corrida de toros, Kulturgeschichte des Stierkampfes

Scorpio

Aktives Mitglied
Die Corrida ist wohl die Institution, die noch am ehesten einen Hauch der Atmosphäre des Colosseums vermittelt. Entgegen Vermutungen daß der spanische Stierkampf direkt auf die Spiele der Römer zurückgeht, ist die Corrida in den noch heute üblichen Formen, in denen Stiere zu Fuß bekämpft werden, erst im 18. Jahrhundert entstanden. Spanische Aristokraten widmeten sich der Jagd auf die nur auf der iberischen Halbinsel vorkommenden Wildrinder als Geschicklichkeitsprüfung und Vorbereitung auf den Krieg. Dieser Sport war ungemein beliebt, so beliebt, daß Stierkämpfe von einigen Päpsten verboten wurden und mit Exkommunizierung bedroht wurden. Doch wurde das Stierkampfverbot wieder aufgehoben und Papa Borgia Alexander VI. war selbst ein aficionado des Stierkampfs. Den Stierkampf zu Pferde mit Vollblutpferden kann man heute noch sehen, solche Stierkämpfer heißen rejoneadores oder caballero en plaza. 1728 wurde bei einer solchen Darbietung ein Reiter geworfen und Pablo Romero schützte den gefallenen Reiter und ließ den Stier immer wieder mit seinem Cape an sich passieren. Einige Berichte behaupten, daß Romero dazu nur seinen Dreispitz benutzt haben sollte. Das Publikum war begeistert und wollte noch mehr solcher Darbietungen sehen. Pablo Romero begründete damit die Corrida, in den heute noch üblichen Formen.
Der Stierkampf zu Fuß basiert darauf, daß es die erste Begegnung eines Stiers mit einem unberittenen Mann ist. Der Stier lernt im Verlauf des Kampfes, und wenn er zuvor schon einmal mit capa oder muleta bekämpft wurde, lernt der Stier, den Mann hinter dem Tuch zu suchen und ist extrem gefährlich und für eine reguläre Darbietung kaum noch zu gebrauchen. Aus diesem Grund wird der Stier im spanischen Stierkampf stets getötet, wenn der Matador unfähig ist, ihn innerhalb von 15 Minuten zu töten, treibt man ihn aus der Arena und tötet ihn im Corral. Nur sehr wenige, ganz ausgezeichnete Stiere wurden jemals "begnadigt". Ein solchen Stier schenkte man einmal dem Züchter Eduardo Miura, der mit ihm eine berühmte Zucht begründete, die wegen ihrer Gefährlichkeit und Intelligenz heute noch berühmt ist.
Alle, die Stiere bekämpfen, heißen toreros, die sie töten, nennt man Matadore. Jeder Matador hat eine cuadrilla aus zwei Picadores und zwei oder drei Banderilleros.

Der Stierkampf unterteilt sich in drei Phasen. Wenn der Stier die Arena betritt, ist er am ungefährlichsten und greift blindwütig an. Der Matador beobachtet, mit welchem Horn er zustößt und ob er irgendwelche Defekte hat. Er führt dann mit dem Cape, der capa klassische Figuren aus, ehe dann die berittenen Picadores in die Arena kommen. Man läßt den Stier die Pferde angreifen und plaziert eine pica im Nackenmuskel des Stiers, damit er diesen Muskel ermüdet, weil er sonst nicht regelgerecht mit Degen und Muleta getötet werden kann. Seit Ende der 1920er Jahre sind die Pferde, erbärmliche Klepper, mit Matratzen gegen die Hörner des Stiers geschützt. Hemingway mochte die Dinger nicht und zog vor, die Pferde ungeschützt zu verwenden, da er meinte, daß Stiere die einige Pferde getötet hatten, in besserem Zustand für die faena, die Arbeit mit der Muleta, geeignet sind.
das zweite Drittel besteht aus dem setzen der banderillas, etwa 70 cm lange, mit Widerhaken versehene Holzdübel zu plazieren.

Der Höhepunkt ist die faena, die Arbeit mit der Muleta, dem roten Tuch. Der Stier kann die Farbe übrigens nicht erkennen, ursprünglich war die muleta weiß. Es ist ein über einen Stock drapiertes Stück Serge. Die Arbeit mit der Muleta dient der Vorbereitung des Stiers auf den Degenstoß. Man erwartet von einem Matador verschiedene, besonders gefährliche, klassische Manöver mit Capa und muleta, bei denen der Stier den Mann in voller Länge passiert wie die veronica, ein Manöver mit der Capa oder den pase natural und den pase de pecho. Das töten des Stiers ist der "Augenblick der Wahrheit", da der Matador, wenn er das regelrecht tut, seinen Körper in Reichweite des Horns bringen muß und aufgespießt wird, wenn der Kopf des Stiers nicht durch die Muleta unten gehalten wird.

Ich möchte noch dazusagen, daß ich eine Diskussion über Sinn und Zweck der Corrida nicht für wirklich fruchtbar halte, mag man das Ganze nun als archaisches Kunstwerk und tief in der Kulturgeschichte Spaniens verwurzelten Brauch betrachten, oder als einen barbarischen Anachronismus und Tierquälerei ablehnen.

Literatur: Ernest Hemingway, Death in the Afternoon, Dangerous Summer (1960 aus dem Nachlaß) Marcus Junkelmann in "Das Spiel mit dem Tod- So kämpften Roms Gladiatoren" Mainz 2000 S.16-17.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Corrida ist wohl die Institution, die noch am ehesten einen Hauch der Atmosphäre des Colosseums vermittelt. Entgegen Vermutungen daß der spanische Stierkampf direkt auf die Spiele der Römer zurückgeht, ist die Corrida in den noch heute üblichen Formen, in denen Stiere zu Fuß bekämpft werden, erst im 18. Jahrhundert entstanden. Spanische Aristokraten widmeten sich der Jagd auf die nur auf der iberischen Halbinsel vorkommenden Wildrinder als Geschicklichkeitsprüfung und Vorbereitung auf den Krieg. Dieser Sport war ungemein beliebt, so beliebt, daß Stierkämpfe von einigen Päpsten verboten wurden und mit Exkommunizierung bedroht wurden. Doch wurde das Stierkampfverbot wieder aufgehoben und Papa Borgia Alexander VI. war selbst ein aficionado des Stierkampfs. Den Stierkampf zu Pferde mit Vollblutpferden kann man heute noch sehen, solche Stierkämpfer heißen rejoneadores oder caballero en plaza. 1728 wurde bei einer solchen Darbietung ein Reiter geworfen und Pablo Romero schützte den gefallenen Reiter und ließ den Stier immer wieder mit seinem Cape an sich passieren. Einige Berichte behaupten, daß Romero dazu nur seinen Dreispitz benutzt haben sollte. Das Publikum war begeistert und wollte noch mehr solcher Darbietungen sehen. Pablo Romero begründete damit die Corrida, in den heute noch üblichen Formen.
Der Stierkampf zu Fuß basiert darauf, daß es die erste Begegnung eines Stiers mit einem unberittenen Mann ist. Der Stier lernt im Verlauf des Kampfes, und wenn er zuvor schon einmal mit capa oder muleta bekämpft wurde, lernt der Stier, den Mann hinter dem Tuch zu suchen und ist extrem gefährlich und für eine reguläre Darbietung kaum noch zu gebrauchen. Aus diesem Grund wird der Stier im spanischen Stierkampf stets getötet, wenn der Matador unfähig ist, ihn innerhalb von 15 Minuten zu töten, treibt man ihn aus der Arena und tötet ihn im Corral.
Ich schrieb schon mal an anderer Stelle, dass der Stierkampf als ritterlicher Turnierwettkampf schon im Epos der Siete Infantes de Lara seinen Platz findet, dieser Epos ist als historische Quelle in Prosaform in der Primera Crónica General aus dem 13. Jahrhundert überliefert, geht aber wohl auf ein Gedicht (romance) des späten zehnten oder frühen elften Jahrhunderts zurück. Die lidia dauert aber in der Regeln keine 15 sondern 20 Minuten, danach hat der Stier gelernt, dass der Gegner nicht das Tuch (erst capa dann muleta P.S.: ich sehe gerade, dass das in deinem Text auch so dargestellt ist!) ist, sondern die dünne Gestalt daneben.
Der Rejoneo begeistert eher die Pferdeliebhaber, viele aficionados dagegen lehnen ihn ab, weil sie den Stier in seiner Würde verletzt sehen.

Nur sehr wenige, ganz ausgezeichnete Stiere wurden jemals "begnadigt". Ein solchen Stier schenkte man einmal dem Züchter Eduardo Miura, der mit ihm eine berühmte Zucht begründete, die wegen ihrer Gefährlichkeit und Intelligenz heute noch berühmt ist.
Die Begnadigung von Stieren hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, allerdings heißt das nicht, dass jeder begnadigte Stier sich auch von seinen Wunden erholt. Da auch nicht so tolle Stiere begnadigt wurden wird das in der Szene stark kritisiert, ob man es glaubt oder nicht, aficionados sind der Tierquälerei gegenüber häufig sehr sensibel eingestellt und die 'Begnadigung' wird eben von vielen als Tierquälerei angesehen.

Alle, die Stiere bekämpfen, heißen toreros, die sie töten, nennt man Matadore. Jeder Matador hat eine cuadrilla aus zwei Picadores und zwei oder drei Banderilleros.
Meist ist der matador selber der erste banderillero.

Was vielleicht noch interessant ist, ist dass die Corridas früher jeweils auf der viereckigen Plaza Mayor einer Stadt stattfanden, bevor sie durch den in Scorpios Text erwähnten Romero ins ruedo gebracht wurden. Die Plaza de Toros ist eine Entwicklung des 18. Jahrhunderts, nicht aus dem römischen Amphitheater entstanden (wenn man sich auch möglicherweise durch die Amphitheater hat anregen lassen). Die Bilder wollen übrigens nicht die Gleichzeitigkeit des Dargestellten behaupten:
 

Anhänge

  • Vol_tor2.jpg
    Vol_tor2.jpg
    85,1 KB · Aufrufe: 834
  • plaza_mayor.jpg
    plaza_mayor.jpg
    24,2 KB · Aufrufe: 897
  • 03-06.gif
    03-06.gif
    24,3 KB · Aufrufe: 815
Das setzen der Banderillas ist natürlich etwas, das man von einem Matador erwartet, zwei Banderilleros, die ihm mit ihren Capas helfen, den Stier zu plazieren sind aber obligatorisch als cuadrilla.

Der Stierkampf zu Pferde, wie ihn die rejoneadores vorführen, mißfällt tatsächlich vielen eingefleischten aficionados, die darauf verweisen, daß es dem Grundprinzip des Stierkampfs zuwiderläuft, da sich das Pferd stets in Bewegung befindet, und nach zwanzig bis dreißig Schritten immer auch an Geschwindigkeit dem Stier überlegen ist. Das Pferd trägt das meiste Risiko, nicht der Reiter, der allerdings befürchten muß, daß das Pferd auf ihn fällt. Auch monieren viele aficionados, daß der Stier dabei vorgeführt wird, wie du ganz richtig sagst, @El Quichote. Die langen schweren Banderillas setzen dem Stier sehr zu und schließlich wird er vom Pferd aus getötet, was den "Augenblick der Wahrheit" vermeidet, wenn sich der Matador in Reichweite des Horns begibt. Hemingway mochte es nicht und sagte, es stehe dem Zirkus näher, als dem Stierkampf. Die Reitkunst und der Grad, in dem die Pferde trainiert sind, ist allerdings phantastisch, und ich habe es einmal gesehen, daß ein rejoneador abstieg und eine faena mit der muleta ausführte und mit einer klassischen estocada abschloß.

In der Alhambra habe ich mal einen patio gesehen, den sich Karl V. für Stierkämpfe einrichten ließ.
 
Wer behauptet, dass der Patio im Palacio de Carlos V. für den Stierkampf eingerichtet worden sei? Abgesehen davon, dass es hier kaum die richtigen Zugänge für den Stier gäbe (dies ließe sich mit viel Mühe vielleicht gerade noch hinbekommen), wäre der Patio selbst für die lidia zu Fuß zu klein. Da im 16. Jhd. aber noch die lidia zu Pferde üblich war, als Ritterspiel, wäre dieser Patio für den Stierkampf völlig untauglich.
Hier der Palacio de Carlos V. in der Alhambra. Zum Vergleich der damalige Standard, die Plaza Mayor de Madrid und verschiedene Plazas heute:
Granada - Sevilla - Madrid
Die Ur-Plaza von Ronda gibt es leider nicht in einem vernünftigen Zoomwert.
Wenn Du Dir die Bilder mal genau anschaust, dann wirst Du schnell sehen, dass der Patio im Palacio de Carlos V. vorwiegend so gebaut ist, dass hier ein schattiges aber luftiges Plätzchen entstehen konnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist schon so lange her, daß ich dort war, als ich mich aber etwas intensiver mit der Corrida beschäftigte, hatte ich allerdings auch Zweifel, ob die Räumlichkeiten dafür geeignet waren. ich habe nur wiedergegeben, was ich in einem reiseführer gelesen habe. Die Arena von Ronda hat übrigens auch Papa Hemingway inspiriert. Er beschrieb, wie in den ganz alten Zeiten die Bussarde über der Stadt kreisten, um sich an den damals noch nicht mit Matratzen geschützten Pferden zu delektieren. Ist das dieselbe Arena, in der schon Pedro Romero kämpfte? In Fiesta gibt Hemingway dem jungen Nachwuchsmatador, in den sich Lady Brett verliebt. Das Original stammte allerdings auch aus Ronda: Cayetano Ordonez alias Nino de La Palma. Hemingway kehrte wegen dessen Sohn, Antonio Ordonez, noch einmal nach Spanien und zum Stierkampf zurück, um im Auftrag von Newsweek über das mano a mano zwischen Antonio Ordonez und seinem Schwager Luis Miguel Dominguin zu berichten. Es war Hemingways letztes Buch und kam Ende der 80er aus dem Nachlaß heraus, vielleicht kennst du das noch nicht, @El Quichote. Es kommt nicht an "Fiesta" und "Death in the Afternoon" heran, ist aber dennoch lesenswert. Das große Showdown findet in der Arena von Bilbao statt, in Anwesenheit von Pablo Picasso und Dona Carmen Pollo de Franco, der Gattin des "Caudillo", dessen Jagdfreund Dominguin ist. Dieser lebte ja noch während der Herausgabe von Hemingways letztem Buch "Dangerous Summer" und war durchaus nicht amused.
 
In der Alhambra habe ich mal einen patio gesehen, den sich Karl V. für Stierkämpfe einrichten ließ.

Wer behauptet, dass der Patio im Palacio de Carlos V. für den Stierkampf eingerichtet worden sei?

Es ist schon so lange her, daß ich dort war, als ich mich aber etwas intensiver mit der Corrida beschäftigte, hatte ich allerdings auch Zweifel, ob die Räumlichkeiten dafür geeignet waren. Ich habe nur wiedergegeben, was ich in einem Reiseführer gelesen habe.

Welcher? Mach mit ihm, was Pepe Carvalho mit ihm machen würde.
 
Ich habe mal recherchiert. Bisher wusste ich nur von Ritterspielen auf der Plaza Bibrambla (darin versteckt sich das arabische bab ar-ramla'a, 'Flussbett-Tor') und dachte, dass dort auch die corridas stattfanden, eben bis zum Bau der Real Maestranza de Granada, dem ersten dauerhaften ruedo in Granada, dessen archäologische Reste man letztes Jahr ausgrub.
Was ich nicht wusste, ist, dass tatsächlich corridas in der Alhambra stattfanden, nach diesem Artikel auf der Plaza de Aljibes, das ist zwischen dem Palacio de Carlos V. und der Alcazaba.
 
Der Rejoneo hat ja auch seine aficionados, und die Reitkunst der Rejoneadores und die Perfektion mit der diese wunderbaren Lusitanos und Andalusier trainiert sind, erstaunt mich immer wieder. Wenn man genau hinsieht, sieht man aber, daß vor allem das Pferd das Risiko trägt, weniger der Reiter, und das Pferd ist dem Stier immer um einen Galoppsprung voraus. Die Darbietung ist trotzdem eindrucksvoll.
 
Wenn man genau hinsieht, erkennt man auf dem 2. Video, daß das Pferd so dicht dran war, daß es vom Blut des Stiers besudelt wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Corrida kann man von verschiedenen Standpunkten aus betrachten. Ob man sie nun als Sozialgeschichte diachron betrachtet (Wandel vom ritterlichen Turnierspiel zum bürgerlichen Geschehen zu Fuß) oder als fiesta nacional ihre Bedeutung für eine iberische Identität untersucht... Ganz interessant ist die Verbindung zur Medizingeschichte: große Verehrung erfährt in der Welt der lidia der Bakteriologe und Erfinder des Penicillin Dr. Alexander Fleming, dem Denkmäler aufgestellt wurden und viele Straßen in der Nähe von Plazas gewidmet wurden.
http://www.torodoro.de/Fleming.htm
 
Ich habe hier auch noch ein paar eindrucksvolle Kostproben der Corrida zu Fuß gefunden.
:: Enrique Ponce ::
Der Stil des Matadors gefällt mir, eindrucksvoll, wenn er die Gefahr betont, und die Fläche der muleta absichtlich verkleinert, um dann den Stier zu einem pase natural herauszufordern. Das Manöver am Ende einer Serie naturales, bei dem der Stier statt von vorne von hinten kommt und den Mann passiert, heißt pase de pecho. Es sind die beiden gefährlichsten Manöver, und wenn man den rejoneo und die corrida vergleicht, sieht man bald, daß der Stierkampf zu Fuß weit gefährlicher für den Matador ist. Eine plötzliche Windbewegung kann die Muleta auf den Matador zuwehen lassen und ihn entblößen.
 
Hier der Bericht des Gabriel Tetzel, ehem Bürgermeister der Stadt Nürnberg über die diplomatische Reise (1465 - 1467) des böhmischen Baron Lev z Rožmitalu a Blaten a na Primde bzw. Freiherr Leo von Rožmital. Tetzel war Mitreisender und er beschreibt eine Corrida in Salamanca:

"Und sein [des Bischofs] grafen, ritter und knecht, auch die mächtigisten der stat, machten meinem herrn ein spiel. Sie hetten wild ochsen, die jagten sie auf den platz, und sassen auf iren gamretten (gar baldlaufende pferd), und schiessen länzlein, die sie füerten, in die ochsen, und welcher sich genau hinzuthet und vil länzlein hineinschoss, der was der best. Und erzurneten die ochsen, die sie jn nachliefen und die leut sehr stiessen, also man auf den selben tag zwen für tot hinwegtrug. Darnach und das gejeid ein end hett, do schlugen sie sich an einander und schussen mit den spiesslein und versatzten mit den tartschen oder fiengen die schüss auf, als die heiden pflegen zu thun, wann sie streiten, das ich al mein tag nie behender pferd und volk hab gesehen."

Zitiert aus: Klaus Herbers/Robert Plötz: Nach Santiago zogen sie. Berichte von Pilgerfahrten ans "Ende der Welt", S. 110.
 
Ich habe Stierkampf in Nordportugal besucht und war erstaunt.

Der Kampf erfolgte durch verschiedene Männer zu Fuss und wenige Reiter.
Blut floss durch einige wenige Banderillas , welche sowohl von Fusskämpfern
als auch von Reitern benutzt wurden.Lanzen waren keine im Einsatz.
Auch kein Matador mit Degen erschien.
Statt dessen wurde der Stier mit vereinten Kräften durch ca. 8 Männer
zu Boden gebracht - eine ziemlich heftige Sache .
Dann wurde er wieder freigegeben und aus der Arena geführt.
Das ganze mit 5 Stieren.

Ist diese Art des nicht- tödlichen Ausgangs nur eine regionale Variante oder
modern so eingeführt ? Oder sind solche Kampfarten auch anderswo
althergebracht ? ( ich erinnerte mich das vom minoischen Stierkampf auch nur unblutig -
fast sportlich berichtet wurde )
 
Es gibt ähnliche Veranstaltungen in Südfrankreich, bei der die Männer eine Kokarde von den Hörnern des Stiers herunterholen müssen. In der antiken Arena von Nimes oder Arles unter der Sonne der Provence macht es Spaß, sich so etwas anzusehen.

Ich ziehe allerdings die spanische Variante vor
 
Ich erlaube mir, einen Punkt vom Anfang der Diskussion nochmals aufzugreifen und noch etwas zu den Kampfstieren ergänzen...

Nur sehr wenige, ganz ausgezeichnete Stiere wurden jemals "begnadigt". Ein solchen Stier schenkte man einmal dem Züchter Eduardo Miura, der mit ihm eine berühmte Zucht begründete, die wegen ihrer Gefährlichkeit und Intelligenz heute noch berühmt ist.
Die Begnadigung von Stieren hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, allerdings heißt das nicht, dass jeder begnadigte Stier sich auch von seinen Wunden erholt. Da auch nicht so tolle Stiere begnadigt wurden wird das in der Szene stark kritisiert, ob man es glaubt oder nicht, aficionados sind der Tierquälerei gegenüber häufig sehr sensibel eingestellt und die 'Begnadigung' wird eben von vielen als Tierquälerei angesehen.

Der angesprochene Kampfstier, welchen Scorpio eingangs meinte, trug den Namen Murcielago (span. Fledermaus); ihm ließ der Torero Rafael Molina nach erbittertem Kampf in der Arena von Cordoba am 5. Oktober 1879 das Leben. Es heißt, daß der Stier nach 24 Schwertstößen noch immer nicht zu Boden gegangen sei.
Murcielago stammte aus der Zucht des Joaquin del Val de Navarra und wurde nach jenem Kampf und der anschließenden Begnadigung dem Züchter Antonio Miura (+ 1883; Eduardo war sein Sohn, der ihm nachfolgte - de facto läuft es ehedem auf dasselbe hinaus) geschenkt, welcher den Stier Murcielago zum Stammvater einer hervorragenden Rasse von Kampfstieren machte.
Es gibt fünf Hauptrassen, von denen die heutigen Kampfstiere sämtlich in erster Linie abstammen: Cabrera, Navarra, Vasquena, Vistahermosa und Gallardo.
Der Stier Murcielago entstammte der Zucht Navarra; die Kampfstiere der Zucht Miura gehen also auf die Hauptrasse Navarra zurück und gelten somit als einzige noch heute reinblütige Zucht. Diese Zucht und die Zucht Partido de Resina (Pablo Romero), welche von den Gallardos abstammt, sind heute wohl zudem die einzigen, deren Kampfstiere nicht vom Zweig Vistahermosa abstammen.

Weitere auf diese oder ähnliche Art berühmt gewordene Kampfstiere waren bspw. der Kampfstier Reventon, welcher im Jahre 1943 den Torero Felix Guzman im Kampf tötete, sowie der Kampfstier Diablo, welchen im Jahre 1869 der Matador Jose de Lara (El Chicorro) angeblich erst mit dem Schwert töten konnte, nachdem 16 Banderillas (Speere) notwendig geworden waren.



Eine kleine Off Topic Anmerkung dazu sei mir noch gestattet: als Ferruccio Lamborghini sich 1963 entschloß, nicht mehr nur Traktoren, sondern auch Sportwagen zu bauen, wählte er zugleich ein neues Firmen-/Markenlogo und entschied sich - zumal sein Sternzeichen zudem auch Stier war (geb. 28. April) - für den Kampfstier Murcielago. Feruccio Lamborghini muß wirklich eine Passion für den Stierkampf gehabt haben, wenngleich es ihn wohl insbesondere die Kampfstiere angetan hatten; bekannt waren bzw. sind bspw. folgende Sportwagen der Marke Lamborghini: Miura, Diablo, Gallardo, Murcielago, Reventon.
Aber genug Off Topic, denn um Autos soll es hier ja nun wirklich nicht gehen... :fs:
 
Ich habe Stierkampf in Nordportugal besucht und war erstaunt.

Der Kampf erfolgte durch verschiedene Männer zu Fuss und wenige Reiter.
Blut floss durch einige wenige Banderillas, welche sowohl von Fusskämpfern
als auch von Reitern benutzt wurden. Lanzen waren keine im Einsatz.
Auch kein Matador mit Degen erschien.
Statt dessen wurde der Stier mit vereinten Kräften durch ca. 8 Männer
zu Boden gebracht - eine ziemlich heftige Sache .
Dann wurde er wieder freigegeben und aus der Arena geführt.
Das ganze mit 5 Stieren.

Ist diese Art des nicht- tödlichen Ausgangs nur eine regionale Variante oder
modern so eingeführt ? Oder sind solche Kampfarten auch anderswo
althergebracht ? (ich erinnerte mich das vom minoischen Stierkampf auch nur unblutig - fast sportlich berichtet wurde)

Vorsicht, der portugiesische "Stierkampf" ist da sehr tückisch: Der Stierkampf endet dort genauso tödlich für den Stier, wie in Spanien, die Stiere werden dort außerhalb des Blickfeldes der Zuschauer getötet, so lautet ein portugiesisches Gesetz. Das muss auch: die Stiere sind sehr teuer, das Fleisch muss also verkauft werden. Außerdem ist ein Stier nicht mehrfach "verwendbar", denn die Tiere lernen nach etwa 20 Minuten, dass nicht das Tuch, sondern der Mann daneben der eigentliche Gegner ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich erlaube mir, einen Punkt vom Anfang der Diskussion nochmals aufzugreifen und noch etwas zu den Kampfstieren ergänzen...



Der angesprochene Kampfstier, welchen Scorpio eingangs meinte, trug den Namen Murcielago (span. Fledermaus); ihm ließ der Torero Rafael Molina nach erbittertem Kampf in der Arena von Cordoba am 5. Oktober 1879 das Leben. Es heißt, daß der Stier nach 24 Schwertstößen noch immer nicht zu Boden gegangen sei.
Murcielago stammte aus der Zucht des Joaquin del Val de Navarra und wurde nach jenem Kampf und der anschließenden Begnadigung dem Züchter Antonio Miura (+ 1883; Eduardo war sein Sohn, der ihm nachfolgte - de facto läuft es ehedem auf dasselbe hinaus) geschenkt, welcher den Stier Murcielago zum Stammvater einer hervorragenden Rasse von Kampfstieren machte.
Es gibt fünf Hauptrassen, von denen die heutigen Kampfstiere sämtlich in erster Linie abstammen: Cabrera, Navarra, Vasquena, Vistahermosa und Gallardo.
Der Stier Murcielago entstammte der Zucht Navarra; die Kampfstiere der Zucht Miura gehen also auf die Hauptrasse Navarra zurück und gelten somit als einzige noch heute reinblütige Zucht. Diese Zucht und die Zucht Partido de Resina (Pablo Romero), welche von den Gallardos abstammt, sind heute wohl zudem die einzigen, deren Kampfstiere nicht vom Zweig Vistahermosa abstammen.

Weitere auf diese oder ähnliche Art berühmt gewordene Kampfstiere waren bspw. der Kampfstier Reventon, welcher im Jahre 1943 den Torero Felix Guzman im Kampf tötete, sowie der Kampfstier Diablo, welchen im Jahre 1869 der Matador Jose de Lara (El Chicorro) angeblich erst mit dem Schwert töten konnte, nachdem 16 Banderillas (Speere) notwendig geworden waren.



Eine kleine Off Topic Anmerkung dazu sei mir noch gestattet: als Ferruccio Lamborghini sich 1963 entschloß, nicht mehr nur Traktoren, sondern auch Sportwagen zu bauen, wählte er zugleich ein neues Firmen-/Markenlogo und entschied sich - zumal sein Sternzeichen zudem auch Stier war (geb. 28. April) - für den Kampfstier Murcielago. Feruccio Lamborghini muß wirklich eine Passion für den Stierkampf gehabt haben, wenngleich es ihn wohl insbesondere die Kampfstiere angetan hatten; bekannt waren bzw. sind bspw. folgende Sportwagen der Marke Lamborghini: Miura, Diablo, Gallardo, Murcielago, Reventon.
Aber genug Off Topic, denn um Autos soll es hier ja nun wirklich nicht gehen... :fs:

Super Beitrag! Leider kann ich dich momentan nicht bewerten.

Ein eindrucksvoller Stier muß auch Hechicero von der Ranch Conch y Sierra gewesen sein, der 1844 in der Arena von Cadiz kämpfte. Hechicero tötete sieben Pferde, die "rocinantes" der Picadores trugen damals noch keine Schutzpanzer und beförderte alle Matadore samt ihren Banderillas ins Hospital. Leider weiß ich nicht mehr, ob er begnadigt wurde.
 
Vorsicht, der portugiesische "Stierkampf" ist da sehr tückisch: Der Stierkampf endet dort genauso tödlich für den Stier, wie in Spanien, die Stiere werden dort außerhalb des Blickfeldes der Zuschauer getötet, so lautet ein portugiesisches Gesetz. Das muss auch: die Stiere sind sehr teuer, das Fleisch muss also verkauft werden. Außerdem ist ein Stier nicht mehrfach "verwendbar", denn die Tiere lernen nach etwa 20 Minuten, dass nicht das Tuch, sondern der Mann daneben der eigentliche Gegner ist.

Sicherlich werden die Stiere außerhalb des Blickfelds der Zuschauer aber nicht stundenlang einem Todesmartyrium ausgesetzt.
Auch in Kolumbien werden die Stiere in der Arena nicht getötet.
 
Zurück
Oben