Athens Demokratie - eine Sackgasse

G

Grillinski

Gast
Hallo,

Vergleiche zwischen der athenischen Demokratie und neuzeitlichen Staatsformen finde ich zu Hauf, doch wüsste ich gern, ob das Modell Athen die Vordenker der neuzeitlichen Demokratie inspiriert hat? Waren die griechischen Theorien in der Renaissance wieder entdeckt worden und lieferten sie eine theoretische Basis etwa für die Französische Revolution oder die amerikanische Verfassung?

Bin gespannt.

Grillinski
 
Hallo,

Vergleiche zwischen der athenischen Demokratie und neuzeitlichen Staatsformen finde ich zu Hauf, doch wüsste ich gern, ob das Modell Athen die Vordenker der neuzeitlichen Demokratie inspiriert hat? Waren die griechischen Theorien in der Renaissance wieder entdeckt worden und lieferten sie eine theoretische Basis etwa für die Französische Revolution oder die amerikanische Verfassung?

Bin gespannt.

Grillinski
Kannst Du mir mir helfen, suche Vergleiche zur attischen Demokratie und neuzeitlicher D. schreibe am Mittwoch meine erste Klausur. Hauptthemen (Solonische Reformen, Ausgangssituation Athen) Liebe Grüße Jessica
 
Hi Grillinski,

Ich kanns in keinster Weise belegen, bilde mir aber ein in einer Vorlesung zur attischen Demokratie gehört zu haben, dass gerade die amerikanische Verfassung versucht hat aus den Fehlern, die der attischen Demokratie innewohnten zu lernen. Wenn dem wirklich so wäre, dann könnte man sicher von einer Inspiration sprechen.
 
Der Französischen Revolution war dagegen die Römische Republik Vorbild, was bis zu modischen Anleihen oder Neuauflagen führte, vom pilleus, der zur Jakobinermütze mutierte über die Empiremode und den "Tituskopf" bis zu Napoleons "Brutustolle"
 
Hey Leute,

Ich habe mir letztens die Geschichte von der Durchsetzung des Flottenausbaus in Athen durchgelesen. Dabei ist mir aufgefallen, dass diese durch ein Scherbengericht entschieden wurde und der gegner der Reform vertrieben wurde. Jetzt frage ich mich, wurde so etwas immer durch ein Scherbengericht entschieden und wenn nicht wieso wurde diese entscheidung nicht mit einer einfachen Volksversammlung gefällt?

Freue mich auf die Antwort,
euer Zar Alexander!
 
Bitte die Quelle oder wenigstens die Namen des ostrakierten raussuchen.
Soweit ich weiß, wurde so etwas mit einer normalen Abstimmung geklärt. Aber wenn ich Flottenausbau lese, vermute ich, dass Themistokles dahintersteckt und der hat ja sehr oft Scherbengerichte angestrebt um Gegner auszuschalten. War die Gegenseite ihres führenden Kopfes beraubt (der nicht nur als Organisator sondern auch Redner tätig war), dann konnte man eigene Ideen leichter durchsetzen.
In diesem Fall wäre der Ostrakismos also ein Hilfsmittel um bei einer späteren Abstimmung die eigene Idee durchsetzen zu können.
 
Vergleiche zwischen der athenischen Demokratie und neuzeitlichen Staatsformen finde ich zu Hauf, doch wüsste ich gern, ob das Modell Athen die Vordenker der neuzeitlichen Demokratie inspiriert hat? Waren die griechischen Theorien in der Renaissance wieder entdeckt worden und lieferten sie eine theoretische Basis etwa für die Französische Revolution oder die amerikanische Verfassung?
Grillinski

Ich glaube schon, daß die antike (also attische) Demokratie in den von Dir genannten Zeitabschnitten die neuzeitlichen Demokratien inspiriert haben. Aber es ist sinnvoll, wenn man sich das Bild des antiken Griechenland der damaligen Denker vor Augen führt. Eine kritische historische Forschung im heutigen Sinne kannten sie noch nicht, und so war das Bild von Griechenland ein sehr stark idealisiertes Bild. Es ist daher fraglich, ob man dann von einer "echten" Inspiration ausgehen kann. Unsere heutigen Demokratien haben so ziemlich wenig mit antiken Demokratien zu tun.

Kleiner Exkurs:

Außerdem waren die Athener in der Antike nicht die ersten (und einzigen), die eine sogenannte demokratische Stadtstaatsverfassung hatten. Wie in einem sehr interessanten Artikel von Rüdiger Haude* zu lesen ist, "[ist] der Normalzustand politischen und menschlichen Zusammenlebens demokratisch, und die alten Griechen liefern nicht mehr und nicht weniger als ein Kapitel in der langen Geschichte des Widerstreits zwischen und Freiheit und Herrschaft: den Versuch Demokratie und Herrschaft miteinander zu versöhnen". Dieser Versuch ist laut R. Haude keine Premiere gewesen, denn es gab sogenannte primitive Demokratien bereits in Mesopotamien und auch in den frühen "Staatsbildungen" der Hurriter und Hethiter. Ähnliches läßst sich auch in Ugarit, Nubien und im alten China feststellen. Der Begriff primitive Demokratien soll hier bedeuten, daß die innere Souveränität in den Händen aller freien Männer lag, während die verschiedenen Regierungsfunktionen noch wenig spezialisiert waren. Weiter heißt es bei R. Haude, daß demokratische Prozeduren in all diesen Gesellschaften stets auf dem Prinzip der Versammlung basieren. "Alle Erwachsenen Männer [...] treten zusammen, um anstehende politische Entscheidungen zu beraten und ggf. abzustimmen".

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*R. Haude, Alphabet und Demokratie, in: Saeculum 50/I (1999), S. 1 - 28.
 
Schon wieder ein Zeichen dafür das keine Demokratie wirklich gerecht ist...

Vielen dank.

Sorry, mir is der name Themistokles nicht eingefallen (immer diese Griechischen Namen!)
 
Tja, wie sagte der olle Churchill? "Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - aber es gibt keine bessere".
 
Schon wieder ein Zeichen dafür das keine Demokratie wirklich gerecht ist...
Gerade aus dieser Einrichtung Ungerechtigkeit abzuleiten, erscheint mir etwas übertrieben. Das Ostrakismos ist ein wichtiger Versuch den Einfluss großer Männer zu umgehen und der Verbannte durften seinen gesamten Besitz behalten, wurde als fast nur politisch getroffen.
Die Entscheidung fällte "das Volk", ein anderer Staatsmann konnte nur versuchen von der Nötigkeit eines Ostrakismos und der Gefahr seines Opponenten zu überzeugen, immer mit der Gefahr dass dieser in seinen Reden zurüückschlug. Themistokles wurde letztenendes auch ostrakiert.
 
Wichtig auch: Der Ostrakismos galt nur für eine bestimmte Zeit; danach konnte der ostrakisierte unbehelligt zurückkehren.

ME diente der O. auch dazu, eine Stasis zu verhindern (also eine Zeit der gewaltsamen inneren Ausseinandersetzung), indem einer der potentiellen Anführer kalt gestellte wurden.

Übrigens: "Gerechtigkeit" ist ein Ideal, das kein reales Regierungssystem je erfüllen wird; aber mit der Demokratie kommt man mE ziemlich n ahe ran... ;)
 
Tja, wie sagte der olle Churchill? "Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - aber es gibt keine bessere".
Hier ringeln sich bei mir die Zehennägel! ;) Wenn die Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen wäre, dann gäbe es nur bessere. Aber ich kenne das Originalzitat von Churchill auch nicht, ich glaube nur nicht, dass er so einen Unsinn verzapft hat. Würde eher zu Stoiber passen.

Aber es ist wahr: wenn ich so die verschiedenen groben Fehlentscheidungen lese, die sich Athen geleistet hat, die anarchischen und populistischen Schwenks, die es vollzogen hat, die besessene Machtausübung über ihre eigenen, selbst gewählten Führungskräfte (ich meine die Strategen), die oftmals nicht hoffen konnten, in ihrer Heimat lange zu überleben... dann wird man schon irre an dieser Form der Demokratie. :grübel:

Ich kann es irgendwie nachvollziehen, wenn Leute wie Platon oder Aristoteles, sicher keine Dünnbrettbohrer, von ihr nichts wissen wollten. Zumindest ging es zu Zeiten der Aristokratie wesentlich friedlicher zu in Hellas.
 
Hier ringeln sich bei mir die Zehennägel! ;) Wenn die Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen wäre, dann gäbe es nur bessere. Aber ich kenne das Originalzitat von Churchill auch nicht.

Mensch, dieser Spruch von Churchill ist ein Aphorismus und muss mit einem zwinkernden Auge genossen werden. - Hast du das wirklich nicht bemerkt?
 
Zumal das Zitat entweder falsch aufgeschrieben oder übersetzt wurde.

“It has been said that democracy is the worst form of government except all the others that have been tried.”


Aber ich möchte gerne noch darauf hinweisen, dass die Attische Demokratie mehrere Phasen durchlaufen hat und fast immer ein aristorkatischer Einfluss sichtbar gemacht werden kann.
 
Aber ich möchte gerne noch darauf hinweisen, dass die Attische Demokratie mehrere Phasen durchlaufen hat und fast immer ein aristorkatischer Einfluss sichtbar gemacht werden kann.

Was nicht ihren revolutionären Charakter im Hinblick auf die Staatsformen aller anderen Länder mindert!
 
Ne, aber so wird's richtig. Gerade ein Aphorismus darf keinen Nonsens erzählen, und einer von Churchill am allerwenigsten. Manche Aphorismen fassen sich in tiefgründige Paradoxien, der aber ist schlichtweg falsch. Dank Sheik kenne ich nun den Originalspruch - hoffe ich wenigstens.

Manche Aphorismen nehmen im Lauf ihres Gebrauchs ("Stille Post") einen komischen Zug an. Z.B. das berühmte Kreter-Paradox "Ein Kreter sagt, alle Kreter lügen". Das ist überhaupt kein Paradox! Wohl aber diese Version:"Ein Kreter sagt, er lüge." oder noch kürzer: "Ich lüge". Es heißt, Chrysipp habe sich im Laufe des Nachdenkens darüber umgebracht. Bei der Version "Ein Kreter sagt, alle Kreter lügen" wohl kaum.

Hat jetzt aber mit der Athenischen Demokratie nichts mehr zu tun ^^

Vielleicht kann man es so ausdrücken: die attische Demokratie war einer der ersten Versuche dieser Art, an denen man ihre Fehler schön studieren kann?
 
Es wurde erwähnt, die amerikanische Demokratie sei von der attischen inspiriert worden. Kann es sein, dass das heutige Auftreten der USA doch einiges mit dem attischen, besonders nach den Perserkriegen und Gründung des Seebundes zu tun hat? Während sich Athen in der Ägäis als Frieden- und Wohlstandsbringer aufgespielt hat, wurde es von der Monarchie Sparta als Unterdrücker gebrandmarkt.
Kennt sich jemand :)winke: Themistokles) in den Beziehungen zwischen Sparta und Athen zwischen persischen und peloponnesischen Kriegen aus?
 
Ich könnte schauen, ob ich etwas dazu finde. Muss morgen sowieso einige Stündchen in die Bibliothek. Heute schaff ich vermutlich nichts in die Richtung.

PS: Sparta bezeichne ich lieber als Aristokratie, da es zwar ein Königtum gab, aber aus 2 Personen und Monarchie zusehr die Alleinherrschaft impliziert.
 
wenn dann doch bitte schon als Dyarchie oder Oligarchie, denn eine Aritokratie war Sparta eben auch nicht. Weder hatte es eine Anzahl entscheidungstragender Oberschicht innerhalb der Spatiaten noch war es eine Herrschaft der Besten.

Ich würde die Beziehungen als nebeneinander Bezeichnen, bis zum Ausbruch der ersten Kriegshandlungen 457 v.Chr. war Sparta auf dem Peleponnes beschäftigt während Athen den Delisch-Attischen Seebund ausbaute. Und spätestens ab den 460er Jahren steuerte man ja direkt auf einen Konflikt zu.
 
Die attische Demokratie war weniger Vorbild als das republikanische Rom.
Demokraten gab es im 18. und (teilweise)19. Jh. nicht sehr viele.
Die Mehrheit verstand sich eher als Republikaner.
 
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