"Das christentum hat sicher wenig gegen die Sklaverei unternommen, aber das waren nur Menschen, die unter der Flagge des Christentum gestanden sind und diese Religion missbraucht haben. Als "Botschafter der Liebe" kann der Christ gar nicht für die Skalverei sein. ok?"
War es nicht eben doch so, dass selbst die KIRCHE (und die Mentalität des damaligen katholischen Christentums) die Sklaverei als biblisch gerechtfertigt hielt und deshalb auch keine Probleme mit einer gewaltsamen, versklavenden Eroberung anderer Regionen (insbes. Lateinamerika) hatte?
Entbiete dem Kollegen einen Gruß von mir, daß er sich etwas besser mit dem jeweiligen historischen Kontext der Epochen (späte Antike, Mittelalter, Neuzeit) befassen muß, ehe er solche Thesen verbreitet.
Zudem sind Wortgruppen wie "
das Christentum" oder "
die Kirche" Allgemeinplätze, die äußerst schwammig sind...
An der Stelle aber soviel in einem kurzen Abriß, da ich es nicht so stehen lassen will:
Zunächst für die Antike von
http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/medien/geschichte/spartakus/hintergrund/
Auch das Christentum war nicht grundsätzlich gegen die Sklaverei, forderte aber immerhin zu einer humaneren Behandlung der Sklaven auf und propagierte auch die Freilassung von Sklaven, die sich bewährt hatten. Letzteres galt auch als edles Verhalten bei einem Herrn. "Liebe Freunde", sagt Trimalchio im Roman "Satyricon" des Dichters Petronius (gest. 66 n.Chr.), "auch die Sklaven sind schließlich Menschen und haben ebenso wie wir Muttermilch getrunken, auch wenn sie nicht so viel Glück hatten. So wahr ich lebe, sie sollen eines Tages die Luft der Freiheit atmen. In meinem Testament mache ich sie jedenfalls alle frei." Das ist schön gesagt, und wird auch von den Zuhörern anerkennend aufgenommen. Doch ist die Freilassung eine edle Geste des Herrn, Ausdruck seiner Machtvollkommenheit und seines guten Willens, aber keinesfalls eine auch noch so geringe Infragestellung der Institution der Sklaverei: Diese stellt keine Ungerechtigkeit dar, sondern ist eine Frage von Glück und Pech - und Sklaven hatten halt "nicht so viel Glück".
Das Christentum bzw. die Kirche - wenn man es denn so pauschal benennen will - hat jedoch seit dem Mittelalter sehr wohl einiges gegen die Sklaverei unternommen. Seit der Zeit Karls d. Gr. war es - kirchlich sanktioniert - Christen ausdrücklich verboten, andere Christen als Sklaven zu verkaufen oder zu erwerben, wiewohl dies in der Praxis zugegebenermaßen oftmals mißachtet wurde. Trotz allem setzten sich bspw. mehrere Päpste wiederholt für die Einhaltung dieses Verbotes ein.
Für die Neuzeit wiederum läßt sich sagen, daß die Sklaverei im Zuge der Kolonisierung bzw. in den Kolonien nicht dadurch zustande kam, daß die Kirche sie für "biblisch gerechtfertigt" hielt, sondern weil die "Herren" aus wirtschaftlichen Gründen billige Arbeitskräfte brauchten und sich diesbezüglich nicht um Einwände von Kirchenseite scherten.
Bei der späteren offiziellen Ächtung der Sklaverei auf dem Wiener Kongress 1815 spielten jedoch neben wirtschaftlichen und politischen Gründen wiederum auch religiöse Gründe eine Rolle.
Anm.: Die detaillierte Abhandlung für diesen Kontext hat ja
Scorpio dankenswerterweise übernommen...
Fazit: Die Formulierungen um die Fragestellungen sind - vorsichtig ausgedrückt - abenteuerlich und entbehren jeglicher Kenntnis des historischen Kontextes; sprich, sie sind historisch und wissenschaftlich völlig unhaltbar.
@all:
Was ich eigentlich hier noch schreiben wollte, ist eine weitere Ergänzung zum Thema
ius primae noctis bzw.
Recht der ersten Nacht.
Wie ich in
Bernd Ingmar Gutberlet "Die 50 populärsten Irrtümer der deutschen Geschichte" - Bastei Lübbe, Hamburg 2002 nachlesen konnte, gab es dazu wohl schon einige Untersuchungen.
(Anm.: Nicht durch den Namen des Verlages abschrecken lassen, denn das Buch ist wirklich nicht schlecht...)
Ich erlaube mir, den für die abgelaufene Diskussion wichtigen Abschnitt zu zitieren:
Untersuchungen haben ergeben, daß das Recht der ersten Nacht zwar seit dem 13. Jh. in Quellen Erwähnung findet, daß es darüberhinaus jedoch keinerlei Beweise dafür gibt, daß ein solches Recht verbrieft war und ausgeübt wurde.
Auffälligerweise gilt das nicht nur für das deutsche Mittelalter, sondern ebenso für andere Länder.
Wahrscheinlicher ist, daß eine andere Praxis des Lehnswesens falsch überliefert wurde: Es gab eine Art Ablösesumme, die ein Unfreier zu entrichten hatte, wenn er eine Braut aus dem Herrschaftsgebiet eines anderen Lehnsherren ehelichen wollte.
Mit sanktioniertem sexuellen Zwang hatte das aber nichts zu tun: Es ging dabei eher um die Arbeitskraft, die dem Herrschaftsgebiet verloren ging.