Begriff "Mittelalter"

vielleicht war eine Furcht vor der Jahrtausendwende nicht in den "hochintelligenten" Leuten enthalten, sondern eher in den "mittelintelligenten" verbreitet?

Nein; das ist vollkommen abwegig, zumal man noch nicht einmal einen einheitlichen Fixpunkt hatte, auf den man sich einigen konnte - im Jahr 1000 herrschte keine Einigkeit, ob nun die Geburt Jesu (ergo Jahr 0 oder 1) oder der Tod Jesu incl. der Auferstehung (ergo etwa 30 n. Chr.) als Fixpunkt galt...

Nur mal so ein schwacher Gedanke, kurz bevor ich ins Bett falle, deshalb auch die komische Formulierung.

Kein Problem... :yes:
 
Mal eine kurze Zwischenfrage, wievielen Menschen war denn 1000 von ihrer Bildung her überhaupt der Jahrtausendwechsel bekannt. Hieß es in den Kirchen immer: wir feiern das neue Jahr 9**? Wem waren denn genaue Formen der Datierung zugänglich, wer konnte sich selbst historisch halbwegs einordnen, wessen Bildungshorizont reichte soweit. Das alles in Zeiten ohne staatlich organisierte und verpflichtende Bildung halte ich für imens bedeutsam.
Wenn lynxx, das trotz Mediengesellschaft anspricht, dann sage ich Medienverdummung. Wir haben bald hier in Freiburg so einen Vortrag von Prof. Dr. Christian Pfeiffer "Medienverwahrlosung als Ursache für die Leistungskrise der Jungen...". Also ich würde schon sagen, dass wir die Medien nicht überschätzen dürfen in ihrer Informationstätigkleit. Aber das ist :eek:fftopic:, sollte nicht weiter ausgebaut werden.
 
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Mal eine kurze Zwischenfrage, wievielen Menschen war denn 1000 von ihrer Bildung her überhaupt der Jahrtausendwechsel bekannt?
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Wem waren denn genaue Formen der Datierung zugänglich, wer konnte sich selbst historisch halbwegs einordnen, wessen Bildungshorizont reichte soweit?

Außerhalb der Welt der Gelehrten - eingeschlossen gebildete Adlige wie eben bspw. Otto III. - war dies wohl wahrscheinlich wirklich niemandem bekannt bzw. bewußt.

Hieß es in den Kirchen immer: wir feiern das neue Jahr 9**?

Oftmals erfolgte eine Jahresangabe sogar lediglich anhand der Regentschaft des aktuellen Herrschers, also a la "Im siebzehnten Jahr der Herrschaft von König Otto...", "Im vierten Jahr seit der Krönung von Kaiser Otto..." o. dgl. ...
 
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Der Begriff wurde ja in der Renaissance geprägt, und damals dachten die Menschen alle, die Welt würde untergehen. Sie haben einfach nicht damit gerechnet das der Begriff einmal unaktuell werden würde...

Und warum sollte man die Endzeit dann Mittelalter nennen und nicht Endalter? Das passt doch gar nicht zusammen, was du da schreibst. Auch beißt sich das mit der Bezeichnung von Petrarca, der von einer Zeit zwischen der Antike und der Moderne sprach, was ja lynxx netterweise schon herausgesucht hat.

Roxie-Hart schrieb:
Es sind natürlich nicht Quellen von einfachen Leuten, aber ich kann mir schon gut vorstllen, dass sie zum größten Teil an das glaubten, was die Kirchenoberhäupter glaubten.

Ich kann mir eher vorstellen, dass die einfachen Leute daran dachten, wie sie ihre Ernte heim brachten und wie sie ihre Familie ernähren konnten. Natürlich spreche ich ihnen damit keineswegs ihre Frömmigkeit ab. Ich behaupte aber, dass ihr Christentum sehr persönlich, also am örtlichen Klerus orientiert war, der sich selbstredend nicht mit sämtlichen Details des theologischen Lehrgebäudes auskannte.
Auch will ich nicht behaupten, dass es zu regelrechten Massenpaniken in Bezug auf die Endzeit gekommen ist, wenn mal wieder ein Schwung Flagellanten durchs Dorf gezogen ist oder ein Hagelschauer die Ernte hin gemacht hat. Das geschah jedoch eher unter dem Eindruck des Leides, als dass sie sich die bäuerliche Bevölkerung mit den Facetten der augustinischen Heilsgeschichte befasst hätte.
 
Etwas verspätet, aber mir ist noch etwas aufgefallen...

Oder waren die Leute im MA "bodenständiger" als heute?

Inwiefern "bodenständiger"?
Wenn Du damit meintest, daß die meisten Menschen vordringlichere Sorgen hatten als sich mit Jahrtausendwenden u.ä. zu beschäftigen, dann würde ich dies mit einem vorsichtigen JA beantworten.

Kann man es nicht von heute auf damals übertragen, die Mentalität, die Stimmung in gewissen Kreisen?

Das wiederum dürfte nicht so einfach möglich sein, da uns Denken und Mentalität der Menschen im Mittelalter doch recht fremd sind. Was uns darüber bekannt (geworden) ist, sind Facetten zu Denken und Mentalität, welche uns lediglich zu sagen erlauben "damals dachten, fühlten und empfanden die Menschen nicht schlechter oder besser als heute, sondern eben anders".

Kreise, die keine schriftlichen Zeugnisse im MA hinterlassen haben?

Wo nichts aufgeschrieben worden ist, können wir ehedem nur vermuten - das ist zwar sehr schade, läßt sich aber nicht ändern... :fs:
 
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Mit "bodenständiger" meinte ich nur im Vergleich zu heute. Also wenn in der "ach so aufgeklärten" Welt von heute es etliche gab, die vor der Jahrtausendwende Angst hatten, dann sollten doch die Leute, die damals davon wussten doch auch ein ungutes Gefühl dabei beschleichen. Vielleicht sogar weitere Kreise als heute? Immerhin waren die Menschen damals noch (leicht-)gläubiger?
 
... wenn in der "ach so aufgeklärten" Welt von heute es etliche gab, die vor der Jahrtausendwende Angst hatten, dann sollten doch die Leute, die damals davon wussten doch auch ein ungutes Gefühl dabei beschleichen...

Wie bereits geschrieben berichten Klosterchroniken der 990er nicht von derartigen Ängsten (in anderen Zeiten aber mitunter schon), und die Korrespondenz zwischen Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. liefert auch eher ein Beispiel dagegen als dafür - eben weil sich keiner der beiden gelehrten Männer besorgt äußerte.
Wie dies in Bevölkerungsschichten aussah, welche von diesen und ähnlichen Aufzeichnungen nicht erfaßt wurden, darüber können wir natürlich nur mutmaßen. Solche Mutmaßungen aber als Argument für derartige Ängste anzuführen, wäre mir dann doch ein wenig zu gewagt...
 
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