Gemüsesorten im Mittelalter

Beatrice v Hofe

Neues Mitglied
Nachdem Kochen zu meinen größten und zeitintensivsten Hobbies zählt und ich schon mehrfach ma. Rezepte ausprobiert habe, möchte ich an dieser Stelle die Frage nach Gemüsesorten in den Raum stellen.

Dass Erdäpfel (Kartoffeln), Kukuruz (Mais), div. Bohnensorten, Tomaten und andere auf dem Kontinent, den man heute Amerika nennt, heimischen Gewächse, im MA nicht bei uns bekannt waren ist wohl den meisten hier klar.

Erbsen, Linsen, Karotten, Kohl, Kraut, Rüben, dicke Bohnen, Sellerie, Petersilwurzel, Zwiebel, Knoblauch, Lauchgewächse, Wildgemüse (Brennessel, Kressesorten, Sauerampfer ...) etc. sind mit ziemlicher Sicherheit auf mittelalterlichen Speisezetteln gestanden.
(Diese Aufzählung ist sicherlich unvollständig - um Erweiterungen wird gebeten!)

Aber wie sieht es mit Gemüsesorten wie Gurken, Paprika, Zuchinni aus? Woher kommen die? Ich bin noch nie einem Rezept aus dem MA mit diesen Dingen begegnet, aber vielleicht hat es sie doch schon gegeben. Oder stammen diese auch aus der neuen Welt?


Ich hoffe, ich muss mich für dies Frage nicht genieren.:red:

Mit herzlichen Grüßen,

Eure Beatrice
 
Da ich mich jetzt gleich zu Bett begeben werde, nur kurz zu den drei offenen Gemüsesorten in Deinem Beitrag...

Aber wie sieht es mit Gemüsesorten wie Gurken, Paprika, Zuchinni aus? Woher kommen die? Ich bin noch nie einem Rezept aus dem MA mit diesen Dingen begegnet, aber vielleicht hat es sie doch schon gegeben. Oder stammen diese auch aus der neuen Welt?

Paprika stammt aus Mittel- und Südamerika und kam erst durch Columbus' zweite Fahrt nach Europa, genauer gesagt nach Spanien (Beleg: Brief des Alvarez Chanca)
Gurke - kommt drauf an: ursprünglich aus Indien, war sie bereits Griechen und Römern bekannt und gelangte durch letztere nach Mittel- und Nordeuropa (Beleg: Fundlage Gurkensamen römerzeitliche Schichten in London). ABER: Die Gewächshausgurke ist eine relativ junge Pflanze, die irgendwann nach 1800 (genaues Jahr weiß ich nicht) zuerst in England gezüchtet wurde!
Zucchini ist eine Unterart des Gartenkürbis, der wiederum auf die Stammform des Texanischen Wildkürbis zurückgeht. Ergo kam auch der Gartenkürbis erst nach der (Wieder-)Entdeckung der Neuen Welt nach Europa (mW im 16. Jh.), und die Zucchini dürfte deshalb nicht früher nach Europa gekommen sein.
 
Uber Spinat habe ich das hier rausgefunden.
Der Spinat stammt wahrscheinlich ursprünglich aus Persien und wurde durch die Mauren etwa im 11. Jahrhundert nach Spanien gebracht.
Hier wird etwas über die Unterarten gesagt, die hier schon angesiedelt waren. Über Mangold steht da auch etwas.


http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/826113-hintergrund-1058657.html

Und vergesst mir den guten alten Beifuss nicht, der immer noch in meine Weihnachtsgans gehört.
Beifuß ist ein typisches Hackfruchtunkraut, das vermutlich zusammen mit dem neolithischen Ackerbau verbreitet wurde. In Mitteleuropa findet er sich seit der Bandkeramik.( http://de.wikipedia.org/wiki/Beifuß )
 
Zuletzt bearbeitet:
Gemüse spielte in der Ernährung eine weitaus geringere Rolle als heute. Erbsen und die Pferdebohne waren wichtig, genauso waren Pastinak, Kraut, Kohl und Rüben in der ärmeren Bevölkerung verbreitet. Die meisten Gemüsearten wurden damals - wenn überhaupt - nur in einfachen Formen kultiviert und machten erst in der Neuzeit größere Entwicklungssprünge.

das habe ich auf http://www.rete-amicorum.de/publikationen/ernaehrung.html
gefunden.

http://www.lebensmittellexikon.de/g0000280.php

noch ein sehr interessanter link, leider kann man die guten stellen nicht aus dem text kopieren (besser gesagt, ich kanns nicht)
 
Maike Vogt-Lüerssen schreibt in ihrer "Alltagsgeschichte des Mittelalters":

Gemüse wurde im Gegensatz zu unserer Zeit wenig gegessen, und wenn dann hauptsächlich in seiner Wachstumszeit im Frühjahr und Sommer. Angebaut wurden immerhin Kohl, Schalotten, Sellerie, Zwiebeln, Knoblauch, Zuckerrüben, Lattich, Erbsen, Futterrüben, Pastinak, Spinat, Gurken, Lauch und Pferdebohnen.

Wenn ich wüsste, wie`s geht, hätte ich den Link hier plaziert...sorry. Ob Roxie-Hart und mich in einem ultra-crash-kurs jemand in der kunst des kopierens und verlinkens anleiten könnte?
ist bestimmt ganz einfach.

Ich hoff, es hilft dir weiter.

Gelegentlich (sehr selten) bekoche ich mit einem Freund unsere beiden Familien mittelalterlich. Für mich ist das jedesmal der Hit!
 
Zuletzt bearbeitet:
Du kannst auch mal bei Walahfrid Strabo in den "Hortulus" gucken. Auf der Reichenau wurden auch Melonen und Kürbisse gezogen, ebenso Fenchel und andere Heilpflanzen. Der Klostergarten diente vor allem der Herstellung von Heilmitteln. Jedenfalls ist dieses Werk ein früher Beweis für Kürbisse und Melonen, die man sonst hier nicht vermutet hätte, schließlich spielen regionale Gegebenheiten auch eine Rolle. Süditalien hatte sicher in anderes Angebot als die Nordseeanrainer.
Sonst wäre die Wilde Hilde(gard von Bingen) noch eine Überlegung wert, da bei ihr fast alles im Topf landete, was sich nicht wehren konnte.
Heute gibt es vielfach Kochbücher für vergessene Gemüsesorten, z.B. Kardonen, vielleicht bringt dich sowas noch auf Ideen. Wenn dir da was über den Weg läuft, guck doch nach, seit wann das belegt ist.
Außerdem ist die Frage, wessen Ernährung du meinst. Wenn etwas erstmal in einem Kochbuch auftaucht, ist es wahrscheinlich nicht gerade tägliche Bauernkost gewesen.
Aber ich will hier nicht rumlabern :still:

LG Kassia
 
Du kannst auch mal bei Walahfrid Strabo in den "Hortulus" gucken. Auf der Reichenau wurden auch Melonen und Kürbisse gezogen, ebenso Fenchel und andere Heilpflanzen. Der Klostergarten diente vor allem der Herstellung von Heilmitteln. Jedenfalls ist dieses Werk ein früher Beweis für Kürbisse und Melonen...

Um auf den scheinbaren Widerspruch zu meinem Beitrag einzugehen: bei diesen Kürbissen dürfte es sich aber nicht um die (aus Amerika stammenden) Speisekürbisse der Gattung Cucurbita handeln, sondern um die Flaschenkürbisse der Gattung Lagenaria (die genaugenommen keine "echten" Kürbisse sind, sondern "nur" ein Kürbisgewächs), welche wohl tatsächlich medizinische Wirkung haben.
 
Ja, es sind Flaschenkürbisse. Das ist ja auch nur deshalb interessant, weil die sonst nur in wärmeren Gegenden wachsen. Anscheinend war es auf der Reichenau wärmer oder in Europa insgesamt. (Auch ohne Co2).
 
nach den erkenntnissen von klimaforschern war das mittelalter im allgemeinen recht mild.

das klima muss vergleichbar mit dem heutigen gewesen sein, mit sehr milden wintern.
(quelle: uni tübingen)
 

Anhänge

  • klima.jpg
    klima.jpg
    14,7 KB · Aufrufe: 951
Zuletzt bearbeitet:
Und vergesst mir den guten alten Beifuss nicht, der immer noch in meine Weihnachtsgans gehört.
Beifuß ist ein typisches Hackfruchtunkraut, das vermutlich zusammen mit dem neolithischen Ackerbau verbreitet wurde.


Laut Wikipedia existiert die Seite "Bearbeiten von Hackfruchtunkraut"

noch nicht. Hast Du vor, einen Eintrag zu schreiben?

Danke an Euch alle für die nützliche Info. Aus welcher Zeit stammen die Belege für die Melonen genau? Habe auch schon davon gehört, aber kanns grad nicht einordnen.

Wenn ich mal zusammenfassen darf gibt´s eine sehr große Auswahl an Gemüsesorten, wenn man ein mittelalterliches Gericht zaubern will. Stellt sich nur die Frage, wie verbreitet welches Gemüse war, also was (in unseren Breiten, sagen wir Gebiet des heutigen D und A) vom Großteil der Bevölkerung gegessen wurde und was Spezialitäten und besondere Leckerbissen waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke an Euch alle für die nützliche Info. Aus welcher Zeit stammen die Belege für die Melonen genau? Habe auch schon davon gehört, aber kanns grad nicht einordnen.

Walahfrid war erste Hälfte 9. Jh. ob davor schon irgendwo, weiß ich nicht, da ist die Quellenlage generell dünner. Dann müßtest du schon bei den antiken Autoren gucken. Apicius für die gute Küche oder bei Plinius in den Büchern der Naturgeschichte, die von der Botanik handeln. Denk ich mal so.
 
was da zu lesen ist (im 16. Jh. aus dem tschech. eingedeutscht) ist wohl falsch, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Gurke#Wortherkunft

Den Wiki-Artikel kannst Du in der Pfeife rauchen. Der beruft sich auf Pfeifers Etymologisches Wörterbuch, da steht aber was ganz anderes:
Gurke f. Der Name für das im nördlichen Ostindien beheimatete rankenbildende Kürbisgewächs und seine Frucht lautet mgriech. angū́rion (ἀγγούριον). Er gehört als nasalierte Deminutivbildung zu mgriech. ágūros (ἄγουρος) ‘grün, unreif’ (von Früchten), einem aus griech. áōros (ἄωρος) ‘unzeitig, unreif’ entwickelten Adjektiv. Beide mgriech. Formen gelangen in die slaw. Sprachen und erscheinen hier als Bezeichnungen der Gurke. Dt. Gurke, zuerst im Omd. (um 1500) belegt, ist sicherlich aus apoln. ogurek (poln. ogórek) entlehnt, das seinerseits auf mgriech. ágūros zurückgeht. Vgl. Bellmann Slavoteutonica (1971) 97 ff. und Marzell 1, 1256 f.
http://www.dwds.de/?view=10&qu=Gurke
Und bei Kluge (Auflage 2011) steht:
Sf std. (16. Jh.) In verschiedenen Formen bezeugt (österr. umurke, ndd. augurke usw.). Entlehnt aus poln. ogurek m. (heute ogórek m.), das seinerseits (mit anderen slavischen Wörtern) aus mgr. ágovros ‛unreif’ stammt. Die süddeutsche Form Guckummer stammt dagegen aus l. cucumis (-mesis) m., cucumer, das wohl aus einer Substratsprache kommt.

Von wegen "frühes Mittelalter".

16. Jahrhundert ist richtig!
 
Zurück
Oben