Malleus Maleficarum

LiaFil

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Der "Hexenhammer" wurde 1487 nach einem Erlass des Papstes Innozenz VIII., von Heinrich Institoris und Jakob Sprenger, verfasst und erfüllte den Zweck eines kirchlichen Hexengesetzbuches für Strafrichter. Ich habe einige Auszüge gelesen, leitete es damals erst so richtig diese grausame Menschenjagd ein? Es scheint eine Art Folteranleitung gewesen zu sein. Weiß jemand genaueres um seine Entstehungsgeschichte, die Motive und Hintergrüne? Oder um die Beteiligung von Johannes Gremper?


Liebe Grüße
Lia
 
LiaFil schrieb:
Oder um die Beteiligung von Johannes Gremper?
Lia
Aus einem Bericht über eine Tagung von 2001 über ‚Malleus maleficarum’ – ‚Der Hexenhammer’
und die frühe Hexenverfolgung:

Die Stadt Ravensburg habe sich zu Beginn der 1480er Jahre in einer durch Unwetter, Mißernten und
Pest geprägten Krisensituation befunden. Eine Schlüsselposition in der vor diesem Hintergrund
durchgeführten Hexenverfolgung komme Johannes Gremper zu, dem Kaplan der Stadtpfarrkirche
Liebfrauen, der nach der Schilderung des ‚Hexenhammers’ den Inquisitor Kramer 1484 in die Stadt
gerufen habe. Unter Billigung und Mitwirkung der städtischen Obrigkeit seien zwei Frauen gefoltert
und wegen Schadenzauber und Teufelsbuhlschaft verbrannt worden. Vier weitere seien ebenfalls
in Verfahren verwickelt, aber in den Jahren bis 1490 durch Urfehdeschwur und Bürgenstellung
freigelassen worden. Aufgrund einer Analyse der sozialen Stellung der Angeklagten kommt
Schmauder zu dem Schluß, daß die Stadtobrigkeit die kirchlich initiierte Hexenverfolgung so lange
mitgetragen habe, wie zwei offensichtlich mittellose, ledige und gesellschaftlich wenig angesehene
Frauen gleichsam als Sündenböcke für die Hagelschäden der vorangegangenen Jahre verfolgt
worden seien. Als aber mit den vier anderen Angeklagten familiär oder zünftisch innerhalb der
Stadtgesellschaft vernetzte Frauen in das Verfahren verwickelt worden seien, sei auf Druck der
Bürgerschaft die Verfolgung abgebrochen worden. Damit hätten die Ravensburger Hexenprozesse
aus den gleichen lokalspezifischen Konfliktkonstellationen heraus ihr Ende gefunden, aus denen
sie auch begonnen hätten. Der ‚Hexenhammer’, der den Bürgermeister Gäldrich als
Glaubenseiferer und überzeugten Hexenverfolger darstelle, zeichne somit ein falsches Bild von
der Ravensburger Hexenverfolgung, die nach der Abreise des Inquisitors bald wieder geendet
habe.

http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2001/97-01.pdf

Zum Komplex Hexenverfolgung kannst du auch hier nachschauen:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=158

Zum Hexenhammer eine Abhandlung von WOLFGANG BEHRINGER
Heinrich Kramers "Hexenhammer": Text und Kontext
=>Publikationen =>Ausätze in der Druckversion
http://www.uni-saarland.de/fak3/behringer/HP/
 
Danke. :)
Es ist immer entweder von "Heinrich Kramer" oder "Heinrich Institoris" die Rede. Ich bin mir nicht sicher welche kirchliche Postition er inne hatte und ob das damit zu tun hat, meines Wissens nach war er Mönch. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das eine Art Funktionsbezeichnung war?
Das ganze Buch ist irre absurd, nur im Mittelalter wäre es verwunderlich gewesen, wäre es NICHT verlegt worden. Leider kenne ich auch die Hintergründe nicht warum genau und für wen genau es verfasst wurde. Wahrscheinlich gibt es die Antwort aber allein mit seiner Existenz.

Liebe Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
LiaFil schrieb:
Danke. :)
Es ist immer entweder von "Heinrich Kramer" oder "Heinrich Institoris" die Rede. Ich bin mir nicht sicher welche kirchliche Postition er inne hatte und ob das damit zu tun hat, meines Wissens nach war er Mönch. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das eine Art Funktionsbezeichnung war?
Das ganze Buch ist irre absurd, nur im Mittelalter wäre es verwunderlich gewesen, wäre es NICHT verlegt worden. Leider kenne ich auch die Hintergründe nicht warum genau und für wen genau es verfasst wurde. Wahrscheinlich gibt es die Antwort aber allein mit seiner Existenz.

Liebe Grüße
Die Erklärung ist einfacher als du denkst:

Institor (Genitiv: Institoris) heißt auf lateinisch Krämer oder Kramer. Damals (und auch noch lange Zeit danach) war es üblich, die deutschen Namen von Autoren zu latinisieren, vor allem wenn die Texte auf Latein geschrieben wurden und die Übersetzung leicht nachzuvollziehen war. Aus einem Heinrich de Hondt oder Hundt wurde dann ein Henricus Canisius und aus Heinrich Kramer eben Henricus Institoris...

(dieses Wissen ist auch bei des Suche in alten Bibliothekskatalogen von Nutzen, so habe ich es mühsam gelernt) ;)
 
Ich hab nichts gescheites gefunden - Wiki reicht mir nicht und gibt eh nicht viel her.

Ich immerhin dies:
Weblinks [Bearbeiten]
Werner Tschacher: Malleus Maleficarum (Hexenhammer), in: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. von Gudrun Gersmann, Katrin Moeller und Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net; Juli 2008


Es gibt auch gute Artikel in Wiki :p
 
Ich habe den "Hexenhammer" vor 18 Jahren als Taschenbuchausgabe gekauft. ISBN 3-423-02162-4. Wenn man sich auf die Denkweise dieser Zeit einläßt, dann ist dieses Buch recht klug geschrieben. Wobei jetzt klug vielleicht nicht das richtige Wort ist. Demagogisch geschickt trifft es wohl besser. Wenn man es aus aufgeklärter Sicht sieht, ist es ein dummes Machwerk. Verbrecherisch ist es von beiden Standpunkten aus.
Ich bin der Überzeugung, die Autoren waren Psychopathen, die mit diesem Buch ihrem "Hobby" einen juristischen Anstrich geben wollten. Sie gingen ja schon deshalb kriminell vor, weil sie ein Gutachten der Universität Köln fälschten, dass ihr Machwerk gut heißen sollte.
Sie stießen schon unter ihren Zeitgenossen oft auf Ablehnung und wurden auch schon mal aus einer Stadt gejagt. Fünfzig Jahre später fiel ihr Werk allerdings auf viel fruchtbareren Boden und wurde zum Leitfaden vieler Hexenjäger.
 
Ich habe den "Hexenhammer" vor 18 Jahren als Taschenbuchausgabe gekauft. ISBN 3-423-02162-4. Wenn man sich auf die Denkweise dieser Zeit einläßt, dann ist dieses Buch recht klug geschrieben. Wobei jetzt klug vielleicht nicht das richtige Wort ist. Demagogisch geschickt trifft es wohl besser. Wenn man es aus aufgeklärter Sicht sieht, ist es ein dummes Machwerk. Verbrecherisch ist es von beiden Standpunkten aus.
Ich bin der Überzeugung, die Autoren waren Psychopathen, die mit diesem Buch ihrem "Hobby" einen juristischen Anstrich geben wollten. Sie gingen ja schon deshalb kriminell vor, weil sie ein Gutachten der Universität Köln fälschten, dass ihr Machwerk gut heißen sollte.
Sie stießen schon unter ihren Zeitgenossen oft auf Ablehnung und wurden auch schon mal aus einer Stadt gejagt. Fünfzig Jahre später fiel ihr Werk allerdings auf viel fruchtbareren Boden und wurde zum Leitfaden vieler Hexenjäger.


Du sagst ja selbst, dass der Hexenhammer in seiner Art ausgesprochen "klug" verfasst war. Das Werk, man geht heute allgemein von der Autorenschaft von Heinrich Krämer (Institoris) aus, war im besten Humanistenlatein geschrieben und befand sich auf der Höhe scholastischer Rhetorik. Institoris stellte seinem Pamphlet die Hexenbulle Innozenz VIII. voran, um sich auf allerhöchste Autorität zu berufen. Dazu sammelte Institoris Zitate aus klassischen Texten wie Aristoteles und aus dem Alten Testament wobei er sehr selektiv vorging. Er betonte das Gebot des mosaischen Gesetzes "Die Zauberer sollst du nicht am Leben lassen" während er die Tatsache verschwieg, dass in der Bibel kaum von Hexen die Rede ist. Institoris katalogisierte die zeitgenössische Dämonologielehre und defnierte das Delikt der Hexerei als Superverbrechen und die Hexen als organisierte Subkultur. Hexerei war Ketzerei, und es stand nicht mehr Schadenszauber im Vodergrund, sondern die angebliche Verschwörung mit dem Teufel, der bei geheimen Treffen Elevinnen aussuchte und den akt mit ihnen vollzog. Solche Verbrechen aufzudecken rechtfertigte nach Ansicht von Institoris alle Mittel, und er empfahl, wiederholte Folter, die verboten war, einfach als Unterbrechung zu bezeichnen, um geständnisse zu erbrechen.

Allerdings stieß Institoris auf Widerstände, und Melchior von Meckau, der Fürstbischof von Brixen sagte deutlich, dass er Institoris für verrückt halte. Allerdings dürfte es leichter sein, Institoris und Sprenger vordergründig als "pervers" oder psychopathisch zu bezeichnen, als solche Anschuldigungen tatsächlich im wissenschaftlich pathologischen Sinn beweisen zu können.

Der Hexenhammer war durchaus nicht das Werk von Psychopaten oder Spinnern, es war sozusagen die Bibel der Hexenverfolgung. Der Malleus Maleficarum wurde dreizehnmal zwischen 1487 und 1520 und sechzehn Mal zwischen 1574- 1669 neu aufgelegt, und es gelang Institoris für seine abergläubischen Vorstellungen Bahn bei den Eliten der Kirche und bald auch bei führenden Protestanten zu brechen.
 
Der Hexenhammer war durchaus nicht das Werk von Psychopaten oder Spinnern, es war sozusagen die Bibel der Hexenverfolgung.

Ich halte die Autoren nicht für Spinner, dafür meinten sie es zu ernst. Allerdings sind sie für mich Psychopathen, da sie ihre Ideologie, die darauf hinaus geht gewissenlos Menschen zu töten, allen Argumenten entziehen. Sie wollen verbrennen und es ist ihnen lieber, zehn Unschuldige auf den Scheiterhaufen zu bringen, als dass ihnen nur eine Hexe entkommt.
Ein Kapitel heiß: Es folgt die Weise, gegen fünf Argumente von Laien zu predigen, womit sie hier und da zu beweisen scheinen, dass Gott dem Teufel und den Hexern keine solche Macht lässt, derartige Hexereien zu vollführen, achtzehnte Frage.
In diesem Kapitel degradieren sie selbst Gelehrte auf faselnde Laien herab und die Macht Gottes wird eher an die Seite gestellt. Letzteres finde ich für diese Zeit bemerkenswert.
 
Liest man die Beschreibungen und den Befragungskatalog, so ist das mittelalterliche Pornografie. Die Autoren müssen, vermutlich infolge des Zölibats, sich ihre perversen Fantasien von der Seele geschrieben haben und dieses Machwerk war eine legale Möglichkeit dazu. Nicht umsonst ist die Auflage bzw. Verbreitung noch heute vermutlich um ein Vielfaches höher als es historisch oder geistlich ernsthaft Interessierte gibt. Neudrucke moderner Ausgaben sah ich schon in Grabbelkisten. Siegmund Freund lässt grüßen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liest man die Beschreibungen und den Befragungskatalog, so ist das mittelalterliche Pornografie. Die Autoren müssen, vermutlich infolge des Zölibats, sich ihre perversen Fantasien von der Seele geschrieben haben und dieses Machwerk war eine legale Möglichkeit dazu.
Ich sehe die Sache so: Der Zölibat wurde vermutlich so streng befolgt wie die Regeln zur Fastenzeit...Mandelmakrönchen als Ersatz für den Fleischgenuss, deklariert als Abstinenz...

Neben Machtausübung durch Angstverbreitung liegt dem "Hexenhammer" ein grundlegend anderes, nicht von der Ratio geprägtes Denken zu Grunde.

Die Betrachtung eines schönen Körpers unter der Folter mag vereinzelt Vergnügen bereitet haben, war aber mE nicht Beweggrund. Die Angst vor dem Teufel war schon allgegenwärtig.
 
Ich kam die Lektüre von der Hexentrilogie von W. Lohmeyer empfehlen:
Die Hexe: Wolfgang Lohmeyer: Amazon.de: Bücher

Die Prozesse und auch die Befragungen werden äußerst authentisch geschildert. Dort ist auch von "perversen" Befragern die Rede, die ihre Phantasien an den Opfern auslebten - aus der Luft gegriffen wird das nicht sein, wobei man da von besonders "schlimmen" Einzelfällen ausgehen kann.

Besonders haben mir die Diskussionen von Friedrich von Spee gefallen, als er sich vor dem Tribunal verantworten musste - Seine Gedankenzüge und sein Kampf gegen die Hexenprozesse werden sehr anschaulich dargestellt - und seine Verzweifelung über seine Machtlosigkeit ist wirklich nachvollziehbar.
 
Besonders haben mir die Diskussionen von Friedrich von Spee gefallen, als er sich vor dem Tribunal verantworten musste - Seine Gedankenzüge und sein Kampf gegen die Hexenprozesse werden sehr anschaulich dargestellt - und seine Verzweifelung über seine Machtlosigkeit ist wirklich nachvollziehbar.
Die "Cautio Criminalis" ist da zu empfehlen. Gibt es meines Wissens auch schon einen Diskussionsstrang hier im Forum dazu.
 
Die "Cautio Criminalis" ist da zu empfehlen. Gibt es meines Wissens auch schon einen Diskussionsstrang hier im Forum dazu.

Stimmt, im Roman (Man muss das immer noch im Hinterkopf behalten) werden die Diskussionen auf Grundlage der Cautio geführt, also Argumente werden aus der Cautio herangezogen, ich denke auch aufgrund dessen wirkt es sehr authentisch.
Ich hatte auch mit Scorpio kurz über die Trilogie diskutiert gehabt - muss ich mal wieder nachlesen...
 
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