Französische Oper in Deutschland?

Brissotin

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Ich habe einmal wieder eine Frage und denke sogar mal dazu erhellende Antworten bekommen zu können. Weiß vielleicht jemand, ob französische Opern wie die Werke Lullys und später Rameaus auch in Deutschland präsent waren. Ich weiß ja, dass die italienischsprachige Oper vertreten durch Hasse und Graun auch in Deutschland sehr verbreitet war. Gibt es für eine Verbreitung der französischen Oper im Deutschland des 18.Jh. auch Beispiele? Ich kann mir vorstellen, dass am Hofe Christian IV. von Zweibrücken doch der französische Geschmack goutiert wurde.
Vielen Dank.
Brissotin
 
Dio mio! Im HRR schwärmte man von Cestis Pomo d`oro....

und die Franzosen übersetzten es auch prompt mit "le tomate"

@ Brissotin: Wenn man dem Wiki-Artikel zu Lully glauben darf, war seine Musik sehr gefragt in Europa, sodaß er viele Schüler hatte, die seinen Stil verbreiteten und seine Musik wurde an deutschen Höfen gespielt: Hannover, Celle.... schau am besten mal rein, ob dir das weiterhilft.
 
Man kann das fast geographisch nachvollziehen, alle Fürstentüme links des Rheins waren eher dem frz. Musikstil zugeneigt, auf der Rechten Seite eher dem italienischen Stil.

Aufführungen von Lullys Opern gab es vor allem in Hamburg und an den besonders frankophilen Höfen wie Kassel, Celle, Düsseldorf, Hannover, Darmstadt, Rastatt, München oder Köln.
Sehr oft allerdings nur in konzertanter Form, da man oft nicht in der Lage war, solche grandiosen Bühnenspektakel zu finanzieren.
In Holland gab es ebenfalls sehr viele solcher Aufführungen, z.B. Lullys "Isis" von 1677 war die erste Oper die in Holland überhaupt aufgeführt wurde.

Was wirklich aber großflächig in Deutschland populär wurde, waren eben die Suiten aus den Opern von Lully, Campra oder Destouches.
Die deutschen "Lullisten" wie Steffani, Erlebach, Kusser (Cousser) Muffat oder Fischer sind ja letzlich verantwortlich für die Verbreitung der Orchestersuite.


Die Opern Rameaus, bzw. die frz. Musik des 18. Jahrhunderts fand weitaus weniger Anklang in Deutschland.
Erst gegen Ende der 50er Jahre des 18. Jahrhunderts nimmt man die frz. Einflüsse wieder in die Oper auf, so wird dann aus der reinen Opera Seria eine Mischform mit typischen Merkmalen der Tragèdie Lyrique (Chorszenen und viel Ballett)

Das kann man z.B. Werke von Jommelli (tätig in Stuttgart) oder Traetta (tätig in St. Petersburg) sehr gut nachvollziehen.
Mozarts "Idomeneo" folgt ebenfalls dieser Mischform die an den deutschen Höfen des 18. Jahrhunderts so beliebt war.
 
Vielen Dank an alle, speziell an Soleil Royal.

Wie sah das in Dresden aus? Die dortige Bühne war ja eine der größten des 18.Jh. mit ungefähr 2000 Plätzen im Zuschauerraum. Von einem Hasse weiß man ja, aber es ist doch etwas wunderlich, dass man in der Architektur mehr Frankreich nacheiferte (was die Ausmaße anbetrifft, sonst blieb man der franz. Architektur gegenüber eher reserviert) als was die Musik anbelangt.
Ich glaube am pfälzischen Hof wurde in der Anfangszeit der Regierung Carl Theodors (ab 1742) auch ein franz. Geschmack bevorzugt, der erst mit dem Zurückdrängen des Einflusses seiner Gemahlin zusehends an Boden verlor.
 
August d. Starken Vorliebe galt nunmal der franz. Kultur. Sein Sohn wurde u.a. auf seiner auch durch Italien geführten Cavallierstour geprägt. Während der Vater noch Musiker , die am Versailler Hof ausgebildet wurden engagierte und das Hofopernorchester entsprechend franz.erklingen ließen- engagierte der Kurprinz mit väterl. Zustimmung erstklassige ital. Opernsänger+Musiker für das große Opernhaus. Nach dem Regierungsantritt August III. übernahm, wie schon erwähnt 1733 , A. Hasse das Kappellmeisteramt, kräftig beeinflußt und unterstützt durch seine Frau Faustina, eine der besten Sängerinnen der Zeit.
Beide Majestäten waren kuturell stark engagiert; August übernahm die Kontrolle der Gemäldeaquisition, M.Josepha war quasi Intendantin der höf. Musik.In allen Libretto-Drucken d. Zeit findet man die Formel:
"per comando della Sua Maesta della Regina".
Die Kanonen des brutalen Militaristen Friedrichs II. legten das Opernhaus und die sächs.-poln. Kultur in Schutt und Asche, brachte der Bevölkerung Not und Elend.
Die Königin starb 1757, der König 1763, eine Epoche ging zu Ende.
 
Die Dresdner Hofkapelle war eigentlich um 1720 die wohl berühmteste Europas.
Durch ihre neuen Stil und die Qualität der Musiker stellte sie sogar die Hofkapelle(n) von Versailles in den Schatten.
(Die zu diesem Zeitpunkt ohnehin einen Dornröschenschlaf hielten)

In der Tat sind einige frz. Komponisten unter den Mitgliedern der Hofkapelle zu finden, der bekannteste dürfte wohl Charles Dieupart sein.
Die beiden wichtigsten Männer waren jedoch Johann David Heinichen und Johann Georg Pisendel. Beide Kapellmeister unter August dem Starken.

Sie schufen eine besondere Form des "Concert per molti Instrumenti" , der Stil war italienisch, aber es wurden keine gewöhnlichen Concerti Grossi gespielt, die Besetzung war überaus reich, neben dem Streicherorchester kamen noch Oboen, Flöte, Hörner etc. dazu.
Alles was damals gebräuchlich war.

Es wurden zwar auch weiterhin Suiten gespielt - aber die von Heinichen z.B. sind kaum noch am frz. Stil orientiert.
Ein weiteres Beispiel sind die "Ouverturen" von Francesco Maria Veracini (ein berühmter Geigenvirtuose dieser Zeit) er schrieb diese Werke für den sächsischen Hof.

Die Oper war rein italienisch, Dresden war wohl neben London außerhalb Italiens das Zentrum der "Opera Seria"
Hasse komponierte ja ganz und gar im Neapolitanischen Stil.

Friedrich haben wir es auch zu verdanken dass wohl die einzige Partitur der ersten Oper "Daphne" von Heinrich Schütz in Flammen aufging ... ein Verlust ohne Gleichen...ich möchte gar nicht daran denken was noch vernichtet wurde.


Das Orchester von Carl Theodor - das Mannheimer Orchester ist ja legendär - aber soweit ich weiß, ist dort, wie überall anders auch, zuerst eher italienische Musik gespielt worden.
Schließlich hatten sich ja aus den "Sinfonias" der Opern, die man gerne auch zum Konzert spielte und später ohne Oper komponierte, innerhalb weniger Jahre die Sinfonie entwickelt.

Die Opern dieser Zeit entsprechen der weiter oben angesprochenen Mischform - wie sie von Jommelli, Traetta und einigen anderen gepflegt wurde.
 
In der Tat sind einige frz. Komponisten unter den Mitgliedern der Hofkapelle zu finden, der bekannteste dürfte wohl Charles Dieupart sein.
Die beiden wichtigsten Männer waren jedoch Johann David Heinichen und Johann Georg Pisendel. Beide Kapellmeister unter August dem Starken.

Sie schufen eine besondere Form des "Concert per molti Instrumenti" , der Stil war italienisch, aber es wurden keine gewöhnlichen Concerti Grossi gespielt, die Besetzung war überaus reich, neben dem Streicherorchester kamen noch Oboen, Flöte, Hörner etc. dazu.
Alles was damals gebräuchlich war.

Sicher war Heinichen die ab 1717 bestimmende Persönlichkeit der Hofmusik.
Reizvoll ist trozdem zu verfolgen, wie große Politik und eben die sich hieraus ergebende Kulturpolitik das Profil der Sächs. Hofkappelle verändern.
Der Kurprinz hatte nicht nur Heinichen von Venedig aus engagiert, sondern auch eine Operncompagnie Antonio Lottis.
Nachdem ,wie oben erwähnt, der 1709 installierte und am Versailler Hof ausgebildeten Konzertmeister Jean-Baptiste Woulmeyer das Orchester nach franz. Art zusammenstellte ,( mit Quer -statt Blockflöten,Oboen-statt Zinken,
neue Fagotte+Hörner, gesamtte Violinfamilie in 6 Stimmen geteilt)
löste der ital. Zuwachs anfangs einen mühsamen und von Unverträglichkeiten
getrübten Prozeß aus, in dessen Ergebnis die Kappelle dann aber zur prominentesten Sachwalterin des "Vermischten- oder deutschen Geschmacks"
wurde, d.h., einer Stilrichtung, die französische,deutsche,böhmische,polnische
und italienische Elemente homogenisierte und zu eigener Qualität entwickelte.
Dies erzwang förmlich einen ihr adäquaten Kompositionsstil, den sich die Dresdner Hofkomponisten und Hofkappellmeister zu eigen machten und-das scheint mir wichtig-auch von auswärtigen Meistern aufgegriffen wurde.
Der so erreichte hohe Spielstandard des "Concertare con moliti instromenti" war so nur noch mit denen in Venedig an den dortigen Mädchen-Konservatorien gepflegten Stil vergleichbar.
Den Wünschen des protest.Kurprinz August , der im Namen seines noch regierenden Vaters in Venedig engagierte, wollte man zur Anerkennung seiner kath.Konversion -aus bekannten Gründen -und in Vorlage der in Verhandlung stehenden Heiratspläne mit Maria-Josepha aus kurfürstl. Sicht gern entgegenkommen.
Ob die richtungsweisenden+stilprägenden Engagements d. Kurprinzen ohne die polit.Pläne des Starken August so gekommen wären.....darüber darf m.M. nach trefflich spekuliert werden, hat doch noch August d. Starke 1720 die gesamte Opernkompagnie nach einem Streit um eine ital. Star -Sängerin ( wer sonst ! :D ) in ausgerechnet der einzigen für den Dresdner Hof komponierten Oper Heinichens für Carneval 1720 -entlassen !
Diese Compagnie nahm G.Fr. Händel komplett mit nach London für seine Opernakademie......

Quelle vorallem : Austellungskatalog zu "Wunderharfe " 450 Jahre Sächs. Staatskappelle. /Staatl. Kunstsammlungen Dresden, 1998
ISBN: 3-932264-08-8
 
Die Opern Rameaus, bzw. die frz. Musik des 18. Jahrhunderts fand weitaus weniger Anklang in Deutschland.
Erst gegen Ende der 50er Jahre des 18. Jahrhunderts nimmt man die frz. Einflüsse wieder in die Oper auf, so wird dann aus der reinen Opera Seria eine Mischform mit typischen Merkmalen der Tragèdie Lyrique (Chorszenen und viel Ballett)
Ein Beispiel habe ich jüngst zumindest über den Umweg einer Radierung des Bühnenbildes von Bellotto gefunden. Dieser war ja in den späten 1750ern aus Dresden geflohen und schuf einige seiner berühmtesten Werke in Wien. Hier fertigte er auch 1759 besagte Radierung eines Stückes, welches am 26.April 1758 erstmals im Hoftheater Wien in der Form aufgeführt wurde. Es handelt sich um "Le Turc Généreux", dem ersten "entrée" der Oper "Les Indes Galantes" (1735) von Rameau. Dieses Stück wurde zu Ehren des außerordentlichen Gesandten der Hohen Pforte Rasmi Achmed Effendi gegeben, der die Thronbesteigung Sultan Mustafa III. in Wien anzeigen sollte. Man kann sich vorstellen wie passend schlichtweg die Handlung war, welche einen Türken zeigte, der aus Dankbarkeit für eine Rettung durch Christen dieselben freiließ, als diese in seine Gewalt gerieten. Allerdings wurde dieses "entrée", dessen Libretto von Louis Fizelier stammt, vom Tänzer und Choreographen Franz Anton Christoph Hilverding (1710-1768) extra umgestaltet, dass die Handlung mehr Dramatik bekam.
 
Mir ist da noch ein weiteres Beispiel eingefallen.
Wie gesagt, Rameau war zwar auch im übrigen Europa bekannt, aber im 18. jahrhundert schätzte man die frz. Oper in dieser Form außerhalb Frankreichs nur wenig.

dennoch sollte man bedenken das Rameau nicht der einzige frz. Opernkomponist der Epoche war.
Vor allem bedeutend sind:

Jean Joseph Cassanea de Mondonville
Francois Francoeur
Francois Colin de Blamont
André Francois Danican Philidor


Aber mit Ernest Modeste Grétry schien sich das zu ändern.
Seine ersten Werke sind ja auch noch stark von der Sprache Rameaus geprägt, z.B. "Céphale et Procris" geschrieben 1773 für die Hochzeit des Grafen von Artois und im Opernsaal von Versailles aufgeführt.
Allerdings vermute ich hier, dass er sich mehr an dem geschmack des Hofes orientierte.

Und ein Werk das noch einige Jahre früher entstand "Zemire et Azor" (1771) - ebenfalls ein orientalisches Sujet, war vor allem auch in Wien sehr beliebt.
Das Werk scheint von allen Werken Gretrys das in Europa am häufigsten gespielte zu sein.

Allerdings ist dieses "Comedie Ballet" schon sehr stark italienisch geprägt, es gibt Dacapo Arien und folgt dem italienischen Wechsel von Rezitativ - Arie - Rezitativ - Arie usw.

Aber es gibt noch weitere Komponisten dieser Zeit die beide Stile hervorragend beherrschten.
Nach Glucks bahnbrechenden frz. Opern sind da vor allem die Werke von Antonio Sacchini und Niccolo Piccinni zu nennen.
Beide Meister der italienischen und der französischen Opernform.
 
Gehört hier vielleicht nur bedingt hinein, könnte aber vielleicht doch von Interesse sein.
Bei meinen Recherchen um die Kasseler Hofmusik ist mir noch ein Komponist aufgefallen, der Heute aber so gut wie vergessen ist, damals jedoch genoss er einen ähnlichen Ruhm wie Spohr.

Es geht um Louis Massonneau 1766 in Kassel geboren, als Sohn eines frz. Küchenmeisters.Gestorben 1848 in Ludwigslust.

Er war Mitglied der Hofkapelle des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel.
Sein Nachfolger Wilhelm IX (bzw. Kurfürst Wilhelm I.) löste die Kapelle seines Vaters auf, was die Abreise Massoneaus zur Folge hatte.
Er war in Frankfurt als Konzertmeister und später am Stuttgarter Hof als Kapellmeister tätig.

Allerdings ist er kein Vertreter der Gattung Oper gewesen.
Dennoch könnte man sagen, dass seine Werke, Sinfonien, Quartette, Lieder, Kammermusik und Kirchenwerke französischen Esprit atmen.

In jedem Fall ist dieser Komponist bemerkenswert und ich hoffe, dass man in Zukunft auf seine Musik wieder aufmerksam wird, denn sie hat es verdient.
 
Zuletzt bearbeitet:
Franz. Oper 18.Jh. u. davor ein bissel ;-)

Ein Beispiel habe ich jüngst zumindest über den Umweg einer Radierung des Bühnenbildes von Bellotto gefunden. Dieser war ja in den späten 1750ern aus Dresden geflohen und schuf einige seiner berühmtesten Werke in Wien. Hier fertigte er auch 1759 besagte Radierung eines Stückes, welches am 26.April 1758 erstmals im Hoftheater Wien in der Form aufgeführt wurde. Es handelt sich um "Le Turc Généreux", dem ersten "entrée" der Oper "Les Indes Galantes" (1735) von Rameau. Dieses Stück wurde zu Ehren des außerordentlichen Gesandten der Hohen Pforte Rasmi Achmed Effendi gegeben, der die Thronbesteigung Sultan Mustafa III. in Wien anzeigen sollte. Man kann sich vorstellen wie passend schlichtweg die Handlung war, welche einen Türken zeigte, der aus Dankbarkeit für eine Rettung durch Christen dieselben freiließ, als diese in seine Gewalt gerieten. Allerdings wurde dieses "entrée", dessen Libretto von Louis Fizelier stammt, vom Tänzer und Choreographen Franz Anton Christoph Hilverding (1710-1768) extra umgestaltet, dass die Handlung mehr Dramatik bekam.

Da wir im Chat mal eine kleine Verwirrung hatten, weil ein CD-Anbieter im Netz (Internet) "Les fêtes d'Hébé ou Les Talents lyriques" als Balettkomödie anpries, mal kurz was zu den Opern der Zeit von Rameau und welche in Frankreich vorrangig im 18.Jh. eine Rolle spielten:

Tragédie lyrique
Zentraler Bestandteil der "Tragédie en musique", wie die Tragédie lyrique auch genannt wurde, ist die Nachahmung der antiken Tragödie in 5 Akten, wobei der Stoff aus Sagen, mythologischen Stoffen usw. genommen wurde. Wichtig war in der französischen Tragédie Lyrique wie übrigens auch in der "normalen" Tragödie eines Voltaire die äußere Form in Alexandrinern und 4-füßigen Jamben.
Jedoch muss man besonders für Rameau reklamieren, dass der Ausgang der Tradédie lyrique nicht immer unbedingt tragisch sein musste. Es ging v.a. wohl darum, dass die Tragédie lyrique im Sinne des künstlerischen Anspruchs ein gleichwertiges Pendant zur Tragödie Racines z.B. bildete. So lassen sich auch die namenhaften Librettisten der Tragédie lyrique erklären, die man findet.
Bsp.:
"Alceste" Philippe Quinault (1635-1688) / Jean-Baptiste Lully (1632-1687) (1674)

"Medée" Thomas Corneille (1625-1709) / Marc-Antoine Charpentier (1643-1704)
(Die Oper gilt als die oder eine der stärksten Opern der franz. Oper, wohl auch durch das ausgezeichnete Libretto Corneilles, der nach Racine und Pierre Corneille zu seiner Zeit dem Philosophen Voltaire als herrausragenster Dichter der franz. Klassik galt.) (1693)

"Castor et Pollux" Pierre Joseph Bernard (1708-1775) / Jean-Philippe Rameau (1683-1764) (1737)

"Abaris ou les Boréades" ? / Rameau
(Diese Oper wurde von Rameau zwar 1764 fertig gestellt, gelangte aber bis zum 20. Jh. nicht auf die Bühne, da der Tod des Komponisten die Vorbereitung während der Proben überraschte. Das ist von daher bedauerlich gewesen, da diese Oper Rameaus Wandlungsfähigkeit unterstrich. Übrigens kam die Oper ohne Prolog, der ansonsten üblich war, und tragischem Ende aus.)

Comédie-Ballet (Ballettkomödie)
Gegenstück zum Hofballett, Grundlage war die gesprochene Komödie, worin Gesangspartien, Ensembles und Balelette Aufnahme fanden.
Bsp:
"La princesse d'Élide" Molière (1622-1673) / Lully (1664)

"Le Bourgeois gentilhomme" Molière / Lully
(Ein wahres Meisterwerk von beiden, wobei ein jeder von beiden sein Bestes zeigte.) (1670)

Opéra comique
Diese Oper kam aus den Vorstadtkomödien, welche mit Gassenhauern (Vaudevilles) gewürzt waren und der Komödie mit Chansons (Comédie mêlée d'ariettes).
Bsp:
"Les Paladins" Duplat de Monticourt / Rameau (1760)

Opéra-Ballet
Entstand aus der Verselbstständigung der Divertissements, welche durch eine inhaltlich lose verbunde Thematik miteinander zu einer vollwertigen Oper verknüpft wurden, wobei Arien Chöre usw. eingestreut wurden. Die Opéra-Ballet setzte sich aus einer variierenden Anzahl an Entrées zusammen.
Diese Entrées konnten allerdings auch herrausgenommen allein aufgeführt werden, da sie eine in sich abgeschlossene Handlung bildeten. Daneben wurden Actes de ballet auch einzeln komponiert. Diese Actes de ballet konnten dann später zu einer Opéra-Ballet verbunden werden, was z.B. Rameau mit "Zéphyre" und "Nélée et Myrthis" scheinbar zusammen genommen vorhatte. Aber, drittens, konnten auch Actes de ballet einzeln komponiert und als selbstständige Werke aufgeführt werden. So gelangten "Pygmalion" und "La Guirlande" in der Académie Royale de Musique zur Aufführung. Diese kleinen Actes de ballet konnten als Meisterwerke genauso vollkommen sein wie die Opéra-Ballet, da die Actes de Ballet wiederum in einzelne Szenen zerfielen und ihnen eine teilw. herrausragende Ouverture wie im Falle von "Pygmalion" vorran gesetzt wurde.

Bsp. Opéra Ballet:
"L'Europe galante" Antoine Houdar de Lamotte / André Campra (1660-1744) (1697)

"Les éléments" Pierre-Charles Roy (1683-1764) / Michel Richard Delalande (1657-1726) und André Cardinal Destouches (1672-1749) (1721)

"Les Indes Galantes" Louis Fuzelier (1672-1752)/ Rameau
(Rameaus zweite große Oper und auch ein Erfolg, der zusammen mit "Castor et Pollux für die Etablierung des Komponisten sorgte.) (1735)

"Les Fêtes d'Hébé ou Les Talents lyriques" Antoine Gautier de Montdorge (1707-1768) / Rameau
(Wohl Rameaus erfolgreichste Opéra-ballet mit 200 Aufführungen noch zu Lebzeiten des Meisters.) (1739)



Auf die Pastorales und das Comédie Ballet - z.B. "La Princesse de Navarre" von Voltaire / Rameau (1745) - sowie die Opéra de Chasse -"Actéon" von Charpentier :yes: - will ich hier nicht weiter eingehen.

Es ging mir v.a. darum, mal "Les Indes Galantes", da ich die Oper erwähnte ganz grob einzuordnen. Ich hoffe die Fachfrauen und -männer entschuldigen meine teilweise oberflächliche und kenntnisarme Formulierungsweise.:rotwerd:
Auch lag mir am Herzen mal die hochkarätigen Librettisten aufzuzeigen, welche verdeutlichen, welche Bedeutung damals der Oper beigemessen wurde, wenn ein Moliére, Th. Corneille oder gar Voltaire daran mitschufen.

Literatur:
Prof. Dr. Ulrich Michels/Gunther Vogel: "dtv-Atlas Musik" , Deutscher Taschenbuchverlag, München, 2001
 
Zuletzt bearbeitet:
Opéra-Ballet
Entstand aus der Verselbstständigung der Divertissements, welche durch eine inhaltlich lose verbunde Thematik miteinander zu einer vollwertigen Oper verknüpft wurden, wobei Arien Chöre usw. eingestreut wurden. Die Opéra-Ballet setzte sich aus einer variierenden Anzahl an Entrées zusammen.
Diese Entrées konnten allerdings auch herrausgenommen allein aufgeführt werden, da sie eine in sich abgeschlossene Handlung bildeten. Daneben wurden Actes de ballet auch einzeln komponiert. Diese Actes de ballet konnten dann später zu einer Opéra-Ballet verbunden werden, was z.B. Rameau mit "Zéphyre" und "Nélée et Myrthis" scheinbar zusammen genommen vorhatte. Aber, drittens, konnten auch Actes de ballet einzeln komponiert und als selbstständige Werke aufgeführt werden. So gelangten "Pygmalion" und "La Guirlande" in der Académie Royale de Musique zur Aufführung. Diese kleinen Actes de ballet konnten als Meisterwerke genauso vollkommen sein wie die Opéra-Ballet, da die Actes de Ballet wiederum in einzelne Szenen zerfielen und ihnen eine teilw. herrausragende Ouverture wie im Falle von "Pygmalion" vorran gesetzt wurde.

Bsp. Opéra Ballet:
"L'Europe galante" Antoine Houdar de Lamotte / André Campra (1660-1744) (1697)

"Les éléments" Pierre-Charles Roy (1683-1764) / Michel Richard Delalande (1657-1726) und André Cardinal Destouches (1672-1749) (1721)

"Les Indes Galantes" Louis Fuzelier (1672-1752)/ Rameau
(Rameaus zweite große Oper und auch ein Erfolg, der zusammen mit "Castor et Pollux für die Etablierung des Komponisten sorgte.) (1735)

"Les Fêtes d'Hébé ou Les Talents lyriques" Antoine Gautier de Montdorge (1707-1768) / Rameau
(Wohl Rameaus erfolgreichste Opéra-ballet mit 200 Aufführungen noch zu Lebzeiten des Meisters.) (1739)
Mist, da habe ich doch die Beispiele für das Acte de Ballet vergessen:

"Pygmalion" Ballot de Sauvot (? -1761) / Rameau
(Besonders die Ouverture aber auch der für die Actes de Ballet typische triumphale Schluss sind erwähnenswert.)
(1748)

"La Guirlande" Jean-François Marmontel (1723-1799) / Rameau
(Grundsätzlich ist Marmontel kein eben kleiner Name in der franz Literaturgeschichte, Lob bekam dieses Werk v.a. wegen dem letzten Duett von Zélide und Mirtil nach der Aufführung in der Académie Royale de Musique.) (1751)

"Les Sybarites" Marmontel / Rameau (1753)
 
Auch lag mir am Herzen mal die hochkarätigen Librettisten aufzuzeigen, welche verdeutlichen, welche Bedeutung damals der Oper beigemessen wurde, wenn ein Moliére, Th. Corneille oder gar Voltaire daran mitschufen.

Mir ist des Öfteren schon vorgekommen, dass man die Librettisten von Rameaus Werken nicht gerade sanft behandelte. Sprich in Literatur, bitte frag jetzt nicht welche :D, wurden sie gar teilweise als unfähig tituliert, dass sie es nicht fertig bringen würden einen genauso niveauvollen Text zu der "anstrengend guten" Musik zu schreiben. Wie viel ist denn da dran, an solchen Behauptungen?

Desweiteren habe ich einmal gelesen, dass Rameaus Musikstücke lange nicht aufgeführt wurden, weil die Musik so schwer sei. Erstens in der Hinsicht sie zu singen bzw. zu spielen und zweitens dahin gehend, dass sie schwer zu inszenieren sei.
Vielleicht ein weiterer Aspekt, weshalb "Les Boréades" erst im 20.Jh. aufgeführt wurde?

:grübel:
 
@ geschichtsfan07

Ich denke mal über die Gründe für die späte Aufführung bzw. Wiederaufführung kann Soleil Royale besser etwas sagen.

Bis auf "Castor et Pollux" beispielsweise, verschwanden ja wirklich erstaunlich viele Werke Rameaus in der Schublade. "Les Boréades" hat wohl einige Hemmnisse gegen sich gehabt. Das Projekt wurde zwar in den 1770ern wohl nochmals erwogen, aber mit Rameau starb nunmal der letzte wirklich berühmte Vertreter der französischen Oper, der sich mit einem Lully an Bekanntheit hätte messen können. Schon zu Lebzeiten Rameaus hatte sich die Verdrängung der französischen Oper durch die Buffonisten angedeutet, doch hatte eben der Umstand, dass Rameau wenigstens 81 wurde, sozusagen den Zeitpunkt des Widerstandes der französischen Oper nach Rameaus Zuschnitt hinaus gezögert.
Aber auch den Aspekt, dass die Werke Rameaus gerade für den Zuhörer sehr anspruchsvoll waren, halte ich für nicht zu unterschätzen. D.h. mit dem Aspekt, liegst Du wahrscheinlich goldrichtig.:yes: Während man sich als Opernbesucher während der Rezitative der italienischen Oper zurücklehnen oder in den Logen der Oberklasse zurückziehen konnte, so forderte die französische Oper durchweg Aufmerksamkeit. Selbst die Rezitative sind bisweilen erstaunlich schwungvoll, was wiederum an der Kraft und Wirkung liegt, welche in die Texte gelegt wurde. Vermutlich hatte ich deswegen vergangene Woche mal einen rezitativen Abschnitt aus "Dardanus" für eine Arie gehalten. Aber gerade wegen der hohen Bedeutung des Textes denke ich, waren die Libretti eigentlich fast durchweg gut.
Es mag damals daran Kritiken gegeben haben, aber bezeichnenderweise schrieben ja große Literaten und keine oder zumindest seltener Leute aus der literarischen zweiten Reihe, die Libretti auch für Rameaus Opern.

Aber ich schau mal, ob ich was zum Aspekt des hohen Anspruchs der Opern Rameaus an das Publikum finde. Wenn ich mich recht entsinne führte eben die "verdaulichere" und in Frankreich fußfassende ital. Oper dazu, dass die Zuhörer weniger bereit waren, die das konzentrierte Hören herrausfordernden Werke eines Rameau zu besuchen. Bis zum Tode, wie gesagt, des Meisters, ließ sich aber diese Tendenz unterdrücken und es gab bis dahin eine Partei der Zuhörer, welche auch die königliche genannt wurde (vielleicht weil Rameau in den Académie Royale Widerhall fand), welche Rameau als führenden Komponisten feierte.

D.h. der postume Sieg der italienischen Oper über die französische nach dem Tod Rameaus wirkte wohl bis ins 19.Jh. hinein fort. Im späten 19.Jh. und frühen 20.Jh. schon setzte allerdings auch eine Wiederentdeckung des Schaffens von einem der größten französischen Komponisten überhaupt ein. Debussy z.B. lobte Rameau als einen der Größen der Vergangenheit, Noten von Rameau wurden wieder in Druck gegeben...
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber ich schau mal, ob ich was zum Aspekt des hohen Anspruchs der Opern Rameaus an das Publikum finde.
Ein bisschen geht das Urteil d'Alemberts in diese Richtung, wenn er in "Mélange de littérature, d'histoire et de Philosophe" erwähnte:
"M. Rameau est d'autant plus digne d'estime qu'il a osé tout ce qu'il a pu, et non tout ce qu'il aurait voulu oser (...). Il eût manqué so but en allant plus loin, il nous a donné, non pas la meilleur Musique dont il fût capable, mais la meilleur que nous puissons recevoir."
oder auf Deutsch:) :
"Herr Rameau verdient unsere Hochachtung um so mehr, als er alles wagt hat, was er konnte, und nicht alles, was er hätte wagen mögen. (...) Wäre er weiter gegangen, hätte er sein Ziel verfehlt; so aber hat er uns zwar nicht die beste Musik gegeben, deren er fähig war, aber die beste, die wir fähig waren aufzunehmen."

Freunde von Rameau werden vergleichen wie Gluck und Rameau versuchten gleichermaßen der Abneigung der Pariser gegen die geringste Konzentrationsantsrengung Rechnung zu tragen. Während Rameau einen Ausweg in gestalterischer Vielfalt suchte, soll Gluck die Gesamtkonzeption vereinfacht haben (so John Eliot Gardiner). Die "edle Einfalt uns stille Größe" Glucks wollte Rameau, trotz aller Parteikämpfe gegen die persönlichen Angriffe von Laien mit großen Namen ( :devil: ) wie Jean-Jacques Rousseau und Melchior Grimm, nicht übernehmen sondern blieb bei seinem komplexen Formen und war sich in "Les Boréades" trotz aller Neuerungen vielleicht selbst treuer als in den anderen Werken zuvor. Vielleicht hatte er eine Huldigung an die Schwächen des Publikums auch als greiser Komponist nicht mehr nötig (?) und war freier als zuvor.
 
"Le turc genéreux"

Ein Beispiel habe ich jüngst zumindest über den Umweg einer Radierung des Bühnenbildes von Bellotto gefunden. Dieser war ja in den späten 1750ern aus Dresden geflohen und schuf einige seiner berühmtesten Werke in Wien. Hier fertigte er auch 1759 besagte Radierung eines Stückes, welches am 26.April 1758 erstmals im Hoftheater Wien in der Form aufgeführt wurde. Es handelt sich um "Le Turc Généreux", dem ersten "entrée" der Oper "Les Indes Galantes" (1735) von Rameau. Dieses Stück wurde zu Ehren des außerordentlichen Gesandten der Hohen Pforte Rasmi Achmed Effendi gegeben, der die Thronbesteigung Sultan Mustafa III. in Wien anzeigen sollte. Man kann sich vorstellen wie passend schlichtweg die Handlung war, welche einen Türken zeigte, der aus Dankbarkeit für eine Rettung durch Christen dieselben freiließ, als diese in seine Gewalt gerieten. Allerdings wurde dieses "entrée", dessen Libretto von Louis Fizelier stammt, vom Tänzer und Choreographen Franz Anton Christoph Hilverding (1710-1768) extra umgestaltet, dass die Handlung mehr Dramatik bekam.

Ich habe mir nun einmal das Gesamte Libretto von Fizelier durchgelesen.

Interessant ist die thematische Nähe zu der "Entführung aus dem Serail" von Mozart/Stephanie, welches wiederum auf dem Singspiel "Bellmont und Constanze" von Bretzner fußte. Der Streit Bretzners gegen die scheinbar von ihm nicht authorisierte Verarbeitung seines Werkes durch Johann Gottlieb Stephaine d.J. und Mozart würde hier zu weit gehen.

Kurz der Inhalt des Entrée von Fizelier/Rameau:

Der Pascha Osman ist ein beudetender Türke, der Émilie zur Sklavin hat. Émilie entscheidet sich, Osman zu gestehen, dass sie statt ihm einen jungen Franzosen, Valére, liebt. Osman allerdings bittet sie inständig Valére zu vergessen, da er doch möglicherweise schon tot sei und es ihr nichts nützen würde einen Toten zu lieben. Sie hält ihm entgegen, dass wenn er denn tot sei und dies geschehen ist, indem Valére sie nur vor der Entführung durch die Türken bewahren wollte, dies ihr Valére noch viel liebenswerter machte. Osman bestürmt sie weiterhin, seine Liebe anzunehmen...

Osman zieht ab und Émilie geht am Meeresufer, wo Osmans Palast liegt, spazieren. Dort hört sie einen Sturm und Matrosen (ein Chor), die den Sturm genauso fürchten wie das rettende Ufer zu erreichen, da dies für sie die sichere Sklaverei bedeuten würde. Émilie entdeckt in einem Sklaven, dem sie begegnet Valére, den Geliebten. Nachdem sie sich nicht einig sind, ob man glücklich sein soll, dass sie beide in der Gewalt desselben Herren - Osman - sind, überrascht sie Osman.

Er verkündet beiden seine Vergeltung dafür, dass sie ihn hintergangen haben. Beide zittern. Doch seine Vergeltung ist für Valére die Freiheit und Émilie, die ihm von Osman geschenkt werden. Dann gibt sich Osman als ehemaliger Sklave von Valére zu erkennen, der von Valére schon einmal seinerseits die Freiheit erhalten hatte. Osman gibt zu, dass er Valére längst erkannt habe und nur auf den rechten Augenblick wartete.

Während Valére und Émilie Osman danken wollen, möchte er davon nichts hören - offenbar schmerzt ihn der Verlust Émilies zu sehr. Neben der Freiheit erhalten Émilie und Valére kostbare Geschenke von Osman, der Valére seine Flotte zurück gibt.
Die Freude über die Freiheit und die Aussichten der Reise in das "Reich der Lilie" (offenbar Frankreich), das Beladen der Schiffe usw. sind Anlass für schöne Tänze, die ja bei einer opéra-ballet zu erwarten sind, und gewaltige Chorpartien am Ende des Entrée.


Vergleiche:
Auffällig ist hier, dass der "großmütige Türke" weniger selbstlos handelt als in der "Entführung aus dem Serail". In der "Entführung aus dem Serail" ist der Bassa Selim ja gütig, obwohl er selbiges in der gleichen Lage im Lager des Umkreises von Belmonte offensichtlich nicht erwarten dürfte. Dennoch gibt es deutliche Parallelen. Hier wie da ist das Liebespaar in den Diensten des selben Herren. Hier wie da wird es ertappt. Immerhin ist Osman ungefähr genauso ehrenhaft in seinem Handeln wie Valére, wenngleich ihm Valéres Güte von damals vielleicht als Beispiel hatte dienen müssen.
 
Warum „Les Boreades“ solange abgelehnt wurde, ist bis Heute nicht ganz klar.
Aber das lag wahrscheinlich einmal daran, dass die neuen Operndirektoren natürlich lieber eigene Werke auf die Bühne der Academie Royale bringen wollten und dann eben der Umstand, dass man wohl die Partitur ablehnte, ohne sie wirklich studiert zu haben – man hatte wohl auch einfach genug Rameau im Programm (Les Indes Galantes wurde ja immer noch regelmäßig gespielt und dürfte eines der am häufigsten aufgeführten Werke des 18. Jahrhunderts gewesen sein, über 300 Aufführungen sind belegt!)
Zum anderen änderte sich der Geschmack des Publikums, Komponisten wie Gretry, Dauvergne und das Gespann Francoeur - Rebel waren beliebter geworden, dann kamen noch die Ausländer, wie Sacchini, Piccinni und Gluck dazu.
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Das man Rameau im 19. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert ablehnte, ist reine Ignoranz, die sich nur auf Vorurtielen gründete.
Komponisten wie Berlioz oder Debussy haben aber die Genialität erkannt und Rameaus Stil ist auch stark in deren Werken wiederzu erkennen.
Selbst Bizet orientiert sich an den beiden großen Komponisten.
Die Farandole aus L'Arlesienne ist z.B. direkt von Lully kopiert nur von Dur in die moll Tonart umgeschrieben (Marche du regiment de Turenne)
Oder man höre sich nur mal „Les Troyens“ von Berlioz an – das hätte von Rameau sein können.
Aber das war eben nicht der Geschmack des bürgerlichen Publikums (Les Troyens ist ja auch gefloppt)
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Hinzu kam, das man die gesamte Oper des Ancien Regime ziemlich negativ aburteilte – und das bis ins 20. Jahrhundert. So zitiere ich mal jemanden, der wiederum einen seiner Professoren für Musikwissenschaft zitierte: ( =) )
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Lully können Sie vergessen! Der ganze französische Barock taugt nichts, weil er entweder höfisches Amüsement war oder abgeschmackte Bigotterie. Am schlimmsten war Lully. Sprechgesang auf französisch. Langeweile verwechselt mit Erhabenheit. Die Harmonik ist primitiv, der Rhythmus praktisch nicht vorhanden. An und zu wird ein Liedchen eingestreut, das in seiner Banalität lächerlich wirkt. Und dann wird wieder deklamiert bis zum nächsten Liedchen. Während man in Deutschland höchste satztechnische Kunstfertigkeit angewendet hat, kleckst Lully Stützakkorde hin. Merken Sie sich das, auch wenn es etwas überspitzt ist: Deutschland ist Tiefe, Italien Oberfläche, Frankreich Langeweile.“
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Das dieses Urteil an Dummheit und Ignoranz kaum zu überbieten ist, wird jeder bestätigen können, der sich wenigstens ein Werk von Lully, Campra oder Rameau angehört hat.
Aber das war eben die vorherrschende Meinung, vor allem in Deutschland und diese Meinung hält sich leider bis Heute.
(es ist genauso wie diese unausrottbare Behauptung, die Menschen des 17. und 18. Jahrhunderts hätten sich nicht gewaschen....)
Das ist auch der Grund warum französische Opern dieser Zeit so ultra selten auf unsere Spielplänen zu finden sind, Vorurteile, nichts als Vorurteile. :motz:
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Meinte der Herr Deines Zitats dann mit Deutschlands Tiefe Graun und Hasse oder waren die beiden ihm zu italienisch-"oberflächlich"?

Wenn man sich anschaut, wie sich Bach und Telemann von den "langweiligen" Franzosen inspirieren ließen, dann sind solche Urteile schon irrwitzig.:D
 
Ich glaube dieser Typ würde das so formulieren:
Außer Bach und Händel der ja von bestem deutschen Blute war *knallmitdenhacken* gab es keine Tonsetzer in Deutschland!"


Nee, nee, nee wenn man allein nur die Kritik über Telemann aus dieser Zeit ließt, dann kann man doch nur brüllen vor Lachen. Zumal manche Kritiken ganz böse Eigentore sind, da wird an einer Bachkantate in vorbildlichster Weise gezeigt, warum Bach soviel mehr dem Telemannschen Machwerken überlegen sei - dumm nur das sich Schweitzer (oder war es Einstein...hab ich vergessen) gerade eine Kantate aussuchte, die Bach 1:1 von Telemann abschrieb.


Man muss sich einfach erstmal von diesen ganzen Ansichten befreien.
Manch einer ist bis aufs Mark schockiert wenn man ihm sagt, die Toccata & Fuge BWV 565 ist nicht von Bach, sondern von einem seiner Schüler.
Man kann ohne viel Phantasie doch einige ganz deutliche "Sturm & Drang" Elemente hinein interpretieren. Fakt ist jedoch, dass es keine einzige Abschrift aus Bachs Lebzeiten davon gibt: Echtheit umstritten.


Das romantische Künstlerbild ist eben im Barock völlig unbekannt - da hat man ohne Hemmungen abgeschrieben, mit anderen Musikern und Künstlern zusammen gearbeitet, eigene Kompositionen wiederverwendet usw.

Ganz fies wird es auch wenn "moralische Verfehlungen" als Grund dafür angeführt werden, die Musik von XYZ zu meiden.
Das dann einige Musikwissenschaftler mit solchen Phrasen um sich schmeißen gehört soweit ich weiß der Vergangenheit an.

Ein ähnliches Bild vermittelt ja auch die entsetzliche Verfilmung von Wilhelm Friedemann Bachs Leben aus den 30er Jahren.
Die Hauptkitikpunkte:
1. höfische / fanzösische Musik ist das Böse.
2. sein Leben wird fast schon kitschig verklärt
3. nicht ein einziges Musikstück stammt aus seiner Feder - und das ist fast schon lächerlich....

Und ein Beispiel für frz. Inspiration bei J.S. Bach habe ich auch direkt griffbereit:

Die Ouvertüre zur Orchestersuite No.3 ist übrigens eine leicht modifizierte Kopie von Delalandes "Premier Caprice" aus den Symphonies pour les Soupers du Roi.
 
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