Apfelmännchen?

Eumolp

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Nun bin ich doch platt!

Zufällig sah ich heute das Frontispiz der sog. Bible moralisée, um 1250, die heute in der Österr. Nationalbibliothek aufbewahrt wird, das Bild hat das Motto: Gott als der Geometer der Welt. Und wie sieht diese Welt aus, die er da vermisst? Wie ein Apfelmännchen! D.h. ein Fraktal, das erst seit B. Mandelbrot überhaupt in die mathematische Welt eingetreten ist. Wie das? Kannten die Franzosen um 1250 komplexe Zahlen, die doch erst seit Euler bekannt wurden?

Zur Veranschaulichung Bilder beider Phänomenen, die aus wikimedia genommen sind.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/God_the_Geometer.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5d/Mandelbrot_set_with_coloured_environment.png
 
Wieso? Biste blind? Das ist doch sonnenklar, oder vielmehr marsklar, denn auf dem Mars gibt es auch ein Gesicht. Haste das nicht auch gesehen?
 
Also, dass ihm die Assoziation gekommen ist, finde ich nett. Ob das aber für einen Dan-Brown-Knüller ausreicht, wage ich zu bezweifeln.
 
Ich sehe auch kein Apfelmännchen. Es zeigt zwar auch diese ausgefranzten Ränder, aber die sind auch bei Norwegens Küstenlinie zu erkennen. Der gelbe Fleck in der Mitte hat zwar ansatzweise ähnliche Knubbel wie die Mandelbrotmenge, aber das scheint mir auch eine recht allgemeine Form (wie z.B. bei einem Apfel).
Vor allem aber sind die schwarzen Franzen und das gelbe Obst 2 Körper und nicht ein Objekt.
 
Ich hatte mal ein Spiel namens "Spirograph", bei dem mittels ineinander bewegter Zahnräder verschlungene Kreise gemalt wurden.

Bei Buddhistischen Mönchen würde es mich nicht wundern, wenn da in ständiger rekursiver Wiederholung von solchen Kreisen-in-Kreisen-in-Kreisen mit einem einfachen Zirkel fraktale Strukturen geschaffen würden.

Kann es sein, dass ein Mathematiker des 13. Jhds die Existenz fraktaler Muster - als Ideal bei lim-> unendlich - zumindest geahnt haben könnte ?
 
@themistokles:
Aber eine gewisse Ähnlichkeit ist schon vorhanden, wenn auch die ausgefransten Ränder eine Küstenformation darstellen könnten.

Mir kommen da aber auch die Ornamente der Moscheen ins Gedächtnis, die hier irgendwo mal kurz behandelt wurden, und zwar hier:
http://www.geschichtsforum.de/f108/moscheen-spiegelbild-islamischer-mathematik-14615/

Auch hier handelt es sich ja (wahrscheinlich) um Fraktale. und Fraktale wie etwa die Kochkurve kann man ja auch ohne komplexe Zahlen und ausgefeilten Rechenoperationen erzeugen. Bliebe dann nur noch zu fragen, inwieweit die Ersteller dieser Bibel Kontakt zu den Moslems hatten, und da würde ich auf die Kreuzzüge tippen.

@Klaus
Fibonacci starb 1240, und seine berühmte Zahlenfolge hat ja auch einen fraktalen Charakter, man kann sie geometrisch mit dem Goldenen Schnitt verknüpfen. Die Fraktale schienen damals - vielleicht aus arabischer Quelle - in Mode gekommen zu sein.
 
Warum fehlt hier das Apfelmännchen ?
melancholia.jpeg
 
Auf dem oberen Rand des Bildes kann man mit einiger Mühe: " .. ciel, soleil..." lesen. Nach einiger Recherche findet man:
"hier schafft gott himmel und erde, sonne und mond und alle elemente.“
Ja, das sieht man doch: Die Sterne sind Sterne, der kleine rote Kreis wohl der Vollmond bei Mondfinsternis, der kleine goldene Kreis die Sonne, und in der Mitte wird gerade die Erde gestaltet!

Das Naturvorbild war ganz sicherlich eine Achatdruse, und diese wieder als Symbol für ein Ei oder ein Samenkorn genommen.
http://www.marmor-heide.de/images/ad302013.jpg

Es gibt ähnliche Darstellungen aus dem 13. Jh. Hier sieht man noch besser wie die Welt zu Anfang "gefaltet" da liegt, um dann "entwickelt" zu werden.
http://freemasonry.bcy.ca/art/grand_geometrician.jpg

Dahinter steckt eher der Gedanke der Chinesischen Schachtel (oder der russischen Matruschka-Puppe). Dabei handelt es sich zwar auch um Rekursion (wie bei der schon erwähnten Fibonacci-Folge), aber nicht im strengen Sinne um Fraktale (In strengen Sinn ist sogar die Mandelbrotmenge kein Fraktal...)

Ich habe eben zufälligerweise diese Seite hier gefunden
Constructing The Universe:
wo auch andere ähnliche Konstruktionsprinzipien angesprochen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vergleich bezieht sich wohl auf das Phänomen der "Selbstähnlichkeit" von komplexen Systemen wie z.B. dem Apfelmännchen oder aber einem Baum : Wenn man einen Ast vergößert darstellt, erhält man dasselbe Bild von Verzweigungsmustern wie am Stamm, nur eben eine Nummer kleiner. Dasselbe gilt dann auf der Ebene der Zweige und der Zweiglein.

Der Verkleinerungsfaktor bis zur nächsten Wiederholung wird beschrieben durch die Feigenbaumkonstante, die etwa 4,7 beträgt.
 
Ich finde jetzt das Bild dazu nicht... Im 19. Jahrhundert, als man noch gar nichts über Genetik wusste (selbst wenn man Gregor Mendel gefragt hätte), herrschte noch der Gedanke der "Patrilinearen Entfaltung": Man konnte sich vorstellen, dass im väterlichen Samen das Kind "eingeprägt" war und während der Schwangerschaft durch die Mutter nur noch "moduliert" wurde (Niemand hat je den Einfluss der Mutter abgestritten!).

Hier gibt es nun ein Problem. Wenn das Kind also schon im väterlichen Samen sitzt, dann muss ja auch im Kind schon der Enkel sitzen, u.s.w.

Solche Gedanken führen bei "grafisch" orientierten Künstlern (wie Mauritz Escher etwa, oder auch Hiroshige :) ) manchmal zu rätselhaften Bildern.

Es gibt auch andere Rekursionen (Escher: Drawing Hands; Magritt: Ceci n'est pas une pipe..)
 
Laut Eingangsposting. Laut Überschrift über Apfelmännchen allgemein oder noch weiter gefasst über Fraktale. Wenn man Eumolps Beitrag etwas grozügig interpretiert auch allgemein über frühe Darstellungen komplexer Theorien (vornehmlich der Mathematik)
 
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