Treverer = Kelten ?

Hallo,
interessanter Thread.
Um nochmal auf die Treverer zurückzukommen, für meinen Kleinraum gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben über das genaue Siedlungsgebiet. Kein Wunder, immerhin ist der Teil des Hunsrücks, der zum Regierungsbezirk Koblenz gehört, seit 1945 kaum noch in Bezug auf Kelten erforscht worden.
In einem Gespräch mit einem Grabungsleiter meinte dieser, die Treverer lebten, unter anderem, im ganzen Hunsrück. Eben dort hätten sie sich aber auch mit benachbarten germanischen Stämmen vermischt. Man lebte eben meistens friedlich miteinander.
Nun habe ich von der Geschichte der Germanen keine Ahnung und weiss auch nicht, welchen Zeitrahmen der Archäologe im Kopf hatte, sein Forschungsschwerpunkt liegt im Übergang von keltischer zu keltisch-römischer Kultur.
Schwierig finde ich es, von "Völkern" zu reden, gar ethnische Unterschiede festzustellen, gerade wenn es um die Kelten geht. Meiner Ansicht nach waren die Kelten ein bunter Haufen, ein reiner Kulturkreis, nicht entstanden durch räumliche Ausbreitung eines Volkes, sondern durch gegenseitigen Austausch von Kultur und Sprache. Triebfeder war wohl der Verdienst durch Handel, begünstigt wurde das Ganze dadurch, dass die kulturellen Unterschiede in ganz Europa so gross nicht waren.
Rieckhoff bezeichnet den Hunsrück zur Zeit der Kelten als ein friedliche Gegend, ich persönlich gehe von einer Bevölkerungskontinuität seit der Erstbesiedlung aus.
Nimmt man an, dass der Hunsrück in der Jungsteinzeit besiedelt wurde, was ich für meinen Kleinraum nicht belegen kann, und die Leute an ihrem Wohnort blieben, mag ich sagen, es gab eine Kontinuität durch die Eisenzeit. Da gibt es ein Gräberfeld, das von ca. 800 v.Chr. bis ca. 450 bis v.Chr. belegt wurde und eines, das anschliessend über ca. 400 Jahre reicht, voneinander nur einige hundert Meter entfernt. Das Eine wurde um 1900 ergraben, das Andere in den 1930er Jahren. Leider sind viele Funde inzwischen nicht mehr vorhanden und leider hat sich danach auch kaum noch Jemand um die Befunde gekümmert. Möglicherweise handelt es sich tatsächlich um zwei Gräberfelder zweier verschiedenen Familien, vielleicht aber auch nicht und es hat sich nur der Ritus verändert. Keltisch-römische Gräber liegen wieder einige hundert Meter entfernt.
Die hiesige Wissenschaft definiert als Hauptorte der Treverer den Titelberg in Luxemburg und den Martberg an der Mosel (Trier ist eine römische Gründung). Zum Martberg haben wir eine vorgeschichtliche Hauptverkehrsstrasse, von meinem Schlafzimmer aus kann ich ihn sogar sehen. Der Martberg wird leider nur erforscht in Bezug auf das Oppidum in spätkeltischer Zeit, steinzeitliche Gruben finden, am Rande bemerkt, wohl kaum ihren Weg zur Veröffentlichung.

Caesar hat die Treverer als Stamm benannt, die Griechen nannten ein entferntes Volk "Keltoi", meines Erachtens einfach aufgesetzte Begriffe, damals schon Erklärungsversuche.

Die hiesigen Kelten, reden wir ruhig weiter von Treverern, waren bekannt für ihre Pferdezucht und ihre Reitkünste. Das unterscheidet sie durchaus von anderen Kelten im westlichen Raum, Reiterkrieger sind sonst eher im keltischen Osten zu finden. Selbst in den älteren Gräbern finden sich Pferdegeschirre, Wagenfunde gibt es erst später, bis auf eine Ausnahme im Kleinraum vierrädrig. Reiterkrieger waren auch die vermuteten Vorfahren der Kelten bzw. der Indoeuropäer.
Haben die Treverer nun ein altes Erbe besser gepflegt als andere Nachkommen oder sind sie doch später erst nachgewandert? Wenn, muss das IMHO vor der Eisenzeit passiert sein.

Alles recht verworren.
Nichtmal Caesar konnte sich auf die Treverer verlassen ;-)

Gruss
gabel
 
.Nimmt man an, dass der Hunsrück in der Jungsteinzeit besiedelt wurde, was ich für meinen Kleinraum nicht belegen kann, und die Leute an ihrem Wohnort blieben, mag ich sagen, es gab eine Kontinuität durch die Eisenzeit. Da gibt es ein Gräberfeld, das von ca. 800 v.Chr. bis ca. 450 bis v.Chr. belegt wurde und eines, das anschliessend über ca. 400 Jahre reicht, voneinander nur einige hundert Meter entfernt.


Ja, solche Kontinuitäten haben auch mich stets fasziniert, und hinsichtlich der Besiedlung des Hunsrück-Moselgebietes kann man bestimmt davon ausgehen, dass sich die Kelten über viele Jahrhunderte dort gehalten haben. Ob sie freilich bereits um 800 v. Chr. dort siedelten, schein mir fraglich zu sein. Die große Keltenexpansion setzt eigentlich erst etwa um 500 v. Chr. zur Latene-Zeit ein.

Es wird aber wohl so sein, dass die Völker, die vor den Kelten im fraglichen Raum siedelten, dort auch blieben. Sie verschmolzen mit den Kelten, verloren ihre Identität und waren dann nach einiger Zeit archäologisch nicht mehr fassbar.

Interessant wäre es zu ergründen, welche Völker wohl vor den Kelten im Moselraum siedelten. Germanen können es nicht gewesen sein, da sie um 500 v. Chr. noch viel weiter nördlich siedelten. Es muss also irgendein anderes indoeuropäisches Volk gewesen sein, das man heute nicht mehr verorten kann. In diesem Zusammenhang taucht ja immer wieder die Hypothese vom ominösen "Nord-West-Block" auf, die so lautet (aus Wikipedia):

Als Nordwestblock wird mangels einer besseren Bezeichnung eine historische Gruppe von Völkern in Mitteleuropa zwischen Main, Werra, und Aller, Unterweser und Rhein benannt, die der alteuropäischen Gruppe angehörte und 200 v. Chr. mit Sicherheit noch nicht germanisiert war.
Zu den Völkern des Nordwestblocks gehörten auch die (später germanischen) Cherusker, Hermunduren und Chatten. Erst um Christi Geburt wurden die Stämme des Nordwestblocks von einer germanischen Oberschicht dominiert (zu der z.B. auch Arminius/Hermann der Cherusker gehörte). Im Unterschied zu den wanderlustigen Germanen waren die Stämme des Nordwestblocks bodenständig und sollten es sogar die ganze Völkerwanderung über bleiben.
Früher sahen einige Historiker und Sprachwissenschaftler den Nordwestblock als Illyrer an. Der deutsche Sprachwissenschaftler Hans Kuhn ging 1962 davon aus, dass der Nordwestblock die venetische Sprache benutzte.

Ob es nun wirklich die Illyrer oder Veneter oder ein anderes Volk war, lässt wohl heute nicht mehr entscheiden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo DIETER,
Wiki nennt hier ein eher rechtsrheinisches Gebiet (Nord- und Mitteldeutschland)! Somit passen die Treverer nicht so ganz in den Nordwest-Block.
 
Hallo,
wiegesagt schierig bis verworren,
Rieckhoff erwähnt "meine" Gräber nur insofern, als dass im jüngeren Gräberfeld ein Wagen gefunden wurde, wiegesagt ist der nördliche Hunsrück auf der archäologischen Landkarte ein weisser Fleck. (Angesichts der HEK muss man sich das mal reintun!).
Meine ältere Quelle, ein Buch vom ehemaligen Leiter des hiesigen Heimatmuseums, spricht von Laufelder Stufe und auch von Bandkeramikern, wobei weder der Mann, noch seine Aussagen wissenschaftlich anerkannt werden.
Ich kann das nicht ganz nachvollziehen, wobei ich, wiegesagt, einräume, dass die Grabungen lange her sind.
Der tatsächliche Zeitrahmen der Gräber lässt sich also nicht genau definieren.
Allerdings stammen haufenweise Steinzeitfunde eben aus diesen Gräbern, sowohl aus den Grabkammern, als auch aus der Aufschüttung. Wurde da beim Aufschütten zufällig eine Steinzeitsiedlung ausgegraben, waren die Leute damals schon archäologisch interessiert, oder darf man doch an eine Kontinuität glauben?
Vor zwei Jahren habe ich einen Urlaubsausflug in die Steinzeit gewagt, an die Vezere in Südfrankreich, und dort ein Museum gefunden, das sich mit Bauten der Bronze- und Eisenzeit schmückt. Natürlich fragt man sich dort nicht, ob es eine Kontinuität gab, die gab es, und es gab schon altsteinzeitlichen Handel mit dem Mittelrheingebiet (muss ich nochmal genauer nachlesen).
Wiegesagt möchte ich Begriffe, wie Kelten als Volk, in Frage stellen.
OK, Grabhügel haben auch andere Kulturen vor den Kelten gebaut, auch Kulturen nach den Kelten haben das gemacht.
Ich weiss von einem Archäologen, der sich mit Pollenanalysen beschäftigt, dass es relevante Bewegungen in der Bevölkerungsdichte im Hunsrück gab, die decken sich aber nicht unbedingt mit der Umlegung "meiner" Gräberfelder. Allerdings decken sie sich durchaus mit Befunden anderer Siedlungen aus dem Nordhunsrück (Brandbefunde).
Ich wiederhole, Alles recht verworren.
Manche Leute reden von Frankeneinfällen, ich mag das aber, mangels Wissen, nicht bestätigen.
Ein Ding ist, der Hunsrück lag in vorgeschichtlicher Zeit zentral (sorry, muss kurz lachen, ist aber so) für den Handel zwischen Mittelmeer und England bzw. der Nord- und Ostsee. Die natürlichen Wege durch die Alpen, über den Rhein, und vom Mittelmeer über die Rhone und Mosel kreuzen sich hier, und wurden damals im Hunsrück unschiffbar. Klar gabs andere Wege, das weiss man, ebenso wie man weiss, dass dieser Handelsweg dem Hunsrück doch Wohlstand brachte. Fragt sich, ab wann. Möglicherweise war auch diese zentrale Lage Grund genug, zum Einwandern.
Persönlich habe ich keinen Grund, an Bevölkerungskontinuität zu zweifeln, wer sich im Hunsrück einen Wagen aus elsaessischer Produktion kauft, hat einen breiten Background und weiss Qualität zu schätzen :)
Sämtliche Hunsrücker Grabwagen stammen wahrscheinlich aus dem Elsass, zwar mag ich französische Wagen, ich mag das aber mal völlig abheben von jeglichem Abstammungsgedanken bzgl. Wagen, wenn meine vermutete Kontinuität stimmt, war es eine Kontinuität der Grabhügel. sprich Kurganleute. Indoeuropäer, mein ich, nicht unbedingt als Kelten zu definieren...
Bitte um Beitrag!
Gruss
gabel
 
Hallo,
wiegesagt schierig bis verworren,

[...]

Persönlich habe ich keinen Grund, an Bevölkerungskontinuität zu zweifeln, wer sich im Hunsrück einen Wagen aus elsaessischer Produktion kauft, hat einen breiten Background und weiss Qualität zu schätzen :)
Sämtliche Hunsrücker Grabwagen stammen wahrscheinlich aus dem Elsass, zwar mag ich französische Wagen, ich mag das aber mal völlig abheben von jeglichem Abstammungsgedanken bzgl. Wagen, wenn meine vermutete Kontinuität stimmt, war es eine Kontinuität der Grabhügel. sprich Kurganleute. Indoeuropäer, mein ich, nicht unbedingt als Kelten zu definieren...
Bitte um Beitrag!


Ich muß gestehen, daß ich nicht so recht dahinter komme, was Du eigentlich sagen willst.
 
Alles recht verworren. Manche Leute reden von Frankeneinfällen, ich mag das aber, mangels Wissen, nicht bestätigen.


Einige Dinge zur Besiedlung von Mosel und Hunsrück sind keineswegs verwirrend.

Archäologisch gesichert ist z.B., dass die Bandkeramiker etwa ab 5000 v. Chr. auch diesen Raum besiedelten und nach ihnen eine Reihe anderer neolithischer Kulturen. Gesichert ist ebenfalls, dass die Kelten ab etwa 500 v. Chr. aus dem Raum Ostfrankreich/Süddeutschland auch nach Norden expandierten und den Mosel-Hunsrück-Raum in Besitz nahmen. Die dort vor ihnen ansässige Bevölkerung wurde assimiliert, wieviel von ihrer Kultur erhalten blieb oder von den Kelten überformt wurde, ist unbekannt.

Nach den Kelten expandierten etwa seit der Zeitenwende germanische Stämme von Norden nach Süden und erreichten auch den fraglichen Raum. Im Zuge dieser Expansion müssen so genannte germanisch-keltische Mischvölker entstanden sein, als die man z.B. die Treverer bezeichnet. Etwa parallel dazu eroberten die Römer den linksrheinischen Raum, sodass diese Gebiete oberflächlich romanisiert wurden. Oberflächlich deshalb, weil sich - anders als in Spanien und Gallien - keine romanische Sprache entwickelt hat. Dass deutet auf eine sehr resistente germanische Unterströmung hin.

Anschließend kamen dann als letzte Eroberer die Franken, die zunächst verheerende Einfälle verübten und das Land nach Abzug der Römer in Besitz nahmen.

Von einer "Siedlungskontinuität" kann man daher nur in eingeschränkter Form sprechen, denn über eine seit mesolithischer Zeit ansässige Bevölkerung schoben sich immer wieder neue Herren, neue Völkerschaften und neue Identitäten.


Unklar ist allerdings die Zeitspanne etwa zwischen 2500 v. Chr. bis zu den Kelten. In dieser Phase vermuten manche das Eindringen indoeuropäische Stämme nach Mitteleuropa, doch kann man deren Identität natürlich nicht im Einzelnen verfolgen.
 
Etwa parallel dazu eroberten die Römer den linksrheinischen Raum, sodass diese Gebiete oberflächlich romanisiert wurden. Oberflächlich deshalb, weil sich - anders als in Spanien und Gallien - keine romanische Sprache entwickelt hat. Dass deutet auf eine sehr resistente germanische Unterströmung hin.


Das kann man so nicht sagen. Es hat sich nämlich in Gestalt des Moselromanischen sehr wohl eine romanische Sprache entwickelt, die sich lokal bis ins 11. Jahrhundert erhalten hat.

Daß diese Sprache in die Isolation gedrängt wurde und schließlich ausgestorben ist, ist wohl eher dem Druck durch das Fränkische als einer kaum greifbaren germanischen Resistenz zuzuschreiben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Moselromanisch
 
Das kann man so nicht sagen. Es hat sich nämlich in Gestalt des Moselromanischen sehr wohl eine romanische Sprache entwickelt, die sich lokal bis ins 11. Jahrhundert erhalten hat.


Das ist in der Tat ein erstaunliches Relikt, das ich längst aus meinem Bewusstsein verdrängt hatte. Halten konnte sich die Sprachinsel vermutlich wegen ihrer abgeschiedenen Lage. Welche Schriftzeugnisse sind eigentlich überliefert? Vermutlich handelt es sich auch nicht um ein romanisiertes Germanisch, sondern um ein romanisiertes Keltisch (Gallo-Romanisch).
 
Halten konnte sich die Sprachinsel vermutlich wegen ihrer abgeschiedenen Lage.

Mooooooooooment!

Augusta Treverorum und das Moseltal als abgeschieden zu bezeichnen, ist etwas fern der Realität.

Wikipedia Augusta Treverorum schrieb:
Mit rund 80.000 Einwohnern im Jahr 300 war Augusta Treverorum die größte Stadt nördlich der Alpen und hatte den Status einer Weltstadt.


Bis etwa 400 n.Chr. war die Region ein Herzstück des RR und bis in die Neuzeit hatten ihre Erzbischöfe den Rang eines Kurfürsten. Die Mosel war eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Rhein und Rhône.

Die Behauptung einer "Abgeschiedenheit" der romanisierten Treverer will ich daher weder für die 400 Jahre römische Besatzung, noch für das Hochmittelalter gelten lassen.
 
Die Behauptung einer "Abgeschiedenheit" der romanisierten Treverer will ich daher weder für die 400 Jahre römische Besatzung, noch für das Hochmittelalter gelten lassen.


Ja, einverstanden, wenn du das so mit Aplomb behauptest!.

Aber die Frage bleibt dennoch bestehen: Warum hielt sich solch eine Sprachinsel inmitten eines seit etwa 500 n. Chr. von Franken eroberten Gebietes? Die germanische Sprachgrenze verlief bereits um 600 n. Chr. auf einer Linie etwa zwischen Metz und Lüttich (vgl. Großer Atlas zur Weltgeschichte, S. 49) und damit weit westlich von Trier. Entlang der Mosel und im heutigen Luxemburg gab es eine starke Verbreitung germanischer Siedlungsnamen, dabei zahlreiche typische "-ingen"-Orte.

Wenn diese Siedlungsinsel allerdings im Hunsrück lag, so war doch die Abgeschiedenheit Ursache der Sprachkontinuität !!!
 
Aber die Frage bleibt dennoch bestehen: Warum hielt sich solch eine Sprachinsel inmitten eines seit etwa 500 n. Chr. von Franken eroberten Gebietes?

Vielleicht gerade weil es eine starke demographische und wirtschaftliche Kraft war und die germanischen Eroberer und Siedler lange eine Minderheit darstellten.
 
Zum einen blieb der Moselraum relativ lange von den Endkämpfen im weströmischen Reich verschont. Die Stoßrichtungen der Franken und Alemannen waren von Norden nach Süden den Rhein entlang bzw. umgekehrt. Trier wurde erst um 480 von den Franken eingenommen. Obwohl einige der Städte - wie Neumagen - schwer befestigt wurden, sind mir in der Moselzone keine ausgesprochen militärische Siedlungen bekannt. So erfolgte hier wohl auch nicht das Einsickern von Germanen über die Armee, während das Rheinufer selbst über weite Strecken (etwa in der Zone von Speyer bis Mainz, wo bald zahlreiche germanische Siedlungen entstanden) "entromanisiert" wurde. Die Moselregion bildete sozusagen einen Rückzugsraum für die romanische Bevölkerung.
Dazu kommt noch, dass hier ohnehin einige der ältesten römischen Siedlungen auf deutschem Boden entstanden.
Vielleicht ist noch ein anderer Punkt entscheidend: hier wurde in großem Umfang Weinbau betrieben, eine Technologie, die die Germanen nicht besaßen - das Produkt nützte ihnen aber auch. Es ist sicher kein Zufall, dass gerade im Sprachgebrauch der Winzer - so habe ich es mal gelesen - viele romanische Wörter überdauerten.
 
Vielleicht gerade weil es eine starke demographische und wirtschaftliche Kraft war und die germanischen Eroberer und Siedler lange eine Minderheit darstellten.


Ich habe mich zwischenzeitlich noch einmal nach der Verortung dieser ominösen "moselromanischen Sprachinsel" erkundigt. Sie soll ungefähr im Raum zwischen Trier und Koblenz bestanden haben und trotz germanischer Überschichtung (!) ihre Sprachidentität minestens bis etwa ins jJhr 800 bewahrt haben. Inwieweit eine Kontinuität sogar bis ins 11. Jh. stattfand, ist anscheinend - trotz der Wikipedia-Aussage - nicht einwandfrei zu belegen.

Gründe dafür könnten in der Tat eine zahlenmäßige und/oder wirtschaftliche Überlegenheit sein. Erstaunlich nur, dass so etwas auf diesen Raum beschränkt blieb, und nicht auch in anderen germanisch-romanischen Randgebieten anzutreffen ist.

Dass solche Inseln sogar über mehr als 1000 Jahre Bestand haben können, zeigen die Sorben im Spreewald und um Bautzen. Dort allerdings würde ich das Fortleben in der Tat einer Abseitslage zuschreiben, wobei diese lange Resistenz gegenüber der deutschen Sprache dennoch erstaunlich bleibt.
 
Zum einen blieb der Moselraum relativ lange von den Endkämpfen im weströmischen Reich verschont. Die Stoßrichtungen der Franken und Alemannen waren von Norden nach Süden den Rhein entlang bzw. umgekehrt. Trier wurde erst um 480 von den Franken eingenommen. Obwohl einige der Städte - wie Neumagen - schwer befestigt wurden, sind mir in der Moselzone keine ausgesprochen militärische Siedlungen bekannt. So erfolgte hier wohl auch nicht das Einsickern von Germanen über die Armee, während das Rheinufer selbst über weite Strecken (etwa in der Zone von Speyer bis Mainz, wo bald zahlreiche germanische Siedlungen entstanden) "entromanisiert" wurde. Die Moselregion bildete sozusagen einen Rückzugsraum für die romanische Bevölkerung..


Besten Dank für weitere Aspekte hierzu. Unsere Posts hatten sich leider gekreuzt!
 
Hallo hykkose,
Ich muß gestehen, daß ich nicht so recht dahinter komme, was Du eigentlich sagen willst.
sorry, ich will auf die ursprüngliche Frage dieses alten Threads hinaus, bzw. diese Frage hinterfragen :)

Gesichert ist ebenfalls, dass die Kelten ab etwa 500 v. Chr. aus dem Raum Ostfrankreich/Süddeutschland auch nach Norden expandierten und den Mosel-Hunsrück-Raum in Besitz nahmen. Die dort vor ihnen ansässige Bevölkerung wurde assimiliert, wieviel von ihrer Kultur erhalten blieb oder von den Kelten überformt wurde, ist unbekannt.

Hallo Dieter,
interessant, ich bitte um Quellen, das ist sehr interesant für meine Keltendarstellung bzw. deren Hintergrund.
Die Frankeneinfälle, von denen ich etwas zusammenhanglos geschrieben habe, sollen vor der der Zeitenwende gewesen sein, ein verhehrender um 400 v.Chr.

Was die Tiefe der Romanisierung angeht, habe ich mir sagen lassen, dass die Treverer relativ gute Verbündete Roms waren. Die Bewirtschaftung des Hunsrücks soll man Ihnen im wesentlichen selbst überlassen haben, wobei sie römische Bauweise und römische Ackerwirtschaft völlig übernommen haben (nach den wenigen Befunden). Was den Sprachgebrauch angeht, kann man die heutigen Dialekte (sofern sie überhaupt noch vorhanden sind) in rhein- und moselfränkisch teilen, mit krassen örtlichen Unterschieden, was mich zwar auch interessiert, aber mit den Kelten nichts zu tun hat. Interessanter finde ich da schon die Beschäftigung mit dörflichen Brauchtum, aber das nur am Rande erwähnt. Das wäre hier dann doch zu sehr OT ;-).

Hallo Pope,
Mooooooooooment!

Augusta Treverorum und das Moseltal als abgeschieden zu bezeichnen, ist etwas fern der Realität.
Naja, nicht fern der heutigen Realität, mag sein, dass es abgeschiedenere Städte gibt, heute ist Trier eine Insel in Rheinland-Pfalz, die von der Nähe zu Luxemburg und Frankreich lebt und mit Europa an Bedeutung wächst.
Trier ist keine keltische Stadt, sondern ein römische Gründung.
Die Region um Mosel, Hunsrück und Mittelrhein hat im vorgeschichtlichen Europa ME immer dann zentral gelegen, wenn es um Kupfer, Eisen und Zinn ging und der Seeweg versperrt war.
Die Zeit nach der Zeitenwende ist leider nicht in meinem Focus, sorry.

Interessant finde ich die Aussage mit der Sprachinsel. Wo kann man darüber lesen?

Kelten im Hunsrück, erst ab 500 v.Chr. und ungeklärte Fragen um die 2000 Jahre vorher, wecken mein besonderes Interesse.
Ich mag nochmal erwähnen, dass Caesar die Treverer als Reitervolk und besondere Pferdezüchter herrausgestellt hat, dass sie damit eine Ausnahme unter den westlichen Kelten waren, dass Hügelgräber einem althergebrachten indoeuropäischen Kult entsprechen.
In Südfrankreich habe ich bronzezeitliche Gräber gesehen mit aufgesetztem Eingang, nach steinzeitlichem Ritus. OK, wenn die Treverer von da kamen, müssen sie das nicht mitgenommen haben, weder über den Weg, noch über die Zeit.

Das Grab, das ich als Kelte darstelle, ist ca. 500v.Chr datiert, in einem Gräberfeld, das nicht wesentlich länger andauert, aber viel früher anfängt,
hab ich oben schon geschrieben.

Von der Zeit an, als sich Menschen ansiedelten, mit Ackerbau und Viehzucht ihr Leben fristeten, war der Hundrück besiedelt, später als wirtschaftlichere Gegenden, wobei ich durchaus um klimatische Veränderungen weiss. Ich bin sehr interessiert an den gesicherten Fakten von Dieter!
Die HEK wurde zu einem zentralen Fakt für eine neue keltische Kultur. Warum?

Gruss
gabel
 
Hallo hykkose,

sorry, ich will auf die ursprüngliche Frage dieses alten Threads hinaus, bzw. diese Frage hinterfragen :)


Damit bekomme ich zwar immer noch keinen rechten Zusammenhang mit dem von mir zitierten Text, aber ich muß ja nicht alles verstehen.


dass Hügelgräber einem althergebrachten indoeuropäischen Kult entsprechen.


Allerdings entsprechen auch Flachgräber einem althergebrachten indoeuropäischen Kult. Man könnte also sagen, daß die Anlage von Gräbern überhaupt einem althergebrachten indoeuropäischen Kult entspricht.
 
interessant, ich bitte um Quellen, das ist sehr interesant für meine Keltendarstellung bzw. deren Hintergrund.


Das Auftreten der Kelten fällt mit der Hallstattkultur zusammen, die um 700 v. Chr. in einem Raum fassbar wird, der von Nordostfrankreich über Süddeutschland und Böhmen bis Österreich/Slowenien reicht. Es mag sein, dass das Mittelrheingebiet bereits in dieser Zeit von der späten Hallstattkultur und somit von frühen keltischen Einflüssen erfasst wurde, doch erfolgt die große Ausbreitung der Kelten erst mit der La-Tène-Zeit ab dem 5. Jh..

Der Moselraum wäre hiernach eine Randzone der Hallstatt-Kultur gewesen und ob und in welchem Umfang er schon um 700 v. Chr. von ihr erfasst wurde, können wohl nur mit diesem Raum vertraute Historiker beantworten.

Schöne Karten zur Ausbreitung der Kelten findest du in einigen Geschichtsatlanten wie z.B.:
1. Putzger Historischer Weltatlas, Berlin 2001, S. 48
2. Großer Historischer Weltatlas, München 1978, S. 8, 9
3. Großer Atlas zur Weltgeschichte, Braunschweig 1997, S. 24

Informationen und eine Karte zur Keltenexpansion sowie weiterführende Literatur findest du auch unter dem Schlagwort "Kelten" in der online Wikipedia-Enyklopädie.
 
Ich habe mich zwischenzeitlich noch einmal nach der Verortung dieser ominösen "moselromanischen Sprachinsel" erkundigt. Sie soll ungefähr im Raum zwischen Trier und Koblenz bestanden haben und trotz germanischer Überschichtung (!) ihre Sprachidentität minestens bis etwa ins jJhr 800 bewahrt haben. Inwieweit eine Kontinuität sogar bis ins 11. Jh. stattfand, ist anscheinend - trotz der Wikipedia-Aussage - nicht einwandfrei zu belegen.


Ich habe versucht, mich schlau zu machen, und zu diesem Behufe Wolfgang Jungandreas, Zur Geschichte des Moselromanischen - Studien zur Lautchronologie und zur Winzerlexik, Wiesbaden 1979, konsultiert.

Jungandreas ist sogar der Meinung, die endgültige Germanisierung der letzten Sprachinseln habe erst im 12. und 13. Jahrhundert stattgefunden:

Jungandreas schrieb:
§ 100 Übersetzung romanischer Orts- und Flurnamen ins Deutsche

Im 13. Jh. erfolgte im Moselland bei einer Bevölkerung, die z. T. das Romanische ihrer Väter noch verstanden haben wird, hier und da die Umsetzung eines romanischen Orts- oder Flurnamens ins Deutsche. Solche Übersetzungen lassen vermuten, daß große Teile, vor allem am Mosellauf, noch zweisprachig waren. Manches macht dabei zweifellos den Eindruck, als ob hier untere Schichten die oft primitive Umformung bewirkt haben [...]

§ 101 Die Walen- und Welsch-Ortsnamen [...]

In einer Zeit, in der man sich darauf besinnt, moselromanische Namen durch deutsche zu ersetzen, wo sich also eine Art germanisierende Tendenz äußert, liegt es andererseits nahe, die Orte oder Landstriche mit noch moselromanisch redender Bevölkerung als welsch zu kennzeichnen.
[...]
Im 12. Jh. hob sich das nördlich von Trier gelegene Billig zum ersten Mal als Welschbillig aus seiner deutschen Umgebung als romanische Insel heraus und unterschied sich dadurch von den nicht allzu weit entfernten Ober-, Scharf-, Wald- und Wasserbillig.


Ich muß zwar betonen, daß sich Jungandreas mangels erhaltener Texte fast ausschließlich auf Orts- und Flurnamen sowie auf zufällig überlieferte Einzelwörter stützt, doch ist das Material reichhaltig und Jungandreas' Methodik nachvollziehbar, so daß seine Theorien auf mich einen schlüssigen Eindruck machen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo,

hallo hyokkose,
Damit bekomme ich zwar immer noch keinen rechten Zusammenhang mit dem von mir zitierten Text, aber ich muß ja nicht alles verstehen.

sorry, datiert um 500 v.Chr. gibt es mehrere Wagenfunde in Hunsrücker Gräbern, alle Wagen sollen aus einer Werkstatt im Elsass stammen. Wurden diese Wagen durch Einwander in den Hunsrück gebracht, oder einfach von Hunsrückern im Elsass gekauft (wie ich in moderner Zeit französiche Wagen fahre ;-) ). Da es einige Wagenfunde gibt, diese ganze Wagensache bis heute eine Statusfrage ist, würde ich davon ausgehen, dass statusbewusste Hunsrücker diese Wagen gekauft haben. Oder alle Einwanderer stammten aus einem einzigen reichen Ort im Elsass...
Neben den Wagen wurden immer auch Eimer, meist griechischer Produktion, gefunden.

Hallo Dieter,

Das Auftreten der Kelten fällt mit der Hallstattkultur zusammen, die um 700 v. Chr. in einem Raum fassbar wird, der von Nordostfrankreich über Süddeutschland und Böhmen bis Österreich/Slowenien reicht. Es mag sein, dass das Mittelrheingebiet bereits in dieser Zeit von der späten Hallstattkultur und somit von frühen keltischen Einflüssen erfasst wurde, doch erfolgt die große Ausbreitung der Kelten erst mit der La-Tène-Zeit ab dem 5. Jh..

Der Moselraum wäre hiernach eine Randzone der Hallstatt-Kultur gewesen und ob und in welchem Umfang er schon um 700 v. Chr. von ihr erfasst wurde, können wohl nur mit diesem Raum vertraute Historiker beantworten.

Laut wikipedia umfasste die keltische Hallstattkultur den Hunsrück weiträumig, soll sie mittendrin einen weissen Fleck auf der Landkarte gehabt haben? Die Hunsrück-Eifel-Kultur stellt, meines Wissens, einen kulturellen Übergang dar, von der späten Hallstattkultur zur La-Tène-Zeit. Die HEK wird als eigenständige Kultur angesehen, bisweilen auch prägend für die La-Tène-Zeit.

Lokale Historiker datieren "mein" älteres Gräberfeld im Anfang sogar 400 Jahre früher und reden dabei von Kelten, wiegesagt sind das ältere Bücher. Ich mag nicht behaupten, es habe schon 1200 v.Chr. Kelten gegeben.

Ich glaube aber an eine Kontinuität. Klar, war die nicht immer breit, "meine" Gräberfelder lassen, anhand der Zahl der Bestattungen, auf einen Einzelhof zurückschliessen, bewohnt von 3 Generationen über mehrere Jahrhunderte.

Besser erforschte Befunde, etwa in "Belginum", haben sehr viel mehr Grabstätten zu verzeichnen, ein riesiger Friedhof, mit vereinzelten Funden, die auf eine Kontinuität seit mindestens 800 v.Chr. hindeuten.

Mir ist klar, dass die Bevölkerung des Hunsrücks zu dieser Zeit nicht kontinuierlich gleich geblieben ist. ME waren die frühen Kelten dem Nomadisieren noch sehr angetan und haben sicher nicht nein gesagt, wenn sie, etwa als Söldner, Geld verdienen durften.

Die Gallater sollen einen keltischen Akzent aus der Nähe von Trier gesprochen haben...

Wenige Hunsrücker sind zu manchen Zeiten doch dageblieben, das kann man anhand der Pollenbefunde nachweisen (naja, dass es zeitweise wenig Bevölkerung gab, die kontinuierlich weiter das Gleiche angebaut hat...)

Wiegesagt mag ich nicht über Ethnogenese reden, für mich steht der Begriff "Kelten" für einen Kulturkreis. Austausch mag es gegeben haben, sei es über den Handel, sei es über Umsiedlung oder Wanderung. Warum aber soll man im Hunsrück weit vor 500 v.Chr. nicht von einer keltischen Bevölkerung reden können?!

Was die Franken nach Rom angeht, gab es im Hunsrück zwei Besiedlungswellen. Die Erste war eigentlich mehr ein Zertstörungseinfall mit anschliessendem Rückzug, die Zweite geschah als planmässige Besiedelung mit geografischer Organisation. Letztere führte dann wohl auch zum Untergang der erwähnten romanischen Sprachinsel. Es gibt schriftliche Belege, mancher Ort kann seinen Namen in 800 n.Chr. belegen, die meisten um 1200.

Nichtfränkische Ortsnamen sind im Hunsrück selten, allerdings vorhanden. Ob romanisch oder keltisch, weiss man nicht so recht *g*

Ob Jungandreas eventuell auch "Leideneck" oder andere Hunsrücker Orte erwähnt, fände ich interessant.

Ist mir leider nicht zugänglich.

Liebe Grüsse!
gabel
 
hallo hyokkose,


sorry, datiert um 500 v.Chr. gibt es mehrere Wagenfunde in Hunsrücker Gräbern, alle Wagen sollen aus einer Werkstatt im Elsass stammen. Wurden diese Wagen durch Einwander in den Hunsrück gebracht, oder einfach von Hunsrückern im Elsass gekauft (wie ich in moderner Zeit französiche Wagen fahre ;-) ). Da es einige Wagenfunde gibt, diese ganze Wagensache bis heute eine Statusfrage ist, würde ich davon ausgehen, dass statusbewusste Hunsrücker diese Wagen gekauft haben.


Das leuchtet mir ein; die Sache mit den Wagen ist mir jetzt soweit klar.

Was mir noch nicht klar ist: Was sollen die Kurganleute mit den Wagen um 500 v. Chr. zu tun haben? Die sogenannte Kurgankultur war ja viel früher und in einer ganz anderen Gegend. Oder glaubst Du etwa an eine
Invasion von Kurganleuten nach Mitteleuropa?


Ob Jungandreas eventuell auch "Leideneck" oder andere Hunsrücker Orte erwähnt, fände ich interessant.


Leideneck leider nicht. Einige Beispiele aus dem Hunsrück wären Kastellaun, Longkamp oder Wadrill.
 
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