Die Helvetier - ein sinnstiftendes Element für die nationale Identität der Schweiz?
Warum wurde der Name der H. für Ausdrücke wie Corpus helveticum, Helvetik (Helvet. Republik), Confoederatio helvetica oder Helvetismus verwendet? Ab dem SpätMA, v.a. aber im 19. Jh., regte sich in der Schweiz das Bedürfnis, sich mit Vorfahren zu umgeben, die Gründerpersönlichkeiten, Volksführer, Symbolfiguren und wenn möglich Helden waren. Die alten Eidgenossen erkannten sich in den stolzen und mutigen H.n, die Aegidius Tschudi in der Renaissance wiederentdeckt hatte, und schufen im 17. Jh. die allegorische Figur der Helvetia. In Karl Jauslins "Schweizergeschichte in Bildern" (1885-87) findet man Divico zwischen Wilhelm Tell und Arnold Winkelried. Die H. gaben auch ein sehr beliebtes Sujet in den in der 2. Hälfte des 19. Jh. hoch geschätzten hist. Umzügen und Gedenkfeiern ab. Allerdings behielt man lieber den Sieg von Agen (Gemälde von Charles Gleyre 1858) als die Niederlage von Bibracte in Erinnerung.
Merkwürdigerweise gehört das Thema der Auswanderung von 58 v.Chr. zu den Gründungsmythen der Schweiz, obwohl die Absicht, sein Volk in die Fremde führen zu wollen, nicht gerade eine patriot. Geste darstellt. Gleichwohl wurde der Name des keltischen Volkes der H., wohl wegen Caesar und dem Drama von 58 v.Chr., als Synonym für die Schweiz verwendet - auf Kosten der Erinnerung an die Allobroger in Genf, die Rauriker in Basel, die Nantuaten , Veragrer , Seduner und Uberer im Rhonetal, die Lepontier im Tessin, die Räter in Graubünden sowie weiterer vergessener oder verschwundener Völker im Gebiet der heutigen Schweiz.