamesen. Zwar kein Völkermrod im eigentlichen Sinne, weil die US-Regierung niemals plante das gesamte Volk auszurotten, aber das was einzelne Einheiten taten ergibt schon einen Völkermord, wenn man bedenkt, dass insgesamt fast 4 Mio Menschen in dem Konflikt starben.

Und dann gab es in den 70ern noch einen Völkermord in Bangladesh. Deutschsprachiges findet man eher selten dazu im Netz.
 
Zu den Völkermord an den Armeniern ist auch der türkische Völkermord an den christlichen Aramäern (http://de.wikipedia.org/wiki/Völkermord_an_den_Aramäern) sowie anderen christlichen Minderheiten hinzuzufügen. Die im Übrigen in vielen Gebieten des Osmanischen Reiches, auch im türkischen Kernland, die Bevölkerungsmehrheit stellten, Schätzungen sprechen hier von einem Drittel von Christen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der heutigen Türkei gelebt haben - zumeist länger als die im 11. Jahrhundert eingewanderten Türken, wie zum Beispiel die Pontos Griechen (http://de.wikipedia.org/wiki/Völkermord_an_den_Pontosgriechen).
Wenn du dich über alle Völkermorde im 20. Jahrhundert informieren möchtest, wird das (leider) sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, zudem die Definierung von Völkermord nach wie vor schwierig ist.

PS: Eigentlich ist es eine Farce, dass in der deutschen Wikipedia auf Grund einiger türkischer Mitbürger die Beiträge über die türkischen Völkermorde immer wieder Opfer von edit-wars, 'Diskussionen' und Löschanträgen werden.
 
Völkermord Pol Pots an den Kambodschanern. Wobei Völkermord nicht unbedingt passt, denn Pol Pot hat ja sein eigenes Volk verfolgt. Und die Menschen die er umbrachten waren politische Gegner.

Stimmt. Nach der in Wiki zitierten Definition zählt dann auch der größte Massenmord der Geschichte, nämlich der Mord an 60...70 Millionen Chinesen durch Mao, nicht als Völkermord, weil dieser nicht in der Absicht geschehen ist, eine bestimmte Ethnie auszurotten, sondern nur, um politischen Widerstand zu brechen.

Was aber ist, wenn der politische Widerstand von einer bestimmten Ethnie ausgeht und somit gezielt deren Angehörige umgebracht werden ?
 
PS: Eigentlich ist es eine Farce, dass in der deutschen Wikipedia auf Grund einiger türkischer Mitbürger die Beiträge über die türkischen Völkermorde immer wieder Opfer von edit-wars, 'Diskussionen' und Löschanträgen werden.

Das ist ein sehr difficiles Thema. Als Beispiel beginnt erst seit wenigen Jahren Frankreich seine Geschichte als Kolonialmacht aufzuarbeiten, die natürlich auch sehr belastet ist. Würde man nun in Frankreich auf 50 Milionen Franzosen und deren Befindlichkeit Rücksicht nehmen, dann wäre man heute noch nicht weiter. Auf arte liefen bis jetzt einige gute Dokus dazu.

Was Klaus sagt halte ich ebenso für ein bedenkliches Faktum, da die Vorraussetzung, dass der Ausführende diesen Völkermord nicht mit ideologischen oder anderen Gründen bemänteln darf, dass man ihn als solchen nennen darf, öffnet schon ein wenig arg Tür und Tor.

Zum Thema Vietnam-Krieg habe ich als Jugendlicher mal ein Buch gelesen "Piloten im Pyjama" (ich kann mich auch im Titel täuschen). Gefangenen US-Piloten wurden von Journalisten verschiedene Fragen gestellt von Muhammed Ali bis zu solchen, ob die Piloten wüssten, wofür die und die Hüte gedacht waren. Über die Größe staunten die Piloten, bis ihnen erklärt wurde, dass diese Strohhüte von Kindern in Vietnam getragen würden, die sich so bei der nötigen Feldarbeit vor den Geschossen (eben jenen geächteten Geschossen der US-Armee über die vor ein par Jahren so kontrovers diskutiert wurde, ob sie eingesetzt worden waren) der Flieger zu schützen. Natürlich kann man, da es sich um ein DDR-Buch handelte, von Feindpropaganda sprechen. Mich berührte das aber damals und das gezielte Treffen von Zivilisten als Absicht legt den Völkermord schon recht nahe.
:grübel:

Ich denke man sollte stets kritisch mit der eigenen wie mit der fremden Geschichte umgehen und kein Blatt vor den Mund nehmen wegen irgendwelcher daraus entstehender Komplikationen.

Die Niederwerfung des Aufstandes der Hereo am Beginn des 20.Jh und weitere Makel in der Kolonialgeschichte, sollte man auch dazu nehmen. Arne kann allerdings besser etwas dazu sagen.
Hier etwas, was ich bei ZDF dazu fand, wird wohl leider bald nicht mehr gehen der Link.
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/11/0,1872,2189803,00.html
 
Stimmt. Nach der in Wiki zitierten Definition zählt dann auch der größte Massenmord der Geschichte, nämlich der Mord an 60...70 Millionen Chinesen durch Mao, nicht als Völkermord, weil dieser nicht in der Absicht geschehen ist, eine bestimmte Ethnie auszurotten, sondern nur, um politischen Widerstand zu brechen.

Was aber ist, wenn der politische Widerstand von einer bestimmten Ethnie ausgeht und somit gezielt deren Angehörige umgebracht werden ?

Da muss ich Dir aber in aller Höflichkeit widersprechen: Mao hat bestimmte Bevölkerungsgruppen oder wie die Chinesen gerne sagen, Minderheiten, nicht aus politischen Gründen verfolgt oder ihren Willen zu brechen versucht. Die "Minderheiten" der Uiguren und Tibeter sind nicht aus politischen Gründen unterdrückt und verfolgt worden, sondern weil sie Tibeter und Uiguren sind, da ging es nicht nur lediglich um Raum- und Rohstoffgewinnung oder die alten Chinesen wieder ins Neue Reich der Mitte zurückzuholen. Hitler hat die Juden auch nicht aus einem politischen, sondern aus einem fanatisch-ideologischen Standpunkt umgebracht, bzw weil er Juden gehasst hat.
 
Die Niederwerfung des Aufstandes der Hereo am Beginn des 20.Jh und weitere Makel in der Kolonialgeschichte, sollte man auch dazu nehmen.

Hier kommt meine oben gestellte Frage zum Tragen :

Die Deutschen Siedler hatten von den Hereros Land gekauft. Offenbar hatten beide Seiten nicht die gleiche Vorstellung davon, was Land "besitzen" bedeutet; zumindest wollten die Hereros es später zurück haben. Aus Sicht der Siedler waren die Hereros also Feinde, die ihre Farmen angriffen und bekämpften sie entsprechend.

Ich erinnere daran, dass Art der Kriegsführung und Zahl der Opfer nicht zur Definition von Völkermord gehört. Nach der o.g. Definition muss man vielmehr fragen : Bestand die Absicht, die Hereros als Ethnie auszurotten, oder wollte man "nur" die Bedrohung für die Siedler "ein für alle Mal" beseitigen, also ohne Berücksichtigung der ethnischen Zugehörigkeit der Gegner ?

Im ersten Fall wäre es Völkermord, im zweiten nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Klaus
In den Büchern, die ich bis jetzt las, wurde die Tötung ja eher als Mord dargestellt zumindest von dem Zeitpunkt nach der Schlacht am Waterberg. Die Aussagen in dem ZDF-Artikel finde ich recht eindeutig und mit meiner gesammelten Auffassung übereinstimmend.

Ich glaube bei einer Vielzahl von Fällen, welche Kathi anführen muss, bleibt es auch heute noch schwierig, ob es sich um einen Völkermord handelt und wer die Verantwortung trägt/trug.
Ich glaube näher auf das Beispiel einzugehen hilft der Fragenden nicht weiter.
 
Das ist ein sehr difficiles Thema.
Allerdings!
Zum Thema Vietnam-Krieg habe ich als Jugendlicher mal ein Buch gelesen "Piloten im Pyjama" [...] Gefangenen US-Piloten wurden von Journalisten verschiedene Fragen gestellt [...] ob die Piloten wüssten, wofür die und die Hüte gedacht waren. Über die Größe staunten die Piloten, bis ihnen erklärt wurde, dass diese Strohhüte von Kindern in Vietnam getragen würden, die sich so bei der nötigen Feldarbeit vor den Geschossen (eben jenen geächteten Geschossen der US-Armee über die vor ein par Jahren so kontrovers diskutiert wurde, ob sie eingesetzt worden waren) der Flieger zu schützen. [...] Mich berührte das aber damals und das gezielte Treffen von Zivilisten als Absicht legt den Völkermord schon recht nahe. :grübel:
Ich glaube nicht, dass man hier von der "Absicht des Völkermordes" sprechen kann, obwohl es sehr interessante Aussagen* von amerikanischen Teilnehmern an Massakern in Vietnam gibt, etwa zu My Lai:

A. Ich habe mein M16 auf sie gehalten.
F. Warum?
A. Weil sie hätten angreifen können.
F. Es handelte sich um Kinder und Babies?
A. Ja.
F. Und sie hätten angreifen können? Kinder und Babies?
A. Sie hätten Handgranaten haben können. Die Mütter hätten sie auf uns werfen können.
F. Die Babies?
A. Ja.
F. Hatten die Mütter die die Babies auf dem Arm?
A. Ich glaube ja.
F. Und die Babies wollten angreifen?
A. Ich habe jeden Moment damit gerechnet, dass sie einen Gegenangriff machen würden.

Die Aussage wäre einigermaßen grotesk, wenn es sich nicht um eine menschliche Tragödie handeln würde, und zeigt, dass hier der einzelne Soldat mit der Situation vollkommen überfordert war; aber nicht nur der: das amerikanische Militär mitsamt seiner Führung war überfordert, weil es sich einem unsichtbaren Feind gegenüber sah. Damit will ich nicht die Massaker entschuldigen. Der ganze Vietnamkrieg ist von Anfang an als eine Aggression der Vereinigten Staaten zu bewerten und zu verurteilen. Aber: die Handlungen der amerikanischen Solaten, seien es Piloten oder Infanteristen lassen sich vor dem Hintergrund, dass der Feind unsichtbar war oder "sich wie ein Fisch im Wasser" bewegte (Guevara(?)) militärisch erklären. Was also menschlich zu verurteilen ist, ist militärisch zumindest nachvollziehbar. Wobei man der damaligen amerikanischen Führung vorwerfen kann, dass sie es versäumt hat, über die "Wertmaßstäbe" nachzudenken: Wieviele unschuldige Zivilisten sind es wert als "Kolateralverluste" für ein "freies" Indochina (unter Präsident Diem!!!) zu Tode zu kommen?


*aus: Welzer, Harald: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden. Frankfurt/Main 2005, S. 222 f.
 
Vielleicht ist das gerade der Schwachpunkt der gesamten Völkermord-Thematik:

Die Säuberung des Kosovo wird als Völkermord gehandelt, während das Morden an Millionen von Landsleuten in China als rein innenpolitischer Akt betrachtet wird. Damit wird der Begriff des Völkermords 'verharmlost'. Die Umsiedlung von 20 Großfamilien im Regenwald von XYZ steht auf einer Stufe mit dem millionenfachen Mord an den europäischen Juden und den Sinti und Roma ...

Völkermord richtet sich gegen die Lebensgrundlagen einer Kulturgemeinschaft. Da tut sich nun mal das Problem auf, dass dieser auch ganz ohne Mord und Totschlag stattfinden kann. Ich brauche keinen einzigen Menschen zu töten, um einen Völkermord zu veranstalten. Andererseits bin ich kein Völkermörder, wenn ich die gesamte politische Opposition in meinem Land (Haiti oder SU, etwa) zu tode foltere.

Das macht irgendwie Kopfschmerzen.
 
Sieh es doch mal so: Völkermord/Genozid/Ethnizid spezifiziert nur die Art ud Zielsetzung des Massenmordes.
 
@ El Quijote
Danke für die interessanten Einblicke. Das deckt sich mit meinem Bild.
1. Es wirft die Frage auf, ob Völkermord gesteuert sein muss, um sich so nennen zu dürfen oder ob er auch durch eine Selbstzündung durch beispielsweise Mittel eines "gewöhnlichen" Krieges ausgelöst werden kann?
2. Ich denke, dass auch diese Überlegungen Kathi durchaus weiterhelfen können. Bei einer Überlegung und Darstellung zu dem Thema sind solche Fragen als Denkstützen doch sehr verwertbar und hilfreich.

1. Lässt die Unterscheidung zwischen Krieg und Mord recht brenzlig werden, aber das liegt meines Erachtens in der Natur der Sache begründet. Ein Blick auf die Gemälde und Zeichnungen etc. Goyas zum Krieg 1807-14 in Spanien erwecken manchmal auch den Eindruck von Mord, wo unbewaffnete Zivilisten angegriffen werden. Schaut man sich das Gemälde zum Aufstand im Mai 1808 in Madrid an, auf dem die Mamelucken von den Pferden gestochen werden und scheinbar massakriert, gewinnt man mehr Abstand zum Konflikt. Ich will nicht zuweit ausholen, aber auch nicht diesen Aspekt der schweren Trennbarkeit zwischen Mord und Krieg unbeachtet lassen.
:S
Ich glaube ich gehe gleich mal lieber ins Wochenende.
 
Die Umsiedlung von 20 Großfamilien im Regenwald von XYZ steht auf einer Stufe mit dem millionenfachen Mord an den europäischen Juden und den Sinti und Roma ...

Völkermord richtet sich gegen die Lebensgrundlagen einer Kulturgemeinschaft. Da tut sich nun mal das Problem auf, dass dieser auch ganz ohne Mord und Totschlag stattfinden kann. Ich brauche keinen einzigen Menschen zu töten, um einen Völkermord zu veranstalten.
Das macht irgendwie Kopfschmerzen.

Sieh es doch mal so: Völkermord/Genozid/Ethnizid spezifiziert nur die Art und Zielsetzung des Massenmordes.

Auch ohne Massenmord ... :grübel:

Nu ja, wenn du einem Volk die Lebensgrundlage entziehst, dann begehst Du auch Mord: Mord auf Raten. Wenn dieses Volk - bleiben wir bei den 20 Großfamilien aus dem Regenwald - aber seine neue Umwelt adaptiert und lernt sich in seiner neuen Umwelt zu versorgen und zu überleben, dann magst Du ein Verbrechen begangen haben, aber Du bist dann kein Völkermörder geworden. Aber Du hast recht. In diesen Grenzbereichen sind die Definitionen einigermaßen schwammig.
 
Nu ja, wenn du einem Volk die Lebensgrundlage entziehst, dann begehst Du auch Mord: Mord auf Raten. Wenn dieses Volk - bleiben wir bei den 20 Großfamilien aus dem Regenwald - aber seine neue Umwelt adaptiert und lernt sich in seiner neuen Umwelt zu versorgen und zu überleben, dann magst Du ein Verbrechen begangen haben, aber Du bist dann kein Völkermörder geworden. Aber Du hast recht. In diesen Grenzbereichen sind die Definitionen einigermaßen schwammig.

Was ist aber beim 'Völkermord' wichtiger? Die Menschen oder die Kultur? Völkermord hat - wenn ich das jetzt logisch durchdacht habe - erstmal nichts mit dem Ausmaß des Leides der Menschen zu tun, sondern mit dem Versuch (bzw. faktischem Ergebnis einer Unternehmung) eine abgeschlossene Kulturform zu zerstören. Den Menschen könnte es nach dem Völkermord sogar materiell besser gehen, als vorher. Nur ist ihre Kultur zerstört...
 
So etwas würde ich aber z.B. nicht unter dem Begriff Völkermord fassen. Im Deutschen ist es doch so, dass bei Komposita der letzte Bestandteil des Wortes den Kern bildet, also Mord. Somit ist die Zerstörung der Regenwaldkulturen kein Mord, wenn die aus der Kultur stammenden Individuen keinen gesundheitlichen (physisch wie psychisch) Schaden nehmen. Das Verbrechen wirst Du anders nennen müssen.
 
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