tejason schrieb:
Beantwortet? Es lohnt sich beim Zitieren das Zitierte mitzulesen
Lern einfach, vernünftig zu zitieren, dann bleiben solche Mißverständnisse aus ...
tejason schrieb:
Woher du den fehlenden Zusammenhang nimmst ist mir völlig Schleierhaft!
Wirklich? Ganz einfach: die Inflation hatte unbestrittenermaßen einen gewaltigen innenpolitischen Einfluss in Deutschland- zum Beispiel Hunger, Arbeitslosigkeit, Armut. Aber das kann nicht auf Versailles geschoben werden, wenn die deutsche Regierung selbst die Notenpresse anwirft, um sich von ihren aufgenommenen Kriegskrediten zu befreien. Typisches Beispiel wie innerdeutsche Probleme der Außenwelt zur Last gelegt werden.
tejason schrieb:
Niemals war die Rede davon die Reparationen ALLEIN an der deutschen Wirtschaftskraft festzumachen!
Mir war so- schließlich hast du bislang nur erläutert, dass Deutschland deiner Meinung nach völlig ungerecht behandelt wurde ... das übliche halt.
tejason schrieb:
Sind Leistungen zu tragen die über die Wirtschaftskraft des Schuldners hinausgehen, erhält der Gläubiger (egal ob seine Forderungen noch so berechtigt sind) schlichtweg über kurz oder lang keinerlei Leistungen mehr.
Wobei nur noch zu beweisen wäre, dass der Fall auf Deutschland 1919 zutrifft. Außerdem solltest du nicht den Fehler begehen, einen Staat mit einem Privathaushalt gleichzusetzen. Achja, und wann hat Deutschland eigentlich Staatsbankrott angemeldet?
tejason schrieb:
Erst wenn du dies als gerechte Strafe für Deutschland, entsprechend der im Versailler Vertrag festgeschriebenen alleinigen deutschen Kriegsschuld ansiehst, dann erst wird deine Aussage verständlich.
Was ich seit meinem ersten Posting sage: Der Versailler Frieden entsprach sowohl der Art den Verträgen, die Deutschland im I. WK diktiert hat (Brest-Litowsk), als auch den gewaltigen Kriegsschäden insbesondere Frankreichs und Belgiens. Der Form nach mag man ihn ein Diktat nennen (eine Geschmacksfrage), so wie jeder Vertrag den ein militärischer Sieger mit dem Verlierer schließt, zwangsläufig Diktat ist, und kein demokratischer Aushandlungsprozess.
Dass die Revolutionskriege unter völlig anderen Bedingungen ausgekämpft und beendet wurden, sollte klar sein. Da kann man Versailles auch gleich mit dem Frieden zwischen Ramses I. und Hattusilis vergleichen.
Deutschland und die Deutschen sind aber doch zum Gutteil für das mitverantwortlich, was ihnen in Versailles widerfahren ist:
Deutschland durch seine aggressive, zumindest schlecht durchdachte Politik vor 1914, den Überfall auf ein neutrales Land im August 1914, den unbeschränkten U-Boot-Krieg und nicht zuletzt den Beweis, welchen Frieden Berlin diktieren wird, hat es die Gelegenheit dazu. Zweierlei Maß ist es, diese Dinge nonchalant zu übergehen und sich ganz auf
deutsches Leid und
deutsche Opfer zu konzentrieren (heutzutage leider immer mehr üblich).Wäre eine solche Haltung wirklich moralisch, wirklich auf Gerechtigkeit aus, dann würde sie doch nicht nach Nationen fragen.
Die Deutschen, weil sie sich nicht etwa von ihrer bankrotten Elite getrennt haben, sondern im Gegenteil- Leute wie Hindenburg- und die ganze Schicht, für die er stand- in Ehren hielten, einen Bruch mit der alten Elite nicht etwa als Befreiung von den Leuten verstanden, die sie in den bis dato blutigsten Krieg der deutschen Geschichte verwickelt haben- sondern als Zumutung durch die Alliierten! Die bürgerliche Demokratie nicht als Fortschritt, als Errungenschaft- sondern als Niederlage. Selbst nach den Millionen Toten des Weltkriegs betrachteten viele Deutsche die Alliierten als Hauptfeind- nicht ihre alte/neue Elite; die Soldaten auf der andren Seite des Schützengrabens als die Gegner- und nicht ihre eigenen Offiziere. Im Gegenteil- wer sich gegen das Militär und die alten Autoritäten wandte, galt schnell als Nestbeschmutzer (igitt!). Man frage nach bei Tucholsky oder Ossietzky. Kurz gesagt: die Deutschen büßten für ihre Unfähigkeit, eine Revolution zu machen, wenigstens eine funktionierende bürgerliche Republik zu schaffen.
Das man einen wirklichen Bruch nie vollzogen hat, und die militärische Niederlage durch die Dolchstoßlegende und „Novemberverbrecher“ rationalisierte, das schuf auch psychologisch Voraussetzungen, auf denen Hitler aufbauen konnte. Was den deutschen nationaln Narzissmus kränkt(e), war nicht erst Versailles, sondern schon die Tatsache, den Krieg überhaupt verloren zu haben, und den Frieden nicht selbst diktieren zu können, sondern diktiert zu bekommen.