Drogen und ihr Wandel in der Gesellschaft

Kleiner Nachtrag zum Speisemohn:



Das Bundesamt für Risikobewertung ist hier anderer Meinung.



BfR - Erhöhte Morphingehalte in Mohnsamen: Gesundheitsrisiko nicht ausgeschlossen

Dazu wage ich den theoretischen Selbstversuch:
Um überhaupt den Richtwert des BfR zu überschreiten müsste ich knapp 95g Mohn pur essen (Zur Berechnung habe ich in dem von floxx verlinkten Artikel die Tabelle auf Seite 5 des unten anhängenden pdf benutzt. Aus den dort aufgelisteten Werten habe ich das arithmetische Mittel berechnet, wobei ich den Ausreißer, der nur in einer Charge nachgewiesen werden konnte unberücksichtigt gelassen habe. Wers verstanden hat, kann jetzt mein Gewicht berechnen :D). Sprich, erst ab dann können nach dem Artikel überhaupt Opiate im Körper nachgewiesen werden. Bis es zur unerwünschten Wirkung kommt muss man wohl noch ein vielfaches der BfR-Maximalmenge in sich reinschaufeln und dabei natürlich drauf achten, dass man jedes Körnchen fein säuberlich zerkaut. Diese Erkenntnis noch angewandt auf dudeldis Post...

dudeldi schrieb:
Das Kauen von Mohnsamen - unbehandelt, direkt so, wie man sie aus den aufgesprungenen Kapseln grabbelt- war unter uns Jugendlichen in den 70ern sehr weit verbreitet.
... bedeutet dann weiter, ich platziere mich auf einem Mohnfeld und puhle meine 95g * x Mohnsamen pur direkt aus der Kapsel. Pro Kapsel ist ja nicht so viel Mohn enthalten, also werde ich wohl einige Zeit beschäftigt sein. Blöd nur, dass die Wirkung von Morphin nach 2 Stunden bereits wieder nachlässt...

@floxx: Der von dir verlinkte Artikel hat durchaus seine Daseinsberechtigung. Wie in dem Artikel aufgeführt, ist es bspw. für Schwangere, Kinder, alte oder kranke Menschen nicht unbedingt gesund zu viel Mohn zu essen. Wenn Jugendliche allerdings ein paar - wie ich vermute - stinknormale Klatschmohnsamen frisch aus der Fruchtkapsel essen, dann hat das null und gar keine Wirkung. Den Mohnsamenpost halte ich persönlich genauso für Quatsch wie den Gras im Weihrauch Post von dudeldi...
 
Dazu wage ich den theoretischen Selbstversuch:
..... bedeutet dann weiter, ich platziere mich auf einem Mohnfeld und puhle meine 95g * x Mohnsamen pur direkt aus der Kapsel. Pro Kapsel ist ja nicht so viel Mohn enthalten, also werde ich wohl einige Zeit beschäftigt sein. Blöd nur, dass die Wirkung von Morphin nach 2 Stunden bereits wieder nachlässt...

....Wenn Jugendliche allerdings ein paar - wie ich vermute - stinknormale Klatschmohnsamen frisch aus der Fruchtkapsel essen, dann hat das null und gar keine Wirkung. Den Mohnsamenpost halte ich persönlich genauso für Quatsch wie den Gras im Weihrauch Post von dudeldi...

Naja Lili, wo dudeldi seine Mohnkapseln kaute, weiß ich auch nicht.
Ich sehe "stinknormalen" Klatschmohn eher selten. Wann der genau mit den Kornblumen aus den Getreidefeldern verschwand, wissen die herbizidsprühenden Bauern.
Gartenmohn = Schlafmohn begegnet mir dagegen oft als "Unkraut" im Garten und auf Brachflächen. Man kann die auffälligen Samenkapseln sehr gut über Kopf trocknen und in der Floristik verwenden. Dabei fallen oft die schwarzen Mohnsamen heraus. Dieser Mohn ist eine sehr alte Kulturpflanze in unseren Breiten.
 
Zitat:"Tabak, in den 30ern auch definitiv und ausschließlich nur Tabak"

Es sei denn man möchte Geld sparen und streckte den wertvollen Tabak mit dem minderwertigerem Hanf. Von meinen Grosseltern kenne die Geschichten das man bei Geldnot die Pfeife mit gemischten Tabak gestopft hatten.

Mein Grossvater wurde im ersten Sommer nach der Vertreibung sogar von der britischen MP verhaftet, weil er sich nach alter Gewohnheit ein Mohnfeld anlegte. Er konnte damals überhaupt nicht verstehen, warum die Engländer etwas dagegen hatten, daheim in Schlesien war es vollkommen normal sich den "richtigen" Mohn selbst an zu bauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Als Massenphänomen kann ich mir Drogenkonsum im 18./19. Jhdt. nicht vorstellen, dazu waren Drogen zu teuer und zu schwer herzustellen bzw. beschaffen

Zumindest im London des 18.Jh. scheint die Gin-Sucht in der Unterschicht ein Massenphänomän gewesen zu sein. Siehe z.B. das Bild "Gin-Lane" von Hogarth, welches die Folgen der Sucht anprangerte (z.B. Verwahrlosung der Kinder).
Gin war damals ja nicht das Zeug was man heute trinkt, sondern wohl ein gefährlicher Mix aus allen möglichen Ingredienzien, die möglichst betäubende Wirkung haben sollten.

Opium war der Oberschicht im 18.Jh. durchaus schon bekannt, die Herzogin von Devonshire z.B. bekam es von ihrer eigenen Mutter empfohlen um Depressionen zu bekämpfen und wurde dann wohl zeitweise süchtig.
 
Zumindest im London des 18.Jh. scheint die Gin-Sucht in der Unterschicht ein Massenphänomän gewesen zu sein. Siehe z.B. das Bild "Gin-Lane" von Hogarth, welches die Folgen der Sucht anprangerte (z.B. Verwahrlosung der Kinder).
Gin war damals ja nicht das Zeug was man heute trinkt, sondern wohl ein gefährlicher Mix aus allen möglichen Ingredienzien, die möglichst betäubende Wirkung haben sollten.

Opium war der Oberschicht im 18.Jh. durchaus schon bekannt, die Herzogin von Devonshire z.B. bekam es von ihrer eigenen Mutter empfohlen um Depressionen zu bekämpfen und wurde dann wohl zeitweise süchtig.


Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Opium bereits ein überaus begehrter Handelsartikel und dank der Aktivitäten der East India Company, die in Bengalen im großen Stil Mohn anbaute auch leicht verfügbar und zumindest erschwinglich.

Der britische Essayist Thomas de Quincey (1785- 1859) war mit Unterbrechungen 50 Jahre abhängig von Laudanum (Opiumtinktur), zu der er als Student, auf Rat eines Freundes, als Mittel gegen seine Zahnschmerzen zurückgriff.

De quincey macht in seinen "Confessions of an English Opium Eater" auch Preisangaben. Danach kostete um 1800 ein Pfund indisches Opium 3 und türkisches Opium sogar 8 Guineas, war also recht teuer. allerdings sank der Preis erheblich, so dass (auch darüber berichtet de Quincey) die Manchester Proletarier beim Apotheker ihren Stoff legal erhalten konnten, der billiger, als Brandy und Gin war.

Leider macht de Quincey keine Angaben, ob es sich um Rohopium oder Rauchopium handelte. Opium zum rauchen muss erst fermentiert werden. Opium zu rauchen, wurde im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einem Massenphänomen, und in den meisten Hafenstädten gab es cafes unterschiedlichen Niveaus, wo Opium geraucht werden konnte. Laudanum war als Medikament ähnlich verbreitet wie heute Tranquilizer, und Morphinismus wurde mit weitaus mehr Toleranz, als Alkoholismus betrachtet. Edgar Allan Poe, Charles Baudelaire, Honore´ de Balzac, de Quincey, Samuel Taylor Coleridge, Arthur Rimbeau, Jack London und viele andere Literaten waren opiat- bzw. morphinsüchtig. Sherlock Holmes einzige Schwächen sind neben seinem Tabakkonsum Morphin und Kokain.

"Was ist es heute, Holmes? Kokain oder Morphium?" fragt Dr. Watson seinen Freund.

Die Kriminalisierung und Diffamierung der Opiate hing letztlich mit dem 1. Weltkrieg zusammen. Als die USA 1917 in den Krieg eintraten, verboten sie Kokain und Heroin. Aus gutem Grund, denn der Stoff war schließlich made in Germany.
 
Dankeschön...Ich werde mal sehen ob sich das werk irgendwo auftun lässt. es wäre sehr lieb askan, wenn due etwas über ketamin herausfinden könntest... Mir fällt dazu nur die unrealistische Darstellung in dem Film "Die purpurnen Flüsse 2" ein. Haben es Herrscher, Generäle oder andere Zuständige jemals offiziell abgelehnt solche Tricks zu benutzen? Oder offziell dazu Stellung bezogen, in Entdeckung oder Neuforschung solcher Mittel investiert?


Ich meine Mal eine Dokumentation gesehen zu haben in der es um die griechische Gotterwelt ging, wie Demeter den Menschen den Mohn schenke, wie odysseus mit den Lotophagen kämpfte, der Kult in Eleusis, Bacchus usw... und obwohl es sehr interessant war, suche ich eher weniger nach Sagen oder Legende eher nach belegten Begebenheiten, wobei es bei soweit zurückreichenden Daten wohl eher ein Glückstreffer wäre würde ich so etwas finden...

Trotzdem Drogen in Kriegen ist fazinierend, wenn auch ein wenig beunruhigend. Kennt jemand ein paar Details aus den Opiumkriegen von Großbritannien?


Ich behaupte, dass Drogen für die Kriegsführung genauso nötig sind wie Waffen, wobei man gewisse Drogen selbst als Waffe gebrauchen könnte. Ein Liter LSD in die Trinkwasserversorgung gemischt, könnte das ganze Ruhrgebiet auf Trip schicken. Als enthemmendes Mittel ist Alkohol so alt wie die Menschheit. Er war nicht nur Lebenselixier, Mutmacher und Tröster in Personalunion, sondern auch das entscheidende Schmiermittel der Gesellschaft. Den kujonierten Matrosen ihrer britischen Majestät konnte alles, aber auch wirklich alles zugemutet werden. Dass sie mit der Cat 0´ nine gepeischt wurden, schien sie gar nicht zu interessieren, aber wehe, die Schnapsvorräte gingen zur Neige!

Selbst der besten Besatzung war dann nicht mehr zu trauen.

Von noch weit größerem therapeutischen Spektrum sind Opiode, Morphin und seine Derrivate. Es gibt nichts, was als Analgetikum Opioide ersetzen könnte. Morphin hilft dazu nicht nur gegen Schmerzen, sondern wirkt auch hustenstillend und gegen Durchfall. Es konnte als Beruhigungsmittel bei Schützengrabenpsychosen eingesetzt werde und zumindest den hoffnungslosen Fällen das Sterben erleichtern.
 
Von noch weit größerem therapeutischen Spektrum sind Opiode, Morphin und seine Derrivate. Es gibt nichts, was als Analgetikum Opioide ersetzen könnte. Morphin hilft dazu nicht nur gegen Schmerzen, sondern wirkt auch hustenstillend und gegen Durchfall. Es konnte als Beruhigungsmittel bei Schützengrabenpsychosen eingesetzt werde und zumindest den hoffnungslosen Fällen das Sterben erleichtern.

Und die synthetisierten Opioide heutzutage sind um einiges härter als das stinknormale Morphium!

Was allerdings auch als gute Alternative gesehen werden kann ist Ketamin - wie gesagt in Verbindung mit Benzodiazepinen.
 
Opium war der Oberschicht im 18.Jh. durchaus schon bekannt, die Herzogin von Devonshire z.B. bekam es von ihrer eigenen Mutter empfohlen um Depressionen zu bekämpfen und wurde dann wohl zeitweise süchtig.

Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Opium bereits ein überaus begehrter Handelsartikel und dank der Aktivitäten der East India Company, die in Bengalen im großen Stil Mohn anbaute auch leicht verfügbar und zumindest erschwinglich.

Der britische Essayist Thomas de Quincey (1785- 1859) war mit Unterbrechungen 50 Jahre abhängig von Laudanum (Opiumtinktur), zu der er als Student, auf Rat eines Freundes, als Mittel gegen seine Zahnschmerzen zurückgriff.

Durch eure Hinweise beschäftigt mich Laudanum ? Wikipedia. Paracelcus war in der frühen Neuzeit sehr populär. Könnte sein Wundermittel auch in breiten Bevölkerungsschichten verwendet worden sein und wo wurde der Mohn dafür angebaut und verarbeitet, also zu einer Zeit als es Billigimporte aus Indien, China noch nicht gab?
Gab es vielleicht eine Art Bauern-Laudanum aus eigener Herstellung?
 
Durch eure Hinweise beschäftigt mich Laudanum ? Wikipedia.
Gab es vielleicht eine Art Bauern-Laudanum aus eigener Herstellung?


Ja, das gab oder gibt es! Weidenrinden enthalten Diclofenac, ein Wirkstoff der auch in modernen Präparaten wie Voltaren enthalten ist. Rheumatische Beschwerden, Rückenschmerzen konnte man damit zumindest lindern.

Bei Krämpfen, Spasmen waren auch Nachtschattengewächse wie stechapfel (Datura stramonium) Alraune (mandragora) Bilsenkraut Hyoscyamus wirksame Heilpflanzen deren alkaloide Atropin, Skopolamin und Hyoscyamin in verschiedenen Schmerzmitteln wie Buskopan enthalten sind. Teilweise gibt es auch Kombinationspräparate von Morphin und Atropin/Skopolamin.
 
Laudanum ist doch eine schmerzlindernd wirkende Droge. Rena fragte, ob es auch ein 'Bauern-Laudanum' gebe, also eine Pflanze, die hier zur Verfügung steht und schmerzstillend wirkt: das ist die Weidenrinde, die aufgrund des Gehaltes an ASS als sogenanntes Hausmittel (oder auch Volksmedizin) zur Schmerzlinderung eingesetzt wurde.
 
Ja, das gab oder gibt es! Weidenrinden enthalten Diclofenac, ein Wirkstoff der auch in modernen Präparaten wie Voltaren enthalten ist. Rheumatische Beschwerden, Rückenschmerzen konnte man damit zumindest lindern.

Bei Krämpfen, Spasmen waren auch Nachtschattengewächse wie stechapfel (Datura stramonium) Alraune (mandragora) Bilsenkraut Hyoscyamus wirksame Heilpflanzen deren alkaloide Atropin, Skopolamin und Hyoscyamin in verschiedenen Schmerzmitteln wie Buskopan enthalten sind. Teilweise gibt es auch Kombinationspräparate von Morphin und Atropin/Skopolamin.

Buscopan ist allerdings kein Analgetikum.
Die schmerzlindernde Wirkung beruht nur darauf, dass Butylscopolamin relaxierend auf die glatte Muskulatur wirkt und dadurch bei Kollikschmerz hilft.

... auch bekannt als Acetylsalicylsäure.

Ja und nein.
ASS kommt in Weidenrinden vor.
Aber ASS ist mitnichten Diclofenac.
 
Ja, das gab oder gibt es! Weidenrinden enthalten Diclofenac, ein Wirkstoff der auch in modernen Präparaten wie Voltaren enthalten ist. Rheumatische Beschwerden, Rückenschmerzen konnte man damit zumindest lindern.

Bei Krämpfen, Spasmen waren auch Nachtschattengewächse wie stechapfel (Datura stramonium) Alraune (mandragora) Bilsenkraut Hyoscyamus wirksame Heilpflanzen deren alkaloide Atropin, Skopolamin und Hyoscyamin in verschiedenen Schmerzmitteln wie Buskopan enthalten sind. Teilweise gibt es auch Kombinationspräparate von Morphin und Atropin/Skopolamin.

... auch bekannt als Acetylsalicylsäure.

Wurde Weidenrinde denn als Schmerzmittel im Mittelalter und der frühen Neuzeit anstatt Mohn verwendet?
Meine Frage bezog sich auf Paracelsus Laudanum aus in Alkohol gelöstem Milchsaft der Mohnkapseln.
Die Verarbeitung, vielleicht in anderer Form, des Mohnmilchsaftes könnte aber schon seit dem Altertum bekannt gewesen sein. MW war die schmerzstillende, beruhigende Wirkung schon bei den Griechen bekannt.
Wahrscheinlich sogar viel früher, denn Mohnsamen wurden bei Ausgrabungen der ersten europäischen Bauern gefunden.
Die reifen Samen enthalten ja nur Spuren des Morphins.
Ich vermute, dass der Mohnanbau und die Produktion von Opium auch deshalb nach Mittel/Südasien verlegt wurde, weil sie sehr arbeitsintensiv ist und die einheimische Produktion daher teuer. Diese wirtschaftlichen und politischen Überlegungen können doch aber zu Paracelsus Zeiten noch keine Rolle gespielt haben.
Wenn das Laudanum in Adels- und Künstlerkreisen des 17./18 Jhdt als Schmerzmittel und Stimmungsaufheller verwendet wurde, könnte dann nicht eine Billigversion auf Jahrmärkten verkauft worden sein.
Und war man sich beim Laudanum der Suchtgefahr bewußt oder gab es diese anfangs so nicht, weil die Konzentration zu schwach war.
Das Verbot zum Schutz der Bevölkerung und die Ächtung als Droge wurde doch erst im 20.Jhdt. wirksam.
 
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