Berechtigte Frage.
Und neben der Gleichzeitigkeit wird es so gewesen sein, dass sich die Heeresteile aus verschiedenen Richtungen auf dem Marsch vereinigten.
Da ein großer Teil der "Versorgung aus dem Land" erfolgte, die in einem Streifen links und rechts des Zuges möglich war, wären einer Zusammenballung von Riesenheeren schon deshalb Grenzen gesetzt. Man stelle sich einmal die Versorgung von 4,2 Mio. Menschen zu dieser Zeit auch nur in einem Gebiet von 100 qkm vor.
In deinem 2. Absatz greifst du ja das Problem auf, das Delbrück zu seinen Schlüssen verleitet hat. Dass sich verschiedene Heeresteile auf dem Marsch vereinigten sehe ich als sicher an, schon weil das persische Reich dezentral aufgebaut war und sich die Aufgebote der verschiedenen Reichsteile als entsprechende Gruppen mit dem Königsheer vereinigten.
Trotzdem hat m.E. Delbrück mit seiner pointierten Aussage Recht! Die persische Königsstraße nach Sardes in Kleinasien war als einzige geeignet einem solchen Heer einen vernünftigen Durchmarsch zu erlauben. Die Aufgebote sind gewiss auf dem Marach zu dem Königsheer gestoßen, also bevor man in feindliches Gebiet eindrang! Neben der Königsstraße kommt als realistische Alternative nur noch ein Flottentransport in Frage. Und tatsächlich war es ja auch eine Flottenschlacht die letzlich zum Rückzug der Perser führen sollte. So einen Transport wird es aber m.E. auch wieder nur VOR dem Erreichen des Kampfgebietes gegeben haben. Ich komme darauf zurück.
Die Flotte war essentiell für Feldzüge mit großen Heeren die über 30000 Mann groß waren. Sie dienten schlichtweg als schwimmende Versorgungsbasen - b.z.w. ermöglichten den Einsatz entsprechender Transportschiffe. Die "unsichere" Seetüchtigkeit antiker Flotten brachte es mit sich, dass verladene Truppen üblicherweise nur relativ kurze Strecken auf Seetransporten verbrachten. Lieber marschierten die Truppen an Land und die Flotte segelte nahebei als schwimmende Basis. Nachts war es möglich die Flotte ans sichere Land zu bringen, wo die Armee sie schützen konnte: So schützen Flotte und Heer einander und ergänzten sich auf ideale Weise. Derartige Feldzüge ziehen sich durch die ganze Antike!
Warum also nicht mit mehreren Heeressäulen operieren? Antike Herrscher mussten sich auf ihre Truppen verlassen können, das gelang umso besser je direkter sie diese unter Kontrolle hatten. Nachrichten zu versenden war unsicher und langsam. Zu leicht konnte ein Teilkorps daher abgeschnitten und vernichtet werden bevor die übrige Armee eingreifen konnte. Erst Napoleon gelang es seinen marschierenden Heeren eine größere "Operationsbreite" zu geben, wozu er ein System von relativ unabhängigen Armeekorps ersann. Dazu braucht es eine strenge und feste Disziplin, eine gute Truppenmoral, hervorragende und loyale Kommandeure und ein entsprechendes Straßensystem. All dieses hatten die Perser nicht! Die Aufgebote der Vasallen bestanden nicht selten aus gepressten Kämpfern mitunterschiedlicher Kampfmoral und garantiert unsicherer Disziplin. Die Anführer der Aufgebote waren Satrapen oder Vasallenfürsten, gewohnt für sich selbst zu entscheiden und Feldzüge zu führen. Sobald sich solche Truppen zu weit entfernten passierte es nicht selten das sie unterwegs "verloren gingen" - also auf eigene Faust operierten, heimkehrten oder sonstwie für das eigentliche Oberkommando schlecht erreichbar oder nicht mehr zu kommandieren waren.
Zum Vergleich sollte man sich Caesars Truppenführung vor allem im gallischen Krieg ansehen! Er hielt sein Heer immer eng zusammen und vertraute nur wenigen Unterführern, obwohl ihn mit der Zeit Truppe und Offizierskorps nahezu vergötterten und es kampferprobte, disziplinierte Legionäre waren. Bildlich gesprochen fasste er seine Truppen immer zur Faust zusammen. Hätten die Perser ihr Heer aufgefächert marschieren lassen, wäre es (um im Bild zu bleiben) als wenn ein Boxer nicht mit der Faust, sondern mit der offenen Hand mit ihren ausgestreckten Fingern boxen würde. Ein zusammengehaltenes Heer lässt sich auch weit besser über See versorgen, während aufgefächerte Teilkorps durch unterschiedlichen Erfolg bei der "Selbstversorgung" bestimmt keine gesicherten Tagesleistungen hätten erbringen können. Verschiedene Korps über See versorgen zu wollen hätte mit Sicherheit Flotte und Logistik deutlich überfordert und Korruption, Desertation und Eigenwilligkeiten unter der Truppe gefördert.