Vielleicht sollte man die Ausgangsfrage, warum Peter I. Sankt Petersburg zur Hauptstadt machte, nicht aus den Augen verlieren. Vielleicht wäre Petersburg niemals entstanden, wenn die Russen Riga zehn Jahre früher erobert hätten. Peter hätte damit über einen eisfreien Hafen und zugleich eine kosmopolitische europäische Metropole verfügt. Die hätte sich auch unter weit weniger großen Verlusten an Menschenleben entwickeln können. Daß Peter 1703 in einem, gelinde gesagt, verkehrsmäßig ungünstigen Landstrich, der im übrigen noch nominell zum damals militärisch noch weit überlegenen Schweden gehörte, war eigentlich ganz schön vermessen. Es gab praktisch kein Hinterland, das diese Siedlung versorgen konnte, Lebensmittel mußten umständlich und zu überhöhten Preisen nach Petersburg befördert werden. Die russischen Adeligen, die ihre Datschen in der freundlichen Umgebung Moskaus besaßen, waren entsetzt, als Peter sie zwang, in seine neue Metropole überzusiedeln. Zehntausende von Leibeigenen kamen an Seuchen oder bei Bauunfällen um, Tausende flohen in die Wildnis. Es gab viele Leute, die prophezeiten, daß die Stadt ihren Gründer nicht lange überleben werde. Nur Wenige, wie zum Beispiel Menschikow, glaubten, daß einmal Reisende her kommen würden. Petersburg war durchaus Peters ganz eigenes Projekt, und er hat sich in der ungezwungenen "Gründerjahreatmosphäre" sehr wohlgefühlt. Ich denke, daß bei der Gründung Peters starke Abneigung gegen Moskau und den Altmoskowiter Lebensstil eine starke Rolle gespielt hat. Verkehrstechnisch stand Petersburg noch stark im Schatten Rigas, doch Peter versuchte dem abzuhelfen, indem er Prämien an Kapitäne zahlte, wenn sie Petersburg anliefen. Die Kauffahrer empfing der Zar dann häufig höchstpersönlich.