Auswirkung der NS-Frauen und Familienpolitik auf niedrige Geburtenraten heute

Moravec

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Liebe Geschichtsinteressierte,

ich habe mir die sehr interessanten Threads zum Thema Frauen in der NS-Zeit durchgelesen, und mich gefragt, wie stark die zumindest in der Vorkriegszeit propagierte Reduzierung der Rolle der Frau als "Gebährmaschine/Mutter zu Hause am Herd/Mütter müssen im Beruf zurückstecken" heute noch Auswirkung zeigt.

Meine Gedanken noch dazu: Vor einigen Monaten gab es eine Spiegel-Titelgeschichte "Die neuen Alpha-Frauen". Gezeigt wurden Beispiele von Frauen, die es schafften, Beruf und Kinderkriegen unter einen Hut zu bekommen. Erstaunlich aber hier: So, wie die Journalistinnen(!) es dargestellt haben, scheint es auch ausschließliche Aufgabe der Frauen zu sein, Job und Familie miteinander zu vereinbaren. Ist das nicht eine Gesamtgesellschaftliche Aufgabe?

Zudem scheint es mir, dass es ein spezifisch deutsches Problem ist: Es gibt nur eines - entweder Kinder, oder Karriere. Ich dachte bisher, dass ist "bei uns in Mittel- oder Westeuropa" halt so. Aber weit gefehlt: Selbst in Frankreich oder Skandinavien ist die Einstellung aller Leute im Durchschnitt viel Kinderfreundlicher, und es ist keineswegs eine entweder/oder Entscheidung. Lässt sich das Phänomen auf die NS-Zeit zurückführen?

Die Frage noch einmal auf den Punkt gebracht: Gibt es einen Zusammenhang zwischen NS-Familienpolitik und unserem heutigen gesellschaftlichen Grundproblem, dass im Prinzip Kind und Karriere nicht "unter einen Hut" zu bekommen sind (im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn, deren Gesellschaften mir kinderfreundlicher erscheinen).

Ich hoffe, ich bin mit der Frage hier richtig - und freue mich auf eine interessante Diskussion!
 
Liebe Geschichtsinteressierte,

ich habe mir die sehr interessanten Threads zum Thema Frauen in der NS-Zeit durchgelesen, und mich gefragt, wie stark die zumindest in der Vorkriegszeit propagierte Reduzierung der Rolle der Frau als "Gebährmaschine/Mutter zu Hause am Herd/Mütter müssen im Beruf zurückstecken" heute noch Auswirkung zeigt.

Das ist eine sehr komplexe Frage.

Ich empfehle dir dies mal durchzulesen:

Weg zur Gleichberechtigung - Informationen zur politischen Bildung (Heft 254)

Meine Gedanken noch dazu: Vor einigen Monaten gab es eine Spiegel-Titelgeschichte "Die neuen Alpha-Frauen". Gezeigt wurden Beispiele von Frauen, die es schafften, Beruf und Kinderkriegen unter einen Hut zu bekommen. Erstaunlich aber hier: So, wie die Journalistinnen(!) es dargestellt haben, scheint es auch ausschließliche Aufgabe der Frauen zu sein, Job und Familie miteinander zu vereinbaren. Ist das nicht eine Gesamtgesellschaftliche Aufgabe?

Über die aktuelle Familien- und Frauenpolitik diskutieren wir hier nicht.

Zudem scheint es mir, dass es ein spezifisch deutsches Problem ist: Es gibt nur eines - entweder Kinder, oder Karriere. Ich dachte bisher, dass ist "bei uns in Mittel- oder Westeuropa" halt so. Aber weit gefehlt: Selbst in Frankreich oder Skandinavien ist die Einstellung aller Leute im Durchschnitt viel Kinderfreundlicher, und es ist keineswegs eine entweder/oder Entscheidung. Lässt sich das Phänomen auf die NS-Zeit zurückführen?

Das ist kein deutsches Problem. In der Schweiz sind diese Tendenzen auch immer noch vorhanden, wenn nicht ausgeprägter.
Man kann dieses Gesellschaftsproblem nicht auf die NS-Zeit reduzieren, das wäre zu einfach.

Die Frage noch einmal auf den Punkt gebracht: Gibt es einen Zusammenhang zwischen NS-Familienpolitik und unserem heutigen gesellschaftlichen Grundproblem, dass im Prinzip Kind und Karriere nicht "unter einen Hut" zu bekommen sind (im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn, deren Gesellschaften mir kinderfreundlicher erscheinen).

Ich hoffe, ich bin mit der Frage hier richtig - und freue mich auf eine interessante Diskussion!

Ich sehe da keinen Zusammenhang. Wir hatten in der Schweiz keine NS-Familienpolitik und denoch ist es schwer Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, weil es unter anderm an der Infrastruktur fehlt.

Aber wie gesagt, dein Thema geht sehr stark in die aktuelle politische Diskussion hinein und solche Diskussionen sind in unserm Forum nicht erlaubt, (siehe Forenregeln).
 
OK - danke für die Hinweise.

Wenn ich meine Frage mal beschränke auf den kleinsten Nenner, hast Du sie ja schon mit dem Beispiel Schweiz und nein beantwortet - der Bogen lässt sich scheinbar nicht so leicht ziehen.
Danke und Gruß
 
Man kann dieses Gesellschaftsproblem nicht auf die NS-Zeit reduzieren, das wäre zu einfach.

Das finde ich auch: Wie bereits aus dem empfohlenen bpb-Text hervorgeht, bestand das Problem vor Hitler - und es besteht nach Hitler.

Aus dem Textteil "NS-Frauenideologie" kann man als kritischer Leser jedenfalls das eine entnehmen: Auch in Bezug auf Rolle und "Bestimmung" der Frau gibt es das, was sonntags geredet wird und Einzug in politische Programme hält, und es gibt die gesellschaftliche Realität, d. h. einen mehr oder weniger großen Kontrast, der freilich auf verschiedenste Weise "umnebelt" wird.

Um das deutlich zu machen, muss man regelmäßig tief ins Detail gehen. Ein bekanntes Beispiel: Frauen im Öffentlichen Dienst, z. B. Lehrerinnen, mussten früher aus dem Dienst ausscheiden, wenn sie heirateten. Das hat sich geändert: Die formale rechtliche Gleichberechtigung ist heute gewährleistet, jetzt geht es um die Umsetzung, um die "Infrastrukur", und zwar insbesondere in ökonomisch schwierigen Zeiten.
 
Es kommt immer darauf an....:winke:

Ich lebe in einer Gegend in der die
Frauenarbeitsquote schon immer sehr hoch war.

Aus einem ganz einfachen Grund, die Textilindustrie war auf die Frauen angewiesen, deshalb gab es Betriebskindergärten schon vor dem 1. Weltkrieg, Arbeitszeiten die auf Schulbeginn und Ende abgestimmt waren, immer schon Teilzeitarbeit, die berühmte "Heimarbeit" usw.

Die "Frau" wurde gebraucht, und keineswegs nur in untergeordneten Stellungen, (welcher Mann wird auch im Stand sein, vernünftige Mode zu entwerfen, mit Chic und produzierbar...:fs:)
also wurde ihr das Arbeiten auch ermöglicht.

Daran haben auch die "verhängnisvollen 12 Jahre" nichts geändert.
Auch in der Zeit sind im Landkreis die Frauenarbeitsquoten nur geringfügig gesunken, bis 1939, dann war das eh alles Makulatur.
 
Über die aktuelle Familien- und Frauenpolitik diskutieren wir hier nicht.
Das ist kein deutsches Problem. In der Schweiz sind diese Tendenzen auch immer noch vorhanden, wenn nicht ausgeprägter.
Man kann dieses Gesellschaftsproblem nicht auf die NS-Zeit reduzieren, das wäre zu einfach.
Ich sehe da keinen Zusammenhang. Wir hatten in der Schweiz keine NS-Familienpolitik und denoch ist es schwer Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, weil es unter anderm an der Infrastruktur fehlt.

Aber wie gesagt, dein Thema geht sehr stark in die aktuelle politische Diskussion hinein und solche Diskussionen sind in unserm Forum nicht erlaubt, (siehe Forenregeln).

Vielleicht kann man das Thema mit Fokus auf die Geschichte erörtern und betrachten wie Kinderaufzucht über die Jahrtausende betrieben wurde und inwieweit es jeweils Hauptaufgabe der Mütter war oder ob es andere Modelle gab?

Diese Entscheidung Kind oder Beruf kann es doch erst seit Beginn der Industriealisierung im heutigen Ausmaß gegeben haben.
Vorher haben die meisten Menschen im häuslichen Umfeld ihr täglich Brot erarbeitet, auf Bauernhöfen, Handwerksbetrieben oder als Leibeigene auf den Feldern der Lehnsherren.
Es gab Erwerbsbereiche, wie die Dienstmägde in Bürgerhäusern, die schon vor der Industriealisierung diese Entweder/Oder-Entscheidung treffen mußten, dabei spielte aber die Moral eine so rigide Rolle, dass die Frauen dieses Recht auf Kind und Beruf wahrscheinlich anders empfanden.
Bei dieser Frage ist der Anspruch an die Kindererziehung ebenfalls von Bedeutung. Ich möchte behaupten, dass Kinder in früheren Jahrhunderten eher so mitliefen und sich nützlich machten, sobald sie einigermaßen den Windeln entwachsen waren.
 
Vielleicht kann man das Thema mit Fokus auf die Geschichte erörtern und betrachten wie Kinderaufzucht über die Jahrtausende betrieben wurde und inwieweit es jeweils Hauptaufgabe der Mütter war oder ob es andere Modelle gab?

Fände ich interessant! Hast Du einen "Plan"? Es gab schon einige Themenstellungen in dieser Richtung wie
http://www.geschichtsforum.de/f72/kindheiten-14382/
http://www.geschichtsforum.de/f77/bedeutung-und-bild-von-eltern-im-ma-15057/
http://www.geschichtsforum.de/f51/kinder-im-mittelalter-2898/
http://www.geschichtsforum.de/f72/die-psychohistorie-und-ihr-begr-nder-lloyd-demause-18922/
die aber z. T. nur kurzlebig waren.
 
Übrigens war es erst gestern vor 50 Jahren, also am 01.07.1958, dass die Frau dem Mann durch Gesetz gleichberechtigt wurde.
Vorher durfte sie zum Beispiel nur arbeiten gehen, wenn der Ehemann damit einverstanden war.
Vielleicht liegt es darin begründet, dass die Frau Ehe und Kinder und Karriere nicht unter einen Hut bringt - sie hat einfach noch nicht so viel Erfahrung und durfte wohl früher überhaupt nicht auf Unterstützung offen.

Eine Frau hatte zu wählen zwischen Karriere oder Familie, beides gemeinsam ging nicht. Zudem gab es früher, also in den Fünfzigern, die Meinung, dass eine Frau sowie für eine Karriere nichts tauge.

Gruß.........
 
Das NS- Frauenbild war ziemlich rückwärts gewandt, doch sehe ich da doch einen großen Unterschied zwischen anspruch und Wirklichkeit. Die Emanzipation und der Körperkult liefen auch in der NS- Zeit weiter, und mit zunehmender Kriegsdauer mussten immer mehr Frauen auf allen möglichen Gebieten ihren Mann stehen, und berufstätige Frauen waren gar nicht zu ersetzen.

Ich denke, dass das eher konservative Bild von Berufstätigkeit oder Familie in der BRD eher auf die Restauration in den 50er Jahren zurückzuführen ist. In Betrieben spielten Frauen eine wichtige Rolle, und in der Familie leiteten sie die Erziehung während die Männer im Krieg oder der Gefangenschaft waren.

In den 50ern wurden Frauen eher auf konservative Rollenbilder festgelegt und in weibliche Berufe zurückgedrängt.
 
Ich denke, dass das eher konservative Bild von Berufstätigkeit oder Familie in der BRD eher auf die Restauration in den 50er Jahren zurückzuführen ist. ...
In den 50ern wurden Frauen eher auf konservative Rollenbilder festgelegt und in weibliche Berufe zurückgedrängt.

Genau an dieser Stelle liefen ja auch BRD- und DDR-Entwicklung auseinander.

Gibt es eigentlich statistisch gesicherte Zusammenhänge zwischen der niedrigen Frauenerwerbsquote in der BRD und dem steigenden Arbeitskräftebedarf insgesamt, der ja ab Mitte der 50er Jahre durch "Gastarbeiter" gedeckt wurde?
 
sie die Erziehung während die Männer im Krieg oder der Gefangenschaft waren.

In den 50ern wurden Frauen eher auf konservative Rollenbilder festgelegt und in weibliche Berufe zurückgedrängt.


So sehe ich das auch, während des Krieges, also solange die Männer nicht da waren, haben die Frauen deren Position eingenommen und versucht, die fehlenden Männer zu ersetzen und als diese aus dem Krieg zurückkamen, wenn sie denn zurückkamen, traten die Frauen wieder zurück in die zweite Reihe und überließen ihren Männern die Führungsrolle.

Gruß......
 
Das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau trat am 01.07.1958 in Kraft.

Was sagt das denn aus? Wirklich erstaunlich, daß bei solchen Themen munter Allgemeinplätze in die Runde geworfen werden. Als wenn es das vorher (gesetzlich) nicht gegeben hätte. Ein Blick ins Grundgesetz von 1949 sagt uns dasselbe und wählen z.B. durften Frauen in Deutschland schon 1919. Gleichheit vor dem Gesetz bezog sich ebenso nicht nur auf Männer.
Und btw, ich sagte das schon mal, darf ich mittwochs nicht ins Schwimmbad, nur weil ich keine Frau bin. Wurde das von dir genannte Gesetz tatsächlich ratifiziert?
 
@Tekker

Es stand zwar seit 1949 im Grundgesetz, die Realität war aber, das zahlreiche Bestimmungen des Familienrechts teilweise das genaue Gegenteil beinhalteten.
Dieses wurde dann erst 1958 entsprechend geregelt.

Genaueres kannst Du in dem wiki-Artikel lesen:

Gleichberechtigungsgesetz ? Wikipedia

Gruß

Cisco
 
zahlreiche Bestimmungen des Familienrechts

Das ist der Punkt, auf den ich hinaus wollte. Das kann man natürlich plakativ vor sich her tragen, wird der Sachdiskussion aber nicht gerecht. "Gleichberechtigung", "Liebe im Mittelalter", und keiner weiß, was gemeint ist, bzw. kann sich jeder was anderes drunter vorstellen. Dann wird natürlich noch eine bestimmte Wertung beigemengt, und schon weiß jeder, wie er was zu sehen hat. Ist ja alles so modern.

Edit: Da sicher nicht jeder verstanden hat, was der erste Absatz soll, noch was zum Thema. Das o.g. Gesetz ist ein schöner Aufhänger. Vorher war stets der Name des Mannes Ehename, seither besteht (theoretisch) die freie Wahl zwischen dem Namen des Mannes oder der Frau. Wirklich geändert hat sich seither aber nichts, in den meisten Fällen fällt die Wahl auf den Namen des Mannes. Und bei diesem Beispiel denke ich keineswegs, daß dies eine Auswirkung des Nationalsozialismus ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aber, aber Tekker,

bei Gleichberechtigung wissen sehr wohl viele, was damit gemeint ist.
Wie Cisco bereits schrieb, steht zwar in Artikel III Abs. 2 des Grundgesetzes, dass Mann und Frau gleichberechtigt sind, aber das Familienrecht stand dazu im Gegensatz.

Es mag ja sein, dass Du Dir nichts darunter vorstellen kannst, aber die Frauen, die bis dahin dem Manne tatsächlich "untertan" waren, können sich sehr wohl darunter was vorstellen, denn mit dem Tag endete die Herrschaft des Mannes über die Frau.
Vielleicht solltest Du Dir tatsächlich zuerst den Artikel in Wikipedia zu Gemüte führen, denn dort ist aufgeführt, welchen tatsächlichen Rechte damals ein Ehemann hatte und diese Rechte standen im Gegensatz zum Grundgesetz.

Gruß....
 
die Herrschaft des Mannes über die Frau

Allein solche leicht daher gesagten Schlagworte machen imho eine Diskussion schwierig. Im übrigen ist die Vorstellung von "Gleichberechtigung" wohl in der Tat nicht so Eindeutig, wie von dir beschrieben, da auch immer ein Empfinden von nicht gleichberechtigt sein dabei ist. Ob da was dem Grundgesetz widerspricht oder nicht, ist etwas ganz anderes; eine juristische Diskussion wäre eine Sache für sich. :fs:
 
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