Schriftliche Quellen

Repo

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In einem Werk über Lokalgeschichte bin ich über folgenden Satz gestolpert:

"mit dem wiedereinsetzen schriftlicher Quellen zu Beginn des 12. Jahrhunderts"

heißt das, dass zwischen ca. 800 und 1100 n. Chr. groß keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden sind?
Gelesen habe ich diesen merkwürdigen Satz in einem 1960 veröffentlichen Buch. Ist da die Wissenschaft inzwischen weiter?
 
In einem Werk über Lokalgeschichte bin ich über folgenden Satz gestolpert:

"mit dem wiedereinsetzen schriftlicher Quellen zu Beginn des 12. Jahrhunderts"

heißt das, dass zwischen ca. 800 und 1100 n. Chr. groß keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden sind?


Lokalgeschichtlich wäre das schon möglich.


Gelesen habe ich diesen merkwürdigen Satz in einem 1960 veröffentlichen Buch. Ist da die Wissenschaft inzwischen weiter?


Das ist auch möglich, Auskunft könnte da der lokalgeschichtlich zuständige Stadt-, Gemeinde- oder Kreisarchivar geben.
 
Lokalgeschichtlich wäre das schon möglich.
Das ist auch möglich, Auskunft könnte da der lokalgeschichtlich zuständige Stadt-, Gemeinde- oder Kreisarchivar geben.

Die Aussage schien mir aber Allgemeingültig gemeint.

Während ich Deinen Zeilen entnehme, dass das so keineswegs gesehen werden kann.

Nochmals nachlesen.
 
Lokalgeschichtlich wäre das schon möglich.
Die Aussage schien mir aber Allgemeingültig gemeint.

Ich darf mich hier Hyokkose anschließen: so etwas kann sich mE nur auf lokalgeschichtliche schriftliche Quellen beziehen. Daß ansonsten im westlichen Europa incl. des deutschen Sprachraums für den fraglichen Zeitraum durchaus schriftliche Zeugnisse verschiedenster Art existieren, läßt sich bspw. hier eruieren: http://www.dmgh.de/
 
In einem Werk über Lokalgeschichte bin ich über folgenden Satz gestolpert:
"mit dem wiedereinsetzen schriftlicher Quellen zu Beginn des 12. Jahrhunderts"
heißt das, dass zwischen ca. 800 und 1100 n. Chr. groß keine schriftlichen Zeugnisse vorhanden sind?


Wie meine Vorredner schon sagten: Überregional hat es zwischen 800 und 1100 n. Chr. eine Fülle von Quellen gegeben. Selbst lokalgeschichtlich ist es kaum vorstellbar, dass es über einen Zeitraum von 300 Jahren (!) keine Quellen geben sollte ... es sei denn das "Lokal" ist überaus winzig! :D
 
In einem Werk über Lokalgeschichte bin ich über folgenden Satz gestolpert:

"mit dem wiedereinsetzen schriftlicher Quellen zu Beginn des 12. Jahrhunderts"
...
Gelesen habe ich diesen merkwürdigen Satz in einem 1960 veröffentlichen Buch. Ist da die Wissenschaft inzwischen weiter?


Was in der Lokalgeschichte 1960 publiziert wurde ist vielfach unzureichend belegt. Das müßte konkret an Autor und Ort geprüft werden.
Als Autor, der ab Ende der 70er einiges Lokalgeschichtliches publiziert hat, der die Rezensionen von Orts-Chroniken in den regionalen Jahrbüchern aufmerksam rezipiert hat, weiß ich wovon ich spreche.

Beispiel:
1967 erschien als Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg das Wappenbuch des Landkreises Tauberbischofsheim.
Dem konnte ich entnehmen, der von mir bearbeitete Ort sei erstmals 1342 erwähnt worden.
Als ich beim Generallandesarchiv Karlsruhe nach der zitierten Urkunde frug, lautete die Antwort, in dieser Urkunde sei der fragliche Ort nicht werwähnt, erst in der Urkunde von 1379 komme der Ort vor. Darauf hatte ich ein Jahr Zeit eine Festschrift für 1979 zu erstellen.
Einige Jahre später stellte ich fest, daß die Auflösung der Datierung des GLA falsch war (Monat und Tag). Das wurde dann korrigiert. Einige Jahre später wurde die Urkunde im GLA nicht mehr gefunden.
 
Wie meine Vorredner schon sagten: Überregional hat es zwischen 800 und 1100 n. Chr. eine Fülle von Quellen gegeben. Selbst lokalgeschichtlich ist es kaum vorstellbar, dass es über einen Zeitraum von 300 Jahren (!) keine Quellen geben sollte ... es sei denn das "Lokal" ist überaus winzig! :D
Diese Beobachtung ist durchaus nicht ungewöhnlich. Im 8./9. Jh. wurden viele Orte erstmals infolge von Besitzregistern neu gegründeter Reichsabteien erwähnt. In den folgenden Jahrhunderten tritt hier bei einer Vielzahl von Orten eben eine "Funkstille" ein, die vor allem der Verwaltung von Reichsministerialen geschuldet ist. Erst mit dem einsetzenden Landesausbau des 11./12. Jh. kommt es zu einer stärkeren Bewegung bei Besitzveränderungen, ehemals dem Reich gehöriger Güter. Abgesehen davon ist natürlich die urkundliche Überlieferung der Orte, die eine Königspfalz beherbergten sehr kontinuierlich vom 10. bis zum 12. Jh.
 
Diese Beobachtung ist durchaus nicht ungewöhnlich. Im 8./9. Jh. wurden viele Orte erstmals infolge von Besitzregistern neu gegründeter Reichsabteien erwähnt. In den folgenden Jahrhunderten tritt hier bei einer Vielzahl von Orten eben eine "Funkstille" ein, die vor allem der Verwaltung von Reichsministerialen geschuldet ist. Erst mit dem einsetzenden Landesausbau des 11./12. Jh. kommt es zu einer stärkeren Bewegung bei Besitzveränderungen, ehemals dem Reich gehöriger Güter. Abgesehen davon ist natürlich die urkundliche Überlieferung der Orte, die eine Königspfalz beherbergten sehr kontinuierlich vom 10. bis zum 12. Jh.

Das dürfte die Lösung sein.
Vielen Dank!
 
Was in der Lokalgeschichte 1960 publiziert wurde ist vielfach unzureichend belegt. Das müßte konkret an Autor und Ort geprüft werden.
Als Autor, der ab Ende der 70er einiges Lokalgeschichtliches publiziert hat, der die Rezensionen von Orts-Chroniken in den regionalen Jahrbüchern aufmerksam rezipiert hat, weiß ich wovon ich spreche.

Beispiel:
1967 erschien als Veröffentlichung der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg das Wappenbuch des Landkreises Tauberbischofsheim.
Dem konnte ich entnehmen, der von mir bearbeitete Ort sei erstmals 1342 erwähnt worden.
Als ich beim Generallandesarchiv Karlsruhe nach der zitierten Urkunde frug, lautete die Antwort, in dieser Urkunde sei der fragliche Ort nicht werwähnt, erst in der Urkunde von 1379 komme der Ort vor. Darauf hatte ich ein Jahr Zeit eine Festschrift für 1979 zu erstellen.
Einige Jahre später stellte ich fest, daß die Auflösung der Datierung des GLA falsch war (Monat und Tag). Das wurde dann korrigiert. Einige Jahre später wurde die Urkunde im GLA nicht mehr gefunden.

Danke für die Hinweise Mercy.
Es handelt sich hier um die Kreisbeschreibung veröffentlicht Band I 1960 Band II 1961. Ein mich nach wie vor beeindruckendes Werk. Die Liste der Autoren ist auch "besser" besetzt.


Einen richtigen Fehler konnte ich in den Bereichen, in denen ich mich auskenne bisher nicht feststellen.
Allerdings hat mich alles vor 1648 bisher nur am Rande interessiert. Was ich zZ vielleicht ändern will.
 
Es handelt sich hier um die Kreisbeschreibung veröffentlicht Band I 1960 Band II 1961. Ein mich nach wie vor beeindruckendes Werk. Die Liste der Autoren ist auch "besser" besetzt.


An den Bänden kommt keiner vorbei, der sich mit Regionalgeschichte befasst.
Der Zollernalbkreis empfiehlt es immer noch:
Der Landkreis Balingen. Amtliche Kreisbeschreibung, hg. v. Statistischen Landesamt Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Balingen, 2 Bände, Balingen 1960, 1961 (immer noch wichtiges Standardwerk zur Geschichte des Altkreises Balingen und des gesamten Raumes; noch zu beziehen über das Kreisarchiv: 38 €)
 
Kluger Mann der Zehkorn.
Aber das zeigt natürlich auch das Problem dieser Werke auf.
Heute noch, 46 Jahre nach Ausgabe des 2. Bandes und 36 Jahre nach der 2. (unveränderten) Auflage kannst Du das Dings neu kaufen.
Geld ist mit sowas nicht zu verdienen. Aber das des Steuerzahlers kaputt zu machen.
 
Nochmals ne Frage:
Las ich: "Zu dem Ort Xyz gibt es eine gefälschte Urkunde des bekannten Fälschers Uldarich aus dem 11. Jahrhundert, dem aber vermutlich eine andere Urkunde zu diesem Ort vorgelegen hat, da........"
Dass sehr viele Urkunden gefälscht wurden, ist mir bekannt. Muss ich den obigen Satz aber so interpretieren, dass es "professionelle Fälscherwerkstätten" im 11. Jahrhundert gab?
 
Dass sehr viele Urkunden gefälscht wurden, ist mir bekannt.
Der Begriff "fälschen" wird diesen Urkunden meistens nicht gerecht. Das hat für uns ja immer die Nebenbedeutung, daß beim Inhalt der Urkunde gemogelt wurde, daß sich jemand unrechtmäßig etwas aneignen will.

In der Regel war das damals aber nicht der Fall.
Sondern es ging meist um völlig unstrittige Rechte, die seit Generationen mündlich tradiert waren.
Und dann kommt im Hochmittelalter dieser "neumodische Formalkram" auf. Da wird dann nicht mehr anerkannt, daß man in altbewährter Weise einige honorige Zeugen aufmarschieren läßt, die beschwören, daß ein Eigentumsrecht zu Recht bestand.
Sondern da wurde auf einmal erwartet, daß das auch ordentlich mit Urkunde belegt wird.

Also wurden die Urkunden eben nachgeliefert. D.h. man hat z. B. die mündlich von einem König ausgesprochene Verleihung eines Rechts sauber aufgeschrieben und so abzeichnen lassen, wie das von noch erhaltenen Urkunden dieses Königs bekannt war.
Das ist dann eher ein Nachempfinden als ein Fälschen. Den meisten Zeitgenossen dürfte das auch völlig klar gewesen sein, daß die Urkunde nicht wirklich alt und original ist - das war aber unproblematisch, solange der Inhalt stimmte.

Und da gab es natürlich Problemfälle, wo jemand eine sehr subjektive Sicht seiner Rechte in Urkunde fassen ließ. Aber die meisten Urkunden dieser Zeit mögen zwar "gefälscht" sein, aber trotzdem sind sie inhaltlich richtig.

In diesem Sinne wäre eine "professionelle Fälscherwerkstatt" eine ganz rechtmäßige und sinnvolle Dienstleistung. Das war dann wohl ein Schreiber, der sich mit den nötigen Hintergründen auskannte und auf Wunsch eine Urkunde des benötigten Rechtegebers produzieren konnte.
 
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