Männlichkeitssymbole in der Antike

Simon

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Die heutigen, idealen Geschlechtsbilder betrachten einen Mann, mit einem langen Penis als besonders maskulin und potent.(junge) Männer vergleichen gerne ihr geschlechtsteil und geben mit der (angeblichen) länge des selben an.

Wenn man nun aber antike Skulpturen von Männern sieht-die ja sehr häufig unbekleidet sind- sind deren Geschlechtsteile verhältnismäßig eher klein.
Das lies mich zu der Vermutung kommen, dass es damals eher als maskulin galt keinen zu großen Penis zu haben, bzw dass die Größe keine bedeutende Rolle im Idealbild eines Mannes spielte.
Bin ich damit völlig aufm den Holzweg oder ist da vllt wirklich was dran?
 
Wenn man nun aber antike Skulpturen von Männern sieht-die ja sehr häufig unbekleidet sind- sind deren Geschlechtsteile verhältnismäßig eher klein.
?

Vieleicht ist ja ein kleiner Penis einfacher zu meisseln und bricht später nicht so schnell ab. Oder die haben immer versucht die Originalgrösse aus dem Stein zu hauen und das Ding ist schon dabei abgebrochen, so das sie aus dem Stummel noch was machen mussten. Hauptsache man weiss, was gemeint ist. :grübel:
 
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Vieleicht ist ja ein kleiner Penis einfacher zu meisseln und bricht später nicht so schnell ab. Oder die haben immer versucht die Originalgrösse aus dem Stein zu hauen und das Ding ist schon dabei abgebrochen, so das sie aus dem Stummel noch was machen mussten. Hauptsache man weiss, was gemeint ist. :grübel:

*kicher* So was kann auch nur ein Steinmetz schreiben. :yes:
 
Könnte das was mit der in der Antike weit verbreiteten "Knabenliebe" zu tun haben?

Eher mit einem übersteigerten phallokratischen männlichen Selbstbewusstseins. Das Maß aller Dinge ist der Mann, während Frauen zwar Kinder austragen, aber nur ein Gefäß sind, ein acker, der früchte hervorbringt. Phalli waren Glückssymbole, Fetische, weshalb sich auch niemand an den unzähligen Hermen störte, vierkantige Schäfte, die den Kopf des Gottes und erigierte Penisse mit sorgfältig herausgemeiseltem Schamhaar trugen. mitunter dienten sie auch als Hinweisschilder. So fand man in Pompeii eine Gladiatorenstatuette, deren Schwanz auf ein renommiertes Bordell zeigte.
 
Mit der Knabenliebe haben die antiken Darstellung von kleinen oder größeren Phalli nur vermittelt etwas zu tun, und zwar über das Ideal, schön und gut zu sein (sog. kalokagathia); in Aristoteles Philosophie klingt das z. B. in der Vorstellung der Mäßigkeit (sophrosyne) an. Satyrn wurden entsprechend als "unmäßig" angesehen und daher mit großen Penissen dargestellt.

edith: Mit der Knabenliebe, das sei noch erwähnt, hat das insofern zu tun, als der mäßige Umgang mit Sexualität bzw. Erotik hier institutionell gelehrt wurde!
 
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Das lies mich zu der Vermutung kommen, dass es damals eher als maskulin galt keinen zu großen Penis zu haben, bzw dass die Größe keine bedeutende Rolle im Idealbild eines Mannes spielte.

"Je größer der Phallos, desto mehr haftet ihm ein Element der Lächerlichkeit an, des γελοιον; der Unernst der sexuellen Drohgebärde ist dem Menschen, der den Ernst der Waffen erfand, allzu durchsichtig; die Aggression löst sich in Lachen auf" (Walter Burkert, Homo necans, 1997, S. 84). Andererseits - was die apotropäische Funktion betrifft...
 
Eher mit einem übersteigerten phallokratischen männlichen Selbstbewusstseins. Das Maß aller Dinge ist der Mann, während Frauen zwar Kinder austragen, aber nur ein Gefäß sind, ein acker, der früchte hervorbringt. Phalli waren Glückssymbole, Fetische,
Das spräche aber imho für eine übersteigerte Statue.

PS für Flo: dann ist es aber merkwürdig, dass die anderen Körperteile keine solchen Probleme bereiten.
 
Vielleicht läßt sich der Widerspruch so klären, daß es zwar einen Phalluskult gab etwa vergleichbar dem Marienkultus oder Heiligenverehrungen späterer Zeiten, gleichzeitig aber auch Anstandsregularien wie die erwähnte Mäßigkeit. Das eine ist die religiöse Ebene, das andere die soziale.
 
Vielleicht läßt sich der Widerspruch so klären, daß es zwar einen Phalluskult gab etwa vergleichbar dem Marienkultus oder Heiligenverehrungen späterer Zeiten, gleichzeitig aber auch Anstandsregularien wie die erwähnte Mäßigkeit. Das eine ist die religiöse Ebene, das andere die soziale.

Wobei man die religiöse Ebene sicher in einem archaischen Sinne verstehen muss: der Phallos als Versinnbildlichung des Dämons der Zeugung, der als Befruchter des mütterlichen Erdenschoßes gedacht wird. (Insoweit Maria und den Heiligen nur bedingt vergleichbar.:)) Die zweite, aufs menschliche Sexualverhalten bezogene Konnotation ist vermutlich die entwicklungsgeschichtlich jüngere.

Zum Groß-klein-Problem habe ich mir Aufklärung bei Thorkil Vangaard (Phallos, 1971) erhofft, aber nichts gefunden. Wichtig sind aber seine Hinweise auf Bedeutung und Stellenwert der phallischen Aggression (S. 98 ff.). Vielleicht kann man die "soziale" Ebene auch so fassen, dass es den Griechen in der Kunst eben sehr viel stärker darum ging, die natürlichen Proportionen herauszumeißeln als gewisse Details als "bedrohlich" darzustellen. (Siehe zu letzterem auch Vanggaards "Exkurs über die Welt der Paviane", S. 69 ff.).
 
Wobei man die religiöse Ebene sicher in einem archaischen Sinne verstehen muss: der Phallos als Versinnbildlichung des Dämons der Zeugung, der als Befruchter des mütterlichen Erdenschoßes gedacht wird. (Insoweit Maria und den Heiligen nur bedingt vergleichbar.:)) Die zweite, aufs menschliche Sexualverhalten bezogene Konnotation ist vermutlich die entwicklungsgeschichtlich jüngere.

Dem stimme ich durchaus zu!

Zum Groß-klein-Problem habe ich mir Aufklärung bei Thorkil Vangaard (Phallos, 1971) erhofft, aber nichts gefunden.

Ich werde bei Gelegenheit mal meine Quellen sichten.
 
Eine eher zurückhaltende Interpretation im Anschluß einer durchaus pedantischen Analyse der altgriechischen Phallusabbildungen findet sich bei Kenneth J. Dover über die Homosexualität in der griechischen Antike (München: Beck, 1983), dessen Resümée zum künstlerischen und kultischen Interesse am Penis (S.120 f) ich im Folgenden zitiere:

Er hält die Hypothese zu gerechtfertigt, daß man den Penis als "eine versteckte, in reserve gehaltene Waffe" betrachtete; ein spitzzulaufender, gerader Penis etwa symbolisierte die Bereitschaft, ein tapeferer Krieger zu werden.
Der Gegesatz kleiner Penis bei Jünglingen-größerer Penis bei Erwachsenen nähere diesen dem Gegensatz des Geschlechtsverhältnis an; darüber hianus lasse der kleinere Penis -"besonders wenn die Existenz der Korona Glandis nicht durch irgendwelche wellenförmigen Bewegungen der Penisoberfläche bezeugt wird" - lasse nicht nur "Bescheidenheit und Bereitschaft zur Unterwerfung erkennen", sondern zeigt gewissermaßen auch, daß er sich "jeglicher sexueller Initiative oder Rivalität" enthält. Schließlich drücke sich im "idealen, jugendlichen Penis" (d. h. im kleineren) als eine Art genereller "Standard für Männer, Helden und Götter" eine allgemeine Tendenz zu Verjüngung aus - sprich einen gewissen Jugendkult.
 
Schließlich drücke sich im "idealen, jugendlichen Penis" (d. h. im kleineren) als eine Art genereller "Standard für Männer, Helden und Götter" eine allgemeine Tendenz zu Verjüngung aus - sprich einen gewissen Jugendkult.
Das ist ein interessanter Gedanke! Gibt es denn noch andere Nachweise oder Rückschlüsse auf besagte Tendenz?
 
Das ist ein interessanter Gedanke! Gibt es denn noch andere Nachweise oder Rückschlüsse auf besagte Tendenz?

Wenn du so genau nachfragst, bin ich mir bei der Formulierung etwas unsicher: immerhin gibt Dover (1983) in der Anmerkung zu dem Satz zu dem Halbsatz

Kenneth J. Dover schrieb:
und die Übernahme des idealen, jugendlichen Penis durch den Maler als Standard für Männer, Helden und Götter ist Ausdruck der allgemeinen Tendenz, alle zu 'verjüngen'

einen Literaturhinweis bezüglich des Begriffs "verjüngen": J. D. Beazley, Some Inscriptions on Vases (American Journal of Archaeology, 1950, pp. 310-322). Insgesamt lohnt es sich aber, in Dovers grundlegender Studie selbst nachzulesen.
 
Habe mir die Mühe gemacht, etwas genauer nachzulesen. Aber zunächst noch zu bemerken, daß K. J. Dover eine gründliche Literatur- und Ikonographiestudie mit zahlreichen Nachweisen durchgeführt hat - wie auch immer: Die angegebene Verjüngungsthese ist eigentlich eher nicht belegt. Das müßte man gegebenenfalls in der weiter angegebenen Literatur nachlesen. In dem zum Resumée gehörigen Kapitel steht eigentlich nur: "In der Vasenmalerei war der typische Penis eines jungen Mannes (ob Mensch Held oder Gott) dünn [...] und kurz [...] endete in einer langen zugespitzten Vorhaut [...]. [...] Dieser kleine Penis ist gewöhnlich mit einem Hodensack normaler Größe gekennzeichnet" (1983, S.112 f) Aber das dann wenigstens mit Belegen, auf deren Nennung ich hier verzichte!

Tatsächlich gibt es aber auch immerhin eine literarische Quelle: Dover verweist auf Aristophanes' Wolken (Verse 1009-1014), worin der kleine Penis - wie immer das im altgriechischen lautet - "als eines der erstrebenswertesten Resultate einer guten, konventionellen Erziehung versprochen [wird]"

Was die Vasenmalerei betrifft, ist das Gegenstück zu diesem "Kleinen Penis" übrigens denn gar nicht so sehr nur der große, vielmehr ist er vor allem auch häßlich und krüppelig und Dover würde gewiß auch dem Zitat, daß jschmidt schon rausgesucht hat, zustimmen wollen:

"Je größer der Phallos, desto mehr haftet ihm ein Element der Lächerlichkeit an, des γελοιον; der Unernst der sexuellen Drohgebärde ist dem Menschen, der den Ernst der Waffen erfand, allzu durchsichtig; die Aggression löst sich in Lachen auf" (Walter Burkert, Homo necans, 1997, S. 84).

Nun gut. Und wie verhält sich das jetzt eigentlich mit der - wie sagt jschmidt: apotropäischen Funktion?
 
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