Dieter
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Also meine Vermutung ist, dass diese Dreiteilung lediglich nomineller Natur ist. Es gab die einzelnen Königreiche als souveräne Staaten ja schon früher.
Seit der Verbindung des Königreichs Italien (951) und des Königreichs Burgund (1032-1034) mit dem Deutschen Reich war der deutsche König zugleich Herrscher in Italien und Burgund. Eine nochmalige Krönung in diesen Nebenländern war staatsrechtlich nicht erforderlich, wurde aber zuweilen aus politischen Gründen vorgenommen.
Krönungsstätten waren Pavia, Monza und Mailand. Krönungen in Arles mit der burgundischen Königskrone sind ebenfalls vorgekommen (nach: Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Frühzeit und Mittelalter, Band 1, Karlsruhe 1962, S. 223)
Es gab auch eigene Kanzleien für die Reichsteile Burgund und Italien. Für Italien bestand seit Otto I. eine eigene Kanzlei, für die es auch einen Kanzler gab. Das Erzkanzleramt für Italien wurde seit 1031 vom Erzbischof von Köln bekleidet (archicancellarius sacri imperii per Italiam).
Das Amt eines Erzkanzlers von Burgund war zunächst in der Hand burgundischer Erzbischöfe. (z.B. von Besancon und Vienne). Seit 1308 nahm der Erzbischof von Trier den Titel eines Erzkanzlers für Burgund (archicancellarius sacri imperii per Galliam et regnum Arelatse) für sich in Anspruch, was ihm von König Ludwig d. B. im Jahr 1314 erstmals durch Privileg bestätigt wurde. Die Goldene Bulle erkannte dann dieses Amt des Erzbischofs von Trier reichsgesetzlich an.
Die verfassungsrechtliche Stellung Reichsitaliens nach 1648 ist problematisch. Formell bestand eine Oberlehnsherrschaft des Reichs fort, die freilich nur noch schattenhaft und ohne Substanz war, da sich die italienischen Territorien längst dem Reich entfremdet hatten.
Hier muss hinzugefügt werden, dass die italienischen Fürsten - wie ich bereits oben ausgeführt habe - nicht als Reichsfürsten galten und lediglich die aus Burgund hervorgegangene Grafschaft Savoyen ein Territorium des Reichs im engeren Sinne war. Der Graf - später Herzog - von Savoyen war somit auch auf den Reichstagen vertreten und führte dort eine Virilstimme, was den italienischen Fürsten verwehrt blieb.
Anders als die Schweiz oder die Niederlande schied Reichsitalien mit dem Westfälischen Frieden nicht aus dem Reichsverband aus, sodass seine formale Stellung zweideutig blieb. In Geschichtsatlanten wird üblicherweise Reichsitalien bis 1648 als zum Reich gehörig kartiert und die diesbezügliche Grenze des Heiligen Römischen Reichs verläuft entsprechend an der Nordgrenze zum Kirchenstaat. Nach 1648 wird die Grenze aus Italien zurückgenommen, was die faktische machtpolitische Situation zeigt. Dennoch blieb eine schattenhafte Oberlehnsherrschaft des Reichs bestehen.
Zu trennen davon ist die Herrschaft der Habsburger z.B. im Großherzogtum Toskana, die nicht auf reichsrechtlichen Ansprüchen basierte, sondern eine territoriale Folge des Friedens von Wien 1735 war. Dass selbst zu dieser Zeit noch auf die reichsrechtliche Oberlehnsherrschaft gepocht wurde, zeigt dieser Hinweis:
1530 kam Florenz und damit die Toskana durch Karl V. wieder unter die Herrschaft des Reichs. Als der letzte Medici 1737 die Reichslehenszugehörigkeit Toskanas bestritt, wurde Toskana 1738 an Franz I. von Lothringen übergeben.
(Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, München 1988, S. 629, C.H.Beck Verlag)