Brittannicus
Neues Mitglied
Hallo!
Ich bin kein Experte - ich habe einige Spekulationen, was möglich sein könnte. Ich bezweifle, daß Kalkriese der Ort der "Varusschlacht" ist, denn es bisher überhaupt keine Beweise dafür, daß die Varus-Armee tatsächlich so wie bei den antiken Autoren beschrieben untergegangen ist, die ganze Schlacht wie auch der Besuch des Schlachtfelds durch Germanicus könnte eine Erfindung sein. Der Wert der Texte antiker Autoren besteht in dem atmosphärisches Bild und den geographischen Details, die den Zeitgenossen bekannt sind, und die sie deswegen nicht frei erfinden können. Was bei Tacitus kann man als wahr unterstellen?
Erstens den Verlust von drei Legionen unter Varus unter so unehrenhaften Umständen, daß die Wahrheit darüber ein Staatsgeheimnis bleiben mußte und auch nicht überliefert wird. Zweitens befand sich das ganze Heer in Aufruhr, ein kaiserlicher Bevollmächtigter (Germanicus) mußte losgeschickt werden, der die Revolte mit drakonischen Maßnahmen wieder unter Kontrolle brachte, die Situation blieb brenzlig.
Was wirklich passierte: Die Varus-Legionen, bestehend aus Einheimischen, hatten gemeutert und waren desertiert. Umgebracht wurden nur die römischen Vorgesetzten, Offiziere bis etwa zum Centurio, und die Struktur der Legionen zerfiel auch nicht. Es ging nicht um einen Aufstand der germanischen Völker, sondern eher um eine Art koloniale Empörung, vergleichbar mit dem Unabhängigkeitskrieg der nordamerikanischen Kolonien gegen die britische Krone. Für das Imperium drohte dabei ein Flächenbrand, der mit dem Verlust der gesamten transalpinen Gebiete (Gallien, Brittannien und Germanien) hätte enden können.
Also erhielt Germanicus den Befehl, die aufständischen Legionen am Rhein zu Räson zu bringen und die desertierten Legionen des Varus zu jagen und zu vernichten, was ihm 14/15 auch gelang, und zwar in offener Feldschlacht. Dafür spricht die "Auffindung" der verlorengegangenen Legionsadler: Natürlich waren die nicht "verloren" oder von den Germanen geraubt, sondern sie wurden gegen Germanicus' romtreue Legionen als Feldzeichen geführt und von diesen dann erbeutet. Germanicus' Soldaten töteten die Legionen des Varus (und wahrscheinlich auch ihre Familien) - der Untergang der Brukterer und Marser, und machten natürlich unter den "Verrätern" keine Gefangenen.
Das durfte auf keinen Fall bekanntwerden, die offizielle Sprachregelung war, daß die vernichteten Feinde "aufständische Germanen" waren, die die Legionen vernichtet und mit deren Waffen den Römern entgegengetreten waren und deswegen strengstens bestraft werden mußten - wegen der Schmach und Schande der Desertion und der damit versuchten Revolte gegen Rom wurden diese Legionen natürlich nie wieder aufgestellt, und alle Überlebenden der Meuterei blieben auf Lebenszeit aus Italien verbannt.
Wie unzuverlässig Tacitus als Chronist ist, kann man am Beispiel sehen: Der Ablauf der Varusschlacht (Angriff der Germanen aus Wäldern und Sümpfen heraus, fürchterliche Umstände - Regen, Baumriesen - ausweglose Lage im Hinterhalt zwischen unerklimmbaren Höhenzügen auf der einen Seite und endlosem unpassierbaren Morast auf der anderen) findet sich gleich dreimal, zuerst als Negativvorlage in der Varusschlacht selbst, für deren schrecklichen Ausgang das moralische Versagen des Befehlshabers ursächlich ist, der die Situation völlig falsch eingeschätzt und sich auf jede Weise falsch verhalten hat, dann in Tac. Ann. I 49, wo sich die römische Tapferkeit und die Umsicht des Feldherrn bewährt, und wieder in der Schlacht an den Pontes longi (Tac. Ann. I 64, und zwar bei den letzten beiden Gelegenheiten witzigerweise dort mit der identischen Marsch- und Schlachtordnung mit exakt der gleichen Aufstellung der gleichen vier Legionen), mit wachsendem Grad der Tugend des Führers. Das sind keine historischen Berichte, sondern fiktionale Topoi ohne echten historischen Hintergrund, und alle drei Schlachten dürften daher ziemlich frei erfunden sein.
Auch die Germanen können sich natürlich in unwegsamen Wäldern und Sümpfen nicht frei bewegen, die sind da genauso behindert wie römische Legionäre. Es ist völlig absurd, daß sich tausende von germanischen Kriegern durch unwegsames Gelände durchschlagen, um Legionen auf ihrer Heerstraße zu belagern.
Nur die Archäologie kann zuverlässig Auskunft geben:
Das A und O jeder Armee ist der Nachschub, auch bei den Römern, deshalb legten sie überall breite Heerstraßen an. Außer in Niedergermanien, da findet sich davon nichts. In Germanien wurde nicht marschiert, sondern mit Booten gefahren, auf Binnenwasserstraßen. Es gibt die bekannte Linie die Lippe hinauf bis Anreppen nahe Paderborn, auch verlegte Germanicus in diesen Raum Truppen emsaufwärts (das glauben wir Tacitus mal). Wie kam der Nachschub dann über Stock und Stein bis Hedemünden? Über Land sicher nicht, weseraufwärts auf Seeschiffen auch nicht.
Sondern mit Binnenschiffen: Die "Ems", über die Germanicus fuhr, war nämlich gar nicht unsere Ems, sondern die Hase - an ihrer Bifurkation wechselten die römischen Boote in die Else (Aliso!), fuhren hinab zur Werre (Werre, Werra und Weser sind identisch, die Römer nannten dieses Gewässer - es war für sie nur eines - "Visurgis") und kamen so zur Weser.
Deshalb "verwechselt" Tacitus die Ems und die Weser, d. h. Germanicus fährt die Ems hinauf und befindet sich "plötzlich" an der Weser. Gar nichts verwechselt: Genau das hat er getan. (Eine entsprechende Verbindung kann man zwischen Lippe und Ems vermuten. Damit wäre der Oberlauf der Ems aus römischer Sicht ebenfalls die "Lupia". So konnte der Nachschub für Hedemünden, Hameln und Minden ohne Umweg durch die gefährliche Tidenzone am Meer nicht nur über die Ems transportiert werden, sondern sicher und bequem vom Rhein aus über die Lippe/Ems und dann über die "Ems" (Hase) zur Weser.) Daß das nirgendwo geschrieben steht, liegt daran, daß es ein Staatsgeheimnis und den Autoren in Rom auch nicht bekannt war.
Zumindest an allen strategisch bedeutsamen Stellen dieser "Wasserautobahnen" mußte es Posten und Lager geben. Wenn eine große Verlegung von der Weser an den Rhein stattfand, wird sicher auch nördlich des Wiehengebirges eine rechte Flankensicherung (bei Tacitus Caecina mit seinen vier Legionen) und eine linke südlich des Teutoburger Waldes (die Reiterei, die "entlang der Küste" zum Rhein reiten sollte) vorhanden gewesen sein.
Einer dieser strategischen Punkte ist die Gegend bei Bramsche, wo der Weg entlang des Wiehengebirges auf die Hase trifft, dort könnte bei passender Gelegenheit den Schiffstransporten aufgelauert worden sein. Die Angreifer hatten aber nicht damit gerechnet, daß ihnen von Osten her Truppen in den Rücken fallen würden, die sie vor sich her trieben, wobei sie die sich gabelnden Fundspuren hinterließen.
Die Rasensodenwälle am Kalkrieser Berg waren Defensivstellungen zur Flankierung der etwas westlich zur Sperrung des Durchgangs dort aufgestellten Truppen. Die logische Reaktion des Angreifers wäre gewesen, sich gar nicht erst auf das Gefecht mit den dort postierten Verteidigern einzulassen, sondern sie südlich über den nicht sonderlich steilen Kalkrieser Berg zu umgehen (nördlich durch den Sumpf ging es nicht) und ihnen dann in die Flanke und in den Rücken zu fallen, und genau das sollte der Wall verhindern.
An den mehreren Lücken des wohl nicht durchgehend, sondern abschnittsweise sägezahnartig angelegten Walls waren sicher Verteidiger positioniert, die das Vorfeld beobachten und ggf. durch Ausfälle sichern sollten - man nahm wohl an, daß der Wall selbst hoch genug war, um ihn aus der ungünstigen Position von der Talseite her nicht überreiten oder erklettern zu können, aber die Angreifer haben Karren an ihn herangebracht und davor Kisten als "Treppe" aufgebaut, dort kam es zu einem heftigen Gefecht, bei dem die talseitige Wallkante zertreten und ein Maultier verschüttet wurde. Es gelang den "roten" Kräften, die Sperre der "Blauen" zu durchbrechen und bis zur Hase vorzustoßen, wo sie dann den Transport gesichert oder angegriffen haben: man weiß ja nicht, wer wer war.
Die Bäche durch Moore und Sümpfe waren für diese Transporte ausgesprochen vorteilhaft und dank berittener Flankensicherung vollkommen sicher vor Überfällen: Auch die Germanen konnten sich nicht durch die endlosen undurchdringlichen Sümpfe vorarbeiten.
Die Oberweser war eine strategische Schlüsselposition: Genau dort gehörte auf dem germanischen Schachbrett die Dame hin, von dort aus beherrschte sie die ganze Provinz, und genau dort hatten sich die meuternden Legionen festgesetzt, als es Germanicus gelang, sie durch den getrennten Anmarsch von mehreren Seiten her (evtl. von Norden durch die Porta Westfalica, über die Hase und durch das Werretal sowie die Lippe hoch und von Westen und Süden) anzugreifen und aufzuteilen und dann die beiden Kampfverbände (Brukterer und Marser) getrennt zu vernichten.
Und die archäologische Bestätigung? Die wird sehr schwierig: Überall, wo einst die römischen Wasserwege verliefen, befinden sich jetzt die großen Binnenschiffahrtskanäle. Ich würde in der Umgebung der Hase-Bifurkation suchen, dort sollte man noch am ehesten die Chance haben, auf den Äckern in den ehemaligen, jetzt trockengelegten Sümpfen Römerspuren zu finden; in regelmäßigen Abständen müssen sich an felsigen Vorsprüngen und Sandzungen auch Lager befunden haben.
Schönen Gruß und Spekulatius vom Brittannicus
Ich bin kein Experte - ich habe einige Spekulationen, was möglich sein könnte. Ich bezweifle, daß Kalkriese der Ort der "Varusschlacht" ist, denn es bisher überhaupt keine Beweise dafür, daß die Varus-Armee tatsächlich so wie bei den antiken Autoren beschrieben untergegangen ist, die ganze Schlacht wie auch der Besuch des Schlachtfelds durch Germanicus könnte eine Erfindung sein. Der Wert der Texte antiker Autoren besteht in dem atmosphärisches Bild und den geographischen Details, die den Zeitgenossen bekannt sind, und die sie deswegen nicht frei erfinden können. Was bei Tacitus kann man als wahr unterstellen?
Erstens den Verlust von drei Legionen unter Varus unter so unehrenhaften Umständen, daß die Wahrheit darüber ein Staatsgeheimnis bleiben mußte und auch nicht überliefert wird. Zweitens befand sich das ganze Heer in Aufruhr, ein kaiserlicher Bevollmächtigter (Germanicus) mußte losgeschickt werden, der die Revolte mit drakonischen Maßnahmen wieder unter Kontrolle brachte, die Situation blieb brenzlig.
Was wirklich passierte: Die Varus-Legionen, bestehend aus Einheimischen, hatten gemeutert und waren desertiert. Umgebracht wurden nur die römischen Vorgesetzten, Offiziere bis etwa zum Centurio, und die Struktur der Legionen zerfiel auch nicht. Es ging nicht um einen Aufstand der germanischen Völker, sondern eher um eine Art koloniale Empörung, vergleichbar mit dem Unabhängigkeitskrieg der nordamerikanischen Kolonien gegen die britische Krone. Für das Imperium drohte dabei ein Flächenbrand, der mit dem Verlust der gesamten transalpinen Gebiete (Gallien, Brittannien und Germanien) hätte enden können.
Also erhielt Germanicus den Befehl, die aufständischen Legionen am Rhein zu Räson zu bringen und die desertierten Legionen des Varus zu jagen und zu vernichten, was ihm 14/15 auch gelang, und zwar in offener Feldschlacht. Dafür spricht die "Auffindung" der verlorengegangenen Legionsadler: Natürlich waren die nicht "verloren" oder von den Germanen geraubt, sondern sie wurden gegen Germanicus' romtreue Legionen als Feldzeichen geführt und von diesen dann erbeutet. Germanicus' Soldaten töteten die Legionen des Varus (und wahrscheinlich auch ihre Familien) - der Untergang der Brukterer und Marser, und machten natürlich unter den "Verrätern" keine Gefangenen.
Das durfte auf keinen Fall bekanntwerden, die offizielle Sprachregelung war, daß die vernichteten Feinde "aufständische Germanen" waren, die die Legionen vernichtet und mit deren Waffen den Römern entgegengetreten waren und deswegen strengstens bestraft werden mußten - wegen der Schmach und Schande der Desertion und der damit versuchten Revolte gegen Rom wurden diese Legionen natürlich nie wieder aufgestellt, und alle Überlebenden der Meuterei blieben auf Lebenszeit aus Italien verbannt.
Wie unzuverlässig Tacitus als Chronist ist, kann man am Beispiel sehen: Der Ablauf der Varusschlacht (Angriff der Germanen aus Wäldern und Sümpfen heraus, fürchterliche Umstände - Regen, Baumriesen - ausweglose Lage im Hinterhalt zwischen unerklimmbaren Höhenzügen auf der einen Seite und endlosem unpassierbaren Morast auf der anderen) findet sich gleich dreimal, zuerst als Negativvorlage in der Varusschlacht selbst, für deren schrecklichen Ausgang das moralische Versagen des Befehlshabers ursächlich ist, der die Situation völlig falsch eingeschätzt und sich auf jede Weise falsch verhalten hat, dann in Tac. Ann. I 49, wo sich die römische Tapferkeit und die Umsicht des Feldherrn bewährt, und wieder in der Schlacht an den Pontes longi (Tac. Ann. I 64, und zwar bei den letzten beiden Gelegenheiten witzigerweise dort mit der identischen Marsch- und Schlachtordnung mit exakt der gleichen Aufstellung der gleichen vier Legionen), mit wachsendem Grad der Tugend des Führers. Das sind keine historischen Berichte, sondern fiktionale Topoi ohne echten historischen Hintergrund, und alle drei Schlachten dürften daher ziemlich frei erfunden sein.
Auch die Germanen können sich natürlich in unwegsamen Wäldern und Sümpfen nicht frei bewegen, die sind da genauso behindert wie römische Legionäre. Es ist völlig absurd, daß sich tausende von germanischen Kriegern durch unwegsames Gelände durchschlagen, um Legionen auf ihrer Heerstraße zu belagern.
Nur die Archäologie kann zuverlässig Auskunft geben:
Das A und O jeder Armee ist der Nachschub, auch bei den Römern, deshalb legten sie überall breite Heerstraßen an. Außer in Niedergermanien, da findet sich davon nichts. In Germanien wurde nicht marschiert, sondern mit Booten gefahren, auf Binnenwasserstraßen. Es gibt die bekannte Linie die Lippe hinauf bis Anreppen nahe Paderborn, auch verlegte Germanicus in diesen Raum Truppen emsaufwärts (das glauben wir Tacitus mal). Wie kam der Nachschub dann über Stock und Stein bis Hedemünden? Über Land sicher nicht, weseraufwärts auf Seeschiffen auch nicht.
Sondern mit Binnenschiffen: Die "Ems", über die Germanicus fuhr, war nämlich gar nicht unsere Ems, sondern die Hase - an ihrer Bifurkation wechselten die römischen Boote in die Else (Aliso!), fuhren hinab zur Werre (Werre, Werra und Weser sind identisch, die Römer nannten dieses Gewässer - es war für sie nur eines - "Visurgis") und kamen so zur Weser.
Deshalb "verwechselt" Tacitus die Ems und die Weser, d. h. Germanicus fährt die Ems hinauf und befindet sich "plötzlich" an der Weser. Gar nichts verwechselt: Genau das hat er getan. (Eine entsprechende Verbindung kann man zwischen Lippe und Ems vermuten. Damit wäre der Oberlauf der Ems aus römischer Sicht ebenfalls die "Lupia". So konnte der Nachschub für Hedemünden, Hameln und Minden ohne Umweg durch die gefährliche Tidenzone am Meer nicht nur über die Ems transportiert werden, sondern sicher und bequem vom Rhein aus über die Lippe/Ems und dann über die "Ems" (Hase) zur Weser.) Daß das nirgendwo geschrieben steht, liegt daran, daß es ein Staatsgeheimnis und den Autoren in Rom auch nicht bekannt war.
Zumindest an allen strategisch bedeutsamen Stellen dieser "Wasserautobahnen" mußte es Posten und Lager geben. Wenn eine große Verlegung von der Weser an den Rhein stattfand, wird sicher auch nördlich des Wiehengebirges eine rechte Flankensicherung (bei Tacitus Caecina mit seinen vier Legionen) und eine linke südlich des Teutoburger Waldes (die Reiterei, die "entlang der Küste" zum Rhein reiten sollte) vorhanden gewesen sein.
Einer dieser strategischen Punkte ist die Gegend bei Bramsche, wo der Weg entlang des Wiehengebirges auf die Hase trifft, dort könnte bei passender Gelegenheit den Schiffstransporten aufgelauert worden sein. Die Angreifer hatten aber nicht damit gerechnet, daß ihnen von Osten her Truppen in den Rücken fallen würden, die sie vor sich her trieben, wobei sie die sich gabelnden Fundspuren hinterließen.
Die Rasensodenwälle am Kalkrieser Berg waren Defensivstellungen zur Flankierung der etwas westlich zur Sperrung des Durchgangs dort aufgestellten Truppen. Die logische Reaktion des Angreifers wäre gewesen, sich gar nicht erst auf das Gefecht mit den dort postierten Verteidigern einzulassen, sondern sie südlich über den nicht sonderlich steilen Kalkrieser Berg zu umgehen (nördlich durch den Sumpf ging es nicht) und ihnen dann in die Flanke und in den Rücken zu fallen, und genau das sollte der Wall verhindern.
An den mehreren Lücken des wohl nicht durchgehend, sondern abschnittsweise sägezahnartig angelegten Walls waren sicher Verteidiger positioniert, die das Vorfeld beobachten und ggf. durch Ausfälle sichern sollten - man nahm wohl an, daß der Wall selbst hoch genug war, um ihn aus der ungünstigen Position von der Talseite her nicht überreiten oder erklettern zu können, aber die Angreifer haben Karren an ihn herangebracht und davor Kisten als "Treppe" aufgebaut, dort kam es zu einem heftigen Gefecht, bei dem die talseitige Wallkante zertreten und ein Maultier verschüttet wurde. Es gelang den "roten" Kräften, die Sperre der "Blauen" zu durchbrechen und bis zur Hase vorzustoßen, wo sie dann den Transport gesichert oder angegriffen haben: man weiß ja nicht, wer wer war.
Die Bäche durch Moore und Sümpfe waren für diese Transporte ausgesprochen vorteilhaft und dank berittener Flankensicherung vollkommen sicher vor Überfällen: Auch die Germanen konnten sich nicht durch die endlosen undurchdringlichen Sümpfe vorarbeiten.
Die Oberweser war eine strategische Schlüsselposition: Genau dort gehörte auf dem germanischen Schachbrett die Dame hin, von dort aus beherrschte sie die ganze Provinz, und genau dort hatten sich die meuternden Legionen festgesetzt, als es Germanicus gelang, sie durch den getrennten Anmarsch von mehreren Seiten her (evtl. von Norden durch die Porta Westfalica, über die Hase und durch das Werretal sowie die Lippe hoch und von Westen und Süden) anzugreifen und aufzuteilen und dann die beiden Kampfverbände (Brukterer und Marser) getrennt zu vernichten.
Und die archäologische Bestätigung? Die wird sehr schwierig: Überall, wo einst die römischen Wasserwege verliefen, befinden sich jetzt die großen Binnenschiffahrtskanäle. Ich würde in der Umgebung der Hase-Bifurkation suchen, dort sollte man noch am ehesten die Chance haben, auf den Äckern in den ehemaligen, jetzt trockengelegten Sümpfen Römerspuren zu finden; in regelmäßigen Abständen müssen sich an felsigen Vorsprüngen und Sandzungen auch Lager befunden haben.
Schönen Gruß und Spekulatius vom Brittannicus