Frage zu Ritual zwischen Kaiser und Papst

Barbarossa

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Hallo, heute habe ich auch mal wieder eine Frage.

Und zwar habe ich heute in P.M. u.a. folgendes über die Begegnung meines Namensvorbildes Kaiser Barbarossa :D und dem Papst im Jahre 1177 gelesen:
P.M. schrieb:
Wenn sich König oder Kaiser und Papst begegneten, gab es ein festgelegtes Zeremoniell: Der Kaiser führte das Pferd des Papstes ein Stück weit am Zügel, hielt ihm dann beim Absteigen den Steigbügel und fiel dann dem Papst zu Füßen. Daraufhin bekam er vom Papst den Friedenskuß.
Meine Frage dazu:

Von wann bis wann gab es dieses Ritual?
Weiß jemand was darüber?
 
Zuletzt bearbeitet:
Von wann bis wann gab es dieses Ritual?

Wenn ich mich recht entsinne war Karl "der Große" der erste König/Kaiser der den Steigbügel hielt. Allerdings weiß ich nicht mehr zu welchem Anlass. Entweder war er bei Stephan II. als dieser 754 über die Alpen ins Frankenreich kam um Pippin III. zu treffen und um Karl und dessen Bruder Karlmann zu krönen. Oder es war bei Leo III. während Karls Einzug in Rom kurz vor der Kaiserkrönung 800.
 
Nähere Informationen zum Thema findet man in den entsprechenden Nachschlagewerken (z.B. Lexikon des Mittelalters) unter dem Stichwort Stratordienst.
 
Mal ne kurze Frage zwischendurch:
haben sich eigentlich auch irgendwann einmal der Papst und der oströmische/byzantinische Kaiser persönlich getroffen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Von wann bis wann gab es dieses Ritual?
Weiß jemand was darüber?

Nähere Informationen zum Thema findet man in den entsprechenden Nachschlagewerken (z.B. Lexikon des Mittelalters) unter dem Stichwort Stratordienst.

Für alle, die den Kontext zum Stratordienst nicht im LexMA nachlesen können, einige Anmerkungen und Links...

Bereits um 754 forderte Papst Stephan II. diesen Dienst von Pippin, dem König der Franken.
Sanktioniert wurde diese Praxis jedoch erst, nachdem Kaiser Lothar III. diese Geste gegenüber Papst Innozenz II. vollführte (1133).
Vgl. dazu auch http://www.histosem.uni-kiel.de/legitimation/glossar/marschalldienst.html

Noch die Salier verwehrten sich bspw. immer wieder dagegen, dem Papst den Stratordienst zu leisten , z.B. Kaiser Heinrich V. - vgl. dazu bspw. http://www.genealogie-mittelalter.d...h_5_deutscher_koenig_1125_salier/frommer.html
(Abschnitt Der Weg Heinrichs V. zum Kaisertum)

Im Jahre 1155 verweigerte dies Friedrich I. Barbarossa gegenüber Papst Hadrian IV. zunächst und leistete den Stratordienst erst nach Zugeständnissen von Seiten des Papstes (http://www.histosem.uni-kiel.de/legitimation/quellentext/1155stratordienst.html); 1177 jedoch mußte sich Friedrich I. Barbarossa dann Papst Alexander III. bezüglich dieses Dienstes unterwerfen: http://freenet-homepage.de/heckmann.werder/Kaisertum.htm#Otto_von_Freising

Ausblick auf spätere Zeiten...
Im 13. Jh. war der Stratordienst längst etabliert - in der Zweischwerterlehre im Sachsenspiegel des Eike von Repgow um 1230 sowohl schriftlich (http://www-public.tu-bs.de:8080/~y0012625/platt/eike.html) wie auch bildlich (http://www.mittelalter.uni-tuebingen.de/?q=personen/schmitz/vl9899/bild-5.htm) dokumentiert...

Anm. 1: In der Konstantinischen Schenkung wurde der Stratordienst sogar bis in die Zeit Kaiser Konstantin d. Gr. zurückverlegt - vgl. dazu auch http://www.br-online.de/alpha/campus/vor0703/20070328.shtml
(Abschnitt Die "donatio", die Schenkung an den Papst)
Anm. 2: Sogar ein Fresko in der Basilika Santi Quattro Coronati in Rom wurde dementsprechend hergestellt (mW zur Zeit der Salier) - s. dazu auch http://www.uni-tuebingen.de/mittelalter/personen/schmitz/vl9899/grafik/bild-3.jpg
 
Mußten eigentlich auch andere Herrscher diese Dienste erbringen? Die Byzantiner z. B.? Das wäre in dem Zusammenhang auch noch Interessant...
:grübel:
 
Brünhild von Isenstein will nur den Mann heiraten, der erwiesenermaßen der stärkste und mächtigste ist. Als Siegfried von Xanten seinem Freund Gunther von Worms hilft, um Brünhild zu werben, müssen die beiden Helden Brünhild deshalb suggerieren, daß Gunther der Herr Siegfrieds ist und Siegfried Gunthers Vasall.

Um diesen Eindruck zu erzeugen, greifen beide zu einem bemerkenswerten Trick: Sie vereinbaren, daß Siegfried vor Brünhilds Augen Gunthers Steigbügel halten solle. Das ist der berühmte Stratordienst:


Ir wâren niewan viere, die kômen in daz lanz.
Sîfrit der küene ein ros zôch ûf den sant;
daz sâhen durch die venster diu waetlîchen wîp.
Des dûhte sich getiuret des künec Guntheres lîp.

Er habte im dâ bî zoume daz zierlîche marc,
gúot únde schoene, vil michel unde starc,
unz daz der künec Gunther in den satel gesaz.
Alsô diente im Sîfrit, des er doch sît vil gar vergaz.

http://www.diss.sense.uni-konstanz.de/gestik/philipowski-sil-1a.htm
 
Mal ne kurze Frage zwischendurch:
haben sich eigentlich auch irgendwann einmal der Papst und der oströmische/byzantinische Kaiser persönlich getroffen?

Ja, wenn auch nicht aus freien Stücken. Der erste Papst, der an den byzantinischen Kaiserhof kam, war Johannes I. im Frühjahr 526 n. Chr. als Gesandter des Ostgotenkönigs Theoderich. Dieser hatte ihn zu Justinus geschickt, um die Einstellung der Verfolgung der Arianer im Oströmischen Reich zu verlangen. In Byzanz empfing man den Papst mit Ehren: am 15. Meilenstein holte die Stadtbevölkerung Johannes I. mit Lichtern und Kreuzen ab und geleitete ihn in einer Prozession in die Stadt. Kaiser Justinus erwies ihm die Ehre der Proskynese in der Form, in der sich sonst Kaiser und Patriach die Ehre erwiesen (Kuss und Verbeugung). Dass die Gesandtschaft nicht den gewünschten Erfolg erzielte, ist eine andere Sache.
 
526 n. Chr. In Byzanz empfing man den Papst mit Ehren: am 15. Meilenstein holte die Stadtbevölkerung Johannes I. mit Lichtern und Kreuzen ab und geleitete ihn in einer Prozession in die Stadt. Kaiser Justinus erwies ihm die Ehre der Proskynese in der Form, in der sich sonst Kaiser und Patriach die Ehre erwiesen (Kuss und Verbeugung).

Hm, also kein Marschalldienst / Stratordienst.
Das hätte mich auch noch intressiert, ob es das jemals zwischen Papst und byz. Kaiser gegeben hat.
:fs:
 
Von sicherer Position aus schenkt man auch mal was:

Aus Dankbarkeit schenkt Konstantin dem Papst Rechte und Besitz und setzt ihn an die Spitze der Patriarchate Antiochien, Alexandrien, Konstantinopel und Jerusalem. Er überträgt ihm dazu die kaiserlichen Insignien, das Phrygium, also die Kaisermütze und den Kaisermantel. Konstantin überlässt Silvester den Lateranspalast und leistet den Stratordienst. Unter dem Stratordienst verstand man den rituellen Dienst als Stallknecht. In der mittelalterlichen Darstellung der Silvesterlegende aus dem Jahre 1246 in der sogenannten Silvesterkapelle, in der Kirche Quattro Coronati in Rom führt Konstantin das Pferd Papst Silvesters. Um das päpstliche Ansehen zu schützen verlegt Konstantin seine Residenz aus Rom in die östliche Hauptstadt des Reiches, nach Byzanz.

Die daraus folgenden künftigen Probleme ahnte man nicht.

http://www.br-online.de/alpha/campus/vor0703/20070328.shtml
 
Merkwürdig:
aus: br-online.de/alpha schrieb:
Trotz eines gewaltigen Forschungsaufwandes kann man heute nur ungefähr bestimmen, wann das Dokument entstand. Die Historiker gehen davon aus, dass das „constitutum constantini" etwa kurz vor dem Jahr 800 geschrieben wurde.
Dieser Satz verwirrt mich etwas, weil ich mal gelesen habe, daß die "Pippinische Schenkung" auf der "Konstantinischen Schenkung", einer Fälschung, basieren würde.
Darum bin ich immer davon ausgegangen, daß diese beiden Dokumente um das Jahr 754 entstanden sein müßten.
Oder ist die Info schon veraltet?
:grübel:
 
Von sicherer Position aus schenkt man auch mal was:

... Um das päpstliche Ansehen zu schützen verlegt Konstantin seine Residenz aus Rom in die östliche Hauptstadt des Reiches, nach Byzanz.

Die daraus folgenden künftigen Probleme ahnte man nicht.

http://www.br-online.de/alpha/campus/vor0703/20070328.shtml

Ich nehme mal an, der oben angegebene Grund der Residenz-Verlegung gehört zur Legende, wie sie in dem Link steht. Zumindest verstehe ich es von der Warte aus so, denn der Umzug von Rom nach Byzanz hatte in Wahrheit wahrhaftig andere Gründe.
 
Zumindest verstehe ich es von der Warte aus so, denn der Umzug von Rom nach Byzanz hatte in Wahrheit wahrhaftig andere Gründe.
Stimmt, die Tage Roms als Hauptstadt scheinen einfach gezählt gewesen zu sein. Ich zitiere mal ein paar Sätze aus meinem Buch über Byzanz:
Reise in das Godene Byzanz schrieb:
Hatten noch die Kaiser des beginnenden 3. Jh. in der Regel in Rom auf dem Palatin gwewohnt, so hatte es sich in der Folgezeit als immer schwieriger herausgestellt, das gewaltige Reich von einer Stelle aus zu regieren, und es waren in Städten wie Mailand, Lyon, York und Thessalonike (Saloniki) Residenzen entstanden, die der Repräsentation dienten, es aber auch ermöglichten, ein Hauptquartier aufzuschlagen...Konstantin hatte als junger Cäsar keinen festen Wohnsitz gehabt und vornehmlich in Trier, das er befestigte, erweiterte, verschönte, hofgehalten. Nach seinem Antritt der Alleinherrschaft grieft er die Idee Diokletians auf, eine neue Kaiserstadt zu gründen, denkt an Sirmium (westlich von Belgrad), Serdica (Sofia), Nikomedien, Chalkedon auf der asiatischen Seite des Bosporus, vor allem an die Gefilde von Troja, von wo aus einst die Gründung Roms ihren Anfang genommen hatte und wo den Helden der Mythologie seit mehr als tausend Jahren geopfert worden war...Für Konstantin geben die geographischen und verkehrstechnischen Vorzüge bei seiner Wahl den Ausschlag. Byzantion liegt zwischen den Hauptfeinden des Reiches, den Germanen und den Persern, und ist den am meisten bedrohten Grenzen näher als Rom. Hier kreuzen sich die Seewege vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer mit den Landwegen von Europa nach Vorderindien. Die Straßen führen nach allen Richtungen und eröffnen den Zugang zur Balkanhalbinsel, zur Donauebene, zu den Küsten des Adriatischen Meeres, nach Kleinasien und dem Kaukasus, der Mesopotamischen Hochebene und dem nördlichen Syrien.
:fs:
 
Stimmt, die Tage Roms als Hauptstadt scheinen einfach gezählt gewesen zu sein. Ich zitiere mal ein paar Sätze aus meinem Buch über Byzanz:

:fs:

Die verkehrstechnischen und geographischen Gründe, verbunden mit dem Argument, hauptsächlich den östlichen Feinden näher zu sein, kenne ich auch.

Es gibt noch die überirdischen Mächte, die Konstantin die Gründung befohlen haben sollen und - realistischer zu sehen, die Gründung der Stadt als "Siegesdenkmal" über Licinius und Grundstein seines persönlichen Triumphes als Alleinherrscher nach langer Zeit. Eine Tradition, eine Stadt am Ort des Sieges zu gründen. Wobei die Neugründung nach uralten Riten vorbereitet wurde. Christliche Gesinnung wurde da nicht dokumentiert.
 
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