Die Britische Armee, Uniformen, Textilien, Farben spätes 17./18.Jahrhundert

Saint-Simone

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Ich war so frei, den Anlaß für diesen Thread hier mal zu zitieren:

Zitat:
Saint-Simone
Und aus dem Justaucorps des Vorjahres wurde im nächsten Jahr die Weste.


Wie soll das schneiderisch gehen? Ist bei einem Rock nach einem Jahr nicht der Großteil abgenutzt?

Einerseits geht das nur, wenn die Westen so rot waren wie die Röcke, was dann zumindest im Siebenjährigen noch ging. Später war das Unterzeug oft weiß.

Ein Vorteil bei den Briten war sicherlich, dass deren Westen nicht wie bei den Franzosen Ärmel hatten.

Wäre interessant, wie man aus einem zerschlissenen Rock noch eine Weste herraus puzzelte.:grübel: Aber leider ein anderes Thema, das aber gern woanders eröffnet werden könnte.
Ich find' doch mal wieder meine Quelle nicht :cry:

Aber aus dem Gedächtnis ging das nur bis zum Spanischen Erbfolgekrieg. So weit ich mich entsinne, waren die Uniformen der Britischen Armee nicht zentral reguliert, will heißen das zwar jeder eine rote tragen sollte, aber wie das aussah oblag dem Obristen.

Was mein Erinnerungsvermögen gerade hergibt, ist das die Justaucorps der einfachen Soldaten nicht körperbetont, sondern weiter geschnitten waren, und die Westen durchaus die gleiche Farbe wie der Justaucorps hatten. Wenn also der Vorjahresjustaucorps umgeändert und enger gemacht wurde, ging das schon, so lange der Justaucorps weit genug war.

Ich glaube, glaube, glaube diese Infos beziehen sich auf das 1st Royal Regiment of Foot in den 1690ern. Wissen wäre besser als glauben, aber ich muß die Quelle im Moment schuldig bleiben. Ich bin gerne bereit meine Quellen zu suchen, dann könnten wir das weiter in einem anderen Thread besprechen. Titelvorschlag? :)
Caro1: Bin dafür :yes: Zumal es zu den Färbetechniken und der Qualität der Textilgewerke noch einiges zu sagen gäbe ...

Das erwähnte Alaun (obwohl ein Schwefelsalz) war gegen andere Farb- und/oder Gerbzusätze harmlos.
Da ich mir bewußt bin, daß es sich bei 'Britischer Armee und Uniformen' um eine etwas eng gewählte Einschränkung handelt, bin ich so frei hinzuzufügen, daß die Zeichenbeschränkung im Titel mich davon abgehalten hat dazu zu schreiben, daß auch andere Armeen und Uniformen, und Zivilisten zur Diskussion willkommen sind. Also, wer weiß etwas zum Thema? Wie verhielt es sich mit Färbetechniken und Textilien? Und kann mir jemand sagen, ob ich da richtig oder falsch lag mit dem 'Umschneidern des Justaucorps'? Ich find' meine Quelle nicht mehr.
 
...Und aus dem Justaucorps des Vorjahres wurde im nächsten Jahr die Weste.
Wie soll das schneiderisch gehen? Ist bei einem Rock nach einem Jahr nicht der Großteil abgenutzt?....

Ich muss gestehen das ich mich hier überhaupt nicht auskenne - und auch nicht so ganz sehe worauf du hinaus möchtest.
Aber warum soll man aus einem Rock keine Weste machen können?
Kann doch nicht wirklich ein "schneiderisches" Problem sein.

Ich als Laie würde sagen, ich trenne die Ärmel ab und kürze vielleicht etwas die Länge - und fertig ist die Weste.

Oder aber ich habe deine Frage komplett falsch verstanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wesentlich wäre wahrscheinlich, wenn man den Schnitt von einer Weste und einem Rock übereinander legen würde und dann feststellen würde, dass man das eine aus dem anderen raus bekommt.

Dabei kommt es natürlich immer auf die Dekade an. Waren die Röcke weit genug geschnitten, war das sicherlich kein Problem, bei den stoffsparenden Fräcken des späteren 18.Jh. kriegt man dann schon schwerer eine Weste raus, denn manche Frackformen waren dann ja nicht mehr vom Halsausschnitt bis zur Taille knöpfbar.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich muss gestehen das ich mich hier überhaupt nicht auskenne - und auch nicht so ganz sehe worauf du hinaus möchtest.
Aber warum soll man aus einem Rock keine Weste machen können?
Kann doch nicht wirklich ein "schneiderisches" Problem sein.

Ich als Laie würde sagen, ich trenne die Ärmel ab und kürze vielleicht etwas die Länge - und fertig ist die Weste.

Oder aber ich habe deine Frage komplett falsch verstanden.


Mein Fehler! Ich hätte die vorrausgegangene Passage dazu kopieren sollen um das klarer zu machen. Es fing damit an:

Zitat:
Brissotin
Gibt es noch Originaluniformen an denen man den Mangel an Farbechtheit ablesen kann? Wäre ja ein Armutszeugnis für die Textilnation England.:still:

Dass die Uniformen mit der Zeit ausbleichen ist ja klar. Man muss bedenken, welchen extremen Belastungen sie ausgesetzt waren, welche im Felddienst vor allem weit über das hinausgehen, was ein Justaucorps eines Zivilisten über 1 Jahr und in manchen Armeen auch länger aushalten musste.

Aber es geht uns ja eher um Deutschland, wenn ich simplicissimus eingangs recht verstand und wie da die Unterschiede zwischen Fürsten und "darbenden" Bauern waren.



Von einfachen Soldaten gibt es keine mir bekannten. Könnte sein, daß irgendwo im V&A Museum oder im Imperial War Museum welche gelagert sind, aber irgendwie kann ich es mir schwer vorstellen. Meines Wissens nach wurde im späten 17. und frühen 18. Jhd jedes Jahr, je nach Regiment, eine neue Uniform zur Verfügung gestellt. Und aus dem Justaucorps des Vorjahres wurde im nächsten Jahr die Weste.

Sorry, daß das so missverständlich war. :red:
 
Ich war so frei, den Anlaß für diesen Thread hier mal zu zitieren:



Da ich mir bewußt bin, daß es sich bei 'Britischer Armee und Uniformen' um eine etwas eng gewählte Einschränkung handelt, bin ich so frei hinzuzufügen, daß die Zeichenbeschränkung im Titel mich davon abgehalten hat dazu zu schreiben, daß auch andere Armeen und Uniformen, und Zivilisten zur Diskussion willkommen sind. Also, wer weiß etwas zum Thema? Wie verhielt es sich mit Färbetechniken und Textilien? Und kann mir jemand sagen, ob ich da richtig oder falsch lag mit dem 'Umschneidern des Justaucorps'? Ich find' meine Quelle nicht mehr.


Cromwell war meines Wissens der Erste, der eine Uniformierung einführte, als er 1645 im Bürgerkrieg die "New Model Army" aufstellte, doch war die charakteristische rote Farbe bereits weit verbreitet, was nicht zuletzt daran lag, dass die Herstellungskosten gering waren, sofern Uniformen mit Krapp (?) oder anderen Stoffen gefärbt wurden. Queen Anne war die erste Monarchin, die 1702 eine Militärverordnung erließ, und von einer englischen bzw. britischen einigermaßen einheitlichen Uniformierung konnte man eigentlich erst seit dem Spanischen Erbfolgekrieg sprechen. Bis 1740 hatten die Offiziere große Freiheiten in der Ausstattung. Zu Marlboroughs Zeit war es sehr schwierig, die Dienstgrade der Offiziere auseinanderzuhalten, da der Rang hauptsächlich an der Qualität des Stoffes und der Anzahl der Tressen abzulesen war. Zu dieser Zeit wurde Scharlachrot und Karmesinrot nebeneinander verwendet, wobei sich meist Offiziere und Sergeanten die scharlachroten Röcke vorbehielten.

Eine einheitliche britische Militärmode schuf eigentlich erst Cumberland mit dem "Clothing Book" das die britischen Uniformen vollständig wiedergibt. Es steht darin nichts welche Regimenter goldene bzw. silberne Tressen trugen, doch darf man davon ausgehen, dass Gold den königlichen Regimentern vorbehalten war, was dann 1768 ein Erlass bestimmte.

Die deutschen Regimenter in britischen Diensten mit Ausnahme der rot bekleideten Hannoveraner wurden eher von der preußischen Militärmode inspiriert. Vor allem die Hessen, die bereits 1746 bei Culloden mitgekämpft hatten, waren kaum von preußischen Regimentern zu unterscheiden. Das änderte sich erst mit dem Unabhängigkeitskrieg, als die Hessen deutlich mehr Anleihen bei der britischen Militärmode machten. So erhielten die Grenadiere Barenfellmützen im britischen Stil, während sie zuvor die Blechmützen der Preußen imitiert hatten.
 
Zu Marlboroughs Zeit war es sehr schwierig, die Dienstgrade der Offiziere auseinanderzuhalten, da der Rang hauptsächlich an der Qualität des Stoffes und der Anzahl der Tressen abzulesen war. Zu dieser Zeit wurde Scharlachrot und Karmesinrot nebeneinander verwendet, wobei sich meist Offiziere und Sergeanten die scharlachroten Röcke vorbehielten.


Mal ganz einfältig gefragt: Ich dachte, daß zu Zeiten Queen Annes die Offiziere von den Mannschaftsgraden in erster Linie durch die 'Gorgets'- da fehlt mir mal wieder der Deutsche Ausdruck und mein Wörterbuch nennt es 'Ringkragen'- unterschieden wurden, oder hatten die einfachen Soldaten die auch? :grübel:
 
Mal ganz einfältig gefragt: Ich dachte, daß zu Zeiten Queen Annes die Offiziere von den Mannschaftsgraden in erster Linie durch die 'Gorgets'- da fehlt mir mal wieder der Deutsche Ausdruck und mein Wörterbuch nennt es 'Ringkragen'- unterschieden wurden, oder hatten die einfachen Soldaten die auch?
Ringkragen klingt ganz gut. Es waren die Überbleibsel der Kürasse, heißt es manchmal. Bei den Briten waren scheinbar die Brustharnische für Offiziere schon recht früh abgeschafft, wenn man schon zu den Ringkrägen überging.

Offiziere erkannte man sicherlich an vielerlei. Weder in Frisuren, noch an der Qualität der Ausstattung und Kleidung konnten sich da die einfachen Soldaten mit denen messen. Man denke auch an die Schärpen um den Leib und derlei unverkennbare Merkmale.


@ Scorpio
Kannst Du mal Hessen im Unabhängigkeitskrieg mit Bärenfellmützen zeigen?

Zumal für mich die Frage wäre, was an Bärenfellmützen denn ein britischer Stil ist. Hatten die Briten nicht auch eine Weile lang die spitzen Grenadiersmützen nicht unähnlich den preußischen? Wurden nicht die britischen Uniformen selbst nach dem Siebenjährigen Krieg "preußischer" im Schnitt? (Hatte ich mal in einem Buch über Uniformkunde gelesen.)
 
Zumal für mich die Frage wäre, was an Bärenfellmützen denn ein britischer Stil ist. Hatten die Briten nicht auch eine Weile lang die spitzen Grenadiersmützen nicht unähnlich den preußischen?

Laut meinen quellenlosen Aufzeichnungen hatten die Briten vor und zu Zeiten Queen Annes tatsächlich spitze, bestickte Grenadiersmützen, aber nicht ganz so hoch wie bei den Preußen, sondern niedriger. Um 1690 sah das anscheinend so aus: siehe Anhang.
 

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Zumal für mich die Frage wäre, was an Bärenfellmützen denn ein britischer Stil ist. Hatten die Briten nicht auch eine Weile lang die spitzen Grenadiersmützen nicht unähnlich den preußischen? Wurden nicht die britischen Uniformen selbst nach dem Siebenjährigen Krieg "preußischer" im Schnitt? (Hatte ich mal in einem Buch über Uniformkunde gelesen.)

Sind die Bärenfellmützen nicht Östereichischen Ursprungs und durch die Franzosen verbreitet?

Ich meine dieses mal so gelesen zu haben, inklusive dem Hinweis, dass die ersten Bärenfällmützen bei irgend jemanden anderes (Dänen?) französische Beutestücke waren.

Die Scot Greys trugen jedoch auch schon Fellmützen bei Waterloo.Mir fällt jedoch kein früheres Beispiel auf britischer Seite.
 
Sind die Bärenfellmützen nicht Östereichischen Ursprungs und durch die Franzosen verbreitet?

Ich meine dieses mal so gelesen zu haben, inklusive dem Hinweis, dass die ersten Bärenfällmützen bei irgend jemanden anderes (Dänen?) französische Beutestücke waren.

Die Scot Greys trugen jedoch auch schon Fellmützen bei Waterloo.Mir fällt jedoch kein früheres Beispiel auf britischer Seite.
Viele Briten (Infanterie) trugen im Unabhängigkeitskrieg Fellmützen.
The Battle of Yorktown
Hier ca. auf der Mitte scheint mir eine recht hübsche zeitgenössische Abbildung von vorrückenden britischen Infanteristen zu sein: http://www.britishbattles.com/long-island.htm

Und ja, ich glaube die Österreicher waren welche von den ersten, welche Fellmützen einführten.

Bilder von hohen spitzen Grenadiersmützen bei Briten gibt es viele:
Spanish Succession : Battle of Blenheim - Duke of Marlborough (gleich ganz oben!)
The Battle of Fontenoy 1745
usw. usf. ...
Ich glaube ein Regiment behielt die spitzen, hohen Grenadiermützen sogar bis in die 1770er, weiß aber nicht mehr welches.
 
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Ich finde den Hessen ganz rechts besonders interessant. Offensichtlich waren bestimmte politische Tendenzen in der Hessischen Gesellschaft schon damals vorhanden.
 

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Bärenfellmützen für Grenadiere bei den Briten

Stocqueler (1857:66) schreibt, daß die Bärenfellmützen bei den Grenadieren, 1783 eingeführt wurden. Bis dahin seien 'die spitzen Hüte weiterhin viel benutzt' worden. (Org. Wortlaut: "...and bearskin caps took the place of the pointed cap which had continued much in use.")

Daraus geht nicht eindeutig hervor, daß vorher keine Bärenfellmützen getragen wurden, aber er stellt es so dar, als seien sie 1783 endgültig eingeführt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt seien sie in erster Linie von Grenadieren auf dem Kontinent getragen worden, und wurden erst zu Ende des 18. Jahrhunderts bei den Briten eingeführt.


Quelle: J.H. Stocqueler (1857) ' The British Soldier', Wm Orr & Co
 
Ich finde den Hessen ganz rechts besonders interessant. Offensichtlich waren bestimmte politische Tendenzen in der Hessischen Gesellschaft schon damals vorhanden.

Das Bild stammt aus Uwe peter Böhms Band Hessisches Militär- die Truppen der Landgrafschaft Hessen- Kassel 1672-1806. Der Unabhängigkeitskrieg löste eine wahre Völkerwanderung unter Schwarzen aus, und manche flüchtigen Sklaven flüchteten sich zu den Hessians, wo sie als Tamboure recht beliebt waren. Die Flüchtigen stellten oft ein Problem dar, da die Amerikaner häufig bei Gefangenenaustauschen die Bedingung stellten, entlaufene Sklaven auszuliefern, wozu viele Offiziere nicht bereit waren, da sie sich ausrechnen konnten, dass diese Kolloborateure nichts Gutes von ihren Masters zu erwarten hatten.

Manche Schwarze kehrten mit den deutschen Regimentern nach Kassel zurück, wo sich übrigens Landgraf Friedrich II. einen "Menschenzoo" hielt. Der Historiker Rommel (*1781 in Kassel) schreibt in seinen Jugenderinnerungen wie die mit den Hessen zurückgekehrten Schwarzen Tamboure in der Fulda badeten.
 
Ich finde den Hessen ganz rechts besonders interessant. Offensichtlich waren bestimmte politische Tendenzen in der Hessischen Gesellschaft schon damals vorhanden.
Steht zu der Abbildung auch eine konkrete Datierung?

Ich habe eben eher diese Uniformen (von 1776) vor Augen:
Regiment Ditfurth

Das kommt aber auch daher, weil ich diese schon mehrfach in Aktion gesehen habe (u.a. in Fulda).
 
Stocqueler (1857:66) schreibt, daß die Bärenfellmützen bei den Grenadieren, 1783 eingeführt wurden. Bis dahin seien 'die spitzen Hüte weiterhin viel benutzt' worden. (Org. Wortlaut: "...and bearskin caps took the place of the pointed cap which had continued much in use.")
Komisch.:confused:

"Spitze Hüte" hingegen kenne ich vom amerikanischen Schauplatz von bildlichen Primärquellen keine. Nur Bärenfellmützen wie auf der von mir verlinkten Homepage zu sehen.
 
Interessantes zum Thema Stoff und Historie auch hier
Deutschlandfunk - Sendungen: LangeNacht

Ich könnte mir vorstellen, dass das Beispiel Schule machte ...

Auszug:
Einige Jahrzehnte später sorgten sich die Preußen um ganz andere Dinge: Kaiser Friedrich Wilhelm I. baute das Heer immer weiter aus - wie sollte die riesige Schar von Soldaten mit angemessenen Uniformen ausgestattet werden? Einer der ersten Schritte war das strikte Verbot, Rohwolle aus Preußen auszuführen. Aber woher das Garn nehmen, das den Webern fehlte? Eine Verordnung musste her:
"Allen Ehefrauen der Soldaten, ihren Kindern und den aus dem Heer ausgeschiedenen Soldaten ist eine Pflicht zum Spinnen, Wollekratzen und Noppen auferlegt. Es darf nur heiraten und am Abendmahl teilnehmen, wer spinnen kann. Alle Höker-Weiber und herrenloses Gesindel müssen wöchentlich ein Pfund Wolle für die gewöhnliche Bezahlung spinnen."
 
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