Wer legt fest, welcher Fund Geschichte macht?

florian17160

unvergessen
Ich muss doch einmal fragen.

Ich suche mir einen x-beliebigen Absatz hier aus dem Forum raus.

Im Gegensatz zu den rein militärischen Germanicusexpeditionen war der Varuszug mit Handel und Wandel beschäftigt. Besonderes Augenmerk ist daher auf die Goldfunde zu legen: Es gibt nirgendwo sonst eine vergleichbare Anhäufung von augusteiischen Goldmünzen! In ganz Europa gibt es die nicht, es gibt nur noch zwei Hortfunde, einer in West-Frankreich bei Saumur und in Italien in Campiglia de Maremme bei Rom die grösser sind. Sonst gibt es nur vereinzelte Funde. In einem reinen Militärzug führt man so was nicht mit, aber Varus hatte gute Gründe dafür, wer gut schmiert der gut fährt!


Meine Frage. Warum findet man soviele Münzen oder Gold?
Ich meine, die, die da starben, waren doch nicht alleine. Da hätte ich doch als überlebender Nachbar oder als besiegender Feind, die Leiche geplündert.
Eine blöde Frage, ich weiss. Aber warum sollen die damals nicht gieriger gewesen sein, wie heute?
Mir ist schon klar, das eine Münze etwas aussagt ( Zeit zB.)
Aber, es kann doch nicht sein, das zB. die Kalkriesediskusion ausschliesslich über Münzfunde lokalisiert und dramatisiert wird.
Es müssten ja auch jede menge Knochen zu finden sein. Über die redet kein Mensch. Nur über Gold.
 
Knochenfunde führen oft zu keiner genauen Datierung. Teilweise ist diese, wenn wie in den Napoleonischen Kriegen oder im Dreißigjährigen, teilw. auch bei den Kabinettskriegen des 18.Jh. Schlachtfelder, die zeitlich nahe sind gegenseitig überlagern, dann ist das am Extremsten.
Zu Deiner Beutefrage nur mal eine Antwort. Du hast ja das Thema nicht auf die Antike begrenzt. Durch Knopffunde lässt sich der Standort vieler Einheiten bei Jena und Auerstedt 1806 wie auch bei Leipzig 1813 wunderbar belegen. Die Einheiten hatten auf den Knöpfen ihre Regimentsnummern bei den Franzosen (auch bei den Engländern, waren aber nicht dabei bis auf eine Raketenbatterie bei Leipzig). Dennoch sieht man auf einigen Zeichnungen und Stichen, welche die Schlachtfelder 1-2 Tage später zeigen, nackte Tote, weil denen einfach alles, bis auf die Hosen und sogar Hemden von Leichenplünderern abgenommen wurde. Manchmal, wenn es schnell gehen sollte (so bei Lützen 1813 (Großgörschen in Dtl. genannt)) sollen die Leichname auch, besonders bei Feinden samt Uniform und allem drum und drann in die Massengräber geworfen worden sein. Diese Massengräber müssten eigentlich das Bild von den Schlachten verzerren, tun es aber dennoch nicht, auch nicht die bis auf die nackte Haut ausgeplünderten. Immer fiel mal ein Knopf ab, passierte einfach beim Laden oder wenn jemand im Nahkampf sich an einem Rock festhielt. Daher haben wir große Fundverdichtungen. Bei Münzen stelle ich mir das ganz ähnlich vor.
 
Das ist einleuchtend, danke.

Aber gehen wir mal etwas weiter zurück.
Wenn denn die Schlacht im Teuteburger Wald so verheerend gewesen war, müssten sich doch jede menge Knochen an dieser Stelle befinden. Leichen wurden doch zu dieser Zeit liegen gelassen und man zog weiter.
Doch man versucht eben anhand von Münzfunden die Gegend zu lokalisieren.
Ich muss noch viel lernen, ich weiss.
 
2000 jahre in guter westfälischer erde, da wird auch der stärkste knochen weich...

und überleg mal, wie germanien vor 2000 jahren aussah, die sterblichen überreste müssen ein festmahl für wölfe, raben und anderes getier gewesen sein.

dann gabs ja jede menge veränderungen in der landschaft, war es damals bewaldet, dann vielleicht brandgerodet, wieviel erde ist im laufe der 2 jahrtausende draufgekommen, wie viel weg, was ist durch umpflügen kaputtgegangen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Ding mit der Lokalisierung von Schlachten/Schlachtorten ist einfach folgendes: Durch Plünderung, Abtransport und der Begebeheit, dass bei Schlachten fast nie solide Baustrukturen genutzt werden, hat man nahezu Null feste Anhaltspunkte wo man suchen muss. Archäologen finden daher normalerweise auch keine Schlachtfelder. Wenn etwas über Schlachtfelder entdeckt wird, geschieht das fast immer im Zusammenhang mit Sondengänger ( wie auch vor kurzem in der Schweiz). Ich persönlihc finde die zwangshafte Zuweisung zu bestimmten Schlachten eh recht sinnfrei. Für das Bsp. Kalkriese kann man von eine größeren Schlacht ausgehen die sich Anfang des 1.Jhdt abgespielt hat. Anstelle nun ewig kleinkriege zu führen ob es Varus oder sonnst wer anderes war, sollte man sich vllt eher um eine ordentliche Auswertung kümmern.

Münzen bieten für das Römische Reich durchaus gute Datierungsmöglichkeiten, da häufig für bestimmte uns bekannte Anläße neue Münzen geprägt wurden. Dazu kommt im militärischen die Praxis, dass den Legionären nie der volle Sold ausgezahlt wurde. Wird nun Geld verloren, tritt es sich einfach fest oder verteilt sich auf einer riesigen Fläche so dass nie alles geplündert wurde. Oft wurde auch ( insbesondere in Befestigten Orten) ein größere Menge an Wertgegenständen vergraben in der Hoffnung nach der gefährlichen Zeit zurück zu kommen und das Wertvolle wieder zu erlangen.
 
Gute Erklärungsversuche, Danke.
@Collo. Man spricht von tausend Jahre=0'50 Meter Aufschüttung.
Und Wölfe fressen keine Knochen, sie nagen sie ab und verschleppen sie, das ist richtig. Aber nur innerhalb ihres Revieres.
Ich will doch nur wissen, warum man sich an die Münzfunde so festbeisst.
Wenn ich lese, das Lager war da und dort und der hat einen Münzschatz dort vergraben, dann lese ich wieder etwas über Marschgeschwindigkeiten der Legionen.
Ich habe hier ein tolles Buch vor mir liegen. -Rom und sein Weltreich-
In der Geschichte sind hundert Jahre kein Thema. Aber wann eine Münzprägung Germanien erreicht hat, wieviel Zeit verging da? Es wurde doch kein Läufer losgeschickt mit ein paar kilo- hallo, ich bin Antonius- Münzen.
Und jetzt könnt ihr sagen, der Handel. So schnell ging das auch nicht.
 
Wenn ich lese, das Lager war da und dort und der hat einen Münzschatz dort vergraben, dann lese ich wieder etwas über Marschgeschwindigkeiten der Legionen.
Ich habe hier ein tolles Buch vor mir liegen. -Rom und sein Weltreich-
In der Geschichte sind hundert Jahre kein Thema. Aber wann eine Münzprägung Germanien erreicht hat, wieviel Zeit verging da? Es wurde doch kein Läufer losgeschickt mit ein paar kilo- hallo, ich bin Antonius- Münzen.
Und jetzt könnt ihr sagen, der Handel. So schnell ging das auch nicht.
Man kann halt höchstens ein "früher nicht" mit dieser Art und Weise der Datierung festlegen. Heißt die Schlacht kann nicht vor Hadrians Regierung stattgefunden haben, danach aber ziemlich lang, wenn man Münzen mit dem Kopf von ihm darauf findet.
Du hast also durchaus Recht damit, dass eine präzise Datierung über Münzen schwerlich möglich ist, außer der Münztransfer ist dokumentiert. Also wir wissen genau, wann welche Münzen wo ankamen. Das mag für die Neuzeit vorliegen (zumindest was die staatlich gesteuerte Seite angeht), stelle ich mir aber auch schwierig vor für die Antike.
:grübel:
 
Aber gerade die Knochen kommen doch in den Kalkriesediskussionen immer wieder vor. Gerade weil sie ein Argument der Varusschlachtbefürworter sind, dass es sich um die Varusschlacht gehandelt haben muss :rechts: Knochen, die über einen längeren Zeitraum oberirdisch lagen, dann aber in Massengräbern verbuddelt wurden (die Gegner antworten darauf, dass Germanicus die Knochen von Tieren und Menschen getrennt hätte).

Bei Little Big Horn hat man den Schlachtverlauf versucht zu rekonsturieren, indem man anhand der gefundenen Patronenhülsen diese einzelnen Gewehren zugeordnet hat.
 
Man kann halt höchstens ein "früher nicht" mit dieser Art und Weise der Datierung festlegen. Heißt die Schlacht kann nicht vor Hadrians Regierung stattgefunden haben, danach aber ziemlich lang, wenn man Münzen mit dem Kopf von ihm darauf findet.
Du hast also durchaus Recht damit, dass eine präzise Datierung über Münzen schwerlich möglich ist, außer der Münztransfer ist dokumentiert. Also wir wissen genau, wann welche Münzen wo ankamen. Das mag für die Neuzeit vorliegen (zumindest was die staatlich gesteuerte Seite angeht), stelle ich mir aber auch schwierig vor für die Antike.
:grübel:

Deshalb spricht der Numismatiker auch vom terminus post quem (tpq). Das ist immer das Prägedatum der jüngsten Münze in einem Hortfund. Oder hier das Datum der jüngsten Münze auf dem Schlachtfeld.
Sprich: die Schlacht bei Kalkriese fand 1995 statt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also im antiken griechenland haben sie den Verstorbenen immer zwei Mpnzen für den Fährmann mitgegeben. Weis nicht, ob dir das jetzt etwas hilft!
 
Also im antiken griechenland haben sie den Verstorbenen immer zwei Mpnzen für den Fährmann mitgegeben.

Das war der Obulus, die kleinste griechische Münze.

Und es waren nicht zwei Münzen, sondern nur eine Münze, welche dem Toten unter die Zunge gelegt wurde.
Hierzu noch der Vollständigkeit wegen der mythologische Hintergrund: http://de.wikipedia.org/wiki/Charon_(Mythologie)

Mit Fundlagen zu Münzen auf antiken Schlachtfeldern hat dies aber nun nicht unbedingt zu tun...
 
Bei den Münz- oder Schatzfunden sprechen Historiker auch von so genannten "Hortfunden". Sie sind ganz einfach dadurch zu erklären, dass jemand in Kriegs- oder Notzeiten seine Wertsachen - in der Regel Münzen oder Silber- und Goldgeräte - vergrub mit dem Ziel, sie in friedlicheren Zeiten wieder auszubuddeln.

Zuweilen kam er aber nicht mehr dazu, da ihn der gefürchtete Krieg oder Überfall tötete, oder er anderweitig ums Leben kam, bevor er seinen Schatz (Gollum!) wieder ausgraben konnte.

Das ist dann der Ursprung solcher Schatzfunde, die meist zufällig entdeckt werden.
 
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