Größte(r) absolutistische(r) Herrscher(in) ?

Größe(r) absolutistische(r) Herrscher(in)?


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Friedrich Wilhelm I. (König von 1713-1740)

Da Moser Friedrich Wilhelm I. auch anführt sollte man wohl auf die Verdienste des Soldatenkönigs einmal eingehen.
Als Ausgangslage fand Friedrich Wilhelm I. einen finanziell zerrütteten und von einer Hunger- und Pestkatastrophe in Ostpreußen (1709/10) gezeichneten Staat vor. Auf der anderen Seite war Friedrich I. gelungen die Königswürde für Preußen zu erlangen und die Außenpolitik Friedrich I. führten zu den entscheidenden Gebietszuwächsen, welche 1713, 1720 und 1732 hinzu kamen. Tatsächlich führte Friedrich Wilhelm I. seinen Staat in den Hochabsolutismus insbesondere durch seine Regierungsweise.

Friedrich Wilhelm I. hatte eine gründliche Vorbereitung auf die Regierungsgeschäfte genossen, allerdings ohne dadurch ein besonders gebildeter Mann geworden zu sein. Seiner Mutter Sophie Charlotte war eine Beeinflussung ihres Sohnes im Sinne Fénelons und eines westeuropäisch-freigeistigen Gedankengutes misslungen.

Friedrich I. hatte Preußen im Großen und Ganzen in den Bahnen seines Vaters weitergeleitet, allerdings die Repräsentation schon als Kurfürst gesteigert und somit einen höfischen Absolutismus auf seinen Gipfel gebracht. So musste der Tod dieses Königs auf die Hofleute, aber auch die Bürgerschaft Berlins „wie eine Art Verhängnis“ wirken, da man wohl ahnte, wie radikal der Bruch des Sohnes zur Politik des Vaters werden würde.
So begann Friedrich Wilhelm I. seine Regierung mit einer entschiedenen Sparpolitik, Chargen des Hofes wurden gestrichen, die Beamtengehälter um ein Drittel verringert.

Tatsächlich sollte die Innen- und Wirtschaftspolitik des Königs seine wichtigsten Felder bleiben, wobei eine schonungslose Sparpolitik, welche vor allem die höfischen Kosten betraf ,und zugleich eine eklatante Vermehrung des Heeres die Kernpunkte waren. Schon als Kurprinz hatte Friedrich Wilhelm verlauten lassen, sein Heer von 30.000 auf 50.000 Mann bringen zu wollen, was man sogleich wahrnahm und von ihm letztlich sogar übertroffen wurde. Für die Bevölkerung selbst führte die Rekrutierung so vieler Landeskinder immer wieder zu Akten des Chaos und der Erbitterung.

Friedrich Wilhelm I. war von der calvinistischen Prädestinationslehre im Sinne Franckes beseelt und diese wurde auch sozusagen zu einem Antrieb zum Umbau der Verwaltung. Indem der König selbst pflichtbewusst arbeitete, erwartete er die selbe Ergebenheit von seinen Beamten. Die standesmäßige Auffassung der adeligen Beamten sollte einem Arbeitsethos als Diener der Krone weichen. Die vielschichtige Umwandlung des Verwaltungsapparats zielte zugleich auf eine „Domestizierung“ des Adels ab, welcher schon unter den beiden Vorgängern Friedrich Wilhelm I. jegliche Macht verloren hatte. Der grundlegende Umbau des Behördenapparates wäre zu umfangreich, um hier angerissen zu werden.
Fakt ist indes, dass der König diesen Apparat von außen steuerte, aus seinem Kabinett heraus. Diese Regierungsweise, der Aufenthalt des Königs in Potsdam und Königs-Wusterhausen während die Großbehörde (Generaldirektorium) und die Minister in Berlin waren, entsprach ganz dem Absolutismus.
„Der absolute Herrscher entzieht sich jeder Möglichkeit der persönlichen Beeinflussung, seine Autorität kommt von ferne, von oben über seine Diener herab, die zu bloßen ausführenden Organen werden.“
(C. Hinrichs)


Zwar vertiefte Friedrich Wilhelm I. eher noch die Abhängigkeit der Bauern von ihren Grundherren, aber er schlug auch den Weg ein, welcher zumindest zu einer Einschränkung der Steuerfreiheit des Adels führte, welche in den Städten und langsam auch in den Provinzen vollzogen wurde. Auch wenn die Regierung Friedrich Wilhelm I. wohl viel zur Herausbildung des Junkerstaates, wie er dann für Preußen charakteristisch wurde, beitrug, kann man den König schlecht als Freund des Adels bezeichnen. Die der Krone entfremdeten Domänen wurden durch Prozesse wieder zurück gewonnen, obendrein kam es zu Ankäufen, was darauf hinaus lief, dass ein Viertel der Fläche des Königreichs in der Hand der Krone war.

Die Wirtschaftspolitik war gekennzeichnet von einem konsequenten Merkantilismus. Die Manufakturen waren wegen eines unterwickeltem Finanzbürgertums zumeist in der Hand des Staates. Den mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweig machte in dieser Zeit die Textilindustrie aus. Den Wirtschaftskrieg gegen Sachsen hatte ich bereits einmal thematisiert. http://www.geschichtsforum.de/f288/...flikt-im-zeitalter-august-ii-von-polen-13078/ Der König verfügte bis hin zu Ausfuhrverboten von Rohstoffen, was allerdings die Einkünfte der adeligen und Krongüter schmälern musste. Trotz der gewaltigen Anstrengungen für die Rüstungen und den obigen Einnahmeverlusten gelang ein finanzieller Überschuss, der in Fässern im Berliner Schloss als Reserve für den Kriegsfall gesammelt wurde.
Wirtschaftlich bedeutend war auch die Politik der Ansiedlung der 20.000 Salzburger Emigranten in den Gebieten, welche 1709/10 von der Hunger- und Pestkatastrophe betroffen waren. Darüber hinaus sollte die Anlage von Getreidemagazinen zu einer „Conversation der Untertanen“ beitragen, da man in Zeiten tiefer Getreidepreise Stützungskäufe erfolgten und in schlechten Jahren die erworbenen Getreidemengen wieder abgegeben werden sollten. Auf lange Sicht kam dies natürlich auch der Wirtschaft zu Gute.

Positiv wirkte sich sicherlich auch für die Wirtschaft aus, dass Preußen unter Friedrich Wilhelm I. nicht wieder von Kriegen heimgesucht wurde, was der Außenpolitik des Königs entsprach. Allerdings wurden Teile des Landes vom Nordischen Krieg (bis 1721) heimgesucht, in welchen sich Preußen aber anfangs gar nicht einmischen konnte und wollte, da die preußischen Streitkräfte bereits im Westen im Span. Erbfolgekrieg gebunden waren. Der aufbrausende Charakter des Königs, welcher berühmt war und welchen er scheinbar selbst erkannte, ließ ihn wohl auch neben seiner mangelnden Neigung dazu, die Außenpolitik relativ zurückhaltend führen. Er ließ daher diese, welche eigentlich das grundlegende Feld war, welches absolutistische Herrscher sich vorbehielten (selbst George II. von England!), weitreichend vom Kabinettskonseil und ab 1728 vom Kabinettsministerium verwalten. Dennoch sollte sich Friedrich Wilhelm I. persönlich immer wieder als Hemmnis der Außenpolitik erweisen, da er häufig undiplomatisch mit Gesandten umging. Dass die Außenpolitik dennoch erfolgreich verlief, verdankte Friedrich Wilhelm I. zum einen den Handlungen seines Vaters, zum anderen sicherlich seinem achtungsgebietenden Militär. Schon 1713 stellten sich erhebliche Gebietsgewinne aus dem Frieden von Ütrecht ein. Es wurde das Oberquartier Geldern und aus dem oranischen Erbe des nah verwandten König Wilhelm von England, der allerdings den Grafen von Nassau-Diez zum Universalerben eingesetzt hatte, das schweizerische Neuenburg sowie Mörs und Lingen für Preußen gewonnen. Bis 1732 erstreckten sich noch weitere Prozesse um kleinere Gebiete des besagten Erbes, welches man sich u.a. aus der Beteiligung am Span. Erbf.krieg erhofft hatte. Durch den Frieden von Stockholm 1720 gelang obendrein noch die lange anvisierte Vereinnahmung Vorpommerns bis zur Peene. Die Weichenstellungen für all diese Zugewinne und auch der kaisertreue Kurs wurden jedoch schon von Friedrich I. eingeschlagen. Als größten Erfolg muss man wohl werten, dass Preußens Sieg um die Vormacht in Norddeutschland gegen den Dresdener und Hannoveraner Hof erreicht wurde, allerdings unter den günstigen Bedingungen, dass beide Regierungen im Ausland (Warschau und London) gebunden waren.

Literatur:
Werner Schmidt: „Friedrich I. - Kurfürst von Brandenburg König in Preußen“ Heinrich Hugendubel-Verlag 2004

Peter Mast: „Die Hohenzollern in Lebensbildern“ Diederichs 2000

Heinz Schilling: „Höfe und Allianzen - Deutschland 1648–1763“, Siedler - Berlin - 1998
 
Wenn man sich Friedrich Wilhelm I. und Friedrich I. anschaut, dann mögen sie vielleicht nicht die größten Herrscher gewesen sein, aber im Sinne ihrer Ziele wohl die erfolgreichsten.
So erreichte Friedrich I. die Königskrönung und ihre Anerkennung durch die allermeisten Staaten ausgenommen dem Papst, der noch lange mit Preußen grollen sollte. Dass sich seine oranischen (Erb-)Pläne nicht verwirklichen ließen, war wohl 1713, also zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht ganz sicher.

Hingegen erreichte Friedrich Wilhelm I. einen ausgewogenen Haushalt und eine bedeutend zugenommene Unabhänigkeit vom Kaiserhof. Diese neue Unabhängigkeit manifestiert sich allein darin, dass Preußen nicht mehr wie zu Zeiten seines Vaters zu einer Subsidienmacht verurteilt war, sondern seine Kriege aus eigener Kraft heraus führen konnte. Nur im Erreichen seiner außenpolitischen Pläne um das Erbe in Jülich und Berg sah sich Friedrich Wilhelm I. letzten Endes höchstwahrscheinlich betrogen. Sowohl an der Seite Englands (Vertrag von Herrenhausen), als auch an der des Kaisers (Konvention von Wusterhausen) hatte Friedrich Wilhelm I. Unterstützung für den Erbfall gesucht, welcher dann mit dem Tode Karl Philipps von der Pfalz auch wirklich 1742 eintrat. Da war Friedrich II. aber schon wegen Schlesien gebunden. Weder das Haus Österreich noch die Seemächte hatten allerdings scheinbar ein Interesse an einem Vorrücken der Militärmacht Preußen am Rhein.
 
@Brissotin: Hingegen erreichte Friedrich Wilhelm I. einen ausgewogenen Haushalt und eine bedeutend zugenommene Unabhänigkeit vom Kaiserhof. Diese neue Unabhängigkeit manifestiert sich allein darin, dass Preußen nicht mehr wie zu Zeiten seines Vaters zu einer Subsidienmacht verurteilt war, sondern seine Kriege aus eigener Kraft heraus führen konnte.

Er baute zwar die preußische Armee enorm aus, ist sozusagen der Begründer des Militarismus, führte aber niemals Krieg. Die sogenannten preußischen Tugenden gehen auf ihn zurück, er lebte sie selbst vor.

Das von der Nachwelt empfundene Bild des "preußischen Königs" ist irgendwie eine Synthese aus Friedrich Wilhelm I. und seinem Sohn Friedrich der Große.

Dass sich dieses Klischee bis heute erhalten hat, dazu hat der letzte Hohenzoller auf dem Thron (Wilhelm II.) kräftig beigetragen.
 
1. Er baute zwar die preußische Armee enorm aus, ist sozusagen der Begründer des Militarismus, führte aber niemals Krieg. Die sogenannten preußischen Tugenden gehen auf ihn zurück, er lebte sie selbst vor.

2. Das von der Nachwelt empfundene Bild des "preußischen Königs" ist irgendwie eine Synthese aus Friedrich Wilhelm I. und seinem Sohn Friedrich der Große.
1. Das hatten wir schonmal. Er führte zweimal Krieg. Friedrich Wilhelm I. war einmal am Nordischen und am Polnischen Erbfolgekrieg beteiligt. Bei ersterem gab es die bedeutenden Gebietsgewinne in Vorpommern, bei letzterem müsste es sich um Hoffnungen um Gegenleistungen Wiens für die Unterstützung in diesem Krieg gehandelt haben - Stichwort: neuenburgisches Erbe.
Ich hatte den poln. Erbf.krieg schon mal thematisiert: http://www.geschichtsforum.de/f288/preussische-beteiligung-am-polnischen-erbfolgekrieg-11583/
Um so öfter man wiederholt, dass Friedrich Wilhelm I. keine Kriege führte, um so wahrer wird es dennoch nicht. Er führte Kriege und das im Rahmen der damals üblichen Allianzkonstelationen.

2. Ja, Friedrich Wilhelm I. gilt als größter innerer König Preußens und Friedrich II. als größter äußerer, wenn man so will. Das hatten wir zumindest so in der 11. Klasse Geschichte Grundkurs, der besser gelehrt war als der LK, gelernt.
 
@Brissotin: Das hatten wir schonmal. Er führte zweimal Krieg. Friedrich Wilhelm I. war einmal am Nordischen und am Polnischen Erbfolgekrieg beteiligt.

Ja, du hast recht. Er sandte im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen Truppenkontingente. Die haben aber m.W. kaum Pulver gerochen.

Ich meinte auch mehr, dass er keinen Krieg aus reinem Eigeninteresse führte. Wie sein Sohn einfach mal schnell Schlesien kassieren, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.

Ich habe mich schlichtweg unklar ausgedrückt. Kann vorkommen.
 
Die Frage ist, wie hier das Ganze def. werden soll.
Wenn nach dem absolutistischen Herrscher inkl. ideologischem-kulturellen Hintergrund des Gedankens und seiner praktischen Umsetzung und Inzenierung geurteilt wird, dann kann die Antwort nur Louis XIV. lauten (=Dass Original).
 
Ja, du hast recht. Er sandte im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen Truppenkontingente. Die haben aber m.W. kaum Pulver gerochen.

Ich meinte auch mehr, dass er keinen Krieg aus reinem Eigeninteresse führte. Wie sein Sohn einfach mal schnell Schlesien kassieren, wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.

Ich habe mich schlichtweg unklar ausgedrückt. Kann vorkommen.
Du nimmst dann aber eine Ausnahme als Vergleich an und auch Friedrich II. hatte natürlich beim Angriff auf Schlesien von Anfang an gehofft, dass zeitgleich Frankreich, Sachsen und Bayern in den Krieg eintreten würden. Also führte Friedrich II. durchaus einen Allianzkrieg. Der Charakter seiner Kriegsführung, da er sich als untreuer Verbündeter erwies, war natürlich auch davon geprägt, dass bei aller Sparpolitik seines Vaters, der Kriegsschatz nicht sehr weit reichte und das war Friedrich II. wohl bewusst. Deswegen drängte er nach dem Gewinn Schlesiens auf eine sofortige Abmachung mit Maria Theresia, welche sie ihm allerdings verweigerte.

Der Unterschied zwischen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. ist wohl, dass sich ersterer eine Unterstützung für wohl recht begründete Ansprüche durch den Kriegsbeitritt im Polnischen Erbfolgekrieg erhoffte, während der andere sehr zweifelhafte Ansprüche hatte. Dennoch dürfte auch der Krieg Friedrich Wilhelm I. auch seinen politischen Interessen entsprochen haben. Sowohl seine proenglische als auch seine prokaiserliche Politik ließen einen Vormarsch Frankreichs im Westen alles andere als wünschenswert erscheinen. Deswegen wollte Friedrich Wilhelm I. auch 50.000 Mann an den Rhein senden, er war ja persönlich am Feldzug beteiligt. Aber ein solches Gewicht innerhalb der Allianz wollte der Kaiser nun auch wieder nicht, denn er misstraute der zunehmend erstarkenden Militärmacht Preußen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Unterschied zwischen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. ist wohl, dass sich ersterer eine Unterstützung für wohl recht begründete Ansprüche durch den Kriegsbeitritt im Polnischen Erbfolgekrieg erhoffte, während der andere sehr zweifelhafte Ansprüche hatte. Dennoch dürfte auch der Krieg Friedrich Wilhelm I. auch seinen politischen Interessen entsprochen haben. Sowohl seine proenglische als auch seine prokaiserliche Politik ließen einen Vormarsch Frankreichs im Westen alles andere als wünschenswert erscheinen. Deswegen wollte Friedrich Wilhelm I. auch 50.000 Mann an den Rhein senden, er war ja persönlich am Feldzug beteiligt. Aber ein solches Gewicht innerhalb der Allianz wollte der Kaiser nun auch wieder nicht, denn er misstraute der zunehmend erstarkenden Militärmacht Preußen.


Und das durchaus zu Recht, denn ein Aufstieg Preussens zur europäischen Großmacht war nur gegen und auf Kosten Österreichs möglich. Dass Preußen und Österreich einmal aneinandergeraten würden, überraschte die Zeitgenossen wohl weniger, als wie das dann geschah.

Friedrichs Ansprüche auf Schlesien kamen ihm wohl selbst fragwürdig vor, jedenfalls wartete er Maria Theresias Antwort erst gar nicht ab, sondern fiel mit seiner Armee in Schlesien ein. Mit der ihm gelegentlich eigenen Offenheit bekannte der Preussenkönig, dass es ihm vor allem um die "gloire" gegangen sei. Das war zwar im 18. Jahrhundert nichts Unübliches, die Eroberung Schlesiens wurde aber dennoch als ein frecher Raub betrachtet, ebenso wie deutlich wurde, dass Friedrich nur das behaupten würde, was seine Armeen besetzt hielten. Für Preussens Großmachtambitionen war Schlesien ein wesentlich kapitalerer Brocken als Jülich Kleve und Berg. Schlesien war territorial kompakter und lag dazu neben den preußischen Kernlanden. Mit seiner Eroberung vergrößerte Friedrich dazu die Zahl seiner Untertanen um fast 1 Millionen Seelen. Die günstige Gelegenheit Beute zu machen, war erschien allzu erfolgversprechend, als dass der Preussenkönig ihr widerstehen konnte.
 
Und das durchaus zu Recht, denn ein Aufstieg Preussens zur europäischen Großmacht war nur gegen und auf Kosten Österreichs möglich. Dass Preußen und Österreich einmal aneinandergeraten würden, überraschte die Zeitgenossen wohl weniger, als wie das dann geschah.
Wir kennen das ja von Frankreichs Reunionspolitik, man bemühte sich dort den gelungenen oder noch ausstehenden Raub von Land und Leuten mit einer Legitimation zu untermauern. Die üblichste Variante waren allerdings aktuelle Erbansprüche wie im Falle Spaniens oder der Pfalz, bei welchen der regierende Fürst starb und eigene Ambitionen auf das Land sogleich angemeldet werden konnten. Etwas Ähnliches wäre es ja im Falle von Berg auch gewesen, was zu einer verlockenden Arrondierung der preußischen Besitzungen der bedeutenden Textilregion um Krefeld etc. für Preußen geführt hätte. Das war dem Soldatenkönig sicherlich bewusst, wenngleich ein Verlust dieser Gebiete für die flächenmäßig kleine Pfalz sicherlich bedeutender gewesen wäre als der Gewinn für Preußen.

Von allen Beutegeiern von 1740/41 war Preußen also wohl der mit den fadenscheinigsten Begründungen, zumal die angebliche Motivation im Sinne des Reiches zu handeln auch erst ab 1742 (Kaiserkrönung Karl VII.) galt und diese durch den Friedensschluss von Breslau/Berlin im Sommer 1742 ad absurdum geführt wurde.
 
Von allen Beutegeiern von 1740/41 war Preußen also wohl der mit den fadenscheinigsten Begründungen, zumal die angebliche Motivation im Sinne des Reiches zu handeln auch erst ab 1742 (Kaiserkrönung Karl VII.) galt und diese durch den Friedensschluss von Breslau/Berlin im Sommer 1742 ad absurdum geführt wurde.

Friedrich war sicher der machiavelistischste Reichsfürst, und er verfügte dank seines Vaters über eine der größten und modernsten Armeen mit einem sehr professionellen Offizierskorps, das nur darauf brannte, einmal zu zeigen, was man konnte. Seine Armee war wohl das stärkste Pfund, mit dem der Preußenkönig wuchern konnte, und sie war letzlich das Instrument der Politik, das verhinderte, dass Preussen trotz aller politischen und diplomatischen Schwächen nicht auf den Status einer Mittelmacht zurückgestutzt wurde.

Dass um Schlesien ein dritter Waffengang nötig sein würde, zeichnete sich ab, ich frage mich nur, ob der letzte große Kabinettskrieg Europas zwangsläufig in dieser Konstellation geführt werden musste, oder ob Friedrich eventuell das "Renversement des Alliances" hätte verhindern oder aufschieben können. Der Preussenkönig glaubte ja gerade, dadurch seine Gegner Österreich und vor allem Russland durch die Westminsterkonvention in Schach halten zu können, da er glaubte, dass Russland viel stärker von britischen subsidien abhängig war. Dazu hatte er ganz unnötig den französischen Hof brüskiert, indem er Louis XV. erst nachträglich darüber informierte. In ganz Europa misstraute man inzwischen der preussischen Politik, und Friedrich, den man bereits den Großen nannte, konnte in der europäischen Politik nicht mehr mit der Nachsicht rechnen, als er mit der Skrupellosigkeit eines Emporkömmlings Schlesien eroberte und ein fait accompli schuf. Dabei konnte er, auf seine Armee vertrauend, sich leisten, erst danach nach Bündnispartnern zu suchen.
 
Dass um Schlesien ein dritter Waffengang nötig sein würde, zeichnete sich ab, ich frage mich nur, ob der letzte große Kabinettskrieg Europas zwangsläufig in dieser Konstellation geführt werden musste, oder ob Friedrich eventuell das "Renversement des Alliances" hätte verhindern oder aufschieben können.
Also soweit mir bekannt, hoffte man in Berlin noch, dass die Allianz mit England nicht bedeuten würde, dass deswegen Frankreich automatisch an Österreichs Seite rücken würde, da man dies in Berlin wegen des österreichisch-französischen Gegensatzes wohl für ausgeschlossen hielt.

Insgesamt war Louis XV. allerdings unendlich enttäuscht, dass es seinem Gesandten Monsieur de la Touche nicht gelungen war, Preußen von seinem Vertrag mit England abzuhalten.
Lehndorff dazu:
"23. Februar [1756]
... Ich diniere mit Herrn von Wulfenstjerna und La Touche. Dieser hat seine Abberufung von unserem Hof erhalten. Er tritt wieder seinen Dienst im französischen Kriegsheer an, wozu er entschieden auch besser geeigneter ist als zum Unterhändler eines Fürsten. Man hat ihn am französischen Hof beschuldigt, bei dem Abschluß des Vertrages zwischen unserem und dem Londoner Hof nicht wachsam genug gewesen zu sein. ..."
Monsieur de la Touche wurde durch Valori ersetzt, welcher schon in Berlin bekannt war. Zum Zeitpunkt, als bereits alles zu spät war, hatte man als besonders schweres Pfund in der Waagschale scheinbar noch den Duc de Nivernais gemeint entsenden zu müssen, dem zwar der König Honig um den Bart schmierte
Lehndorff:
"Man muß wirklich gestehen, daß Juppiter die Pille zu versüßen weiß."
(am selben Tag) und mit allen Ehren empfing und beschenkte, aber dem englischen Gesandten wurde noch mehr Ehre zu Teil.

Ich schau mal, was sich noch finden lässt.
 
Dazu hatte er ganz unnötig den französischen Hof brüskiert, indem er Louis XV. erst nachträglich darüber informierte.
Insgesamt verstand sich wohl Friedrich II. in seinem Zynismus so wenig auf den Umgang mit den Diplomaten wie sein Vater mit seiner rustikalen Umgangsart.

Pater Mast dazu:
"... seine Unfähigkeit [die Friedrich Wilhelm I.] ..., mit Diplomaten zu verkehren, die er ebenso wie später sein Sohn Friedrich als "priveligierte Spione" bezeichnete..."
Also ich denke, beide waren nicht die geborenen Diplomaten auf dem Thron.
 
Also zur Unterschätzung der Franzosen nochmals Lehndorff, entschuldigt ich habe ihn halt gerade zur Hand und er schreibt sehr viel über die Zeit vor Kriegsausbruch 1756 und eben aus der nächsten Nähe des Hofes und des Königs:
"8. September [1756!]
Ich bin mit Valory[der französische Gesandte] bei Wulfenstjerna[dem schwedischen Gesandten] zum Diner. Unsere Unterhaltung dreht sich um die Tagesereignisse, und ich komme zu der Überzeugung, daß im Grunde die Franzosen trotz ihrer Allianz mit Österreich nicht so sehr unsere Feinde sind, wie der kaiserliche Hof es wohl wünschte. ..."

Lehndorff, der Kammerherr der Königin und häufiger Gast auch von Hotham einem Vertreter Englands, ebenso wie von allen Gesandten der größeren Staaten nimmt also noch 1756 im Spätsommer an, dass die Franzosen nicht ernstmachen würden.
 
@ Brissotin: Also ich denke, beide waren nicht die geborenen Diplomaten auf dem Thron.

Nein, das waren sie wirklich nicht. Besonders Friedrich Wilhelm I. beging in seiner rauhbeinigen Art so manchen Fauxpax. Mitunter verplapperte er sich, als Gast bei Diplomaten geladen, im Suff auf das Heftigste. Der Wiener Gesandte meldete: "Seine Majestät waren gestern mein Gast. Er dinierte, soupierte und kotzte wie ein Wolf."(nach Fischer-Fabian: Preußens Gloria).
 
Die 40 wurde geknackt!
Ich bedanke mich für die bisherige, rege Anteilnahme, nach einigen Stolpereien. ;)
Was nicht heißen soll, dass hier Schluss ist.
Ich würde mich weiterhin über eine so starke Resonanz freuen.

Auf zu den nächsten 40 Stimmenabgaben! :D
 
:grübel:Bei mir erscheinen 41 Teilnehmer.
Aber wenn es mehr sind, ist das doch noch besser. :yes:

Stimmenabgaben und Teilnehmer sind was unterschiedliches. Ich bin bei meinem Beitrag von den Teilnehmern ausgegangen.
 
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Die Hauptsache ist doch, dass Louis le Grand vorn liegt, was ich natürlich damit relativieren möchte, dass ich noch nicht abgestimmt habe.:devil:
=)

Contra Friedrich II. von Preußen: Den Größten muss man auf F II. und FW I. wohl aufteilen nach Historikermeinung. (siehe oben!)

Bei Louis XIV bin ich noch am Zweifeln, irgendwie fällt mir kein mächtigerer französischer König ein, so sehr ich auch seinen Nachfolger mag.:grübel:

Bei Katharina II. denke ich zugleich an Peter den Großen, also wer denn nun oder sollte Peter I. kein absolutistischer Herrscher gewesen sein? Und wenn nicht, war es dann Katharina und was unterscheidet sie bezüglich ihrer Macht?:grübel:

Maria Theresia finde ich noch schwieriger zu bewerten, sie neben Louis XIV zu sehen, tut ein bisschen weh. Sie mag tatsächlich den Absolutismus auf die Spitze getrieben haben, die Entmachtung der Stände angegriffen, das ganze Land reformiert, einen Krieg verloren aber zugleich, vielleicht einen bedeutenderen, gewonnen. Sie war ein Arbeitsmensch und pflichtbewusst bestimmt, aber es fehlt mir etwas das geniale, einzigartige an ihrer Herrschaft oder ist das nicht nötig?:grübel: Beharrlichkeit besaß sie und den Willen.
 
Ein Vorschlag: ihre gleichgültigkeit. Es heißt ja am Tag von Maria Antonias geburt saß am schreibtisch und bearbeitete ihre Korrespondenz, ging ins Schlkafzimmer brachte Marioa zur welt und ließ sofort wieder Arbeit bringen:rofl:
Sry, für meine komischen Humor. Das geniale an ihrer Herrschaft ist nun wirklich schwer zu formulieren. Vielleicht kann man sie als Vorbild für die Frauenbewegung sehen, denn sie hat sich ja nicht schlecht geschlagen , man redet ja noch heute über sie. Nich so wie die du Barry oder Elizabeth Petorowna
 
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