Kolonien - warum?

ganz spontan fällt mir folgendes ein: Die Kolonialherren wollten Rohstoffe und z.T. Gold (i.B. bei den ersten Kolonien in Amerika war letzteres der Fall) haben, dass sie sich von den Kolonien erhofften.
 
Im wirtschaftlichen Sinne waren Kolonien, im ersten Sinne, die Rohstofflieferanten für die europäischen Kolonialmächte, was bereits schon von tuum_quoque geschrieben wurde. Weiterhin boten die Kolonien Absatzmärkte und eine billige Herstellung von Konsumgütern, obwohl das durch die fortschreitende Industrialisierung im 19. Jh. an Bedeutung verlor. Durch Kolonien hatte eine europäische Macht den Zugang zu dortig heimigen Produkten, welche als Luxusgut teuer in Europa verkauft werden konnten.
Politisch gesehen ermöglichten die Kolonien eine Erweiterung des Machteinflusses der jeweiligen Kolonialmacht und ermöglichten derren Hegemonieausweitung.
 
Ein weiterer Grund, der oft angeführt wird, ist, dass durch die Gründung von Kolonien von innenpolitischen Problemen abgelenkt werden sollte bzw. dass diese so gelöst werden sollten (ein bekanntes Beispiel stellen die sog. "Strafkolonien" wie z. B. Australien dar, in die kriminell gewordene Bürger abgeschoben wurden). Hans-Ulrich Wehler hat versucht, dies mit der sog. "Sozialimperialismustheorie" zu beschreiben.

Hinsichtlich der deutschen Kolonien lässt sich behaupten, dass ihre Gründung neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor allem auf den übersteigerten Nationalismus und das Weltmachtstreben des Kaiserreichs zurückzuführen ist (hier erlangte der Ausspruch von Bülows vom 6. Dezember 1897 sprichwörtliche Berühmtheit: "Mit einem Worte: wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne").
 
Ein weiterer Grund, der oft angeführt wird, ist, dass durch die Gründung von Kolonien von innenpolitischen Problemen abgelenkt werden sollte bzw. dass diese so gelöst werden sollten (ein bekanntes Beispiel stellen die sog. "Strafkolonien" wie z. B. Australien dar, in die kriminell gewordene Bürger abgeschoben wurden). Hans-Ulrich Wehler hat versucht, dies mit der sog. "Sozialimperialismustheorie" zu beschreiben.

Hinsichtlich der deutschen Kolonien lässt sich behaupten, dass ihre Gründung neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor allem auf den übersteigerten Nationalismus und das Weltmachtstreben des Kaiserreichs zurückzuführen ist (hier erlangte der Ausspruch von Bülows vom 6. Dezember 1897 sprichwörtliche Berühmtheit: "Mit einem Worte: wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne").


Die meisten Kolonien, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden, waren eher Abschreibe und Rennomierprojekte. Das trifft durchaus nicht nur auf die deutschen Kolonien zu. Eine Ausnahme war in diesem Zusammenhang der Kongostaat, der bis 1908 im Grunde eine Privatkolonie des Königs von Belgien war.
 
Die meisten Kolonien, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden, waren eher Abschreibe und Rennomierprojekte.
Richtig.
Es wurde m. W. sogar im Reichstag der Regierung vorgerechnet, daß die Kolonien reine Zuschußprojekte waren.
Alle halbwegs lukrativen Kolonien waren halt schon im 18. Jahrhundert längst verteilt, was danach erobert wurde, brachte nur in Ausnahmefällen Rendite (hatte ja meist seinen guten Grund, daß es vorher nicht erobert wurde).

Nur nach Bauchgefühl geschätzt vermute ich mal, daß nur Spanier, Engländer und Holländer wirklich nennenswert Profite durch den Kolonialismus gemacht haben. Und auch da nicht mit allen Gebieten.

Schon bei den Franzosen bezweifele ich, daß sie wirklich von ihren Kolonien profitiert haben - jedenfalls nachdem sie die wirklich lukrativen Gebiete (Zuckerinseln in der Karibik, Kanada, Handelsstützpunkte in Indien) im siebenjährigen Krieg an die Engländer verloren haben.
 
Schon bei den Franzosen bezweifele ich, daß sie wirklich von ihren Kolonien profitiert haben - jedenfalls nachdem sie die wirklich lukrativen Gebiete (Zuckerinseln in der Karibik, Kanada, Handelsstützpunkte in Indien) im siebenjährigen Krieg an die Engländer verloren haben.

Wie sah es mit Kolonien in Afrika aus, bzw Kolonien in Amerika, wobei diese ja größtenteils abgegeben werden mussten.
Da hast du sicher Recht, aber allein die Repräsentativität, dass man riesige Gebiete beanspruchen konnte, waren schon wichtig für dieses Machtstreben.
 
Wie sah es mit Kolonien in Afrika aus, bzw Kolonien in Amerika, ...
Die in Amerika waren ja die, die Frankreich weitgehend an England verloren hat (außer Louisiana, dafür bekamen sie später wenigstens einen netten Kaufpreis).

Die in Afrika halte ich insgesamt für Verlustbringer.
Natürlich hatten die auch Rohstoffe, haben Kolonisten dort gesiedelt, haben Händler dort Gewinne gemacht - das wird aber wohl die immensen Kosten für Militär, Infrastruktur und Verwaltung nicht aufgewogen haben.

Wohlgemerkt: Das sind persönliche Schätzungen von mir, m. W. ist das nie korrekt berechnet worden.
 
Die in Afrika halte ich insgesamt für Verlustbringer.
Natürlich hatten die auch Rohstoffe, haben Kolonisten dort gesiedelt, haben Händler dort Gewinne gemacht - das wird aber wohl die immensen Kosten für Militär, Infrastruktur und Verwaltung nicht aufgewogen haben.

Wohlgemerkt: Das sind persönliche Schätzungen von mir, m. W. ist das nie korrekt berechnet worden.
Scheint mir richtig zu sein, kanns mir jetzt auch nicht anders vorstellen.
:friends:
Ich weiß nicht in wieweit das Renomee eines großen Reiches in der Zeit wichtig war, aber längerfristig haben sie da sicherlich nichts gewonnen. Zu anfangs lief es in Amerika bestimmt sicher gut, denke da nur an den Dreieckshandel, Kakao, Tabak, Baumwolle (Mode in Frankreich, schon immer Aushängeschild), aber sie verloren ja die Kolonien
 
@R.A.:Die in Amerika waren ja die, die Frankreich weitgehend an England verloren hat (außer Louisiana, dafür bekamen sie später wenigstens einen netten Kaufpreis).
Netter Kaufpreis? LOL, 15 Mio.$ (nach heutiger Kaufkraft 250 Mio. $) für ein Gebiet, das im Grunde ein Viertel der heutigen USA umfasst.
Louisiana Purchase - Wikipedia

Ähnlich bei Alaska: 1867 vom Zaren für 7,2 Mio. $ erworben. Allein der jährliche Lachsfang dürfte heutzutage inflationsbereinigt mehr einbringen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Nicht ganz korrekt, Louisiana wurde zwischenzeitlich im Zuge des 7-jährigen Krieges spanisch (1762-1800):
Wikipedia schrieb:
Da Frankreich fürchtete, seine gesamten amerikanischen Kolonien an England zu verlieren, trat es im Vorfrieden von Fontainebleau 3.11. 1762 Louisiana westlich des Mississippi sowie die "Isle of New Orleans" an Spanien ab.
(...)
Spanien wurde von Napoleon gezwungen, seinen Anteil an Louisiana an Frankreich abzutreten (Geheimvertrag von San Ildefonso 1. Oktober 1800)
 
Schumpeter bezeichnet schon 1919 den Erwerb von Kolonien durch kapitalistische Staaten als "Betriebsunfall" den "alten Eliten" geschuldet und von diesen zu verantworten.

d.h. ein "Dollar"-Kolonialismus wie ihn die USA (abgesehen von den 1899/1900 Betriebsunfällen:rofl:) oder wie er in Deutschland mit der Bagdadbahn versucht wurde zu betreiben, sei erheblich effizienter als alle Arten von direktem Kolonialismus. Von den "Kapitalistischen-Staaten" und ihren Entscheidungsträgern längst erkannt und danach gehandelt.


Bei der Auflistung der "Kolonial-Gewinner", weiter oben, fehlt Portugal.
 
Alle halbwegs lukrativen Kolonien waren halt schon im 18. Jahrhundert längst verteilt, was danach erobert wurde, brachte nur in Ausnahmefällen Rendite (hatte ja meist seinen guten Grund, daß es vorher nicht erobert wurde).
Nur nach Bauchgefühl geschätzt vermute ich mal, daß nur Spanier, Engländer und Holländer wirklich nennenswert Profite durch den Kolonialismus gemacht haben. Und auch da nicht mit allen Gebieten.

Netter Kaufpreis? LOL, 15 Mio.$ (nach heutiger Kaufkraft 250 Mio. $) für ein Gebiet, das im Grunde ein Viertel der heutigen USA umfasst.

Das Schwergewicht der britischen Reichsbildung lag zwischen 1848 und 1856 in Indien, ca. 750.000 qkm, darunter das gesamte Industal.

Um die ökonomischen Daten zu fassen: der Kolonialhandel stieg wertmäßig für England von 1814 bis 1888
insgesamt von 11,7 auf 357 Mill. Pfund Sterling p.a.
für Indien von 10,5 auf 162 Mill. Pfund p.a.
für Australien von 0,2 auf 122 Mill. Pfund p.a.
für Kanada von 1 auf 44 Mill. Pfund p.a.
für Südafrika von Null auf 17 Mill. Pfund.

Zum Vergleich: der Erwerb der 177.000 Aktien für den Suezkanal 4 Mill. Pfund, ein Dreadnought 1906-1914 um die 2 Mill. Pfund (was als "Investitionen" noch über die Nutzungsdauer zu verteilen wäre), der jährliche englische Marinehaushalt 1906-1914 ca. 35-46 Mio. Pfund.
 
Das Schwergewicht der britischen Reichsbildung lag zwischen 1848 und 1856 in Indien, ca. 750.000 qkm, darunter das gesamte Industal.

Um die ökonomischen Daten zu fassen: der Kolonialhandel stieg wertmäßig für England von 1814 bis 1888
insgesamt von 11,7 auf 357 Mill. Pfund Sterling p.a.
für Indien von 10,5 auf 162 Mill. Pfund p.a.
für Australien von 0,2 auf 122 Mill. Pfund p.a.
für Kanada von 1 auf 44 Mill. Pfund p.a.
für Südafrika von Null auf 17 Mill. Pfund.

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Nur gab es auf dieser schönen Welt kein 2. Indien mehr.:cool:
Dass China dieselbe Entwicklung wie Indien nahm, haben z.B. die USA verhindert.
 
Nicht zu vergessen die ganz alte klassische Begründung: um den Einwohnern einer Stadt, die unter Überbevölkerung litt, neue Lebensräume zu erschließen (so üblich bei Griechen und Römern). Der Wortstamm liegt beim lat. "colere", "das Land bebauen"; damit ist die Gründung als Landnahme zwecks agrikultureller Nutzung klar.

Die "karthagischen Kolonien", von denen hier mitunter die Rede ist, waren eher Handelsposten mit politischer Anbindung der im Hinterland lebenden (Ur-)einwohnerschaft.
 
Schumpeter bezeichnet schon 1919 den Erwerb von Kolonien durch kapitalistische Staaten als "Betriebsunfall" den "alten Eliten" geschuldet und von diesen zu verantworten.
Damit kann er aber nur die neuen Kolonien bzw. Kolonialmächte gemeint haben - alles vor 1800 war m. E. weitgehend gewinnbringend.

Bei der Auflistung der "Kolonial-Gewinner", weiter oben, fehlt Portugal.
Richtig.
Und natürlich kann man auch Rußland als Kolonial-Gewinner bezeichnen, seine Erwerbungen jenseits des Ural, in Mittelasien und am Kaukasus waren ja de facto ebenfalls Kolonien.
 
Das Schwergewicht der britischen Reichsbildung lag zwischen 1848 und 1856 in Indien, ca. 750.000 qkm, darunter das gesamte Industal.
Man kann aber streiten, ob diese zusätzlichen Quadratmeter es nun finanziell wirklich gebracht haben - gerade das Beherrschen solcher Flächen erforderte ja auch enorme Investitionen und laufende Mittel.

Für die Handelsgewinne mit Indien war doch viel entscheidender, daß England schon im 18. Jahrhundert die übrigen europäischen Mächte (vor allem Frankreich) fast komplett aus Indien vertrieben hatte und über seine Küstenstützpunkte den Handel Indiens mit Europa fast komplett kontrollierte.
 
Damit kann er aber nur die neuen Kolonien bzw. Kolonialmächte gemeint haben - alles vor 1800 war m. E. weitgehend gewinnbringend.


Richtig.
Und natürlich kann man auch Rußland als Kolonial-Gewinner bezeichnen, seine Erwerbungen jenseits des Ural, in Mittelasien und am Kaukasus waren ja de facto ebenfalls Kolonien.


Nun gab es aber, bevor Marx den Kapitalismus erfand, doch gar keinen.
:scheinheilig: Oder etwa et?
Sorry, Späßchen gemacht.

Schumpeter spricht von "Kapitalistischen Staaten" und hebt vermutlich darauf ab, dass z. B. die "Ruhr-Barone" von "Erwerbungen" wie sie der deutsche Kolonialismus aufzuweisen hatte, nun absolut nichts hielten.
Ich lese es aber heute Abend noch nach.

Dass die Kolonien des 15-18. Jahrhunderts ein gigantisches Geschäft für die Kolonialmachte waren, ist unbestritten.
 
Für die Handelsgewinne mit Indien war doch viel entscheidender, daß England schon im 18. Jahrhundert die übrigen europäischen Mächte (vor allem Frankreich) fast komplett aus Indien vertrieben hatte und über seine Küstenstützpunkte den Handel Indiens mit Europa fast komplett kontrollierte.

Ja, das sehe ich auch so. Ein wichtiger Punkt, auch wenn die übrigen Flächen (siehe Sepoy-Aufstand) beherrscht werden mußten.

Kleine Anmerkung: das sind die Handelsvolumina, nicht die Gewinne. Die Marge im Austausch mit den Kolonien dürfte aber gwaltig gewesen sein.
 
Dass die Kolonien des 15-18. Jahrhunderts ein gigantisches Geschäft für die Kolonialmachte waren, ist unbestritten.

Ich bin da nicht sicher.

Klar ist, solange die Geschäfte florierten ,verdienten die beteiligten Kaufleute gewaltige Summen.

Die Niederländisch-Ostindische Compagnie 1602 - 1798 ging jedoch durch
die 4 Kriege mit Grossbritannien in die Knie und wurde zuletzt mit allen
Schulden verstaatlicht.

Auch die Britische Ostindien Companie war ohne direkte staatliche Hilfe zB.
im Indien-Kolonialkrieg nicht überlebensfähig.

Ich weiss nicht , ob man unter dem Strich zu positiven Saldi kommt,
wenn man die Aufwendungen der staatlichen Seite jeweils in Rechnung
stellen würde. Gibt es dazu eventuell Untersuchungen von Seiten der
Wirtschaftshistoriker ?
Für das Deutsche Reich ist ja bekannt , das der Aufwand den Nutzen der
Kolonien überstieg.
 
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