Windbüchse

urvo

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Windbüchsen
Angaben zum Erfinder sowie der Zeit und den Ort der ersten Windbüchse konnte ich im Internet etc. nicht finden. Es gibt eine Erwähnung von „Musschenbroek“, dass sich in der Gewehrkammer eines Herrn von Schmettau in Deutschland eine noch sehr unvollkommene Windbüchse mit der Jahrszahl 1474 befunden habe. v. Musschenbroek, Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2111 sqq. Quelle Internet
Der Nürnberger Feuerschloßmacher Peter Dömbler baute 1607sogenannte Windbüchsen, die mit Pressluft großkalibrige Kugeln ohne Mündungsknall verschießen. Der Rat der Stadt verbietet die Büchsen-Produktion, weil man "...mit solch mörderisch Waffen einen Menschen hinrichten könne, unvermerkt, wo es herkomme...". Erst 170 Jahre später (um 1780) verbessert der Tiroler Uhrmacher Bartholomus Girandoni(1744-1799) während er Napoleonischen Kriege (1788-1791) die Konstruktion. Diese Windbüchsen gingen auf Vorbilder aus dem 17. Jh. zurück und wurde nur in 1.400 Exemplaren gefertigt, besaßen gezogene Läufe und verschossen Rundkugeln im Kaliber 11,75 oder 13 Millimeter (Quellen liefern unterschiedliche Angaben) aus einem 20 Schuss-Röhrenmagazin, das eine einfache Schiebevorrichtung zum schnellen Laden besaß. Mit einer Luftpumpe bauten die Schützen - mit ca. 1500 Pumpstößen - genügend Druck (ca. 30-40 atü) im abschraubbaren Kolben auf, der nach den ersten Schüssen allerdings rasch nachließ. Deshalb führte jeder Soldat, der mit dieser Waffe ausgerüstet war, zwei Reservekolben mit sich. Zur Wirkung ist bekannt, dass die ersten drei bis vier Schüsse auf 150 Meter genau im Ziel waren (14 cm Radius), aber auch der 20. Schuss wirkte auf 80 Metern noch tödlich. Immerhin durchschlug der 20. Schuss bei einer Distanz von 100 Schritt noch ein 2,5 cm starkes Holzbrett, Kaiser Joseph II (1769 - 1790) führte sie 1799 diese Schusswaffe bei einigen Einheiten der österreichischen Armee ein. Die Waffe wurde bei Scharfschützen im Türkenkrieg 1788-1791 und in den Kriegen gegen Frankreich bis 1806 verwendet. Zu der Behauptung, ein besonderer Befehl Napoleons habe den Schützen im Falle der Gefangennahme den Tod angedroht, konnte ich keine „sichere“ Quelle finden.

Es wäre schön, wenn jemand Hinweise, Informationen, Einsatzberichte, etc. über diese Waffe im Zeitraum der Napoleonischen Kriege (Koalitionskriege) hätte.
Gruß Urvo
 
Das eine Windbüchse geräuschlos schoss, so wie mit einem Schalldämpfer, trifft nur bedingt zu.
Der Vorteil eines Scharfschützen mit einer Windbüchse bestand im wesentlichen darin,
dass er 1. schwerer zu orten war, da es keinen Pulverdampf gab
und 2. war die Zeit zum Nachladen kürzer war, da der Preßluftvorrat für einige präzise
Schüsse reichte.
Ich war vor kurzem in Passau, im Museum der Veste Oberhaus sind einige sehr schöne
Windbüchsen für die Jagd zu besichtigen.
 
Zur Wirkung ist bekannt, dass die ersten drei bis vier Schüsse auf 150 Meter genau im Ziel waren (14 cm Radius)

Ich mag mich irren, aber ist das nicht auch mit den gewøhnlichen Vorderladern møglich gewesen?
(Ich weiss, das die Lineartaktik eine solche Treffsicherheit nicht verlangte, aber ich meine, sie ist machbar gewesen - ich werde nochmal versuchen, das herauszukriegen. Dann haben wir immerhin einen Vergleich.

Gruss, muheijo
 
Eines der militärischen Vorderlader, die „ Brown Bess „wurde von 1722 bis zur Schlacht bei Waterloo eingesetzt.
Brown Bess" ist im Grunde eine Sammelbezeichnung für eine ganze Anzahl mehr oder weniger stark veränderter Muster. Die während der napoleonischen Kriege am meisten produzierte Variante war die sogen. "India Pattern"- Muskete. Die India Pattern hatte im Vergleich zu früheren Modellen einen kürzeren Lauf und war etwas leichter. Maßgebend für die Zeit waren die französischen Musketen, die von anderen Nationen zum Modell genommen oder kopiert wurden. siehe auch:http://de.wikipedia.org/wiki/Brown-Bess
Hier werden (ab S.9) u.a. die Schießleistungen beschrieben:
http://www.napoleon-online.de/Depesche20.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich mag mich irren, aber ist das nicht auch mit den gewøhnlichen Vorderladern møglich gewesen?
(Ich weiss, das die Lineartaktik eine solche Treffsicherheit nicht verlangte, aber ich meine, sie ist machbar gewesen - ich werde nochmal versuchen, das herauszukriegen. Dann haben wir immerhin einen Vergleich.

Gruss, muheijo

Ja, natürlich ist das möglich.

Vorraussetzungen sind :

Büchse mit gezogenem Lauf , geeignetes Visier ( diopterähnliches zB ) ,
gute , gleich bleibende Pulverqualität , genaue Abmessung von Ladung
und Geschossen, sorgfältiges Reinigen und natürlich ein geübter Schütze.

Verweise : amerikanischer Kolonialkrieg ( Riflemen ) oder Tiroler Bergschützen im napoleon. Krieg
 
Mal aus einem Buch zitiert:
"In einem Jägerbuch von 1779 wird von 300 Pumpbewegungen gesprochen. Die derart komprimierte Luft reichte für ca. 20 Schuss, von denen die ersten sechs eine solche Rasanz besaßen, dass sie auf 50-60 Meter Entfernung einen Hirsch zu töten vermochten. Die weiteren Schüsse waren etwas schwächer. Ihr Nachteil bestand im unregelmäßig sinkenden Druck in der Windflasche sowie der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, den Zielpunkt ständig zu übertragen."
Alte Handfeuerwaffen, Jan Durdik, 1980 Artia Verlag, Praha
Ich denke mal, das macht die Waffe für Scharfschützen weniger attraktiv. Allerdings ist sie wetterunabhängig, was bei Regen oder selbst feuchter Luft zur damaligen Zeit ein riesen Vorteil sein konnte.
 
Ich sehe hier noch einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem "normalen" Vorderlader: das 20-Schuss-Magazin. Der Nachladevorgang ist ja eines der gewaltigen Probleme des Vorderladers, da er zum einen zeitintensiv und zum Anderen nur im Stehen ausführbar ist. Der erste Grund bedingte eine niedrige bis sehr niedrige Schussfolge und der zweite verhinderte, dass ein Soldat in Deckung oder liegend nachladen konnte. Damit exponiert er sich und wird ein leicht zu treffendes Ziel.
 
Ich sehe hier noch einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem "normalen" Vorderlader: das 20-Schuss-Magazin. Der Nachladevorgang ist ja eines der gewaltigen Probleme des Vorderladers, da er zum einen zeitintensiv und zum Anderen nur im Stehen ausführbar ist. Der erste Grund bedingte eine niedrige bis sehr niedrige Schussfolge und der zweite verhinderte, dass ein Soldat in Deckung oder liegend nachladen konnte. Damit exponiert er sich und wird ein leicht zu treffendes Ziel.
Ich habe leider nur ein ziemlich olles Bild:
windbuechse.jpg
Über ein Magazin bei Windbüchsen habe ich leider im 18. Jahrhundert und Anfang 19. Jahrhunderts nichts gefunden. Die Konstruktion wäre auch schwierig, wegen des Druckverlustes. Hast du vielleicht eine Beschreibung oder ähnliches davon?
 
Ich habe leider nur ein ziemlich olles Bild:
Über ein Magazin bei Windbüchsen habe ich leider im 18. Jahrhundert und Anfang 19. Jahrhunderts nichts gefunden. Die Konstruktion wäre auch schwierig, wegen des Druckverlustes. Hast du vielleicht eine Beschreibung oder ähnliches davon?

Ich habe mich auf den Eingangspost von urvo #1 bezogen. Dort beschreibt er die Windbüchse mit einem 20-Schuss-Trommelmagazin. Ich selbst habe leider keine Daten dazu.
 
„...20 Schuss-Röhrenmagazin... „
Die Kugeln lagen in einen Röhrenmagazin neben dem Lauf und wurden durch Betätigung eines automatisch wieder zurückgehenden Schiebers in den Lauf hineingebracht.
http://www.beemans.net/lewis-assault-rifle.htm
 

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Nur zwei Literaturhinweise:

  • Ein Artikel über die Windbüchse findet sich im Krünitz, Bd. 239, S. 311-317.
  • Insgesamt 15 kleine Skizzen enthält Ortenburg, Waffen der Revolutionskriege (2002), S. 63: "Österreichische Windbüchse von 1780 (System Girandoni)". Die Waffe wurde "ab 1780 fast 35 Jahre lang in der österreichischen Armee eingesetzt" (S. 62); entscheidend für die Abschaffung war "die technisch zu anspruchsvolle Wartung" (S. 64, dort Verweis auf: Arne Hoff, Windbüchsen und andere Druckluftwaffen, Hamburg 1977).
 
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