Ein paar Fragen zu den Germanen

Es ist wahrscheinlich, daß diese Entwicklung nahezu gleichzeitig an verschiedenen Orten einsetzte. Seßhafte Jäger- und Sammlergesellschaften hat es zuvor schon gegeben. Wichtige Neuerungen in der Erteböllekultur sind Gefäße aus Ton bei der Nahrungszubereitung und in der Spätzeit erste Hinweise auf Nutztierhaltung und Getreideanbau, die allerdings als Ernährungsgrundlage eine geringere Bedeutung hatten. Eingeführte Äxte und Beile aus fremdländischen Gesteinen zeugen von Verbindungs- und Austauschnetzen mit fernen Bauernkulturen im Süden.
 
Es ist wahrscheinlich, daß diese Entwicklung nahezu gleichzeitig an verschiedenen Orten einsetzte.


Diese Behauptung widerspricht allen gesicherten Erkenntnissen der Forschung. Seit langer Zeit weiß man, dass sich der Ackerbau von Vorderasien aus allmählich über den Balkan nach Mitteleuropa ausbreitete. Dabei zählt die linearbandkeramische Kultur zu den ältesten neolithischen Kulturen.

Die früheste Ackerbaukultur Europas ist die Sesklo-Kultur, die im Raum Thessalien/Griechenland im 7. Jahrtsd. v. Chr. fassbar ist. Es folgen die Starcevo-Kultur und die Vinva-Kultur, die im späten 7. und 6. Jahrtsd. v. Chr. den Balkanraum erfassen. Von dort aus breitet sich der Ackerbau mit den Bandkeramikern über ganz Mitteleuropa aus, das etwa 5500 v. Chr. erreicht wird. Parallel dazu entsteht in Osteuropa die Tripolje-Kultur, die freilich etwas später anzusetzen ist.

All diese Kulturen sind archäologisch gut erforscht und vom zeitlichen Ablauf her gut belegt.
 
http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Neolithic_Expansion.gif


Neolithic_Expansion.gif
 
Zu der Abhandlung über die Thüringer möchte ich sagen, daß hier doch vieles heute überholtes aufgewärmt wird. Besonders unpassend finde ich stes die Erwähnung der Jungsteinzeit in einer Abhandlung über germanische gentes. Nach weitverbreiteter Auffassung stammen die Vorfahren der heutigen indogermanischen Völker aus dem Osten und werden mit den Schnurkeramikern in Verbindung gebracht. Dies ist aber nicht unumstritten und neuerdings erscheint eine weitere Theorie, nach der die ältesten Ackerbauern bereits ein indogermanisches Idiom mit nach Europa brachten. Man tut sich somit keinen Gefallen, solch ein Thema mit in eine Abhandlung über Germanen zu nehmen. Wirklich als Gruppe faßbar werden die Vorfahren der Germanen doch erst in der Nordischen Bronzezeit und wie schon richtig erwähnt, scheinen die eigentlichen Germanen erst mit der Jastorf-Kultur in Mitteleuropa faßbar. Dies wirft allerdings die Frage auf, wie steht es mit den skandinavischen Germanen? Wie mit den ostgermanischen? Auch über die Stellung der Nienburger bzw. Harpstedter muß man sich dann Gedanken machen und über den Germanenstatus der Germani cisrhenani und der germanischen Vorfahren der (einiger) Belgen.
 
Zu der Abhandlung über die Thüringer möchte ich sagen, daß hier doch vieles heute überholtes aufgewärmt wird. Besonders unpassend finde ich stes die Erwähnung der Jungsteinzeit in einer Abhandlung über germanische gentes. Nach weitverbreiteter Auffassung stammen die Vorfahren der heutigen indogermanischen Völker aus dem Osten und werden mit den Schnurkeramikern in Verbindung gebracht. Dies ist aber nicht unumstritten und neuerdings erscheint eine weitere Theorie, nach der die ältesten Ackerbauern bereits ein indogermanisches Idiom mit nach Europa brachten. Man tut sich somit keinen Gefallen, solch ein Thema mit in eine Abhandlung über Germanen zu nehmen. Wirklich als Gruppe faßbar werden die Vorfahren der Germanen doch erst in der Nordischen Bronzezeit und wie schon richtig erwähnt, scheinen die eigentlichen Germanen erst mit der Jastorf-Kultur in Mitteleuropa faßbar. Dies wirft allerdings die Frage auf, wie steht es mit den skandinavischen Germanen? Wie mit den ostgermanischen? Auch über die Stellung der Nienburger bzw. Harpstedter muß man sich dann Gedanken machen und über den Germanenstatus der Germani cisrhenani und der germanischen Vorfahren der (einiger) Belgen.

Und auch bei der Königsreihe der Thüringer ist Herr Gebser nur ein Sammler aller möglicher Überlieferungen, ohne den Wahrheitsgehalt zu kritisieren. Nach neuesten Erkenntnissen sind die Thüringer erst um 400 aus den unterschiedlichsten Gruppen entstanden, nur nicht aus denen, die man bisher dafür hielt, Hermunduren, Angeln und Warnen. Diese kamen erst im späten 5. und Anfang 6. Jh. ins Spiel und hatten vor allem dynastische Bedeutung, weniger ethnische.
Zu dieser ganzen Problemstellung erscheint voraussichtlich dieses Jahr ein Tagungsband, der eine ganze Reihe von Aufsätzen und Vorträgen zur Entstehung Thüringens enthält, die anlässlich einer großen Tagung in Jena vorgestellt und gehalten wurden.
 
Dieter schrieb:
Diese Behauptung widerspricht allen gesicherten Erkenntnissen der Forschung. Seit langer Zeit weiß man, dass sich der Ackerbau von Vorderasien aus allmählich über den Balkan nach Mitteleuropa ausbreitete. Dabei zählt die linearbandkeramische Kultur zu den ältesten neolithischen Kulturen.
Zu einer Zeit, da man gesonnen war, alles aus dem Nahen Osten abzuleiten, war es auch selbstverständlich, daß die Jungsteinzeit aus dem Vorderen Orient nach Europa gekommen sein mußte. Doch hält diese Lehre einer echten geschichtlichen Forschung nicht stand. Auch die auf europäischem Boden lebenden Menschen hatten sich auf die Veränderungen der Umwelt einzustellen. Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, daß es eine Verbreitung von Gedanken und Anregungen aus einem Gebiet in das andere gegeben hat. Umstritten ist immer noch, auf welche Art und Weise sich die Bandkeramik derart schnell in einem so großen Gebiet verbreitete und wer die Träger dieser Gesellschaft waren. Während beispielsweise die ältere Forschung davon ausgeht, daß es sich um eine Wanderungsbewegung von Ackerbauern und Viehzüchtern aus dem Donauraum handelte, sprechen andere Forscher von einer möglichen Übernahme jungsteinzeitlicher Lebensweisen durch einheimische mittelsteinzeitliche Bevölkerungsteile. Der Anbau von Gewächsen begann aber vermutlich schon am Ende der letzten Eiszeit. In welchem Zusammenhang frühe Ackerbauspuren im Alpenvorland stehen, die bereits um 6900 v.d.Z. nachweisbar sind, ist selbst für Altertumsforscher rätselhaft, da die sicher faßbaren jungsteinzeitlichen Gesellschaften damals noch auf das östliche Mittelmeer beschränkt waren.
 
Zu einer Zeit, da man gesonnen war, alles aus dem Nahen Osten abzuleiten, war es auch selbstverständlich, daß die Jungsteinzeit aus dem Vorderen Orient nach Europa gekommen sein mußte. Doch hält diese Lehre einer echten geschichtlichen Forschung nicht stand. .


Ich habe dir oben geschildert, auf welchem Wege die frühen Ackerbauern nach Europa kamen und welche Kulturen damit verbunden sind. Das lässt sich in allen Publikationen und der Fachliteratur nachlesen und ist völlig unumstritten. Du kannst dir gern eine eigene Hypothese zusammenbauen, Horst, doch entspricht das nicht der aktuellen Forschung.

Umstritten ist lediglich, inwieweit kolonisierende Bauern an der Ausbreitung des Ackerbaus beteiligt waren, und inwieweit man eine Kulturtrift annehmen muss, also die Weitergabe von Kenntnissen an eine mesolithische Urbevölkerung. Die meisten Forscher vermuten heute ein Wechselspiel beider Faktoren, wobei das kolonisierende Element in dem Maße geringer wird, in dem das Neolithikum Riichtung Donau und Mitteleuropa voranschreitet.

Der zeitliche Rahmen des neolithischen Vordringens von Thessalien über den Balkanraum nach Mitteleuropa ist hingegen völlig unumstritten und anhand zahlloser Funde archäologisch eindeutig abgesichert.
 
Es ist ja nicht nur Wissen und Kultur vermittelt worden, Nutztiere und -Pflanzen lassen sich ebenfalls auf ihre Urformen in Vorderasien zurückführen. Das domestizierte Rind, das Schaf sowie mehrere Getreidesorten stammen nachweislich nicht aus Europa.

Du spielst an auf die La-Hoguette-Gruppen. Die sind aber auch vom Mittelmeer her beeinflusst bzw. geimpft worden. Dass die mesolithischen Europäer aufnahmebereit für die bäuerliche Kultur waren und möglicherweise bereits im Spätmesolithikum die Grundzüge der Domestikation gemeistert hatten und die neuen Tiere, Pflanzen und Technologien daher bereitwillig übernahmen, ist eine spannende Hypothese, die ich durchaus unterstützen würde.

Leider fehlen uns aber die archäologischen Beweise, dass Europa der neolithischen Revolution eigenständige Impulse gegeben haben könnte.

Aber vielleicht können wir auch wieder die Germanen miteinbeziehen? Zu den Neolithikern gibt es geeignetere Stränge ...
 
Es ist ja nicht nur Wissen und Kultur vermittelt worden, Nutztiere und -Pflanzen lassen sich ebenfalls auf ihre Urformen in Vorderasien zurückführen. Das domestizierte Rind, das Schaf sowie mehrere Getreidesorten stammen nachweislich nicht aus Europa...


Ja, natürlich, das vergaß ich ganz zu erwähnen. Besonders die frühen Kulturen Sesklo und Starcevo wurden ganz eindeutig von kolonisierenden Bauern aus Kleinasien geformt, was man am Saatgut, anderen Pflanzen, Gerätschaften sowie den domestizierten Haustieren erkennen kann.

Aber wir sollten nun in der Tat wieder zu unseren Germanen übergehen ...
 
Dieter schrieb:
Die meisten Forscher vermuten heute ein Wechselspiel beider Faktoren, wobei das kolonisierende Element in dem Maße geringer wird, in dem das Neolithikum Richtung Donau und Mitteleuropa voranschreitet.
Das werte ich einmal als Zustimmung zu meinem Beitrag, wonach die Ausbreitung der Landwirtschaft nicht mit einer gleichgerichteten Wanderungsbewegung von Völkern (insbesondere nach Mittel- und Nordeuropa) verbunden werden kann; womit wir dann wieder bei den Germanen angekommen sind.
 
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Hallo Leute, vielen Dank für die zahlreichen Wortmeldungen und Informationen.
Ich hätte da noch eine weitere Frage: der Grieche Poseidonios schrieb schon sehr früh, d. h. in seinem 30. Buch (ca. 80 v. Chr. geschrieben) u. a. auch über die Germanen. Aber nannte er sie auch schon "Germanen"?
 
Ich hätte da noch eine weitere Frage: der Grieche Poseidonios schrieb schon sehr früh, d. h. in seinem 30. Buch (ca. 80 v. Chr. geschrieben) u. a. auch über die Germanen. Aber nannte er sie auch schon "Germanen"?


Ich glaube, die Frage sollte man eher andersherum stellen. Poseidonios erwähnte (soweit wir wissen, der Originaltext ist verschollen) einen Stamm namens "Germanoi". Aber waren damit schon die "Germanen", wie sie Caesar später definierte, gemeint?
 
Hmm. Wirklich? Ein Stamm?
Könnte es der von Tacitus erwähnte Stamm sein, der den Rhein als erster in Richtung Gallien überschritt und die dort siedelnden Gallier vertrieb, welcher "Germanen" oder so genannt wurde und dieser Name bald auf alle Stämme östlich des Rheins überging?
Später soll der Name des Stammes dann "Tungrer" gewesen sein.

Welche Bedeutung der Name jedoch hatte, ist in der Wissenschaft wohl bis heute strittig.
 
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Hmm. Wirklich? Ein Stamm?


Was genau sich Poseidonios unter den germanoi vorstellte, weiß ich nicht, ich habe aber auf einen Stamm getippt, denn m. W. gab es nach den damaligen griechischen Vorstellungen im nördlichen Europa im wesentlichen zwei größere Gruppen: Skythen und Kelten.

Hier habe ich noch etwas gefunden:

Das nur in Fragmenten erhaltene (den Zeitraum 146-79 v. Chr. behandelnde) Werk hatte im 30. Buch eine Ethnographie der Germanen enthalten, Nickel 247 vgl. 430; siehe bes. Dobesch, "Barbaricum" 62 f. (mit Anm. 233 und 234), wo die poseidonischen "Germanoi" (was jedenfalls noch nicht die Germanen als Gesamtheit bedeutet hat) mit den Germani cisrhenani in Belgium geglichen werden. - Für Poseidonios waren die Germanen ein Teilstamm der Kelten; Poseidonios ist der bedeutendste vorcaesarische Autor zu den Kelten, siehe Dobesch, "Barbaricum" bes. 59 ff., 61 ff. zu den Germanen. Der Germanenbegriff war bei Poseidonios noch nicht "in der Art seines späteren Inhalts" vorhanden, sondern habe erst durch das gallokeltische Erleben der Fremdheit der andrängenden Germanen und besonders der Scharen Ariovists seine Prägung erfahren

http://homepage.univie.ac.at/Karl.Reinhard.Krierer/GVO01-02.DOC
 
Ein Satz aus dem 30. Buch, etwa im Jahr 80 v.d.Z. abgefaßt, ist nur als Teilstück im 4. Buch des Athenaios von Naukratis (etwa aus dem Jahr 190 n.d.Z.) erhalten: Die Germanen dagegen, wie Poseidonios im 30. Buch sagt, tragen zur Mittagszeit gliedweise gebratenes Fleisch auf und trinken Milch dazu und den Wein ungemischt.


Gemeint sind nach den Germania offenbar die Germani cisrhenani, denn die Bezeichnung Germanien ist noch neu und erst seit kurzem im Gebrauch, weil die jetzigen Tungerer, die zuerst den Rhein überschritten und die Gallier vertrieben, ursprünglich Germanen hießen.


Mehr zur Germanenfrage: http://www.keltoi-gereman.de/index/Stammesinfo/germani?PHPSESSID=df679050ecaac3e096ee2d154faa7b89
 
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Der Link von Horst ist ja besonders super. :yes:
Aber was bedeutet das Wort "Germani cisrhenani" eigentlich wörtlich übersetzt?
:grübel:
 
Schaut euch doch bitte mal folgende Zusammenfassung aus gelaufenen Pfaden und darin enthaltenen Links an. Trifft es den Kern nun so? Oder könnte man noch etwas hinzufügen?

Wer waren "die Germanen?"

Zum Namen selbst:

Das Volk, das wir heute als "Germanen" bezeichnen, nannte sich ursprünglich nicht selbst so. Der Begriff "Germanen" war also ursprünglich keine Eigenbezeichnung. Mehr noch: Die Germanen verstanden sich nicht einmal als ein einheitliches Volk, sondern sahen sich als das, was sie in Wahrheit waren:
Als eine Vielzahl von unabhängigen Einzelstämmen.


Wer prägte den Begriff?


Laut den uns bekannten schriftlichen Überlieferungen, kann man davon ausgehen, das der Begriff "Germanen" von den Römern geprägt wurde.

Der Grieche Poseidonios verwendete in seinem 30. Buch (ca. 80 v. Chr. geschrieben) als erster bei seiner Beschreibung der "Völker des Nordens" den Begriff "germanoi". Was er dabei genau darunter verstand, bleibt im Dunkeln, da uns seine Werke nur als Zitate anderer Autoren erhalten sind. Es dürfte jedoch feststehen, daß Poseidonios mit seinem Begriff "germanoi" eine bestimmte Ethnie bzw. einen bestimmten Stamm benennen wollte, jedoch noch kein fest abgegrenztes Gebiet.
So unterschied er die "Völker des Nordens" von den Völkern, die weiter südlich siedelten und berichtet, die Germanen hätten "einen mächtigeren Körper, eine hellere Haut, gerades, rötliches Haar, blaue Augen und viel Blut". Sie besäßen zwar "einen stumpfen Geist", zeichneten sich jedoch durch einen "wegen ihrer Unbedachtheit großen Kampfesmut aus".
Demgegenüber wurden die im Süden lebenden Menschen als "von kleinem Wuchs, mit brauner Haut, krausem Haar, dunklen Augen, mageren Beinen und wenig Blut" charakterisiert. Sie zeichneten sich durch einen "scharfen Geist, große Findigkeit, aber auch größere Feigheit" aus.

Es war der römische Feldherr Julius Cäsar, der das Gebiet der "Germanen" im Jahre 51 v. Chr. genauer eingrenzte, wobei er die Stämme, die östlich des Rheins siedelten, in seinem Werk "Bellum Gallicum" als "Germanen" bezeichnete. Zwar gab es bereits zu seiner Zeit auch germanische Stämme westlich des Rheins, von denen Cäsar berichtete und selbst als "Germani cisrhenani" (Die Germanen diesseits des Rheins) bezeichnete und nachweislich gab es auch keltische Stämme östlich des Rheins, jedoch zog er trotzdem am Rhein eine geographische Grenze zwischen "Gallien" und "Germanien". Diese Grenze ist im Falle Cäsars als staatspolitische bzw. militärpolitische Grenze zu sehen, da er zu diesem Zeitpunkt dabei war, Gallien als römische Provinz zu erobern.

Tacitus, ein weiterer Römer, der uns im Jahre 98 n. Chr. wichtige schriftliche Quellen hinterlassen hat, beschrieb in seinem Werk "Germania" die Entstehung des Germanenbegriffs so, daß der erste Stamm, der den Rhein in Richtung Gallien überschritt und die dort siedelnden Gallier vertrieb, "Germanen" genannt wurde und dieser Name bald auf alle Stämme östlich des Rheins überging. Später soll der Name des besagten Stammes "Tungrer" gewesen sein.
Die Existenz des Stammes der Tungrer wiederum gilt als sicher.


Bei allen genannten Autoren ist in der Wissenschaft bis heute strittig, welche wörtliche Bedeutung der Begriff "Germanen" aus deren jeweiliger Sicht hatte.


Aus wissenschaftlicher Sicht stellt sich das Problem des Germanenbegriffs und der "Germanen" westlich des Rheins folgendermaßen dar:

Kuhn (ein Sprachwissenschaftler) versuchte, das Gebiet herauszustellen, das von germanisch sprechenden Stämmen besiedelt worden war, ehe die germanische Lautverschiebung eintrat. Er kommt zu dem Ergebnis, daß das Verbreitungsgebiet des Germanischen vor der Lautverschiebung ein Gebiet von Norden, Osten und Süden her umklammert, das im Nordosten und Osten bis an die Unterweser, die Aller und den Harz reicht, im Süden bis nach Thüringen und Hessen und im Südwesten bis zur Oise, zur Mosel und zum Main.

Das Gebiet der von Cäsar "Germani cisrhenani" und "Belger" genannten Stämme, von Kuhn "Nordwestblock" genannt, gehörte nach ihm weder zum Wohngebiet der Germanen (als sprachwissenschaftlicher Sicht) noch zum Siedlungsgebiet keltischsprachiger Stämme, worin ihm mittlerweile auch andere Forscher zumindest grundsätzlich zustimmen und was auch duch die Archäologie bestätigt wird. Somit ist auf eine gewisse Eigenständigkeit dieses Bereiches zu schließen.


Des weiteren läßt sich der Begriff "Germani" nicht aus dem Germanischen ableiten, und die Stammesnamen der "Germani cisrhenani" sind entweder sicher keltischen (Caerosi, Condrusi, Eburones) oder unklaren (Segni, Caemani) Ursprungs. Gerade diese werden aber von Caesar "Germani" genannt. So erscheint es möglich, daß die "Germani cisrhenani", sprachlich aus dem "Nordwestblock" kommend, enge Verbindungen mit den keltischen Nachbarn pflegten und von diesen den ebenfalls benachbarten Germanen (im sprachwissenschaftlichem Sinne) als sprachlich und kulturell so ähnlich angesehen wurden, daß die Kelten die Bezeichnung "Germani" für beide Gruppen verwendeten, ohne sich der sprachlichen Unterschiede bewußt zu sein oder diese als entscheidend zu betrachten.
Das Wort "Germani" war bei den Kelten relativ häufig in Gebrauch und bedeutete bei ihnen soviel wie "Nachbarn". So bezeichneten sich die Kelten untereinander teilweise auch als "Germani". Belegt ist z.B. der keltische Stamm der Oretani in Spanien, der von verschiedenen keltischen Stämmen so genannt wurde.

Caesar könnte dann diesen Begriff übernommen und im Sinne seiner Politik auf den gesamten rechtsrheinischen Bereich ausgedehnt haben.
 
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Der Grieche Poseidonios verwendete in seinem 30. Buch (ca. 80 v. Chr. geschrieben) als erster bei seiner Beschreibung der "Völker des Nordens" den Begriff "germanoi".



Wenn ich dem Wikipedia-Artikel folge, muß sich die Beschreibung der Völker des Nordens in dem Buch "Über den Okeanos und seine Probleme" befunden haben.

Das Zitat über die Germanen ist aber aus dem 30. Buch seiner 52 Bücher Geschichte.


und berichtet, die Germanen hätten "einen mächtigeren Körper, eine hellere Haut, gerades, rötliches Haar,
blaue Augen und viel Blut".



Es gibt keinen Hinweis, ob er das ausdrücklich über die Germanen sagt bzw. ob er überhaupt weitere Kenntnisse über die Germanen hatte. Wie ich schon sagte, verstand man seinerzeit in Griechenland unter den Völkern des Nordens die Kelten (im Westen) und die Skythen (im Osten).
 
Also, ich würde auch in dem Einleitungsabschnitt einiges einsetzen. Denn: man weiss es einfach nicht!

So z.B.

Zum Namen selbst:

Wie sich das antike Volk, das wir heute als "Germanen" bezeichnen, selbst nannte, wissen wir nicht. Der Begriff "Germanen" war nach heutiger Lehrmeinung ursprünglich keine Eigenbezeichnung. Mehr noch: Die Germanen verstanden sich wahrscheinlich nicht einmal als ein einheitliches Volk, sondern sahen sich als das, was sie in Wahrheit waren: Als eine Vielzahl von unabhängigen Einzelstämmen.
 
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