Westslawen im Frühmittelalter

mir geht es um die kunst, kultur und geschichte der westslawen zwischen ca 600 und 1000. ich habe einige threads gelesen und habe bemerkt, daß die resonanz sehr gering ist. im chat haben wir darüber geredet und ich habe mir gedacht, vielleicht ein neuer versuch. von den geschichtlichen daten über kleidung und schmuck bis zur kriegsführung gegen die westlichen nachbarn.


 
mir geht es um die kunst, kultur und geschichte der westslawen zwischen ca 600 und 1000. ich habe einige threads gelesen und habe bemerkt, daß die resonanz sehr gering ist. im chat haben wir darüber geredet und ich habe mir gedacht, vielleicht ein neuer versuch. von den geschichtlichen daten über kleidung und schmuck bis zur kriegsführung gegen die westlichen nachbarn.

Seit ich mich mit der Geschichte der Slawen beschäftige, fallen mir immer mehr Ungereimtheiten auf. Ein Punkt hierbei ist der Begriff "die Westslawen". In einem anderen Thread hatte ich mal etwas zur Genese der Slawen geschrieben. Für mich steht fest, daß diese sehr spät vollzogen wurde. Daher stellt sich für mich die Frage, wie slawisch waren die Westslawen. Zudem kennt man auch aus der Archäologie mehrere Gruppen, die aus unterschiedlichen Richtungen/Gebieten und zu unterschiedlichen Zeiten ins Gebiet zwischen Elbe und Weichsel eindrangen (wenn sie eindrangen - hiermit will ich nicht sagen, daß Slawen hier schon immer saßen). Wenn wir also von Westslawen sprechen, dann liegt für mich der Verdacht vor, daß diese sich erst, vielleicht Ende des 1.Jtsd oder später erst als solche bildeten, wenn man überhaupt von einer mehr oder weniger einheitlichen Gruppe sprechen kann.

Könntest du bitte das Schreiben in grüner Farbe unterlassen. Das macht ja meine Augen krank, danke!
 
... ich habe echt keine lust, immer wieder nur anhand von irgendwelchen inet seiten kritisiert zu werden...

Es war doch gar nicht als derart scharfe Kritik gemeint; außerdem hatte ich nur diesen Halbsatz bemäntelt:
... bevor die sachsen in ihr heutiges gebiet vorstießen und die mark meißen gründeten...
Und dabei hatte ich Dich gebeten, nicht generell "die Sachsen" zu schreiben, sondern zu differenzieren - zum Hintergrund eine Arbeit dazu: http://www.sachsengeschichte.de/download/sachsengeschichte.pdf



... wenn mir aber die literaturliste von wikipedia vorgahalten wird, ohne die bücher zu kennen, finde ich daß nicht so toll. zudem bezog sich meine aussage mit dem domowina verlag darauf, daß wieder nur eine inet seite angeschaut wurde. ich habe mit diesem verlag schon mehrfach kontakt gehabt.

1. Ich bin kein Hellseher und konnte daher nicht vorausahnen, daß Du die Bücher der Literaturliste dieses Artikels der Wikipedia - wie bspw. Felix Biermann "Slawische Besiedlung zwischen Elbe, Neiße und Lubsza, Archäologische Studien zum Siedlungswesen und zur Sachkultur des frühen und hohen Mittelalters", Sebastian Brather "Archäologie der westlichen Slawen. Siedlung, Wirtschaft und Gesellschaft im früh- und hochmittelalterlichen Ostmitteleuropa" oder auch die Bücher von Joachim Henning - bereits kennst. Zudem sollte es lediglich ein Hinweis sein, daß es durchaus ernstzunehmende - gerade auch recht aktuelle (die Bücher sind alles Ausgaben von um 2000) - Fachbücher dazu gibt.
Anm.: Außerdem sind mir die genannten Bücher keineswegs allesamt unbekannt; aber sei's drum...

2. Ich bedaure es zutiefst, daß meine Anmerkungen so herübergekommen sind, als wollte ich schlecht über den Domowina Verlag sprechen (dessen Arbeit ich nämlich übrigens sehr gut finde). Mir ging es dabei darum, daß es
(a) durchaus auch andere Verlage gibt, welche Bücher zur frühmittelalterlichen Geschichte westslawischer Völker bzw. Stämme herausgebracht haben und daß
(b) das Angebot bei Domowina in Bereichen wie Geschichte und Volkskunde - auch nicht anders als bei anderen Verlagen - mitunter epochenübergreifend bzw. sogar auf Thematiken der Neuzeit ausgelegt ist.
Anm.: Und ich habe mir soeben nochmals das Angebot des Verlages angesehen...



... und sätze kommen, wie "muß man nicht kennen"...

Von mir nicht; und so etwas wirst Du von mir auch bestimmt kaum lesen :fs:
 
@ beorna: es tut mir sehr leid, dann verwende ich doch für dich eine andere farbe :):):):)

der begriff westslawen ist wohl eher ein neuer begriff, mit dem sich die damaligen völker in dieser einheitlichkeit wohl kaum bezeichnet hätten. zudem finden wir bei den slawen wenig das, was wir als "aufzeichnungen" bezeichnen würden. ibrahim ibn jacub hat da mehr hinterlassen, was uns die slawen näher bringt.

soweit mir bekannt ist, begannen die "staatengründungen" bei den slawen erst gegen ende des ersten jahrtausends. zuvor sollte man wohl der richtigkeit halber die einzelnen stämme benennen.


 
Seit ich mich mit der Geschichte der Slawen beschäftige, fallen mir immer mehr Ungereimtheiten auf. Ein Punkt hierbei ist der Begriff "die Westslawen". In einem anderen Thread hatte ich mal etwas zur Genese der Slawen geschrieben. Für mich steht fest, daß diese sehr spät vollzogen wurde. Daher stellt sich für mich die Frage, wie slawisch waren die Westslawen. Zudem kennt man auch aus der Archäologie mehrere Gruppen, die aus unterschiedlichen Richtungen/Gebieten und zu unterschiedlichen Zeiten ins Gebiet zwischen Elbe und Weichsel eindrangen (wenn sie eindrangen - hiermit will ich nicht sagen, daß Slawen hier schon immer saßen). Wenn wir also von Westslawen sprechen, dann liegt für mich der Verdacht vor, daß diese sich erst, vielleicht Ende des 1.Jtsd oder später erst als solche bildeten, wenn man überhaupt von einer mehr oder weniger einheitlichen Gruppe sprechen kann.
Davon würde ich auch ausgehen, daß die Westslawen als Stammesgruppe erst entstanden, nachdem sie (nach und nach) in jene Gebiete eingewandert waren, die vorher von germanischen Stämmen besiedelt und dann weitgehend von diesen verlassen wurden. Die einwandernden Slawen vermischten sich dann mit der schwachen germanischen Restbevölkerung. Aus dieser Mischbevölkerung, die allerdings ab dem 7. Jh. mehrheitlich slawisch gewesen sein dürfte, entwickelten sich die Westslawen.
siehe auch hier: http://www.geschichtsforum.de/341550-post86.html

Edit:
Sapanibal schrieb:
der begriff westslawen ist wohl eher ein neuer begriff, mit dem sich die damaligen völker in dieser einheitlichkeit wohl kaum bezeichnet hätten...
Natürlich nicht. Das ist ein rein wissenschaftlicher Begriff, der keine Eigenbezeichnung der "Westslawen" darstellt, so wie der Begriff "Germanen" ebenfalls keine Eigenbezeichnung war, sondern von den Römern zur Vereifachung eingeführt wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Davon würde ich auch ausgehen, daß die Westslawen als Stammesgruppe erst entstanden, nachdem sie (nach und nach) in jene Gebiete eingewandert waren, die vorher von germanischen Stämmen besiedelt und dann weitgehend von diesen verlassen wurden. Die einwandernden Slawen vermischten sich dann mit der schwachen germanischen Restbevölkerung. Aus dieser Mischbevölkerung, die allerdings ab dem 7. Jh. mehrheitlich slawisch gewesen sein dürfte, entwickelten sich die Westslawen.

Genau das ebend nicht. Ich denke, daß wir es mit unterschiedlichen Gruppen zu tun haben, die in die Gebiete einsickern. Echte Slawen werden da nicht sofort oder zumindest anfangs nur schwach darunter gewesen sein. Wir hatten das schon bei den Germanen. Die ersten "Germanen" die am Rhein erschienen waren u.U. noch gar keine Germanen. Das bedeutet für die Slawen, daß von Osten unterschiediche ethnische Gruppen vordrangen, die erst mit der Zeit "slawisiert" wurden oder besser slawisierten.

Danke, rosa Schrift und in der Dicke ist in Ordnung!
 
Es gab zwei Einwanderungswege nach Ostdeutschland:

1) Elbabwärts aus dem mährischen Raum, Leitkeramik Prager Typ
2) Aus dem Weichselgebiet, Leitkeramik Sukower Typ

Die Stämme differenzierten sich wohl erst hier aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei man aus dem Osten einmal die Küste entlang marschieren kann, dann gibt es den Weg über Bug und Weichsel, aber auch von Dnjestr und Pruth an den Gebirgen vorgei zur Oder. Die Gruppen die über die Mährische Pforte kamen müssen letztlich keine reinen Slawen gewesen sein, Pannonier, sonstige Balkanesen, Reitervölker......Schließlich gab es auf dem Balkan auch noch unterschiedliche "Slawen", man denke nur an die drei ursprünglichen Gruppen der Sclavenen, Anten, Veneti oder an die angebliche Herkunft der Kroaten von Iranern.
 
Genau das ebend nicht. Ich denke, daß wir es mit unterschiedlichen Gruppen zu tun haben, die in die Gebiete einsickern. Echte Slawen werden da nicht sofort oder zumindest anfangs nur schwach darunter gewesen sein.
Welche Bevölkerungsgruppen schweben dir noch so vor, die zwischen Elbe und Oder eingewandert sein könnten?
Wir hatten das schon bei den Germanen. Die ersten "Germanen" die am Rhein erschienen waren u.U. noch gar keine Germanen.
Meinst du den "Nordwestblock"? Stimmt, das Thema hatten wir schon: http://www.geschichtsforum.de/f32/die-ubier-germanen-oder-kelten-15261/index3.html#post312121
Das bedeutet für die Slawen, daß von Osten unterschiediche ethnische Gruppen vordrangen, die erst mit der Zeit "slawisiert" wurden oder besser slawisierten.
Und wie soll das aber gehen? Für eine "Slawisierung" gibt es nur zwei mögliche Varianten:

1.) Die Slawen waren die bevölkerungsstärkste Gruppe.
oder
2.) Die Slawen stellten eine herrschende Oberschicht dar, sodaß die übrigen Bevölkerungsgruppen deren Sprache annahmen.
:grübel:
 
Ich würde an die älteren Forianer die Frage stellen, ob es schon darüber einen Thread gibt. Mich würde auch interessieren, was hyokkose über überbleibsel des Slawischen in den österreichischen Dialekten...und über einen Ortsnamen: Zlatten. Zlatten konnte ich mit dem bulgarischen "Zlaten" was soviel wie "golden" bedeutet. Ob das Zufall ist?

Außer Ortsnamen wüßte ich jetzt aus dem Stand keine karantanischen Überbleibsel in den österreichischen Dialekten (slawische gibt es natürlich schon).

Zu Karantanien kann ich drei Bücher empfehlen:

Günther Hödl und Johannes Grabmayer (Hrsg.), Karantanien und der Alpen-Adria-Raum im Frühmittelalter, Wien/Köln/Weimar 1991

Wilhelm Richard Baier und Diether Kramer (Hrsg.), Karantanien - Mutter von Kärnten und Steiermark, 2. erweiterte Auflage, Klagenfurt/Ljubljana/Wien 2004 (darin u. a. ein Aufsatz von Heinz Dieter Pohl: Sprachliche Spurensuche - Slowenische Orts- und Flurnamen.)

Paul Gleirscher, Karantanien - Das slawische Kärnten, Klagenfurt 2000 (darin u. a. ein kurzes Unterkapitel Slawische Orts- und Personennamen erzählen. Dieses Buch enthält im Unterschied zu den anderen beiden auch zahlreiche Abbildungen.)

Zu "Zlatten" habe ich dort allerdings nichts gefunden (ich hoffe, ich habe nichts übersehen); allerdings gibt es laut Gleirscher im Kärntner Raum "rund 100 Ortsnamen frühslawischer Zeit"; da müßte man in die Spezialliteratur einsteigen.
 
Welche Bevölkerungsgruppen schweben dir noch so vor, die zwischen Elbe und Oder eingewandert sein könnten?
Das Problem ist, daß uns für diese Regionen Namen mehr oder weniger fehlen. Es gibt Slawen und Balten, doch ob da nicht noch andere Völker oder Völkergruppen waren, wenn auch nahe, kennt niemand.

Genau, egal ob wir ihn jetzt so nennen wollen oder nicht.

Und wie soll das aber gehen? Für eine "Slawisierung" gibt es nur zwei mögliche Varianten:

1.) Die Slawen waren die bevölkerungsstärkste Gruppe.
oder
2.) Die Slawen stellten eine herrschende Oberschicht dar, sodaß die übrigen Bevölkerungsgruppen deren Sprache annahmen.
:grübel:
Sagen wir einfach das Slawische hat sich am Ende durchgesetzt; wie stark echt slawische (was ist da überhaupt?) Komponenten zu Beginn waren, ist schwer zu sagen und es ist halt auch gar nicht notwendig, daß die ersten Einwanderer schon Slawen waren. Wie gesagt, ich will das gar nicht ausschließen. Ich denke nur, wir sollten bei der Betrachtung der "Slawischen Wanderung" die neueren Erkenntnisse über die der "Germanen" nicht außer Acht lassen. Diese Mär von den genügsamen, die Scholle beackernden Bauernkriegern ist doch wohl überholt. Doch wie lief es wirklich ab?
 
@beorna: Wobei man aus dem Osten einmal die Küste entlang marschieren kann, dann gibt es den Weg über Bug und Weichsel, aber auch von Dnjestr und Pruth an den Gebirgen vorgei zur Oder.
Warum das denn? Die Sukower-Gruppe (später Obotriten) ist in breiter Front über die Oder eingesickert.
Die mährische Pforte spielte wohl eher eine Rolle auf dem umgekehrten Weg nach Süden. Die über das Elbtal nach Sachsen eingedrungenen "Stämme" der Prager Gruppe (später Sorben) hatten aber offenbar entfernten Kontakt mit Byzanz gehabt und waren später auch am Samo-Reich beteiligt.
Die späteren Lutizen galten als Erbfeinde der Obotriten, offenbar waren an deren Genese beide Gruppen beteiligt.
Siehe Hermann (Hrsgb.): Die Slawen in Deutschland
 
Wenn wir von einer breiten Front sprechen aus der heraus eingesickert wurde, dann muß sich dahinter ein slawisches Territorium erstreckt haben, daß den gesamten Raum des heutigen Polen abgedeckt haben muß. Was ist mit den baltischen Gruppen im östlichen Teil der südlichen Ostseeküste? Was ist mit den stärkeren Restgruppen der Przeworsk-Kultur? Was ist mit den Nachfolgern der Wielbark-Kultur? Wenn man, wie ich, den Kern der Slawen in der Kiewer-Kultur sieht, dann bleiben große Räume frei, die ebend nicht von Slawen besiedelt waren. Hinterher sind sie Slawen, doch was war zwischendurch? Sind sie vor den Slawen hergeschoben worden, vor ihnen ausgewichen oder stießen die Slawen in von denen freigemachte Gebiete lediglich nach? Sind diese Nachbarvölker erst slawisiert worden oder erst abgewandert und dann zwischen Elbe und Oder slawisiert worden?

Vielleicht ein anderes Beispiel. Wenn wir an Britannien denken, dann denken wir u.a. an die Kelten, an Irland, Wales, Schottland und an das vorangelsächsische England. Doch waren das alles Kelten. Wann wurde Irland keltisch? Waren die Silurer in Wales Kelten? Wann sind Kelten überhaupt eingewandert und welche Bereiche wurden von ihnen erreicht? Man sollte, wenigstens für einige Bereiche z.B. auch die römische Eroberung und die angelsächsische Einwanderung als Anstoß zu einer Keltisierung von Teilen Britanniens sehen. Worauf will ich hinaus? Nicht alles was wir für originär keltisch halten war auch keltisch und nicht alles was wir für slawisch halten war auch sicher slawisch.
 
Mag sein - wir können es aber nur an Kulturen festmachen bzw. am Resultat - 800 n. Chr. war Ostdeutschland und ein bisschen darüber hinaus (mit Ausnahme Thürigens) weitgehend slawisch geprägt.
 
Dem würde ich grundsätzlich nicht widersprechen. Einzige Einschränkung bleibt der Umstand, daß wir die Kultur-Gruppen slawisch nennen, weil wir in späterer Zeit sicher Slawen (sprachlich) dort haben und deshalb auf ältere Zeiten rückschließen.
 
Die späteren Lutizen galten als Erbfeinde der Obotriten, offenbar waren an deren Genese beide Gruppen beteiligt.
Siehe Hermann (Hrsgb.): Die Slawen in Deutschland

Ich wohne im tiefsten Lutizergebiet, wo Zirzipanen, Tollenser, Kessiner und Redarier (alles Lutizer-Stämme) das heilige weiße Ross und den heiligen Eber von Rethra als Orakel befragten.
Mittlerweile ist Neubrandenburg (Ostmecklenburg, 7 km vor Vorpommern) mit allerlei Straßennamen und sonstigen slawischen Namen in Gaststätten und Firmennamen wieder slawisiert. Allerdings diverse Stadtführungen werden von germanischen Trachtenhelden der lokalen Vergangenheit durchgeführt.
 
2.) Die Slawen stellten eine herrschende Oberschicht dar, sodaß die übrigen Bevölkerungsgruppen deren Sprache annahmen.:grübel:

Es ist ein häufiger Irrtum, dass bei einer Vermischung von Völkern die Sprache der herrschenden sich durchsetzt. Manchmal bleibt diese auch nur als Superstrat erhalten.
 
Es ist ein häufiger Irrtum, dass bei einer Vermischung von Völkern die Sprache der herrschenden sich durchsetzt. Manchmal bleibt diese auch nur als Superstrat erhalten.

Kann ich nur zustimmen, schönes Beispiel die Bulgaren.


Interessant wäre, ob es in den verschiedenen Deutschen Dialekten slawische Wörter gibt.
 
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