Ich mag mich irren, aber wie ich beim Lesen der heutigen Beiträge festgestellt habe, müssen wir unbedingt die Definition einer Stadt mit der minimal notwendigen und der maximal möglichen wissenschaftlichen Schärfe versehen. Hierbei wird es interdisziplinär, da sich in diesem Punkt die Gebiete der Siedlungsgeographie und andere - wie bspw. auch Kulturgeschichte - berühren.
Stadt ? Wikipedia versucht bereits im Einleitungsteil des Artikels die diesbezüglich relevanten Kriterien zu erfassen - soweit ich es beurteilen kann, waren die Autoren dabei auch recht präzise und haben mehrere Faktoren berücksichtigt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stadt schrieb:
Eine Stadt (von althochdt.: stat = Standort, Stelle; etymologisch eins mit Statt, Stätte...) ist eine größere, zentralisierte und abgegrenzte Siedlung mit einer eigenen Verwaltungs- und Versorgungsstruktur im Schnittpunkt größerer Verkehrswege. Damit ist fast jede Stadt zugleich ein zentraler Ort. Ihre Einwohnerschaft kann ethnisch, sprachlich, sozial, kulturell, konfessionell usw. sehr vielfältig sein.
Städte sind aus kulturwissenschaftlicher Perspektive der Idealfall einer Kulturraumverdichtung und aus Sicht der Soziologie vergleichsweise dicht und mit vielen Menschen besiedelte, fest umgrenzte Siedlungen (Gemeinden) mit vereinheitlichenden staatsrechtlichen bzw. kommunalrechtlichen Zügen wie zum Beispiel eigener Markthoheit, eigener Regierung, eigenem Kult und sozial stark differenzierter Einwohnerschaft. Das Letztere unterscheidet sie von Lagern (Arbeitslagern, Straflagern, Winterquartieren von Heeren u. Ä.), das Erstere z. B. vom Dorf...
Einige zusätzliche Anmerkungen noch dazu...
1. Mit der absoluten Größe nach Einwohnerzahl brauchen wir in der Tat nicht zu argumentieren, da es heutzutage bspw. Städte mit weniger als 1000 Einwohnern und andererseits nichtstädtische Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern (man schaue dazu z.B. in den Erzgebirgskreis) gibt. Desweiteren war ein Ort mit 10000 Einwohnern im europäischen Mittelalter eine Großstadt - wie von
Brissotin bereits korrekt ausgeführt wurde.
Die Stadtgröße nach absoluter Einwohnerzahl hilft nur bzgl. der Einordnung als Klein-, Mittel- und Großstadt; und diese Einordnung muß wiederum relativ gemessen an der jeweiligen Epoche erfolgen.
2. Ebenfalls kein taugliches Argument stellt - so kurios dies auf den ersten Blick erscheinen mag - der Punkt der kommunalen Selbstverwaltung (die schon angesprochene kommunale Selbstorganisation ist ein Aspekt davon) dar, denn deren Wurzeln liegen vorrangig nicht in der Selbstverwaltung griechischen und römischen Typs (die übrigens auch in der byzantinischen und arabisch-islamischen Welt so nicht erhalten blieb), sondern in der germanischen Dorfgenossenschaft. Diese Selbstverwaltung im genossenschaftlichen Sinn kam in der mittelalterlichen Stadt erst ab dem Hochmittelalter wieder zum Tragen und wurde übrigens in absolutistischer Zeit erneut zurückgedrängt, ehe sie nach 1800 in der Form garantiert wurden, auf deren Tradition unsere heutige kommunale Selbstverwaltung beruht (unterbrochen natürlich durch die Diktaturen des 20. Jh.). Würden wir jedenfalls die kommunale Selbstverwaltung pauschal als Argument anwenden, so hätte es im heutigen Deutschland nicht nur vor dem Hochmittelalter keine Städte gegeben, sondern ebenso nicht in absolutistischer Zeit oder bspw. auch während der Zeit des Nationalsozialismus.
3. Dankenswerterweise hat
R.A. nochmals nachdrücklich auf den ebenfalls eher untauglichen Punkt des Stadtrechts verwiesen - hierzu möchte ich nochmals das Kölner Beispiel bemühen: das Stadtrecht von
Köln stammt nämlich nicht aus dem Mittelalter, sondern noch aus römischer Zeit (daher auch der Name
Colonia Claudia Ara Agrippinensium - obgleich andererseits das mittelalterliche Köln nicht als Weiterentwicklung der Römerstadt, sondern als Neubildung im 10. Jh. - Zusammenlegung aus alter Römerstadt und vormals außerhalb gelegener Handelssiedlung - zu charakterisieren ist); im Jahre
1475 wurde die Stadt offiziell
Freie Reichsstadt, wobei damit eigentlich ein Zustand seit
1288 sanktioniert wurde. Mittelalterliche Stadtrechte u. dgl. wurden tatsächlich vergeben, als man bestimmte Privilegien u.ä. zu Grunde legen konnte, und waren durchaus auch eine offizielle Bestätigung eines Zustandes, der mitunter schon jahrhundertelang währte.