Mit aller gebotenen Vorsicht möchte ich folgendes zu denken geben, interessiert mich das Thema doch in erster Linie wegen der Rolle welche die legendär gewordene Ju 87 dabei gespielt haben soll, obwohl ich ebenfalls kein Fachmann bin.
Natürlich stimmen die Kriegstagebücher. Natürlich werden die Soldaten von den Zerstörungen die die Luftwaffe angerichtet hatte beeindruckt gewesen sein (waren ja die ersten die sie sahen)
Ich meine ob es 1945 nochmals Kämpfe um die Stadt gab
70-75 % der Stadt waren zerstört. Das bedeutet, wenn in jedem Haus Wieluns 10 Menschen wohnten, gab es 1.300 (eintausenddreihundert) Häuser, wurden knapp 1.000 (eintausend) zerstört. Eine 250kg Bombe kann ein Haus zerstören, wie viele aber trägt ein Stuka Ju87B? Wenn die Stadt brennt, sieht das natürlich anders aus. Aber brennt die Stadt so schnell ab, die Bodentruppen am anderen Tag reden von keinen Bränden? Haben die Stukas Branntbomben geschmissen?
Ein Stuka wirft seine Bomben auf Punktziele, nicht auf Flächen.
Es passt nicht zusammen. Entweder fehlen entscheidende Details, oder, ich wiederhole mich, es hat jemand eine Story gebraucht.
Die große Zahl der in Wielun lebenden Juden könnte einen Hinweis auf die Gründe für die massiven Luftangriffe sein. Aber am 1. Kriegstag? Und auch hier bleibt, dass einmotorige Ju 87 für die Zerstörung einer Stadt denkbar ungeeignet sind.
Ich bleibe dabei, da wollte sich einer profilieren.
Von den reinen, üblichen Daten und dem Leistungsprofil der damaligen Stukas aus sind deine Einwände durchaus berechtigt. Stukas können Punktziele zerstören, keine Flächenziele.
So habe ich eine pm erhalten, in denen die Standard-Daten der damals in Frage kommenden Ju-87-B-0 zusammengefasst sind. Da Ostrogotha keine Schreibrechte für die Neuzeit hat, nehme ich ihre Angaben in meinen Beitrag auf:
Ostrogotha schrieb:
Ju 87 B-0
Motor Jumo 211 D = 1210 PS, Höchstgeschwindigkeit in 5000 m Höhe = 380 km/h.
Bombenbestückung von einer 500 kg-Bombe ODER
einer 250 kg-Bombe und vier 50-kg-Bomben.
Das Heckmaschinengewehr wurde beibehalten, zusätzlich wurden 2 MG 17 in den Tragflächen installiert.
Gesamtgewicht der beladenen Maschine = 4250 kg.
Im September 1939 waren alle Stukaeinheiten mit der Ju 87 B ausgerüstet.
Die Sirene ließ Udet am Fahrgestell anbringen. Die Piloten tauften sie die "Trompete von Jericho". Nach 1941 wurde sie nicht mehr in die Maschinen eingebaut.
Zu den Taktiken des Flächenbombardements bliebe noch zu sagen dass es 1939 noch keine wirklichen Erfahrungen darüber gab. Guernica ist eine Ausnahme! Repo fragt oben ob Stukas Brandbomben benutzten. Dazu kann ich nur sagen, das Brandbomben nicht zu deren üblicher Bewaffnung gehörten: Kein Wunder bei ihrem taktischen Einsatzzweck. Ob sie technisch in der Lage waren Brandbomben in ein Ziel zu tragen weis ich nicht. Stukapiloten mochten den Qualm von Bränden natürlich gar nicht, weil es ein Risiko für sie war sich in Qualmwolken hineinzustürzen. Da sie aber oft Punktziele wie Fahrzeuge, Schiffe und Tankanlagen auszuschalten hatten, kam es natürlich in Folge ihrer Angriffe durchaus zu Bränden. Die Qualmwolken machten es den Piloten schwer die genaue Höhe über dem Boden abzuschätzen und vom Sturzflug wieder rechtzeitig abzufangen und in den Steigflug überzugehen. Ein Bombenteppich ist mit der Armierung einer Ju 87 ausgeschlossen.
Auf die von Silesa genannten Gruppen, die mit dem schnellen Horizontalbomber Do 17 ausgerüstet waren, treffen meine Einschränkungen betreffs Flächenbombardement und Brandbomben natürlich nicht zu.
@Taktiken des Flächenbombardements:
Zu Beginn des Krieges wurden auch Flächenbombardements mit dem Ziel Städte zu schädigen ganz überwiegend mit klassischen Sprengbomben durchgeführt. Ein erstes, bestechendes Fanal darüber wie Angriffe mit Brandbomben wirken konnten war der Angriff auf Rotterdam während des Frankreichfeldzuges 1940 (Warschau klammere ich bewusst aus, das waren mehr als ein Angriff und die Stadt war eine verteidigte „Frontstadt“ geworden als die Wehrmacht die dortigen, großen polnischen Truppenverbände eingekesselt hatte). Bei Rotterdam war aber ebenfalls nicht die Absicht einen verheerenden Brand durch die deutsche Luftwaffe auszulösen. Man wollte die noch nicht entsetzten Fallschirmjäger in der Stadt gegen den holländischen Widerstand entlasten und auf keinen Fall die Brücken zerstören, deren Eroberung ja Aufgabe der Fallschirmjäger war. Ich will mich nicht in Details verlieren, aber der Brand wurde im Wesentlichen durch in Brand gebombte Lagerhäuser mit Fett und Öl angeheizt was verheerende Zerstörungen bewirkte!
Während der Luftschlacht um England war die Luftwaffe Anfangs nur wenig „Schlauer“ in dieser Taktik. Erst als die Schlacht im politisch/strategischen Sinne längst verloren war, zeigte der berühmte Nachtangriff auf Coventry das die Mischung aus Brandbomben und Sprengbomben erstmals sichtbar „optimiert“ worden waren.
Es blieb den Engländern vorbehalten Flächenbombardement mit gezieltem Feuersturm wissenschaftlich zu perfektionieren während ihrer Angriffe auf deutsche Städte. Hier war eine genaue Taktik erforderlich um den Feuersturm hervorzurufen. Geeignete Ziele waren immer die Altstädte = Innenstädte, die auch am leichtesten zu finden und zu treffen waren.
Die geeignete Reihenfolge musste eingehalten werden.
Sprengbomben wirkten nur durch Splitter und verletzten Menschen. Gebäude konnten sie beschädigen aber nicht in Brand setzen.
Die Brandbombe war billig und leicht, weshalb große Mengen transportiert werden konnten. Sie mussten einen Brand auslösen der sich selbst mit dem brennbaren Material im Ziel vervielfachte. „Leider“ durchdrangen die leichten Brandstäbe die in einem „Brandschüttkasten“ (Luftwaffenbezeichnung für die eigenen Bomben) gebündelt waren nicht mit Ziegeln bedeckte Dächer: Das brennbare Material darunter musste also erst Offen gelegt werden.
Die Wirkung von Bränden war natürlich durch Brandschutzmaßnahmen, besonders bei großflächigen und relativ modernen Städten wie Berlin schon Städtebaulich eingeschränkt. Hierzu dienten Brandmauern, worauf bei mittelalterlichen Städten natürlich keine Rücksicht genommen worden war. Die Techniker des Todes mussten also auch diese Hürde überwinden.
Luftmienen waren die Antwort, die so genannten „Blockbuster“ (ein Begriff den man Heute unbedarft für „Straßenfeger“ im TV-Bereich benutzt *schauder!*). Sie erzeugten eine so ungeheure Druckwelle, die Brandmauern und ganze Häuserblocks einfach umblies und zusätzlich die leicht brennbaren „Eingeweide“ eines Hauses offen legte. Der RAF-Standard dafür wurde die 4000Pfund-Miene.
Ich könnte mich noch weiter in Details dazu verlieren, will aber noch auf die wichtige „Reihenfolge“ hinweisen:
War ein Zielgebiet (eine Fläche, kein Einzelziel) markiert, deckten Sprengbomben die Dächer mit den Ziegeln ab und legten das darunter liegende Holz frei. Die Blockbuster zerstörten Brandschutzwände und öffneten Schneisen die für die nötige Zufuhr von Frischluft für den Brand sorgte. In Massen regneten nun die Brandbomben auf das offen gelegte brennbare Material der Stadt und hatte nun die Chance seine Brandherde zu einem Feuersturm zu vereinigen. Da die britischen Experten wussten, dass beginnende Brände leicht gelöscht werden könnten, wurden gegen Ende einer Angriffswelle immer wieder Bomben mit Zeitzündern abgeworfen. Die nun in unregelmäßigen Abständen „nachexplodierenden“ Bomben sollten die Löscharbeiten behindern, die gewöhnlich schon begannen während die letzten Bomber abflogen. Auf diese Weise wurden die Löschtrupps verunsichert und auf Trab gehalten, während vielleicht bereits die nächste Welle Bomber heran flog.
Von all dieser „Sonate“ des Todes war man 1939 und selbst noch 1941 weit entfernt. Es zeigt dass die „gründliche“ Vernichtung einer Stadt nicht so einfach funktioniert wie man sich das als Laie gewöhnlich vorstellt, wenn auch meine Darstellung der Abläufe sehr vereinfacht ist. Ganz sicher ist so ein gründliches Vorgehen wie von mir beschrieben mit reinen Stuka-Verbänden reichlich unwahrscheinlich ist.
Ich hätte daher einige Fragen:
Wie verteilte sich im Stadtgebiet die Zerstörung? Da Stukas nur Punktangriffe durchzuführen konnten dürfte die Zerstörung unregelmäßiger sein als bei Flächenangriffen.
Welcher Art waren die Zerstörungen? Spielte Feuer eine maßgebliche Rolle und wenn ja, warum konnte die örtliche Feuerwehr hier nichts ausrichten?
War eine Altstadt betroffen oder welcher Art war die Bebauung der Stadt? Eine kleinräumige, mittelalterliche Stadt ist für ein solches Inferno weit anfälliger als Bauten ab dem Barock. Es müsste doch eine Systematik zu erkennen sein.
Da hier so vieles nicht zusammenpasst: Gibt es Hinweise darauf, dass die Luftwaffe an dem unschuldigen Örtchen Wielun eine Art makaberen „Test“ – welcher Art auch immer durchgeführt hat? Wenn ja, wurden gewiss eifrige Studien betrieben dass die Chance bestehen sollte entsprechende Unterlagen oder Luftaufnahmen zu finden?