Das Buch ,,Mein Kampf''

Zur Rechtslage gibt übrigens der Wikipediaartikel einen guten Überblick:

Mein Kampf ? Wikipedia

Weiß jemand, welchem Recht Wikipedia unterliegt? Laut Artikel scheint der Freistaat Bayern im angelsächischen Raum ja keine Rechte daran zu besitzen. Mir fiel auf, dass man über Wikipedia in diversen Versionen problemlos an Mein Kampf und ähnliche Dokumente gelangen kann. Auf Grund der Dokumentation mag das Ganze sehr praktisch sein, aber es ergibt sich dafür das Problem der fehlenden kritischen Kommentierung.


Nachtrag:

Seltsamerweise exisitiert von Adolf Hitler übrigens noch ein zweites, zu Lebzeiten unveröffentlichtes Buch. Allein an Wikipedia orientiert stellt sich mir die Frage, ob die Rechtslage bei diesem nicht die Gleiche wie bei Mein Kampf sein müsste? Seltsamerweise spricht der Artikel juristische Aspekte nicht explizit an.

Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hitlers_Zweites_Buch
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, aber es gibt eben auch Personen, die dazu eben nicht in der Lage sind. Und der Ansatz, das in Deutschland zumidnest kritisch kommentierte Ausgaben des Buches vertrieben werden dürfen, ist so dumm nicht.
 
Wenn ich mich nicht irre, hat der Freistaat bislang jede Volltext-Neuausgabe von "Mein Kampf" in Deutschland verhindert; es gibt also m. W. auch keine kommentierte Volltext-Neuausgabe.

Das ist bei Hitlers unveröffentlichtem Buch nicht der Fall, hier werden bei Wikipedia auch die bibiliographischen Angaben gemacht:

Hitlers Zweites Buch. Ein Dokument aus dem Jahr 1928, hg. von Gerhard L. Weinberg, mit einem Geleitwort von Hans Rothfels. Stuttgart: DVA, 1961 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 7)
 
Das ist bei Hitlers unveröffentlichtem Buch nicht der Fall, hier werden bei Wikipedia auch die bibiliographischen Angaben gemacht:

Im Wikipedia-Artikel findet sich wieder der "streng geheim"-Hinweis. Nach Othmar Plöckinger (Geschichte eines Buches: Adolfs Hitlers "Mein Kampf", München: Oldenbourg 2006, S. 161-164, unter GoogleBooks nachzulesen) ist diese Darstellung überholt.
 
Hallo,

"Mein Kampf" ist eine vorkonsitutionelle Quelle. Soviel ich weiß darf man diese besitzen, kaufen, verkaufen und für wissenschaftliche Zwecke verwenden. Wenn ein Antiquariat solche vorkonsitutionellen Quellen anbietet, muss es die verfassungsfeindlichen Zeichen - also Hakenkreuze und sowas - abdecken.

Die Einfuhr von Nazischriften aus dem Ausland ist strafbar. Warum auch immer.

Wenn du "Mein Kampf" downloadest, verstößt du gegen das Urheberrecht. Es ist ja durch Copyright geschützt. Die Rechte hat die Bayerische Regierung. Und der Download von Material, das per Urheberrecht geschützt ist, ist immer strafbar. Bis Ende 2007 nur für den Anbieter, seit Anfang 2008 auch für den, der es sich herunterlädt.

Man ist mit solchen Materialien immer in einer etwas unsicheren Situation.

Kauf dir halt eine kommentierte Ausgabe und denk dir die Kommentare weg. :scheinheilig: Vieles von dem, was Hitler schreibt, interresiert heute eh keinen Menschen mehr. Ich denke da z.B. an das Kapitel "Schönerer und Lueger", in dem er sich über zwei Wiener Politiker auslässt.

Anderes ist interessant, z.B. das, was er über die Juden schreibt. "Interessant" heißt aber nicht, dass es deswegen wahr ist.

Alles in allem finde ich, dass die Bedeutung von "Mein Kampf" überschätzt wird. Das Buch hat damals kaum jemand gelesen. Und Hitler hat ja nicht nur durch das gewirkt, was er gesagt hat, sondern auch dadurch, wie er es gesagt hat. Das war damals eine andere Zeit. Heute würde kein Mensch mehr jemandem zuhören, der die ganze Zeit nur so rumschreit. Heute würde er auch nicht mehr so reden. Heute würde er anders auftreten müssen, um die Menschen zu überzeugen.

Ich will ja hier jetzt nicht politisch werden, aber schau dir mal eine Rede von Ahmadinedschad an. Denk dir mal, du würdest ihn nicht kennen, würdest ihn zum ersten Mal sehen, und dann beurteile, ob du ihm glaubst, ob du ihn sympathisch findest. Meiner Meinung nach ist auch er ein Volksverhetzer, und warum ich diesen Vergleich hier überhaupt bringe: Er hat die Art, wie er seine Argumente vorbringt, der heutigen Zeit angepasst. Heute mag man es nicht mehr, wenn die Leute so herumschreien wie Hitler. Deswegen denke ich, dass er heute keinen Erfolg mehr hätte. Aber damals war das anders.

Schöne Grüße

Petra
 
"Mein Kampf" ist eine vorkonsitutionelle Quelle. Soviel ich weiß darf man diese besitzen, kaufen, verkaufen und für wissenschaftliche Zwecke verwenden. Wenn ein Antiquariat solche vorkonsitutionellen Quellen anbietet

Das Wort "vorkonsitutionell" kenne ich nicht. Was bedeutet es denn?


Kauf dir halt eine kommentierte Ausgabe und denk dir die Kommentare weg.

Kennst Du eine kommentierte Ausgabe, die den ganzen Text enthält?


Alles in allem finde ich, dass die Bedeutung von "Mein Kampf" überschätzt wird. Das Buch hat damals kaum jemand gelesen.

Das stimmt so nicht. Das Buch wurde damals von vielen gelesen. Ich empfehle:
Othmar Plöckinger, Geschichte eines Buches: Adolf Hitlers "Mein Kampf" 1922-1945, München 2006
 
Das Wort "vorkonsitutionell" kenne ich nicht. Was bedeutet es denn?
"Vorkonstitutionell" heißt, dass es sich um eine Quelle handelt, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes entstanden ist. Eine solche Quelle kann deshalb, wie der BGH 1979 entschieden hat, nicht aufgrund § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) verboten werden.

Im Einzelfall muss jedoch geprüft werden, ob der Tatbestand unter § 130 StGB (Volksverhetzung) subsumiert werden kann.

Kennst Du eine kommentierte Ausgabe, die den ganzen Text enthält?
Gibt es nicht.
 
Alles in allem finde ich, dass die Bedeutung von "Mein Kampf" überschätzt wird. Das Buch hat damals kaum jemand gelesen. Und Hitler hat ja nicht nur durch das gewirkt, was er gesagt hat, sondern auch dadurch, wie er es gesagt hat. Das war damals eine andere Zeit. Heute würde kein Mensch mehr jemandem zuhören, der die ganze Zeit nur so rumschreit.

"Mein Kampf" ist so geschrieben, dass es jeder verstehen kann, was der Autor meint. Deshalb will ich das Buch nicht unterschätzen! Ob ich durch die abartige Phrasendrescherei in dem Buch mich ermüdet fühle spielt keine Rolle. Andere sind umso empfänglicher für die unmissverständlichen Sätze.
Sicherlich war die Mehrheit der Deutschen nicht auf dem Trip, sämtliche Juden zu massakrieren und zu ermorden. Am 9.November 1938 schlugen nicht 100 Millionen Deutsche jüdische Geschäfte kurz und klein oder jagten Juden. Man wusste nicht mal wohin genau später die Züge gingen. Trotzdem hielt man still.
Man kann "Mein Kampf" mit den DDR-Büchern "Weltall - Erde -Mensch" und anschliessend "Der Sozialismus - deine Welt" vergleichen. Alle drei Bücher wurden geschenkt, als ideologisch-propagandistische Stütze für den Staat in dem sie lebten.
Ob kaum wer das Buch gelesen hat, bezweifel ich stark. Die heranwachsende Jugend hatte Zeit genug sich mit dem Buch zu beschäftigen. Es gehörte in den damaligen Schulunterricht.
 
Ist eigentlich etwas darüber bekannt, wie oft "Mein Kampf" zitiert wurde? Nutzte man es in Zeitungsartikeln, bezogen sich wissenschaftliche Aufsätze darauf (nicht als Quelle, sondern Literatur)? Das wäre doch ein nützlicher Indikator für die praktische Relevanz selbigens im Nationalsozialismus.
 
Ist eigentlich etwas darüber bekannt, wie oft "Mein Kampf" zitiert wurde? ...Das wäre doch ein nützlicher Indikator für die praktische Relevanz selbigens im Nationalsozialismus.

Schaut man sich Wahlkampfreden, Monologe Hitlers in nicht-öffentlicher Umgebung etc. an, werden die Thesen und Ziele aus dem Buch laufend "zitiert". Es ist ja nun nicht so, dass diese peinlich berührt als frühe Sünde unter der Decke gehalten wurden (etwas anderes betrifft das "zweite" Buch, dessen Inhalt ziemlich ungelegen kam, als man an die Macht strebte).

Die Inhalte wurden vielmehr laufend rausposaunt und über die Zeitungen und Kampfblätter reproduziert. Lesen des Buches war an sich nicht notwendig. Spannend wären mal Inhaltsvergleiche 1928-1933 in der historischen Forschung, ob sich hier Auffassungen auch gedreht haben könnten.


Anderer Aspekt, die Außenpolitik:
"Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass sich die Basisüberzeugungen (Ideen) von Herrrn Hitler, so wie die diesem Buch (Mein Kampf) dargestellt, materiell verändert haben."

CAB 24/259 C.P. 13 (36) vom 17.1.1936, No. 21 Phipps an Hoare vom 10.12.1935 (C 8198/134/18)

Hitlers Außenpolitik wurde zusammengefaßt als Zerstörung der friedensvertraglichen Ordnung von 1919 und als Wiederherstellung der Position als dominante Macht in Kontinentaleuropa; innenpolitische Militarisierung der ganzen Nation unter allen Aspekten, Unterstützung der außenpolitischen Ziele durch ökonomische und territorial angestrebte Expansion in Richtung auf die Deutschstämmigen in den Nachbarstaaten, Kontrolle über Rohstoffquellen: "The question asked is where and not wether Germany should expand."


Johannes, Zwischen Isolationismus und kollektiver Sicherheit, Diss. 1978.
 
Man kann "Mein Kampf" mit den DDR-Büchern "Weltall - Erde -Mensch" und anschliessend "Der Sozialismus - deine Welt" vergleichen. Alle drei Bücher wurden geschenkt, als ideologisch-propagandistische Stütze für den Staat in dem sie lebten.
Ob kaum wer das Buch gelesen hat, bezweifel ich stark. Die heranwachsende Jugend hatte Zeit genug sich mit dem Buch zu beschäftigen. Es gehörte in den damaligen Schulunterricht.

Ich habe mal "Mein Kampf" angefangen, habe aber nach 2 Seiten entnervt das Buch zugemacht.
"Weltall, Erde, Mensch", hat ja wohl Themen behandelt, die so auch wissenschaftlich anerkannt waren.
Allerdings ging es mir bei "Der Sozialismus, deine Welt", von meiner Schwester, ebenso wie bei "Mein Kampf"

Sein wir doch mal ehrlich, niemand liesst etwas "aufgezwungenes" gerne.
So ging es mir in der Schule.
Ich habe alle Bücher verweigert, die wir lesen mussten.
Erst viel später habe ich freiwillig zB Goethe gelesn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Inhalte wurden vielmehr laufend rausposaunt und über die Zeitungen und Kampfblätter reproduziert. Lesen des Buches war an sich nicht notwendig.

Den gleichen Eindruck habe ich auch: Keines meiner Bücher, die zwischen 1933 und 1945 erschienen sind, nennt "Mein Kampf" als "normalen" Eintrag im Literaturverzeichnis , also sozusagen "unter anderen".

Leider hat Plöckinger, wie aus einer Rezension in sehepunkte - Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften - 6 (2006), Nr. 12 hervorgeht, die Wirkungsgeschichte nicht über 1933 hinaus verfolgt. Interessant scheint mir der Hinweis des Rezensenten, dass bei "der Benutzung von 'Führerworten' [...] allerdings so selektiv verfahren (wurde), dass sie durch die Parteiamtliche Prüfungskommission kontrolliert werden musste".
 
Ich verstehe, ehrlich gesagt, den Hype um das Buch nicht. Ich habe es mir zweimal angetan, dass Opus ganz von der ersten, bis zur letzten Seite durchzulesen. Ich habe weiß Gott schon viel Schund gelesen, aber das ist wirklich das schlechteste Buch, das ich mir je angetan habe. Streckenweise ist es mit seinen Stilblüten unfreiwillig komisch. Helmut Qualtinger hat das schon vor mehr als 20 Jahren erkannt, und der Kabarettist Serdar Somuncu ist damit in jüngster Zeit auf Tournee gegangen-mancherorts mit Polizeischutz.

Als ich noch jung war, stand es noch auf vielen Dachböden herum, neben der ein oder anderen Büste seines Verfassers, über die verschämt alte Tischtücher drappiert waren. Wegwerfen wollte man den Kram dann aber doch nicht. Fragte man danach, erhielt man ausweichende Antworten. Keiner wollte es gelesen haben, was meistens sogar stimmte, auch wenn die Besitzer über den Inhalt Bescheid wussten.

Mein Großonkel, ein knorriger hessischer Bauer war ein Kriegsheld, hatte als Feldwebel das Ritterkreuz bekommen und war in seinem Dorf mit einem Fackelzug geehrt worden. Als die Amis kamen, versteckte meine Großtante die ganzen Nazidevotionalien im Misthaufen. Vielleicht hatte ihnen jemand erzählt, dass der Hof einem "Ritter" gehörte, jedenfalls kamen sie mit MP im Anschlag und gingen wie Kinder, die gerade Weihnachtsbescherung gefeiert hatten, beladen mit Nazidevotionalien von Christbaumkugeln mit Führerbild und Heil Hitler, über Briefbeschwerer und anderen Kram bis zum Fliegerdolch des Bruders meines Großonkel, der 1940 als Stukapilot in Belgien abgeschossen wurde. Für die in Maroquinleder gebundenen Werke meiner Oma und die gesammelten Werke von Nietzsche hatte ein amerikanischer Offizier der die schneidigen Krieger begleitete ein beifälliges Wort, und er stellte sie wieder zurück ins Regal- "Mein Kampf" und den "Mythus des 20. Jahrhunderts" wollten die Amis nicht haben. Meine Oma erzählte, der amerikanische Captain hätte sie zurückgestellt, als hätte er in Scheiße gefasst.

Eine Aura des Verbotenen, Tabuisierten, Geheimnisvollen umgab das Buch. Es hatte einen leicht modrigen Geruch, so wie Bücher riechen, die mehr als 40 Jahre alt sind und in feuchten Kellern oder Speichern gelagert wurden.

Aber was für eine Enttäuschung, was für ein miserables Deutsch, was für ein schwülstiger Stil! Bemerkenswert nur durch den Hass seines Verfassers, nur der Malleus Maleficarum, der Hexenhammer des Inquisitors Heinrich Institoris ist ähnlich giftig.

Sicher, es mag der eine oder die andere, vielleicht durchaus zu Recht einwenden, dass manchem Politiker Sätze aus dem Gesicht fallen, die nicht so gemeint sind. Philipp Jenninger musste zurücktreten, als er 1988 anlässlich des 50. Jahrestages der Novemberpogrome 1938 eine verunglückte Rede hielt. Wer aber "Mein Kampf" aufmerksam gelesen und Augen zu sehen und Ohren zu hören hatte, konnte sich über den Verfasser eigentlich keine Illusionen machen.
 
Hier eine interessante Radio-Doku des Hessischen Rundfunks zum Thema "Mein Kampf" (55 Minuten lang):

Mein Kampf. Ein unheimlicher Bestseller.

"Er lässt uns nicht los. Oder lassen wir ihn nicht los? Adolf Hitler beschäftigt immer noch die Phantasie. Ob Historiker, Satiriker oder Neonazis - alle arbeiten sich an Hitler ab, obwohl der doch seit über 70 Jahren tot ist. Auch Hitlers "Mein Kampf" zirkuliert weltweit - trotz des Nachdruck-Verbots der bayerischen Staatsregierung. Sie besitzt seit 1948 die Urheberrechte. Die aber sind jetzt ausgelaufen. Und das Münchner Institut für Zeitgeschichte bringt in wenigen Tagen eine kritische, rund 2000 Seiten umfassende Edition heraus. Das gefällt dem bayerischen Ministerpräsidenten gar nicht. Müssen die Autoren mit Post von der Münchner Staatsanwaltschaft rechnen? Die Rechtslage ist unklar. Sicher scheint nur: Eine Millionen-Auflage wird es für diese neue Ausgabe von "Mein Kampf" nicht geben. Schon der Preis von rund 60 Euro ist happig. Warum aber braucht man die Kampfschrift Hitlers überhaupt? Wer will das denn lesen?"

Hören und/oder als Podcast downloaden: http://mp3.podcast.hr-online.de/mp3/podcast/derTag/derTag_20160104_65742793.mp3
 
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