Hitlers Machtergreifung

Mercy schrieb:
Das ist mir völlig neu; gibt es da vielleicht Informationen, die ich nicht kenne?

21.-24. 11.1932 Der Reichspräsident bietet Adolf Hitler (NSDAP) die Kanzlerschaft an, wenn ihm die Zusammenstellung eines Kabinetts mit parlamentarischer Zustimmung gelingt. Zentrum und DNVP machen deutlich, daß sie Hitler nicht unterstützen werden.
http://www.dhm.de/lemo/html/1932/

"Dr. Kurt Zentner Geschichte des Dritten Reiches Südwest Verlag München 1965 Seite 121"

Hindenburg beauftragt Hitler mit der Bildung der Reichsregierung, "die von der Mehrheit des Parlaments unterstützt wird". Hitler nimmt den Auftrag an.
Das Zentrum erklärt sich bereit in eine Regierung unter Hitler einzutreten. Aber der über Hitler und dessen Propaganda gegen ihn persönlich äußerst verärgerte Geheimrat Hugenberg lehnt eine Beteiligung der Deutschnationalen ab. Zentrum und NSDAP hätten im neuen Reichstag von insgesamt 584 Mandaten nur 266, nur mit den 54 Mandaten der DNVP käme eine Mehrheit zusztande. Hitler muss den Auftrag deshalb 2 Tage später an Hindenburg zurückgeben.
Hindenburg bietet Hitler daraufhin nochmals an, als Vizekanzler in ein mit Notverordnungen regierendes Präsidialkabinett Papen einzutreten. Hitler lehnt ab.

Grüße Repo
 
Gast schrieb:
"Dr. Kurt Zentner Geschichte des Dritten Reiches Südwest Verlag München 1965 Seite 121"

Hindenburg beauftragt Hitler mit der Bildung der Reichsregierung, "die von der Mehrheit des Parlaments unterstützt wird". Hitler nimmt den Auftrag an.
Das Zentrum erklärt sich bereit in eine Regierung unter Hitler einzutreten.

Da hätte ich noch eine andere Version, die dem widerspricht:

Axel Schildt schrieb:
Eine andere Form der Regierungsbildung, ein durch einen "Treuepakt" von zwei oder drei Parteiführern, auf jeden Fall aber denen der NSDAP und des Zentrums gestütztes Kabinett mit breitem parlamentarischem Hintergrund, nötigenfalls unter einem Nazikanzler, wie dem Reichspräsidenten vom Parteivorsitzenden des Zentrums, Prälat Kaas, vorgeschlagen,(10) schied als Möglichkeit von vornherein aus. Zum einen hatte Hindenburg beim Rücktritt Papens deutlich erklärt, dass er nicht zu parlamentarischen Methoden zurückzukehren gedenke; zum anderen lehnte auch die NSDAP, obwohl sie seit dem Sommer 1932 dem "Kabinett der Barone" mit dieser Möglichkeit gedroht hatte, nun unmissverständlich eine solche Lösung ab. Hitler verweigerte jegliche Verhandlungen mit anderen Parteiführern.
(http://www.km.bayern.de/blz/web/100083/10.html)
 
Für diese Zeit, in der eine Unmöglichkeit nach der anderen erwogen und wieder verworfen wurde, ist es wohl nicht mehr so einfach, festzustellen, wer wann was wollte oder nicht wollte. Ein überzeugter Demokrat mußte wohl den Gedanken einer Regierungseinbindung der stärksten Fraktion bei Wahrung allergrößter Vorsicht zumindest erwägen.
Diejenigen, die Hitler partout nicht in die Regierungsarbeit einbinden wollten, lehnten ja die parlamentarische Demokratie mindestens ebenso ab wie ihn und seine Partei, und wie man sieht, sahen sie in Hitler dann doch nur den sauren Apfel, in den man beißen muß, im scheinbar wiedergewonnenen Machtmonopol des preußischen Adels dagegen die heilige Kuh, die keinesfalls geschlachtet werden darf.
 
Sehe dies ähnlich wie ihr...

Was mich derweil noch beschäftigt ist, ob mit der parlamentarischen Demokratie unter Ebert (Weimarer Koalition) wirklich nur das Kapital, und somit auch das Großbürgertum, im Vordergrund stand. Es gab ja einige Aufstände, nicht zuletzt wegen der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen der regierenden SPD und der Arbeiterschaft (Brutale Zerschlagung des Spartakusaufstandes durch Freikorps/Reichswehr). Bemühte sich Ebert nicht für alle Klassen ein adäquater Interessenvertreter zu sein? Wurde die Arbeiterschaft dadurch wirklich unterdrückt? Nebenbei, welche Primärgründe gab es für die alten Eliten des Kaiserreichs, sich gegen die neue Republik zu stellen?
 
Repo schrieb:
Wobei ich die gedruckte Version für zuverlässiger halte, wenns auch schon ein uralter Schinken ist.


Bei Schildt handelt es sich um eine gedruckte Quelle; zu finden in:

Everhard Holtmann (Hrsg.), Die Weimarer Republik, Band 3: Das Ende der Demokratie 1929-1933, München 1995.
 
Rüdiger schrieb:
Für diese Zeit, in der eine Unmöglichkeit nach der anderen erwogen und wieder verworfen wurde, ist es wohl nicht mehr so einfach, festzustellen, wer wann was wollte oder nicht wollte. Ein überzeugter Demokrat mußte wohl den Gedanken einer Regierungseinbindung der stärksten Fraktion bei Wahrung allergrößter Vorsicht zumindest erwägen.
Diejenigen, die Hitler partout nicht in die Regierungsarbeit einbinden wollten, lehnten ja die parlamentarische Demokratie mindestens ebenso ab wie ihn und seine Partei, und wie man sieht, sahen sie in Hitler dann doch nur den sauren Apfel, in den man beißen muß, im scheinbar wiedergewonnenen Machtmonopol des preußischen Adels dagegen die heilige Kuh, die keinesfalls geschlachtet werden darf.

Weitgehend Zustimmung.
Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, die NSDAP war Ende 1932 stehend KO. Ein nochmaliger Wahlkampf hätte ihr den Rest gegeben. Aber wir wissen das heute!
Wußten das die politisch Handelnden 1932? Konnten sie das wissen?

Andererseits: Wir wissen heute, wer und was Hitler war. Konnte man das 1932 wissen oder ahnen?

Das sind immer die Punkte, die Spätgeborene den aktiv Handelnde voraus haben.

Grüße Repo
 
Gast schrieb:
Was mich derweil noch beschäftigt ist, ob mit der parlamentarischen Demokratie unter Ebert (Weimarer Koalition) wirklich nur das Kapital, und somit auch das Großbürgertum, im Vordergrund stand. Es gab ja einige Aufstände, nicht zuletzt wegen der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen der regierenden SPD und der Arbeiterschaft (Brutale Zerschlagung des Spartakusaufstandes durch Freikorps/Reichswehr). Bemühte sich Ebert nicht für alle Klassen ein adäquater Interessenvertreter zu sein? Wurde die Arbeiterschaft dadurch wirklich unterdrückt? Nebenbei, welche Primärgründe gab es für die alten Eliten des Kaiserreichs, sich gegen die neue Republik zu stellen?

Was hat nun aber Spartakus im Jan. 1919 und Ebert mit dem 30.1.33 zu tun?

Eine Diskrepanz zwischen der "regierenden" SPD und der Arbeiterschaft ist so eh nicht festzustellen.
Solange es noch Arbeit gab (bis ca, 1929), hat sich die Lage der arbeitenden Bevölkerung in der Weimarer Republik gegenüber dem Kaiserreich erheblich verbessert.
Deine These von der "Unterdrückung der Arbeiterschaft" scheint mir doch mehr als gewagt.
Dein Informationsquellen müssen doch sehr einseitig sein!

Grüße
Repo
 
Meine Informationsquelle

ist ein sehr qualifizierter Lehrer ;-) Nein sicher hat das nichts mit 1933 zu tun. Wenn damals aber der traditionellen Machtelite die Basisaufgaben zur Herstellung einer bürgerlich-liberalen Republik übertragen wurden (durch die MSPD), warum entstand dann eine derartige Bedrohung der Republik von rechts? Aufgrund der vielen Befürworter der Monarchie?
 
Repo schrieb:
Was hat nun aber Spartakus im Jan. 1919 und Ebert mit dem 30.1.33 zu tun?
Eine Diskrepanz zwischen der "regierenden" SPD und der Arbeiterschaft ist so eh nicht festzustellen.
Solange es noch Arbeit gab (bis ca, 1929), hat sich die Lage der arbeitenden Bevölkerung in der Weimarer Republik gegenüber dem Kaiserreich erheblich verbessert.
Deine These von der "Unterdrückung der Arbeiterschaft" scheint mir doch mehr als gewagt...

Zum ersten: Die Gegnerschaft/Feindschaft zwischen den Hauptkräften der politisch organisierten Arbeiterschaft resultiert auch aus der Anfangszeit der Weimarer Republik und hat somit gemeinsame Aktionen gegen die Nazis weitgehend verhindert.
1933 regierte die SPD nicht mehr, sondern nur in verschiedenen Koalitionen bis 1930; allerdings tolerierte sie weitgehend die Sparpolitik Brünings und das führte in großen Teilen der Arbeiterschaft zu "Diskrepanzen", wie du es sehr freundlich formulierts, und zu kräftigen Stimmverlusten (kommt einem das nicht bekannt vor?!).
Die Aussage über die Zeit bis 1929 erübrigt sich, weil die Weltwirtschaftskrise eben erst 1929 einsetzte und als ein wesentlicher Faktor die Nazis in Deutschland dann erst stark machte.
 
Klaus P. schrieb:
Zum ersten: Die Gegnerschaft/Feindschaft zwischen den Hauptkräften der politisch organisierten Arbeiterschaft resultiert auch aus der Anfangszeit der Weimarer Republik und hat somit gemeinsame Aktionen gegen die Nazis weitgehend verhindert.
1933 regierte die SPD nicht mehr, sondern nur in verschiedenen Koalitionen bis 1930; allerdings tolerierte sie weitgehend die Sparpolitik Brünings und das führte in großen Teilen der Arbeiterschaft zu "Diskrepanzen", wie du es sehr freundlich formulierts, und zu kräftigen Stimmverlusten (kommt einem das nicht bekannt vor?!).
Die Aussage über die Zeit bis 1929 erübrigt sich, weil die Weltwirtschaftskrise eben erst 1929 einsetzte und als ein wesentlicher Faktor die Nazis in Deutschland dann erst stark machte.

Das finde ich auch, dass sich die Aussage über die Zeit bis 1929 erübrigt.
Aber ... was soll dann Dein Posting?

Dass die SPD 1933 längst nicht mehr regierte, ist mir sehr wohl bewußt, daher die Gänsebeinchen. Das war eine Aussage von Gast, wie auch die "Diskrepanzen"

Die SPD wäre 1933 die einzige politische Kraft gewesen, um die sich eine demokratische Opposition hätte sammeln können, um Hitler zu vermeiden. Aber mit der längst Moskau-hörigen KPD war in dieser Beziehung eben nicht zu rechnen. Weil sie 1. nicht demokratisch war, und weil sie 2. einer Nazi-Regierung eher Vorschub leistete, entsprechend der damaligen Komintern-Theorie, dass die "Diktatur des Proletariats" auf den Trümmern einer abgewirtschafteten Nazi-Diktatur am leichtesten zu installieren wäre. 12 Jahre und 55 Millionen Tote später haben die Partei-Theoretiker ja dann wenigstens für einen Teil Deutschlands und Europas recht behalten.
Die Einschätzung der Moskau-hörigkeit der KPD stammt nicht von mir, sondern von Wolfgang Leonhardt. Er müsste es wissen, ich nicht.

Grüße
Repo
 
Um Missverständnisse aufzuklären..

meine letzten beiden Postings hatten so gut wie keinen Bezug zur Ausgangsthematik ;-) Manche Dinge erschienen mir eben unklar..
 
Repo schrieb:
...
, die NSDAP war Ende 1932 stehend KO. Ein nochmaliger Wahlkampf hätte ihr den Rest gegeben. Aber wir wissen das heute!
Wußten das die politisch Handelnden 1932? Konnten sie das wissen?

Andererseits: Wir wissen heute, wer und was Hitler war. Konnte man das 1932 wissen oder ahnen?

Das sind immer die Punkte, die Spätgeborene den aktiv Handelnde voraus haben.
...

das die nsdap ende 32 "stehend ko" war, hätte man, obwohl/weil sie ja noch stand, nicht unbedingt auf anhieb erkennen, aber sicher dennoch herausfinden können. aber diese erkenntnis fällt uns rückblickend natürlich relativ leicht, 1933 hätte man dafür schon scharfsinn gebraucht.

wer, was hitler war, und vor allem was er wollte, hat hitler in die welt hinausgeschrien und zwischen buchdeckeln verpackt so viel verbreitet, wie er konnte! das nicht gewußt haben zu wollen, kann man den damals verantwortlichen nicht abkaufen und auch nicht verzeihen.

ponzelar
 
ponzelar schrieb:
das die nsdap ende 32 "stehend ko" war, hätte man, obwohl/weil sie ja noch stand, nicht unbedingt auf anhieb erkennen, aber sicher dennoch herausfinden können. aber diese erkenntnis fällt uns rückblickend natürlich relativ leicht, 1933 hätte man dafür schon scharfsinn gebraucht.

wer, was hitler war, und vor allem was er wollte, hat hitler in die welt hinausgeschrien und zwischen buchdeckeln verpackt so viel verbreitet, wie er konnte! das nicht gewußt haben zu wollen, kann man den damals verantwortlichen nicht abkaufen und auch nicht verzeihen.

ponzelar

1. Zustimmung
2. Möchte ich zu bedenken geben, dass Hitler vermutlich der einzige Politiker war(mindestens fällt mir kein anderer ein) der tatsächlich im nachhein auch tat, was er im voraus predigte.

Wenn ich mir in diesem Moment die Sprüche von Clement, Gysi und Merz bei der Christiansen anhöre...

Grüße
Repo
 
Ooooch! Und ich wollte gerade die Glaubwürdigkeit Merzens, Clementens und Gisens mit der von Hitler vergleichen...:heul:
 
Repo schrieb:
1. Zustimmung
2. Möchte ich zu bedenken geben, dass Hitler vermutlich der einzige Politiker war(mindestens fällt mir kein anderer ein) der tatsächlich im nachhein auch tat, was er im voraus predigte.
...

hitler hat seine "glaubwürdigkeit" durch den bereits vor der machtübernahme ausgeübten terror doch unter beweis gestellt.

ponzelar

p.s.

"Wenn ich mir in diesem Moment die Sprüche von Clement, Gysi und Merz bei der Christiansen anhöre..." pardon repo, aber so ein QUATSCH!
 
ponzelar schrieb:
hitler hat seine "glaubwürdigkeit" durch den bereits vor der machtübernahme ausgeübten terror doch unter beweis gestellt.
ponzelar
p.s.
"Wenn ich mir in diesem Moment die Sprüche von Clement, Gysi und Merz bei der Christiansen anhöre..." pardon repo, aber so ein QUATSCH!

Lieber Ponzelar, der Terror der Nazis ist unbestritten.. Sicherlich macht er sich dadurch, bei den Menschen die Angst vor ihm haben, glaubwürdiger.
 
nachtrag zu: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=95674&postcount=10

Mercy schrieb:
War das so?
Mit dem sogenannten Preußenschlag am 20. Juli 1932 beendete Reichspräsident Paul von Hindenburg die letzte wesentliche Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie in der Weimarer Republik. Per Notverordnung setzte er die preußische Regierung unter dem seit 1920 amtierenden preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) ab. Seit der Landtagswahl vom 24. April 1932 hatte die preußische Regierung über keine parlamentarische Mehrheit mehr verfügt und war nur noch geschäftsführend im Amt.
http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/innenpolitik/preussenschlag/

ich habe mich in der tat ein wenig geirrt, es lag nicht an der untätigkeit der preussischen behörden, es waren die recichsbehörden, die die bemühungen des preussischen innenministeriums ins leere laufen ließen. siehe auch hier: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=98850&postcount=8
die antwort blieb ich längere zeit schuldig, weil ich das büchlein lange nicht mehr in händen hielt und im regal zunächst unauffindbar vergraben habe.
aber es bleibt dabei, die nazis hätten verhindert werden können.

ponzelar
 
Zuletzt bearbeitet:
Machtübernahme/übergabe

hallo, ich habe eine frage:
kann man bei hitler eher von einer machtübergabe oder machtübernahme sprechen?
dankeschön, mfg
 
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