Flottenwettrüsten - Motive Kaiserreich

Das Image der USA war aufgrund des amerikanisch-spanischen Krieges etwas lädiert, denn die USA haben diesen Krieg mit einem Vorwand begonnen, der nicht einmal zutreffend war. Großbritannien nutzte die Gunst der Stunde und untersützte die USA öffentlich, um sich so den USA anzumäheren. Und das mit Erfolg. Die britische Presse agierte ebenfalls sehr freundlich gegenüber den USA. Was da wohl alles los gewesen wäre, wenn sich das Deutsche Reich so ein fragwürdiges Vorgehen geleistet hätte?

1901 verzichtete dann Großbritannien formell und verbindlich auf den Bau des späteren Panamakanals. Großbritannien hat damit praktisch seine Position in Lateinamerika zugunsten der USA geräumt. Die Karibik wurde als Interessensphäre der USA anerkannt. Ebenfalls wurden die Konflikte hinsichtlich Kanadas ausgeräumt. Großbritannien hat dann, sehr großzügig gegenüber den USA, seine Marinestützpunkte in Halifax und Esquimault geschlossen. Somit war die Grundlage für eine freundschaftliche Verbindng zwischen den USA und Großbritannien geschaffen worden.

Und genau zu dieser Art des Entgegenkommes war Großbritannien gegenüber den Deutschen Reich definitv nicht bereit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist eine Sachlage , welche ich noch nicht verstanden habe - immerhin
rüsteten die USA bis zum WW I. die 2-grösste Flotte hoch...

Wieso fühlte sich GB hier nicht bedroht ?
Gab es etwa schon "special relationship " oder Geheim- Abkommen zwischen
beiden ? Hat es was mit dem Panama-Kanal zu tun ?
Oder betrachtete GB die USA als Gegengewicht zu Japan ? Allerdings waren
die Grosskampfschiffe der USA im Atlantik konzentriert , zumindestens nch
meinem "Stosch 1912 " noch ?

Nach dem Bürgerkrieg bestand wenig interesse an einer großen Marine, da die Expansion der USA vorerst auf den Nordamerikanischen Kontinet beschränkt blieben.
Dies änderte Sich mit der Expansion in Richtung Mittel- und Südamerika ab den 80/90iger Jahren, vergelichbar mit dem Kolonialismus des Deutschen Reiches ab dem selben Zeitraum.
Zusätzlich spielte die zunehmende Industrie einen wichtigen Faktor, der die Grundlage für eine starke Marine war.

Allerdings setzte die US-amerikanische große Ausbau der Flotte ebenfalls mit dem Datum 1906 und dem Großlinienschiff ein, wobei die amerikanische Flotte erst ihren quantitavien 2. Rang erreichte, als man in Deutschland keine großen Schiffe mehr baute, Kriegsbedingt.
Die Verlegung von amerikanischen Schlachtschiffen hatte wohl mehr einen politischen Hintergrund, als einen militär taktischen.

Interessant wäre der Pazifische Raum zu betrachten, indem die Konflikte zwischen Japan und der USA geschaffen wurden. Im 1.WK war man allerdings noch verbündet, gegen das Deutsche Reich.

Ausschlaggebend für die Seemachtsstellung der USA sind m.E. die Washingtoner Verträge von 1921, wonnach die Seemacht Großbritanniens mit der der USA gleichgesetzt wurde und das Aufstrebende Japan gemaßregelt werden konnte.

http://www.geschichtsforum.de/f74/entwicklung-der-seemacht-der-usa-20185/
 
So lese ich auch die Flottengesetze und Novellen. Gute Zusammenfassung.
Jetzt bräuchte man noch die jeweiligen Schiffslisten der Royal Navy, um das Bedrohungspotential zu den einzelnen Zeitpunkten beurteilen zu können (das kann ich leider nicht liefen).

Also in Großbritannien begann sich das Einheitslinienschiff mit der Admiral-Klasse Mitte der 80iger Jahre heraus zubilden.

Endsprechend Vorlagen des Naval Defence Act wurden dannach Einheitslinienschiffe auf Kiel gelegt. Meist wurde ein Typ mit bis zu 10 Einheiten gebaut, die sich nur durch Kleinigkeiten unterschieden.

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_battleships_of_the_Royal_Navy#Pre-Dreadnoughts_.281882-1906.29

Die Royal Sovereign- Klasse bildet das Grundmodell für diese Einheitslinienschiffe 1.Klasse, wobei zwischendurch auch kleinere der 2.Klasse gebaut wurden. Bis 1905 wurden ca. 50 Linienschiffe in Dienst gestellt.

Als Vergleich lag die Anzahl der deutschen Linienschiffe nach dem Flottengesetzt von 1900 bei 4 geplanten Geschwader sowie einem Reservegeschwader von je 8 Schiffen mit insgesamt 40 Linienschiffen.

Bis 1905 hatte man mit der Brandenburg-Klasse, der Kaiser-Klasse, der Wittelsbach-Klasse, der Braunschweig-Klasse 19 Linienschiffe im Dienst, die bis auf die 5 der Braunschweig-Klasse in keiner Weise mit dem britischen Linienschiffen vergleichbar waren, da diese Konstruktionen am unteren Rand des Typs der Linienschiffe angesiedelt waren. Vergleichbar mit britischen Konstruktionen der 2.Klasse.
Die Linienschiffe der Deutschland-Klasse befanden sich um 1905 noch im Bau.

Somit halte ich den Vergleich von ca. 10 deutschen Linienschiffen gegen ca. 40 britische im Jahre 1905 für realistisch.
 
Somit halte ich den Vergleich von ca. 10 deutschen Linienschiffen gegen ca. 40 britische im Jahre 1905 für realistisch.

Na,da war man ja wohl noch ein gutes Stück vom angestrebten Stärkeverhältnis von 2:3 entfernt.
 
Na,da war man ja wohl noch ein gutes Stück vom angestrebten Stärkeverhältnis von 2:3 entfernt.

Naja, von deutscher Seite her wurde alles was nach Linienschiff aussah, als solches geführt.

Da waren die 8 Küstenpanzerschiffe genauso wie die Panzerkorvetten der Sachsen-Klasse gezählt worden, obwohl deren Gefechtswert schon nach der in Dienststellung nicht besonders hoch war.

Also Qualitativ begann der deutsche Kriegsschiffbau erst ab 1906 zu werden, mit dem britischen "Ruck" der neuen Schiffsklassen.
 
@Köbis: Also Qualitativ begann der deutsche Kriegsschiffbau erst ab 1906 zu werden, mit dem britischen "Ruck" der neuen Schiffsklassen.
Wenn ich mich recht entsinne, wollte Scheer 1916 die alten Seelenverkäufer wie die "SMS Pommern" gar nicht mit ins Skagerrak nehmen. Er ließ sich von den betreffenden Offizieren breitschlagen mit der Konsequenz, dass speziell dieser Pott mitsamt Besatzung (über 800 Mann) unterging.
 
Wenn ich mich recht entsinne, wollte Scheer 1916 die alten Seelenverkäufer wie die "SMS Pommern" gar nicht mit ins Skagerrak nehmen. Er ließ sich von den betreffenden Offizieren breitschlagen mit der Konsequenz, dass speziell dieser Pott mitsamt Besatzung (über 800 Mann) unterging.

Nun gut, das war Pech, mit der Pommern. Torpedobootangriff in der Nacht, da hat son ein großer Pott keine Chance.
Aber das hat nichts damit zu tun, dass die Pommern zu alt gewesen währe, so verloren die Briten auch ihre modernen Dreadnoughts z.B. durch Minien am Anfang des Krieges. Siehe " Audacious (1912) - Mined 1914".

Minen und Torpedos bildeten immer noch eine der gefährlichsten Waffen gegen große Schiffe.
 
Das Image der USA war aufgrund des amerikanisch-spanischen Krieges etwas lädiert, denn die USA haben diesen Krieg mit einem Vorwand begonnen, der nicht einmal zutreffend war. Großbritannien nutzte die Gunst der Stunde und untersützte die USA öffentlich, um sich so den USA anzumäheren. Und das mit Erfolg. Die britische Presse agierte ebenfalls sehr freundlich gegenüber den USA. Was da wohl alles los gewesen wäre, wenn sich das Deutsche Reich so ein fragwürdiges Vorgehen geleistet hätte?

1901 verzichtete dann Großbritannien formell und verbindlich auf den Bau des späteren Panamakanals. Großbritannien hat damit praktisch seine Position in Lateinamerika zugunsten der USA geräumt. Die Karibik wurde als Interessensphäre der USA anerkannt. Ebenfalls wurden die Konflikte hinsichtlich Kanadas ausgeräumt. Großbritannien hat dann, sehr großzügig gegenüber den USA, seine Marinestützpunkte in Halifax und Esquimault geschlossen. Somit war die Grundlage für eine freundschaftliche Verbindng zwischen den USA und Großbritannien geschaffen worden.
Die Entwicklung vom Feind der USA (1783) zum Freund der USA vollzog sich binnen hundert Jahre. Einen Konflikt mit den wirtschaftlich immer stärker werdenden USA konnten sich die Briten im Grunde gar nicht leisten, wenn sie Kanada nicht verlieren wollten. Also gestalteten sie die unvermeidbare Entwicklung und sicherten so ihren Besitzstand in Nordamerika.

Bei den Deutsch-Preußen verlief die Entwicklung in entgegen gesetzter Richtung. Vom Freund der USA (Steuben) zum wirtschaftlichen Konkurrenten und imperialen Rivalen. 1888/1889 kam es im Samoa-Konflikt, der zehn Jahre später wieder aufflammte, fast zum Bruch zwischen den USA und dem Deutschen Reich. Im wilhelminischen Denken dominierte die Prestigefrage, wem die Inseln im fernen Pazifik gehören sollten, die strategische Zukunftsfrage, was aus den deutsch-amerikanischen Beziehungen werden sollte.
 
Gandolf schrieb:
1888/1889 kam es im Samoa-Konflikt, der zehn Jahre später wieder aufflammte, fast zum Bruch zwischen den USA und dem Deutschen Reich.

Ganz genau und 1899 kam es dann zur handfesten Krise zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich. Mit den USA war man sich 1899 verhältnismäßig schnell einig, denn den USA ging es primär um ihren Flottenstützpunkt in Pago-Pago.
 
Die (amtlichen - ich gehe davon aus, dass es sich um eine solche handelt) Begründungen sind immer vom Gesetzgeber, nie von demjnigen, der ein Gesetz einbringt (hier Reichsregierung). Den das Gesetz ist ein Akt des Reichstags (nicht der Reichsregierung), nur der Reichstag kann daher begründen (ist heute nicht anders).
Etwas anderes wäre es bei Verordnungen, solche liegen aber zweifelsfrei nicht vor.

Hier geht etwas durcheinander:

Begründungen zu Gesetzen werden zumeist, früher wie heute, vom fachlich zuständigen Ressort verfasst, mit dem Gesetzestext im Kabinett abgestimmt und dann ins Parlament eingebracht. (Natürlich gibt es auch Gesetzesvorschläge aus der Mitte des Parlaments - die werden dann von demjenigen begründet, der sie einbringt.) Theoretisch bedarf ein Gesetzentwurf keiner schriftlichen Begründung, sondern diese könnte auch mündlich in der Gesetzesberatung ("Lesung") im Plenum und in den zuständigen Ausschüssen vorgetragen (und in den Protokollen erfasst) werden. Jedoch sehen alle heutigen Geschäftsordnungen der Regierungen das Abfassen schriftlicher Begründungen vor (Beispiel: http://www.bmi.bund.de/Internet/Con...teId=raw,property=publicationFile.pdf/GGO.pdf - dort § 42).

Die Begründungen sind im Zweifelsfall - in Verbindung mit den Protokollen - wichtig für die sog. historische Auslegungsmethode. Sie waren und sind jedoch nicht Teil des Gesetzes, was man unschwer auch daran erkennen kann, dass (a) über die Begründung nicht abgestimmt wird, (b) sie im Gesetzblatt nicht veröffentlicht wird und (c) auch die Rechtsprechung nur als "Auslegungsmaterial" interessiert. Wenn ein Gesetzgeber meint, dass seine "Motive" derart wichtig sind, dass jedermann sie kennen und respektieren muss, dann muss er sie eben ins Gesetz selbst hineinschreiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
#98 Nein!
Natürlich muss die Exekutive (hier vereinfacht Tirpitz) seinen Gesetzesvorschlag (mehr ist es nicht und mehr wird es nicht) begründen, schließlich will er ja, dass das Gesetz durchgeht.

In der Legeslative (Reichstag) wird es diskutiert, wird Gegenstand von (manchmal sehr sachfremden) Parteienhandel, und wird dann irgendwann zum Gesetz. Das Gesetz kann (muss aber nicht) deutlich vom Vorschlag der Exekutive abweichen. Die Erörterungen zu den einzelnen Fassungen und letztlich die Begründung des letztlich verbindlichen Gesetzestexts findet man heute in den Bundestagsdrucksachen (das sind immer Vorlagen des Parlaments; selbst wenn bei einzelnen Gesetzen wörtlich die Begründung der Exekutive übernommen wird, bleibt es Wille der Legeslative, die in diesem Fall eben zu 100% der Exekutive folgt). Diese und nur diese Begründungen können bei der Gesetzesinterpretation herangezogen werden. Besonders deutlich wird dies bei EU-Gesetzen (Verordnungen, Richtlinien), diesen werden Begründungserwägungen vorangestellt, die bei der Interpratation wichtig sind.

Das war im Reichstag nicht anders (hießen dort Reichstagsdrucksache der Session...dann kommt der Zeitraum der Sitzungsperiode). Niemals kann die Exekutive etwas in das Publizitätsorgan der Legeslative schreiben (das wäre so etwas wie ein Staatsstreich).

Wenn nun Schutz von "Seehandel und Kolonien" genannt wird, dann ist es eben so. Voraussetzung ist natürlich, daß es tatsächlich die Begründung des Reichstags ist bzw. daß der Reichstag diese Begründung in seinen Willen aufgenommen hat. Wie gesagt, ich habe dies aus einem Buch, nicht aus Orginaldokumenten.
 
"Um unter den bestehenden Verhältnissen Deutschlands Seehandel und Kolonien zu schützen, gibt es nur ein Mittel: Deutschland muss eine so starke Schlachtflotte besitzen, daß ein Krieg auch für den seemächtigsten Gegner mit derartigen Gefahren verbunden ist, daß seine eigenen Machtstellung infrage gestellt wird. Zu diese Zweck ist es nicht unbedingt erforderlich, daß die deutsche Schlachtflotte ebenso stark ist wie die der größten Seemacht.........."

Achtung, die Begründung für den Aufbau einer starken Flotte zum Schutz des Überseehandels und der Kolonien bezieht sich mehr auf den Ausbau einer starken Heimatflotte, deren reine Anwesenheit als Abschreckung dienen sollte. Diese Flotte sollte nur symbolisch den Überseehandels und die Kolonien Schützen.
Der Risikogedanke war wohl damals das Rezept eine Flotte zu begründen, die eigentlich nicht zu begründen war. Das wusste damals bloß noch niemand.

Als Tirpitz das Flottengesetzt 1898 vorlegte wusste er schon, daß die Verdoppelung dieser Flottenplanung notwendig sein wird. Ich denke aus folgendem Grund:

Der Flotteplan von Tirpitz sah einen Kern an Panzerschiffen zu 2 Geschwadern mit je 8 Panzerschiffen ( plus 2 Reserve ) von insgesamt 18 Stück vor, dies war in starker Anlehnung an den Flottengründungsplan von 1873, wobei hier der Kern aus 14 Panzerschiffen bestehen sollte, der bis zu den Flottengesetzt von 1898 bestand hatte.
Im Jahr 1898 bzw. schon 1897 waren aber die alten Panzerschiffe aus Anfang der 70iger Jahre zu ersetzen, weil sie die Dienstzeit von 25 Jahren überschritten hatten oder sie waren.

In der Amtszeit Caprivis kamen als „große“ Neubauten nur die Panzerschiffe IV. Klasse in Planung (Ob als Ersatzbau weiß ich grad gar nicht), von denen 10 zur Küstenverteidigung gebaut werden sollten. Der Amtsentwurf für die ersten 6 stammt von 1885 und daß erste Panzerschiff wurde mit dem Haushalt von 1887 genehmigt. Geplant waren 10 Panzerschiffe dieser Klasse zur Küstenverteidigung. Letztlich zog sich der Bau dieser Panzerschiffe über 12 Jahre hin, wobei der Amtsentwurf noch ein paar Mal überarbeitet wurde, so daß die letzten 2 Panzerschiffe etwas größer waren.

Diese Schiffe wurden gesondert in die Flottenvorlage von 1898 eingearbeitet und stellten die 8 Küstenpanzerschiffe dar.

Als große Panzerschiffe I. Klasse wurden mit dem Amtsentwurf 1888 die Brandenburg-Klasse als Neubau A 1890 auf Kiel gelegt. Geplant waren 4 Neubauten. Warum diese Schiffe allerdings als Neubauten bewilligt wurden entzieht sich meiner Kenntnis.
Vielleicht hat es etwas mit der Umklassifizierung der alten 70iger Panzerschiffe als Kreuzer zu tun.

Als nächste neue Planung für ein Panzerschiff I. Klasse wurde der Amtsentwurf 1893 der Kaiser-Klasse erstellt von denen 5 Einheiten geplant waren. Noch im Haushaltsjahr 1893/94 wurde der Bau vom Reichstag abgelehnt, wurde das erste Schiff 1895/96 zum Bau genehmigt. Der beiden Ersatzbauten wurden 1896 Kaiser Friedrich III. und 1897 Kaiser Wilhelm II. auf Kiel gelegt.

Somit hatte der Bestand der Flotte im Jahr 1898 ein mögliches Geschwader mit den 4 Panzerschiffen der Sachsen-Klasse und den 4 Panzerschiffen der Brandenburg-Klasse. Hinzukamen die 2 im Bau befindlichen Panzerschiffe der Kaiser-Klasse.

Als Neubauten des Flottengesetzes von 1898 wurden die 3 verbleibenden Einheiten der Kaiser-Klasse geplant, sowie die folgenden 5 Einheiten der Wittelsbach-Klasse.

Somit konnte man nur 8 Einheiten an Panzerschiffen (ab 1899 Linienschiffe) nach dem Flottengesetzt neu bauen.
Somit war es wohl auch einfach, dieses erste Flottengesetzt durchzubringen, denn der erforderliche Aufwand, vor allem finanziell und auch zeitmäßig ( Sollbestand bis 1905) war doch nicht sehr hoch gegriffen, im Vergleich zu anderen Nationen, die solche Flottenprogramme erstellten.

Das dies natürlich Tirpitz nicht ausreichen würde, zumal das Schiffsmaterial doch noch recht „Zusammengewürfelt“ schien, war eine Erweiterung schon geplant, als das 1. Flottengesetzt verabschiedet wurde.

Das Aufrüsten beginnt somit mit dem 2 Flottengesetz von 1900.
 
Nachtrag zu #100 .


So sind die Panzerschiffe der Brandenburg-Klasse teilweise als Neubau A-D geführt, aber es gibt auch Informationen wonnach:
  • Panzerschiff C (Weißenburg) der Ersatzbau für die
    Panzerfregatte Friedrich Karl
  • Panzerschiff D (Kurfürst Friedrich Wilhelm) der Ersatzbau für die Panzerfregatte Kronprinz
Panzerschiffe der Kaiser-Klasse waren die ersten drei Einheiten Ersatzbauten:

  • Ersatz Preußen (Kaiser Friedrich III.)
  • Ersatz Friedrich der Große (Kaiser Wilhem II.)
  • Ersatz König Wilhelm (Kaiser Wihlem der Große)
Neubauten nach dem neuen Flottengesetzt von 1898 und als Linienschiff klassifiziert
  • Neubau A (Kaiser Barbarossa)
  • Neubau B (Kaiser Karl der Große)
Interesant hierbei ist, das die Panzerfregatte König Wilhelm durch das u.g Linienschiff ersetzt wurde und als sie 1899 als großer Kreuzer umklassifiziert wurde, war der gr. Kreuzer Friedrich Carl der Ersatzbau. Sprich ein und das selbe Schiff wurde zweimal ersetzt!
 
Zu #72 Die Bemerkung über N. Ferguson veranlasste mich die Ausführungen über die Kaiserliche Marine von Potter/Nimitz/Rohwer, Seemacht, zu lesen (rein willkürliche Auswahl, weil das Buch seit Jahrzehnten bei mir steht). Das Buch nimmt einen sehr militärischen Standpunkt ein, beschreibt seemilitärische Probleme der gesamten Weltgeschichte (wobei die Ausführungen ab dem amerikanischen Bürgerkrieg ausführlicher werden). Das Buch beruht auf Forschungen der Marineakademie der USA in Annapolis, wo Elmer Potter – ehemals aktiver Marineoffizier im Range eines Commanders - eine Professur innehatte.

Eine Zusammenfassung mit meinen Worten:

Um die Jahrhundertwende begannen viele Staaten eine Marine aufzubauen. Was Deutschland tat, war also nichts besonderes (das Flottengesetz Frankreichs von 1900 sah u.a. 28 Schlachtschiffe und 4 Materialreserven vor). Tirpitz war nur klarer und folgerichtiger als andere in seinen Zielen (was weit überwiegend Vorteile, aber eben auch Nachteile hatte - die Konzentrierung auf Schlachtschiffe – aus fiskalischen Gründen – bedeutete zwangsläufig eine gewisse Vernachlässigung anderer Waffen). Tirpitz ging von modernen taktischen Erfordernissen aus und legte den Schwerpunkt auf die technische Flottenentwicklung. Er sah die Flotte als Organismus und nicht als Nebeneinander von Angriffs- und Verteidigungsmittel. Die Regelmäßigkeit wurde zur Stärke der Kaiserlichen Flotte – und zu ihrem Problem.

Die Engländer sahen bis Herbst 1904 eindeutig die Franzosen als ihren Gegner auf den Meeren an (die Flottenaufstellung der Engländer, insb. deren Schwerpunkt im Mittelmeer, wird ausführlich beschrieben). Die Neuaufstellung der Navy nach den Vereinbarungen mit Frankreich und Japan in den Heimatgewässern bedeutete eine Flottenkonzentration gegenüber Deutschland (die aufgrund der neuen Bündnissysteme als einzig verbleibende große Flottenmacht eher zufällig zum Gegner wurde), die die deutsche Flotte erdrückt hätte (der Risikogedanke, kann man sagen, wurde herausgenommen). Daher reagierten die Deutsche mit der Flottennovelle 1906.

Erst der Dreadnought-Sprung brachte die Rivalität. England ging davon aus, dass mit den neuen Schlachtschiffen endgültig seine Überlegenheit gesichert war, insbesondere meinte man, dass Deutschland bei den Dreadnoughts nicht mithalten konnte und wollte, weil zu deren Nutzung der Kaiser-Wilhelm-Kanal kostenintensiv verbreitert werden musste. Das erwies sich als Irrtum. Die Dreadnoughts wurden vielmehr für England ein Problem, da England, um seine Macht zu behalten, in viel größerem Umfange diese teuren Schiffe bauen musste. Die Deutschen meinten durch eine Erhöhung des Bautempos (Flottengesetz 1908: Erhöhung von drei auf vier große Schiffe) schnell zu einem günstigeren Verhältnis zu kommen. Dieses Vierertempo – eine Reaktion auf die englische Politik – führte zum ersten Mal zu wirklichen Schwierigkeiten zwischen den Staaten (die Engländer bekamen innenpolitische Schwierigkeiten – wie auch die die Deutschen – irgendeine Gruppe in der Bevölkerung musste das Geld aufbringen, entweder durch höhere Steuern, durch Streichungen von Vergünstigungen oder durch beides). Die Verhandlungen über Flottenbegrenzung (Begrenzung der Rüstung Deutschland gegenüber einer Neutralitätszusage Englands bei) scheiterten dann (weil England aufgrund seiner Bündnispolitik meinte, keine Zusagen geben zu müssen). Bei der Flottennovelle 1912 musste Tirpitz mancherlei Streichungen hinnehmen (dies honorierten die Engländer aber nicht). Durch geschickte organisatorische Maßnahmen gelang es Tirpitz allerdings, ein neues Geschwader (in 1912 genehmigte 3 Linienschiffe wurden mit 4 Materialreserven und Flottenflaggschiff vereinigt) zu schaffen.

Die Verfasser loben Tirpitz Konsequenz und Folgerichtigkeit – und die konstruktive Überlegenheit der deutschen Schlachtschiffe. Allerding: Den besten Überwasserstreikräften ihrer Zeit – so ihre Formulierung - fehlte ein strategisches Konzept – Folge der mangelhaften Marineorganisation.

Die Meinung der Verfasser zur Flottenfrage in ihrer Zusammenfassung will ich wörtlich wiedergeben:
„Die Flottenfrage wäre zwischen Deutschland und England jedoch wohl kaum zu einem derart entscheidenden Problem geworden, wenn sich nicht ab 1902/1905 die Bündnissysteme Europa grundlegend gewandelt hätten. Sie führten Deutschland zunehmend in eine Isolierung….“
 
Eine Zusammenfassung mit meinen Worten:

Um die Jahrhundertwende begannen viele Staaten eine Marine aufzubauen. Was Deutschland tat, war also nichts besonderes (...)

Die Engländer sahen bis Herbst 1904 eindeutig die Franzosen als ihren Gegner auf den Meeren an (...)

Erst der Dreadnought-Sprung brachte die Rivalität. (...)

Ich bin überwältigt, fast alles wie ich es in diversen Beiträgen geschildert und begründet habe, ohne dieses Buch zu kennen.:fs::pfeif:
 
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Ja, das Buch bestätigt aber auch die Thesen von Tirpitz. Nicht die Flottenrüstung, sondern die Bündnispolitik (Einkreisung) war das Problem. Und dieser Politik wollte Tirpitz durch eine an seestrategischen Gedanken orientierte Außenpolitik begegnen (z.B. Japan, Italien, Skandinavien).
 
Nicht die Flottenrüstung, sondern die Bündnispolitik (Einkreisung) war das Problem. Und dieser Politik wollte Tirpitz durch eine an seestrategischen Gedanken orientierte Außenpolitik begegnen (z.B. Japan, Italien, Skandinavien).

Mehr das Problem war es, dass Deutschland seine außenpolitische „Keule“ in Form einer großen Flotte falsch einsetzte. Nur dies führte zur Isolation, m.E.

Um die Jahrhundertwende begannen viele Staaten eine Marine aufzubauen. Was Deutschland tat, war also nichts besonderes (...)

Hier ein paar Daten von Flottenbauprogrammen als Vergleich zu den Deutschen:

Russland

Schiffbauprogramm von 1881 für die nächsten 20 Jahre

Baltische Flotte
16 Panzerschiffe
13 Kreuzer
11 Kanonenboote
100 Torpedoboote

Schwarzmeerflotte
8 Panzerschiffe
2 Kreuzer
19 Torpedoboote

Stillen Ozean (Sibirische Flottille)
8 Kanonenboote
6 Torpedoboote

neues Schiffbauprogramm von 1903 für die nächsten 20 Jahre

Insgesamt:

54 Kreuzer
12 Kanonenboote
35 Torpedobootzerstörer
509 Torpedoboote !! (diese Zahl erscheint recht hoch)

zusätzlich für die Schwarzmeerflotte
12 Panzerschiffe
6 Küstenpanzerschiffe
14 Kreuzer
4 Kanonenboote
58 Torpedoboote


Japan

Erstes Marinebauprogramm 1882:

48 Neubauten in 8 Jahren waren vorgesehen

Zehnjahres - Erweiterungsprogramm von 1896

4 Schlachtschiffe
6 Panzerkreuzer
6 Kreuzern
23 Torpedobootzerstörer
63 Torpedoboote

USA

Bauprogramm der „Neuen Marine“ ab 1883

Ermächtigungsgesetzte von 1883 – 1897

11 Schlachtschiffe
2 Panzerkreuzer
16 Kreuzer
4 Torpedobootzerstörer
18 Torpedoboote

Ermächtigungsgesetzte von 1898 – 1904

16 Schlachtschiffe
13 Panzerkreuzer
9 Kreuzer
16 Torpedobootzerstörer
12 Torpedoboote


Anzahl der Linienschiffe im internationalen Vergleich

1890

Großbritannien 43
Frankreich 30
Deutschland 13
Russland 12
Österreich-Ungarn 10
Italien 6
Japan 3
USA -


1905

Großbritannien 60
Frankreich 28
Deutschland 27
USA 22
Japan 13
Österreich-Ungarn 12
Russland 11
Italien 11

(Achtung: in den Zahlen sind immer alle in Dienst befindlichen Panzer-/Linienschiffe enthalten. Das sagt nichts über den Gefechtswert der Schiffe aus.)

Anhand dieser Zahlen ist zuerkennen, daß der Navalismus um 1900 kein britisches oder deutsches Phänomen war. In allen Industrienationen wurde der Aufbau einer Flotte vorangetrieben.
So stiegen auch die Marineausgaben stark an (Mio Mark):

1897

Großbritannien 425,3
USA 248,9
Frankreich 208,6
Russland 184,2
Deutschland 114,0
Japan 105,8

1904

Großbritannien 751,9
USA 496,6
Russland 243,9
Frankreich 234,4
Deutschland 219,1
Japan 43,3

1910

Großbritannien 824,6
USA 503,7
Deutschland 434,3
Frankreich 300,5
Russland 243,5
Japan 176,1


Dennoch lag Deutschland mit seinen Marineausgaben nicht so hoch, wie andere europäische Nationen. Dies änderte sich ab 1906.

Erst der Dreadnought-Sprung brachte die Rivalität. (...)

Ab 1905 wurde nochmals deutlich zugelegt, was den Neubau von Großlinienschffen angeht. So wurden folgende neue Großlinienschiffe / Schlachtkreuzer bewilligt.

Von 1905 -1918

Großbritannien 29 / 19
USA 29 / 5
Deutschland 21 / 14
Frankreich 16
Japan 10 / 6
Italien 10
Russland 8 / 4
Österreich-Ungarn 8

Bestand 1918

Großbritannien 33 / 11
Deutschland 19 / 6
USA 17 / -
Frankreich 7
Japan 5 / 4
Italien 5
Russland 5 / -
Österreich-Ungarn 2

Hier ist enorm zu erkennen, dass sich Großbritannien, Deutschland und die USA an die Spitze setzten, wären die übrigen Nationen ihre Flottenbauprogramme mit dem Dreadnought-Sprung nicht nur annähernd erfüllen konnten. Doch auch hier war es nicht nur ein Wettrüsten zwischen Deutschland und Großbritannien.

Die Engländer sahen bis Herbst 1904 eindeutig die Franzosen als ihren Gegner auf den Meeren an (...)

Britische Flotte 1906
Nordsee

Kanalflotte
Portland
13 Linienschiffe
6 Panzerkreuzer

Reserve-Divison
Devonport
5 Linienschiffe
1 Panzerkreuzer

Portsmouth
3 Linienschiffe
3 Panzerkreuzer

Chatham
5 Linienschiffe
2 Panzerkreuzer

Atlantik/Mittelmeer

Gibraltar
9 Linienschiffe
6 Panzerkreuzer

Malta
9 Linienschiffe
4 Panzerkreuzer

Britische Flotte 1912
Nordsee

Home Fleet
15 Großlinienschiffe
5 Schlachtkreuzer
14 Linienschiffe
8 Panzerkreuzer

Second-Fleet
8 Linienschiffe
11 Panzerkreuzer

Third-Fleet
15 Linienschiffe


Mittelmeer

2 Schlachtkreuzer
2 Panzerkreuzer

Diese Flottenverschiebung innerhalb von 6 Jahren sagt viel aus.

Quellen:
Panzerschiffe um 1900; Israel u. Gebauer
Die Geschichte der russischen Marine bis 1917; Rasdolgin
Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970; Breyer
Kriegschiffe der Welt 1860-1905 Band 1 (Großbritannien/Deutschland) u. Band 2 (USA, Japan und Russland); Chesneau u. Kolesnik
Seeherrschaft Band 2; Pemsel
 
Dankeschön für die sehr beachtliche bereitstellung der Daten!

Mehr das Problem war es, dass Deutschland seine außenpolitische „Keule“ in Form einer großen Flotte falsch einsetzte. Nur dies führte zur Isolation, m.E.

Da darf kann man durchaus geteilter Meinung sein :), aber das die Flotte als machtpoltitisches Instrument eingesetzt wurde, ist sicher ein sehr wichtiger Punkt.
 
Ja, das Buch bestätigt aber auch die Thesen von Tirpitz. Nicht die Flottenrüstung, sondern die Bündnispolitik (Einkreisung) war das Problem. Und dieser Politik wollte Tirpitz durch eine an seestrategischen Gedanken orientierte Außenpolitik begegnen (z.B. Japan, Italien, Skandinavien).

Ebenfalls zunächst besten Dank an Köbis für die Daten!

Wie soll das Buch eine These bestätigen, wenn die komplexe außenpolitische Komponente ausgeblendet ist?

Wie an den letzten Zahlen deutlich wird, fixierte die Flottenpolitik vielmehr die Konfrontationslage. Vielleicht wird das etwas transparenter, wenn man die Zahlen von Köbis nimmt (Bewilligungen 1905-18 und Stand 1918) und gedanklich für die deutsche Seite halbiert. An der strategischen Lage ändert sich hierdurch für das Deutsche Reich nichts. Unverändert wäre Bismarcks These zu beachten, dass die deutsche Konfrontation mit Frankreich (stets) vor Metz austragen wäre; für Großbritannien würden sich (stets) politische Wege finden lassen - umso leichter mit einer gedanklich halbierten Flotte, bei 1905 gegebenen überseeischen Interessengebieten.
 
Das Buch blendet die politische Situation nicht aus, sondern betrachtet die Lage von einem militärischen Standpunkt (Potters Beruf wurde angesprochen, Niemitz's als bekannt vorausgesetzt).

Bismarck regierte einen (sich verändernden) Agrarstaat, das wilhelminische Deutschland war ein Industriestaat. Die Interessenlage war eine andere (oder die Zeitgenossen sahen sie als eine andere).
 
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