Teppich von Bayeux

Die Frage wäre doch wie wichtig der ganze Teppich damals war.
Heute ist er eine wichtige Quelle für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts.
Aber wie war es damals?
War es das einzige Propagandawerk dieser Art?
Ich denke Teppiche/Textilien waren eine übliche Ausstattung an größeren Höfen.
Deswegen würde ich den Wert als Machtdemonstration nicht überbewerten.
Ob es ein detailliertes Skript zu dessen Herstellung gegeben hat, ist sicherlich nicht zu beantworten. Eine Produktion eventuell in den Frauengemächern der höhergestellten Damen liegt aber nahe, die sicherlich nicht allzu kritisch ihre eigene Macht sahen.

Na ja der Teppich von Bayeux, der ja eigentlich kein Teppich ist, fällt schon alleine wegen seiner ungewöhnlichen Ausmaße (ca. einen halben Meter breit und fast 70 Meter lang) etwas aus dem Rahmen. Als normalen oder üblichen Wandbehang würde ich ihn nicht ansehen. M. E. ist das durchaus die Vorlage, anhand man die Geschichte erzählen konnte und zwar so, dass die Normannen fast durchwegs dabei nicht schlecht wegkommen. Jedenfalls wird ihre Herrschaft legitimiert, wenn die Ereignisse auf dem Teppich sich so abgespielt haben sollten.

Für mich ist das ein "Propagandamaterial erster Güte", um es mal etwas moderner auszudrücken. Dementsprechend schätze ich seine Wichtigkeit durchaus als relativ hoch ein. Zusammengerollt ist der Teppich wohl relativ leicht transportierbar und hätte also leicht im ganzen neu eroberten Land herumgezeigt werden können. Ob das allerdings tatsächlich passiert ist, ist mir nicht bekannt.

Viele Grüße,

Bernd
 
Kannst Du mir vielleicht noch sagen, warum er diese Datierung ausgrenzt?

Wilson, S. 212:

"Wie ist der Teppich zu datieren? Fast alle Stilparallelen sind angelsächsisch, keine davon ist also et nach der Eroberung entstanden. Über die Kunst des Zeitraums unmittelbar nach der Eroberung ist zudem so wenig bekannt, dass es schwierig wäre, die Entstehungszeit in die Phase direkt nach den dargestellten Ereignissen zu legen, gäbe es nicht das erwähnte Merkmal der länglichen Ranken. Ein derartiges Merkmal ist weit nach der Mitte des 11. Jahrhunderts nicht mehr leicht zu entdecken. Wenn dieses Motiv nicht bereits sehr altmodisch war, als der Bildteppich entworfen wurde, dann könnt es es auf ein Datum nahe 1066 deuten, vielleicht in den ersten zehn Jahren nach der Schlacht von Hastigs. Falls der Bildteppich für Odo angefertigt wurde, müsste er vor dessen Tod im Jahre 1097, fast mit Sicherheit vor 1082 entstanden sein, als Odo von Wilhelm eingekerkert wurde. Jedes spätere Datum erscheint aus stilistischen Gründen unwahrscheinlich."
 
@Cephalotus

Die Größe ist sicherlich beachtlich für uns heute, allerdings fehlen hier die Vergleichswerte.
Die Textilien, welche zur Ausstattung von Gemächern etc. dienten sind nur textlich unspezifisch erwähnt…
Vergleichbar wäre die Tapete eher mit klerikalen Bilder, welche z.B. ein Martyrium erzählen und uns erhalten geblieben sind. Die späteren Werke dazu wären in Köln die Darstellungen der heiligen Ursula, deren Geschichte in allen möglichen Formaten erhalten sind.
Was ich damit sagen will ist eigentlich nur das es keine so besondere Sache gewesen sein muss, wie sie uns heute vorkommt, auch wenn es sicherlich Propaganda beinhaltet.
Eventuell gab es mehrere Sachen dieser Art, kürzer oder länger…
 
@Cephalotus

Die Größe ist sicherlich beachtlich für uns heute, allerdings fehlen hier die Vergleichswerte.
Die Textilien, welche zur Ausstattung von Gemächern etc. dienten sind nur textlich unspezifisch erwähnt…
Vergleichbar wäre die Tapete eher mit klerikalen Bilder, welche z.B. ein Martyrium erzählen und uns erhalten geblieben sind. Die späteren Werke dazu wären in Köln die Darstellungen der heiligen Ursula, deren Geschichte in allen möglichen Formaten erhalten sind.
Was ich damit sagen will ist eigentlich nur das es keine so besondere Sache gewesen sein muss, wie sie uns heute vorkommt, auch wenn es sicherlich Propaganda beinhaltet.
Eventuell gab es mehrere Sachen dieser Art, kürzer oder länger…
70 m ist schon eine ganze Ecke. Da haben die sicher mehrere Jahre dran gestickt. Denn in den Klöstern waren nicht so wahnsinnig viele Frauen gleichzeitig zu Gange. Um sowas machen zu lassen, muss man schon einschneidende Motive haben. Die regel waren ja rechteckige Behänge, die nebeneinander an die Wand gehängt wurden. Solche monumentalen Wandbehänge erregten Aufsehen, was für die Ungewöhnlichkeit spricht. Diesem Teppich wäre der monumentale aber verschollene "Umbehanc" an die Seite zu stellen, den Bligger von Steinach in ein Gedicht umgesetzt hat, das Gottfried von Straßburg rühmte. Man weiß nicht, ob das Gedicht verschollen ist, oder unter einem anderen Namen fortexistiert.
 
Wilson, S. 212:

"Wie ist der Teppich zu datieren? Fast alle Stilparallelen sind angelsächsisch, keine davon ist also et nach der Eroberung entstanden. Über die Kunst des Zeitraums unmittelbar nach der Eroberung ist zudem so wenig bekannt, dass es schwierig wäre, die Entstehungszeit in die Phase direkt nach den dargestellten Ereignissen zu legen, gäbe es nicht das erwähnte Merkmal der länglichen Ranken. Ein derartiges Merkmal ist weit nach der Mitte des 11. Jahrhunderts nicht mehr leicht zu entdecken. Wenn dieses Motiv nicht bereits sehr altmodisch war, als der Bildteppich entworfen wurde, dann könnt es es auf ein Datum nahe 1066 deuten, vielleicht in den ersten zehn Jahren nach der Schlacht von Hastigs. Falls der Bildteppich für Odo angefertigt wurde, müsste er vor dessen Tod im Jahre 1097, fast mit Sicherheit vor 1082 entstanden sein, als Odo von Wilhelm eingekerkert wurde. Jedes spätere Datum erscheint aus stilistischen Gründen unwahrscheinlich."



Danke,dass Du Wilson zitiert hast! :)

Hmm,aber von welcher länglichen Ranke spricht Wilson???
 
Hmm, aber von welcher länglichen Ranke spricht Wilson???

Ich habe bei der Abschrift dieser Passage angenommen, dass es sich um die Borten am oberen und unteren Ende handelt, wo ja meist Tiere, bei Kampfszenen Kämpfer und Plünderer zu sehen sind. Aber ich werde das noch mal versuchen beim querlesen herauszufinden.
 
Mit Ranken sind tatsächlich die pflanzlichen Elemente gemeint, sowohl im Rahmen,als auch im Bildteppich selbst. Besonders die Art, wie die Bäume gestaltet sind. Wilson schreibt, dass es diese Art der Darstellung in der normannischen Kunst gar nicht gebe, in der englischen Kunst sei sie nach der normannischen Eroberung recht schnell verschwunden.

Noch zwei Ergänzungen:
@Harolds Darstellung
Harold rettet bei seinem Besuch in der Normandie einigen Begleitern eigenhändig das Leben, als er sie bei einer Flußüberquerung aus dem Treibsand zieht.
@subversiver Antinormannismus
Viele Figuren sind mit ausrasiertem Nacken dargestellt. Wilson erwähnt ein altenglisches Brieffragment, in welchem die Dänen, mit ausrasierten Nacken beschrieben, schlecht wegkommen. Allerdings räumt Wilson ein, dass die Figuren auf dem Teppich nach Kleidung und Haarmode nicht wirklich einteilbar sind und auch Angelsachsen mit ausrasiertem Nacken bzw. Normannen mit langen Haaren auftauchen.
 
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Noch zwei Ergänzungen:

@subversiver Antinormannismus
Viele Figuren sind mit ausrasiertem Nacken dargestellt. Wilson erwähnt ein altenglisches Brieffragment, in welchem die Dänen, mit ausrasierten Nacken beschrieben, schlecht wegkommen. Allerdings räumt Wilson ein, dass die Figuren auf dem Teppich nach Kleidung und Haarmode nicht wirklich einteilbar sind und auch Angelsachsen mit ausrasiertem Nacken bzw. Normannen mit langen Haaren auftauchen.


Das habe ich bei Grape auch gelesen....
Die Normannen erscheinen in der ersten Hälfte des Teppichs mit kahl geschorenen Hinterköpfe.Die Angelsachsen tragen zu Beginn Schnurrbärte;was also zu Beginn mit unter den Anschein einer Regel hat,wird im folgendem häufiger außer Acht gelassen.
 
Mit Ranken sind tatsächlich die pflanzlichen Elemente gemeint, sowohl im Rahmen,als auch im Bildteppich selbst. Besonders die Art, wie die Bäume gestaltet sind. Wilson schreibt, dass es diese Art der Darstellung in der normannischen Kunst gar nicht gebe, in der englischen Kunst sei sie nach der normannischen Eroberung recht schnell verschwunden.

Ah,mit länglichen Ranken sind also die Bäume gemeint,die quasi eine Bildszene trennen.
 
70 m ist schon eine ganze Ecke. Da haben die sicher mehrere Jahre dran gestickt. Denn in den Klöstern waren nicht so wahnsinnig viele Frauen gleichzeitig zu Gange. Um sowas machen zu lassen, muss man schon einschneidende Motive haben. Die regel waren ja rechteckige Behänge, die nebeneinander an die Wand gehängt wurden. Solche monumentalen Wandbehänge erregten Aufsehen, was für die Ungewöhnlichkeit spricht. Diesem Teppich wäre der monumentale aber verschollene "Umbehanc" an die Seite zu stellen, den Bligger von Steinach in ein Gedicht umgesetzt hat, das Gottfried von Straßburg rühmte. Man weiß nicht, ob das Gedicht verschollen ist, oder unter einem anderen Namen fortexistiert.


Es stellt sich die Frage, also nach der Produktion.
Im Kloster? Vielleicht auch profan?
An dem ding können auch mehrer Gleichzeitig arbeiten denke ich, trotzdem wird es lange dauern.
Die Bestickung halte ich nach wie vor eher für viel oder lang, aber nicht für Überladen oder übermäßig Wertvoll, im Vergleich z.B. Messgewändern. oder Schnitzereien…
 
Ich habe mal gelesen, Wilhelms Ehefrau Mathilde und ihre Hofdamen hätten den Teppich bestickt, der ja aus 8 großen Leinenstücken besteht. Zeit genug hätten sie gehabt, aber ob's stimmt kann ich nicht sagen ... :grübel:
 
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Ich habe mal gelesen, Wilhelms Ehefrau Mathilde und ihre Hofdamen hätten den Teppich bestickt, der ja aus 8 großen Leinenstücken besteht. Zeit genug hätten sie gehabt, aber ob's stimmt kann ich nicht sagen ... :grübel:
Das ist eine Legende der frühen Neuzeit. Wie gesagt: Orthographisch und stilistisch spricht alles für eine angelsächsische Provenienz. Neben einigen stilistischen und semantischen Eigenheiten insbesondere die Verwendung der Ligatur <æ> und des Buchstaben <ð>, aber auch die typisch angelsächsische Abkürzung für das et <Γ> statt kontinental <&>.
 
Das ist eine Legende der frühen Neuzeit. Wie gesagt: Orthographisch und stilistisch spricht alles für eine angelsächsische Provenienz. Neben einigen stilistischen und semantischen Eigenheiten insbesondere die Verwendung der Ligatur <æ> und des Buchstaben <ð>, aber auch die typisch angelsächsische Abkürzung für das et <Γ> statt kontinental <&>.
Sicher kennt ihr diese Datei schon? Besondere Beachtung wird hier auch der Verwendungen der lateinischen Sprache gegeben. Man geht von 2 "Künstlern" aus, wobei ich doch glaube, dass der Entwurf von Männern iniziiert ist, die Arbeit selber jedoch von Frauen durchgeführt wurde.
http://www.math.hu-berlin.de/~mrw/bayeux.pdf

und hier noch mehr Stoff für Diskussionen
http://www.perspectivia.net/content...ncia-recensio/2008-3/MA/Beech_Teubner-Schobel
 
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