Geschichte der Heilkunde und Medizin

sala

Mitglied
Guten Tag, ich beschäftige mich mir Badekultur (Thermalquellen, Badebetrieb, Kur) zwischen 1650 und 1700. Hierzu möchte ich gerne im Bereich Medizin/Pharmazie ein paar Hintergründe recherchieren.

Kennt jemand hierzu einen Link, mit dem ich weiterkommen kann?

Oder kann jemand so etwas zur Ausbildung von Ärzten und Apothekern (und deren Abgrenzung zu den Kurfuschern und Krämern) sagen?

Mit bestem Dank

sala
 
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Guten Abend an alle Geschichtsfreunde,

wie ich festgestellt habe, interessieren sich außer mir noch andere für den Bereich der Medizingeschichte bzw die Geschichte der Volks- und Naturheilkunde.

Deshalb habe ich dieses Thema einmal so ganz "platt" eingestellt. Ich würde mich freuen, wenn Interessierte zu diesem Bereich hier Literaturempfehlungen, neue oder alte Erkenntnisse etc. etc. einbringen könnten.

Mich interessiert in diesem Zusammenhang vor allem das 17. Jahrhundert in Deutschland (Krieg, Pest, Hunger) und das, was man zu dieser Zeit in medizinischen Fragen wusste und konnte. Zum Beispiel ist für mich die Frage der Medizinerausbildung eine wichtige!

Also: Falls jemand Interesse hat: Hier ist der Platz es zu äußern.

An den Admin: Das ist doch der richtige Platz, oder liege ich da falsch und es gibt ein vergleichbares Thema irgendwo anders im Forum??


Gruß
sala
 
Guten Abend an alle Geschichtsfreunde,

wie ich festgestellt habe, interessieren sich außer mir noch andere für den Bereich der Medizingeschichte bzw die Geschichte der Volks- und Naturheilkunde.

Gruß
sala

Hallo Sala, gute Idee! :winke:
Es gab immer mal Zeiten in meinem Dasein, dass ich mich für dieses Thema interessierte. Vor allem als ich mich beruflich mit Pflege auseinandersetzen mußte. Obwohl es ja auch ab und an geschichtliche Themen hier berührt, freue ich mich auf die Beiträge gesammelt und speziell an dieser Stelle...

Mich hatte übrigens schon deine Mitgliedervorstellung neugierig gemacht. Also herzlich willkommen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Schönes Thema!
Ich interessiere mich vor allem für altägyptische Medizin. Einige med. Papyri sind ja durchaus sehr bekannt.
Das Buch "Die Übersetzung der medizinischen Texte" von Deines, Grapow und Westendorf ist eines meiner Lieblingsbücher.
Die Rezepturen sind zum Teil hochinteressant und des Öfteren auch komplett zu erklären in der Zusammensetzung der unterschiedlichen Kräuter usw. und der Medikation (das Glück hat man nicht immer, es gibt noch einige Wörter deren Erklärung ziemlich unsicher ist).
 
Die ägyptische Medizin genoss schon zu Homers Zeiten einen guten Ruf. Menelaos gerät förmlich ins Schwärmen, als er seinem Besucher Telemachos vom "Aigyptos" (Nil) erzählt. "Dort ist jeder ein Arzt".

Ein Mitbringsel aus Ägypten ist das "Pharmakon Nepenthes", das Helene Telemachos in den Drink mischt, damit er den Schmerz um seinen verschollenen Vater Odysseus vergisst.

"Da rinnt dir keine Träne die Wangen herunter,
und sind dir auch Vater und Mutter gestorben.
Ja, nicht einmal wenn dein Bruder oder ältester Sohn dir im Vorkampf erschlagen wird." Dabei dürfte es sich um Opium handeln, und manche Morphinisten behaupten ja, dass es alles heile, bis auf die Krankheit, die es selbst verursacht.

In Griechenland gab es bereits berühmte Ärzteschulen, die berühmteste wurde von Hippokrates auf Kos gegründet. Das Askleipion auf Kos war wohl das älteste Krankenhaus Europas. Ein bekannter Absolvent der Schule von Kos war Q. Stertinius Xenophon, der Leibarzt des Claudius. Dieser lehnte ein Jahresgehalt von mehreren 100.000 Sesterzen ab, weil er mit seiner Praxis mehr verdienen konnte. Erst gegen zahlreiche Vergünstigungen für seine Heimat Kos nahm er den Job an.

Tacitus berichtet eine perfide Episode von ihm: Xenophon habe dem vergifteten Claudius, der nicht sterben konnte, eine mit Gift präparierte Feder in den Hals gesteckt, um ihn erbrechen zu lassen.

Die antike Medizin und Chirurgie war von hohem Niveau. Es gab bereits Instrumente wie Skalpelle und Arterienklemmen und die Kenntnisse der Anatomie waren hervorragende. Hippokrates kannte Kalt- und Warmwasserkuren und verordnete bereits Diäten. Galen nahm Vivisektionen vor, und die grossen Ärzte der Antike nahm sich auch Paracelsus zum Vorbild.

Besonders gross war das Know How auf dem Gebiet der Pharmakologie. Salben und Tränke waren die Hauptwaffe der Ärzte, was noch in dem Spruch "dagegen ist kein Kraut gewachsen" zum Ausdruck kommt.


Die besten Chirurgen der Antike waren, ausser am kaiserlichen Hof in den Gladiatorenschulen zu finden, und auch Galen arbeitete als Gladiatorenarzt, ehe er zum Leibarzt der Kaiser Marc Aurel und Commodus avancierte.

Der antiken Chirurgie stellten sich vor allem zwei essentielle Probleme: Der Blutverlust und die Sepsis. Während man den Schmerz wirksam mit Opium oder Opium/ Mandragora Extrakten bekämpfen konnte, war der Blutverlust ein ernstes Problem, gegen das man nur improvisieren konnte. Gleiches gilt für die Sepsis, und ein Soldat oder Gladiator, der in den Bauch getroffen wurde, war dem Tode geweiht, da er durch die Bauchfellentzündung starb. Bei Galen gibt es eine Stelle, in der er einen Gladiator erwähnt, der eine solche Verletzung überlebte, weil der Darm nicht perforiert war.
 
Wenn Ihr Lust habt kann ich morgen, wenn ich meine Bücher zur Hand habe, ein bissl was aus dem Papyrus Smith (viel Chirurgie) und/oder aus dem Papyrus Ebers (einiges enthalten über innere körperliche Leiden) abtippen (was Salas Frage natürlich jetzt nicht beantwortet).
Aber 17. Jahrhundert ist nicht so meine Zeit, da fehlen mir enorm viele Infos. Doch gibts hier im Forum ja Einige, die sich da sehr gut auskennen.
 
Hallo Cäcilia,

wenn es nicht zu viel Mühe macht, wäre das natürlich Klasse!

Mit Ägyptern habe ich mich zwar bislang (zumindest literarisch) kaum beschäftigt, aber der damalige Wissensstand interessiert mich brennend!

Guten Tag Scorpio,

vielen Dank für Deinen Text. Hat mich neugierig auf mehr gemacht!!

Hall Anish,

vielen Dank für Dein Interesse. Mal sehen, was wir so zusammentragen können.

Beste Grüße
sala
 
Ich hab hier z.B. was aus dem Papyrus Smith, kurze Einführung wer will:
Papyrus Edwin Smith - Wikipedia
und:
Philipps-Universität Marburg - Fachgebiet Ägyptologie : Literatur zum Papyrus Edwin Smith

Sm Fall 5 (2,11 - 17)

Heilkunde einer Klaffwunde an seinem Kopf, gebrochen (sd) ist sein Schädel.
Wenn du untersuchst einen Mann mit einer Klaffwunde an seinem Kopf, die bis zum Knochen reicht, gebrochen (sd) ist sein Schädel: dann sollst du seine Wunde abtasten; und findest du jenen sd-Bruch, der an seinem Schädel ist, tief, eingesunken unter deinen Fingern; die Aufschwemmung, die auf ihm ist, steigt auf; er gibt Blut aus seinen beiden Nasenlöchern, aus seinen beiden Ohren; er leidet an Versteifung (tsw) an seinem Nacken; nicht vermag er auf seine beiden Schultern und auf seine Brust zu blicken.
Dann mußt du dazu sagen: einer mit einer Klaffwunde an seinem Kopf, die bis zum Knochen reicht, gebrochen (sd) ist sein Schädel, er leidet an Versteifung (tsw) an seinem Nacken: eine Krankheit, die man nicht behandeln kann.
Dann sollst du sie nicht verbinden, [er] werde zur Erde gegeben auf seine Pfähle, bis die Zeit seines Leidens vorbeigegangen ist.
A. Was anbetrifft: gebrochen (sd) ist sein Schädel.
Das bedeutet: gebrochen (sd) ist sein Schädel, [indem] Knochen(splitter) infolge jenes Bruches entstanden sind, eingesunken zum Innern seines Schädels. Es hat das Buch "was die Wunden betrifft" darüber gesagt: ein Brechen (sd) ist es seines Schädels in viele Stücke, eingesunken zum Innern seines Schädels.

Und hier was aus dem Ebers:
Papyrus Ebers - Wikipedia

Eb 93 (24,1-3)

Ein anderes (Heilmittel) für das Beseitigen von Entzündung (srf.t).
Mehl von Datteln 5 ro; Mehl von Koloquinthe (d3r.t) 5 ro; mst3-Flüssigkeit 40 ro; werde gekocht bis zu einem Flüssigkeitsrest von 30 ro; du mögest [es] geben dem Manne oder der Frau in angenehmer Wärme, so daß er gesund wird.

Eb 468 (66,15-18)

Ein anderes Heilmittel für das Wachsenlassen des Haares, gemacht für Schesch, die Mutter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten, Teti des Seligen.
Bein (ins.t)einer Windhündin 1 (Teil); Kerne (ins.t) von Datteln 1 (Teil); Huf eines Esels 1 (Teil); werde gekocht in einem d3d3-Kopf tüchtig in Öl/Fett; werde damit gesalbt (wrh).


Was schräg in Klammern steht ist die Umschrift (was den Topf betrifft ist die Übersetzung wohl nicht klar). Der Vollständigkeit halber wollte ich das jetzt nicht weglassen. (Stört natürlich etwas beim Lesen, ich kanns in Zukunft auch weglassen):
Falls der Topf nicht ganz so wichtig ist, könnte man dieses Rezept durchaus mal nachbauen und mal schauen ob das funktioniert.

Eb 782 (93,3-5)

Heilmittel für das Beseitigen von übermässigem Geschrei.
spnn (Mohnkörner?) von spn (Mohnpflanze?); Kot von Fliegen, der sich an der Wand befindet; werde gemacht zu einer Masse; werde durchgepreßt, werde getrunken an vier Tagen. Hört sofort auf.
Was anbetrifft: übermässiges Geschrei - das bedeutet: ein [Klein]-Kind, das [dauernd] beim Schreien ist.

Das hab ich jetzt alles aus dem Buch "Übersetzung der medizinischen" Texte von Deines/Grapow/Westendorf erstmal abgeschrieben.

Interessant ist auch noch, im Papyrus Smith gibt es eine Stelle, bei der eine Krankheit beschrieben wird, die auffällig an Tetanus erinnert. Das muss ich mal raussuchen. Steht noch dabei, daß das eine Krankheit ist die man nicht behandeln kann (bedeutet also, tödliche Krankheit).
Wie gesagt, da muss ich mal suchen.
 
Ich persönlich habe kein Problem mit einem Thread zur Medizingeschichte, wiewohl ich mich nach den ersten Beiträgen frage, ob es hier nun um Medizin im Alten Ägypten bzw. im Altertum bis zur Medizin in der Antike gehen soll oder um - vgl. den Eingangsbeitrag - um Medizin im Mitteleuropa des 17. Jh. oder aber um Medizingeschichte allgemein.

Für den Fall, daß der Thread im letzteren Sinne - ergo epochenübergreifend - erstellt wurde, möchte ich einige Threadverweise hier einstellen, wo es um Aspekte von Heilkunde und Medizin im mittelalterlichen Europa geht:
http://www.geschichtsforum.de/f120/mit-dem-schlafschwamm-die-vollnarkose-10990/
http://www.geschichtsforum.de/235857-post132.html
http://www.geschichtsforum.de/235997-post136.html
http://www.geschichtsforum.de/239473-post166.html
http://www.geschichtsforum.de/256801-post189.html
http://www.geschichtsforum.de/173190-post1.html
http://www.geschichtsforum.de/174839-post31.html
http://www.geschichtsforum.de/188928-post9.html
Durchaus interessant ist auch bspw. folgender Wikipedia Artikel:
Trotula di Ruggerio/Trota von Salerno
Anm.: Auch wenn die mittelalterliche Medizin in Europa noch nicht zur Sprache kam, möchte ich dies an der Stelle anbringen, ehe hier einige verbreitete Geschichtslegenden wiedergegeben werden... :fs:

Daneben kann ich bspw. auch die Lektüre des folgenden Buches empfehlen: http://www.geschichtsforum.de/f178/europa-im-hochmittelalter-1050-1250-a-2571/
 
Zuletzt bearbeitet:
timotheus, ich denke epochenübergreifend ist wirklich etwas unübersichtlich, aber lassen wir das bitte noch so stehen und dann schauen wir mal wie groß das Interesse überhaupt ist, dann kann man ja noch verschieben zu den Alten Ägyptern oder zweiten Thread aufmachen mit Thema ähnlich wie: Die Medizin in der Antike oder Ähnliches. Meinst das ist so in Ordnung?

Ich wollte noch die evtl. Tetanusbeschreibung aus dem Papyrus Smith dazuschreiben (ich vereinfache die Schreibweise so, daß ich die Umschrift weglasse):

Sm Fall 7 (3,2-4,4)
(vorher werden einige andere Fälle geschildet, und nun dieser):

Wenn du dagegen jenen Mann findest, es hat sein Fleisch Hitze bekommen infolge jener Wunde, welche in den (...) seines Schädels ist, und (...) jener Mann hat, er hat Zahnschmerzen infolge jener Wunde bekommen; dann mußt du deine Hand auf ihn legen, und findest du seine Stirn feucht von Schweiß; die Stränge seines Nackens sind gestreckt; sein Gesicht ist gerötet; seine Zähne, sein Rücken, der Geruch des Kastens seines Kopfes (das ist: der Mittelteil seines Scheitels in der Nähe seines Gehirns, er ist einem Kasten ähnlich gestaltet) ist wie die Ausscheidung von Kleinvieh (das bedeutet: der Geruch seines Scheitels ist wie der Harn von Kleinvieh);
sein Mund ist gebunden; seine beiden Augenbrauen sind (...), sein Gesicht ist wie wenn es weint.
Dann mußt du dazu sagen: einer mit einer Klaffwunde an seinem Kopf, die bis zum Knochen reicht, durchlöchert sind die (...) seines Schädels; er hat Zahnschmerz bekommen; gebunden ist sein Mund; er leidet an Versteifung an seinem Nacken: eine Krankheit, die man nicht behandeln kann.

Tetanus - Wikipedia
Dort ist das mit dem sardonischen Lachen und der Kiefernklemme ganz gut beschrieben, hier auch noch was:
Tetanus - Symptome
 
Salus sala,

gesch.med@mail.uni-wuerzburg.de
( Institut Für geschichte der Medizin: Dessen emeritierter Vorstand
Prof Dr.med, Dr. phil., Dr hc. mult. Gundolf Keil ist vielleicht der kompetenteste Medizinhistoriker Deutschlands.

Ärzte und Apotheker absolvierten ein studium.

Traditionell wurden heute examinierten und approbierten Ärzten
vorbehaltene Tätigkeiten auch von Schmieden ( chirurgische Eingriffe),
Baadern und Barbieren vorgenommen.

akademische Ärzte nahmen keine Chirurgischen Eingriffe vor

Dies wurde non handwerklich ausgebildeten sogenannten " Wundärzten"
vorgenommen

Ein berühmter Vertreter dieser Zunft war der Dr. Eisenbarth



google mal das Liedchen " ich bin der Doktor Eisenbarth kurier die Leut nach meiner Art"

Unter kurpfuschern versteht ich

a) Menschen, die die Ärtzliche Kunst ohne staatliche Erlaubnis ausüben

b) Mediziner, die Ihre Kunst wider die gesicherten Medizinische Erkentnisse ausüben
( etwa Verabreichung von vitaminpräparaten als Alternative zur Chemotherapie bei Blutkrebs)
oftmals verbunden mit Patientenabzockerei

c) Ärzte ,die Ihren Beruf schlampig und fahrlässig ausüben und damit die Gesundheitsgefährdung Ihrer Patienten in Kauf nehmen.

Der Begriff " Krämer" ist eine altertümliche Bezeichnung für Kaufmann.
Im Zusammenhang mit Kurpfuscher (" Krämerischer kurpfuscher")´
bedeutet er , dass Einkunftserzielungsabsichten für den Kurpfuscher im Vordergrund stehen.

Salus! hygeia!
 
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Ein unglaublich spannendes Thema, das hier begonnen wurde - auch, wenn ich mich Timo anschließen muss und ich es etwas verwirrend finde, dass in einem einzigen Pfad ein ganzer Rundumschlag durchgeboxt werden soll, aber gut...

Bahnbrechende Fortschritte wurden in dem Sektor, den wir heute "Schulmedizin" nennen, meistens dann gemacht, wenn es in der Anatomie Fortschritte gab. Wie Scorpio ganz richtig schrieb, war es bei Galen seine Tätigkeit in den Gladiatorenschulen, die ihm ein ungeheures Wissen über den menschlichen Körper einbrachten. Durch die vielen Fleischwunden, die chirurgisch versorgt werden mussten, gewann er einen Eindruck, wie die Muskelbahnen verlaufen und wo die inneren Organe sind. Ein weiterer Schub für die Anatomie kam dann mit den Leichensezierungen in der Renaissance, um einen Namen in den Raum zu werfen, möchte ich Vesal nennen.

Im 17. Jahrhundert, das dich, sala, ja am meisten interessiert, kam es dann zu einem weiteren ganz wichtigen Vorstoß. Man versuchte nun nicht mehr, nur durch Sezieren Erkenntnisse über die körperlichen Funktionen zu gewinnen, sondern man verwendete auch Mikroskope, die Mechanismen im Organismus sichtbar machten, und das schlug sich natürlich auch in der Lehre nieder. Als Meilenstein gilt die Entdeckung des Blutkreislaufs, die ins 17. Jahrhundert fällt. Zuvor war man davon ausgegangen, dass nur in den Venen Blut fließt, da man die Arterien bei den toten Menschen, die man sezierte, leer vorfand. Erwähenswert ist hier der Wissenschaftler Stenon, der dem Herz einen zentralen Platz in den überlebenswichtigen Organen zuordnete. Er erkannte als erster, dass dieser Muskel dafür verantwortlich war, dass Blut durch die Gefäße fließt.

Während die Anatomie im 17. Jahrhundert florierte, geriet die Chriurgie mehr und mehr ins Hintertreffen und das lag nicht daran, dass die Chriurgen dieser Zeit schlechte Arbeit geleistet hätten. Die Pariser Medizinschule ging beispielsweise mit einer Arroganz gegen die Chirurgenschule von St. Come vor, dass man es aus heutiger Sicht kaum glauben kann. Es kam sogar dazu, dass die Chirurgen 1660 mit den Barbieren vereinigt wurden und ihnen wurde der Zugang zu den Graden eines Baccalaureus, Lizentiat oder Doktor nicht mehr zugelassen und wurden zu einer gewöhnlichen Handwerkerinnung degradiert. Erst als Louis XIV. knapp drei Jahrzehnte später die Hilfe eines Chriurgen in Anspruch nehmen musste, weil ihm selbst die Doctores der Pariser Medzinschule nicht helfen konnten, erlangte der Stand wieder etwas mehr Ansehen.
Auch, wenn hier nur die Situation in Frankreich beschrieben ist, ist die Grundeinstellung zur Chirurgie in ganz Europa eine ähnliche. Wenn du magst, und ich mehr Zeit habe, kann ich das noch etwas ausbauen.
 
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Ihr habt schon recht, das Thema ist zu komplex für einen Pfad, dann schon besser eine Trennung.
Danke Lukrezia für Deinen interessanten Bericht.
 
Hallo gregory,
hallo mercy,

vielen Dank für Eure Antoraten. Mit der Medizingeschichte sind wir inzwischen zur Geschichte der Naturwissenschaften umgezogen (unter sonstiges). Da geht es im Moment noch etwas ungeordnet zu, aber falls es Euch interessiert, ich würde gerne am Thema dranbleiben und freue mich über Mitstreiter.

Die Ärztewoche-Seite ist wirklich ganz nett! Danke.
 
Ihr habt wirklich recht: Eine Trennung (nach Epochen oder Inhalten) macht sicher Sinn. Ist das Adminsitratorenaufgabe? Muss /darf/kann ich das tun, da ich das Thema aufgebracht habe? Ich bin nämlich ungeübt im Forenleben und möchte hier nichts falsch machen!

Also: Eine sinnvolle Aufteilung fänd ich prima.
 
Ein unglaublich spannendes Thema, das hier begonnen wurde...

Hallo Luki :winke:, schön, dass wie dich aus der Spielehalle hervorlocken konnten.

Ich habe mal ein wenig in meinem Bücherschrank gekramt und "Eine kleine Plauderei über die große Weltgeschichte der Arzneipflanzen" gefunden.
"Das grüne Geheimnis" von Michel Wilhelm.

Demnach wurde das erste Heilkräuterbuch von Kaiser Shen-nung vor ungefähr 5000 Jahren zusammengestellt, welcher nach heutigen Maßstäben ein Biologe, Naturforscher und Förderer der Landwirtschaft gewesen war. Er soll den Pflug erfunden haben und die Bauern gelehrt haben, wie man auf überschwemmten Feldern Reis anbaut.
Das Heilkräuterbuch ist leider verschollen, es wird überliefert, dass es bereits 239 Pflanzen aufzählen konnte. Allerdings soll es Marco Polo vor rund 700 Jahren noch einmal zu Gesicht bekommen haben. Er, 17 jähriger, sein Vater und Onkel reisten als Kaufleute über Bagdad zum Persischen Golf, durch den Iran und Pamir weiter am Lop-nor vorbei nach China.
Auf ihrem Rückweg führten sie kostbare Waren mit sich.
Die Früchte des Sternanis zählten dazu, die wegen ihres hohen Gehalts an ätherischen Ölen besonders geschätzt waren. Sie galten wie unsere Anissamen als Magenstärkungs- und Beruhigungsmittel. Aus dem Öl stellte man in der alten Welt wohlriechende Salben her.
Wahrscheinlich führte die Reisegesellschaft auch Proben des Kampferholzes mit. In den religiösen Kulten zwischen Indochina und Peking benutzte man einen Extrakt daraus, der in den Tempeln verdampft wurde, um die Häupter der Götter zu verhüllen.
Heute wissen wir, dass Kampfer einen wohltuenden Einfluß auf Atmung und Herztätigkeit hat.
Er galt und gilt auch als Mittel gegen Infektionskrankheiten. Früher behauptete man, er wirke auch innerlich beruhigend auf die Geschlechtsorgane.

Eine weitere begehrte Handelsware war Opium. Wobei die Mode und damit auch die Sucht, Opium zu rauchen etwa um 900 n.Chr. bei den Mohammedanern in Vorderasien entstand

Zurück zu den Kräutern.Die Seefahrer des 15. und 16.Jh. brachten auch eine Vielzahl neuer Drogen nach Europa.

Es gab viel zu tun: neue Pflanzen mußten beschrieben und getest werden, neue Mixturen kamen in Mode. Und der Hunger nach Wissen war kaum zu stillen.
Wertvolle und praktische Kenntnisse hatte man bis dahin aus den Schriften des Dioskurides, den "Pedacii Dioscoridis Anazarbaei de materia medica", gezogen sowie aus dem Buch der heiligen Äbtissin Hildegard von Bingen, "Physica sive subtilitatis diversarum naturarum creaturarum", einem Werk in dem immerhin schon 250 Gräser, Kräuter und Früchte beahdnelt sind. Zwischen 1151 und 1168 hatte HvB vor allem Pflanzen des germanischen Kulturraums breiten Platz eingeräumt und auch deutsche Namen der einzelnen Drogen verwendet.
Als vielleicht schönstes Kräuterbuch war bis dahin das des Mönchs Walahfried Strabo aus der ersten Hälfte des 9.Jh. benannt. Diese in lateinischen Hexametern geschriebene "hortulus" gab auch manche Hinweise auf die medizinische Verwendung der Drogen.
So berichtete er z.b. über den Salbei:
"Leuchtend blühet Salbei ganz vorn am Eingang des gartens, süß von Geruch, voll wirkender Kräfte und heilsam zu trinken, manche Gebresten der Menschen zu heilen, erwies er sich nützlich. Ewig im Grüne der Jugend zu stehen, hat sie dadurch verdient."

Schließen möchte ich diesen kleinen Beitrag mit Karl von Linné. Der fanatische Systematiker Linné bekam durch die Forschung Camerarius (der die Sexualität der Pflanzen entdeckte und beschrieb) ein Instrument in die Hand, mit dem er Ordnung ins Tier- und Pflanzenreich bringen konnte. Er studierte in Lund und Uppsala Medizin und promovierte in Holland. Als praktischer Arzt wirkte er in Stockholm, als Professsor der Botanik seit 1741 in Uppsala. Im Jahre 1735 stellte er die erste Fassung seines Hauptwerks "Systema natura" vor, in dem er die Tiere in sechs Klassen einteilte: Säugetiere, Vögel, Lurche, Fische, Kerbtiere und Würmer. Gleichzeitig wies er dem Menschen seinen Platz in der Klasse der Säugetiere an.
Seinem künstlichen System der Pflanzen förderlich war ihm die Überzeugung, dass alle Arten der Tier- und Pflanzenwelt in ihrer gegenwärtigen Gestaltvon Gott geschaffen worden und daher seitdem keine neuen Arten entstanden seien. Er selbst revidierte und bemühte sich ab 1738 um ein natürliches System.
Als wichtigste Verbesserung führte Linné 1753 in seinem "Species plantarum" die binäre Nomeklatur der pflanzen nach Gattungs- und Artnamen ein.

Dem Thema Arzneipflanzen in Ägypten, im alten Rom sowie im Mittelalter räumt Michael Wilhelm in seinem kleinen Büchlein ebenfalls viel Raum ein. Aber um da etwas mehr zu berichten, müßte ich mir etwas Zeit nehmen. Ich bitte also um Geduld.

Übrigens wird seit 1999 auch die Arzneipflanze des Jahres gekürt und in diesem Jahr erhielt der Hopfen diesen Titel. Und liebe Männer, er ist nicht nur zum Bierbrauen gut...:rofl:


PS: Ich persönlich fände es schade, den Thread zu teilen. Ich denke, der kleine Kreis der Interessierten findet sich zurecht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde eher annehmen, dass "Quacksalber" von der Verwendung von Quecksilber herrührt. Quecksilber wurde vor allem gegen venerische Krankheiten eingesetzt. Die Folgen einer Behandlung mit Quecksilber glichen denen einer Chemotherapie.
 
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