Hitler bei Kurt Eisners Trauerzug

In jenen Jahren schossen "völkische und antisemitische" Gesellschaften wie Pilze aus dem Boden. Es gilt als belegt, dass Hitler dort allerlei Anregungen erhielt. Den Kern seine Ideologie baute er sich wohl 1919/20 aus diversen Versatzstücken zusammen.
Bevor Hitler kam
 
In jenen Jahren schossen "völkische und antisemitische" Gesellschaften wie Pilze aus dem Boden. Es gilt als belegt, dass Hitler dort allerlei Anregungen erhielt. Den Kern seine Ideologie baute er sich wohl 1919/20 aus diversen Versatzstücken zusammen.
Bevor Hitler kam

Ich empfehle das Buch von Brigtitte Hamann, Hitlers Wien zu lesen. Ich zitiere aus dem Klappentext:

"Hitlers Wien" das ist die Biographie des jungen Adolf Hitler bis 1913, als er Vierundzwanzigjährige Österreich verlässt. (...) Denn Hitlers Wien ist das Wien der Arbeitslosen, der Einwanderer, der Männerheimbewohner, der Antisemiten. Hier eignet sich Hitler im "Selbststudium" seine Weltanschauung an, zusammengelesen aus Thesen obskurer Welterklärer und Rassentheoretiker. (...)

Nach dem ersten Weltkrieg, setzte er sein "Selbststudium" in München fort, wo er ebenso diesen Nährboden fand.

Hier noch die genauen Angaben zum Buch:

Brigitte Hamann
Hitlers Wien
Lehrjahre eines Diktators
Piper Verlag
1. Auflage 1998
10. Auflage 2008
 
Exkurs: Der Antisemitismus-Begriff

In der Literatur unterscheidet man zwischen religiös motivierten christlichen Antijudaismus und dem sogenannten „modernen Antisemitismus“ Letzterer entwickelte sich während des 19. Jahrhundert. Antijudaismus und Antisemitismus sind beide rassistische Phänomene, der Begriff Antisemitismus wurde von Wilhelm Marr 1879 geprägt und bezeichnet den Hass einzelner Menschen oder ganzer Völker gegen die Juden.

Der rassistische Antisemitismus des 19. Jahrhunderts konstruierte den Juden als minderwertige Rasse und geht von einer von Rassentheoretikern behaupteten Ungleichheit der Menschenrassen aus. Housten Stewart Chamberlain bezeichnete in seinem Buch „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts" (1899) den Arier als reinrassig, der als Kulturträger dem minderwertigen Juden in einem Rassenkampf gegenüber stehe. In diesem Kampf gäbe es nur zwei Extreme: Sieg oder Vernichtung.

Die nationalsozialistische Rassentheorie knüpft an diese Lehre an und erklärte die Juden zum gefährlichsten Gegner im Endkampf. Während sich die Juden im Antijudaismus durch die Taufe ihrem Schicksal entziehen konnten, gab es im rassistischen Antisemitismus keinen Ausweg mehr, daher wird im Rahmen des NS-Völkermordes auch von eliminatorischem Antisemitismus gesprochen, weil der Begriff die totale Ausrottung beinhaltet.
 
Zurück zum Thema:

Als Eisner zu Grabe getragen wurde, war Hitler Angehöriger des Demobilisierungs-Bataillons und seit wenigen Tagen als Wache am Münchner Hauptbahnhof eingesetzt.

Im Bayerischen Kriegsarchiv liegt das Protokoll des Vollzugsausschusses des Landessoldatenrates v. 25.2. vor. Die Kasernenräte bestimmten dabei, was die Beerdigung Eisners angeht, folgendes:

Die Batl. einschl. Demob. Batl... stellen zur Leichenfeier des durch ruchlose Mörderhand gefallenen Ministerpräsidenten Kurt Eisner je 25 Mann als Trauerparade ab. Anzug, Mantel, umgeschnallt, Feldmütze (nicht Schirmmütze) ohne Waffen... Von jedem Batl. 6 Kasernenräte mit roter Binde, darüber Trauerflor

(Bund 19, BHStA, Abt. IV)

A. Joachimsthaler schreibt in seiner "Korrektur einer Biographie" (S. 207):

Ob Hitler ... zu der Trauerparade der Münchner Garnison für Eisner abgeordnet wurde, ist nicht mehr festzustellen. Etwa 100000 Personen beteiligten sich an dem Trauerzug, der sich von 9 Uhr an mit zwanzig Musikkapellen von der Theresienwiese zum Ostfriedhof bewegte.

Es ist schon bezeichnend, dass selbst Joachimsthaler, der Hitlers Zeit in München mit äußerster Akribie erforscht hat, keinen Beleg für dessen Teilnahme an der Beerdigung gefunden hat, obwohl das berühmte Foto dem Autor nicht unbekannt war.

Im Übrigen muss ich Brissotin und Lili Recht geben: Auch ich erkenne in dem Uniformierten nicht unbedingt Hitler. Er ist zu stämmig und füllig im Gesicht. Der Schnurbart allein sagt gar nichts aus, den hatte damals wohl jeder.
 
Es ist schon bezeichnend, dass selbst Joachimsthaler, der Hitlers Zeit in München mit äußerster Akribie erforscht hat, keinen Beleg für dessen Teilnahme an der Beerdigung gefunden hat, obwohl das berühmte Foto dem Autor nicht unbekannt war.

Im Übrigen muss ich Brissotin und Lili Recht geben: Auch ich erkenne in dem Uniformierten nicht unbedingt Hitler. Er ist zu stämmig und füllig im Gesicht. Der Schnurbart allein sagt gar nichts aus, den hatte damals wohl jeder.


Wie sagte Charlie Chaplin? Der Kerl hat mir meinen Bart geklaut. (oder so ähnlich)
Ich habe dasselbe Gefühl, er kann es sein, oder auch nicht.

Wobei, das Bildchen vom August 1914, der jubelnde Hitler inmitten der jubelnden Menschenmenge, mir auch gar zu sehr retuschiert vorkommt, Bart und Haare wie 1932, nicht wie auf den Kriegsfotos. Ich denke, da wollte einer seinem Führer eine Freude machen.....
 
Wie sagte Charlie Chaplin? Der Kerl hat mir meinen Bart geklaut. (oder so ähnlich)
Ich habe dasselbe Gefühl, er kann es sein, oder auch nicht.

Wobei, das Bildchen vom August 1914, der jubelnde Hitler inmitten der jubelnden Menschenmenge, mir auch gar zu sehr retuschiert vorkommt, Bart und Haare wie 1932, nicht wie auf den Kriegsfotos. Ich denke, da wollte einer seinem Führer eine Freude machen.....

Gut möglich. Wenn man das Originalfoto (am besten das Negativ) hätte, könnte man dies nachprüfen.

Als Fazit könnte man sagen: Die Fotos beweisen überhaupt nichts. Man kann spekulieren, aber ob er nun ein früher oder später Antisemit war, dazu sind die Fotos ungeeignet. Das Foto vom Drauerzug beweist einfach, das ein Mensch mit Schnauz und Uniform am Rande es Umzuges der russischen Kriegsgefangenen steht und Richtung Kamera schaut.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei, das Bildchen vom August 1914, der jubelnde Hitler inmitten der jubelnden Menschenmenge, mir auch gar zu sehr retuschiert vorkommt, Bart und Haare wie 1932, nicht wie auf den Kriegsfotos. Ich denke, da wollte einer seinem Führer eine Freude machen.....


Hierzu 2 Quellen:

a)
Heinrich Hoffmann, damals ein kleiner Fotograf in der Münchner Schellingstraße 33, fotografierte von der Feldherrnhalle aus die begeisterte Menschenmenge, die die Nationalhymne und die "Wacht am Rhein" sang. Jahre später sah Hitler das Foto bei Hoffmann

A. Joachimsthaler: "Korrektur einer Biographie"


b)
Hitler drehte das Foto um und las den Text "Zu Beginn des ersten Weltkrieges, am 2. August 1914, versammelten sich riesige Menschenmenge auf dem Odeonsplatz in München und sang begeistert das Deutschland-Lied und 'Die Wacht am Rhein'"
"Unter dieser Menschenmenge stand auch ich!" rief Hitler erregt aus.
"Dann müssten Sie ja zu finden sein", antwortete ich und machte mich gleich an die Arbeit, um Vergrößerungen herzustellen...
Auf der letzten Platte entdeckte ich Hitler! Es gab keinen Zweifel, barhäuptig stand er unter der Menge und sang mit."

H. Hoffman: "Hitler, wie ich ihn sah"
 
Das mit dem Kindergärtner finde ich auch etwas zu weit hergeholt.
Kein Kind kann im Alter von 3 bis 6 Jahren eine solche Ideologie aufbauen.

Also diese Methode haben die Nazis später teils sehr erfolgreich erprobt.
Ideologische Verbeldnung kann durchaus schon im Kleinkindsalter stattfinden.

Zu Ursi noch:

Ich hab ja bereits erwähnt, dass in der Doku (es könnte Hitler - Eine Karriere gewesen sein, oder auch nicht) davon die Rede war, und er zum Mitläufer stilisiert wurde, der 1919 noch keineswegs eine eigene, gefestigte Weltanschauung hatte.
Außerdem war ich aus irgendeinem Grund während des Posts in der Annahme, der Artikel aus der "WELT" wäre von einem Historiker-Team erstellt worden. Meine Schuld wenn ich jemanden verwirrt habe. ;)
 
Mich hast du nicht verwirrt.
Dann bin ich beruhigt.

Aber um auf das Thema zurückzukommen, ich denke Hitlers Antisemitsmus ist nicht erst nach 1919 entstanden.

Wikipedia sagt zu seinem Aufenthalt in Wien bereits folgendes:

In Wien kam er mit den Schriften des Rassenideologen und Antisemiten Jörg Lanz von Liebenfels in Kontakt. Auch die antisemitischen Polemiken von Politikern wie Georg von Schönerer, dem Führer der Alldeutschen Bewegung, und dem Wiener Bürgermeister Karl Lueger nahm er auf. Seine Vorstellung von einer überlegenen arischen so genannten Herrenrasse dürfte sich damals gebildet haben, seine Vorbilder ließ er aber stets unerwähnt. Mehr als für Politik hat sich Hitler nach Aussagen seines damaligen Freundes August Kubizek für Opern interessiert, insbesondere für die Richard Wagners.

Auch wenn Hitler 1919 noch auf der politischen Suche war, so war er doch bereits in seiner Wiener Zeit zum Antisemiten "ausgebildet" worden.
 
Aber um auf das Thema zurückzukommen, ich denke Hitlers Antisemitsmus ist nicht erst nach 1919 entstanden.

Wikipedia sagt zu seinem Aufenthalt in Wien bereits folgendes:



Auch wenn Hitler 1919 noch auf der politischen Suche war, so war er doch bereits in seiner Wiener Zeit zum Antisemiten "ausgebildet" worden.


Hast du das gelesen?


Ich empfehle das Buch von Brigtitte Hamann, Hitlers Wien zu lesen. Ich zitiere aus dem Klappentext:


"Hitlers Wien" das ist die Biographie des jungen Adolf Hitler bis 1913, als er Vierundzwanzigjährige Österreich verlässt. (...) Denn Hitlers Wien ist das Wien der Arbeitslosen, der Einwanderer, der Männerheimbewohner, der Antisemiten. Hier eignet sich Hitler im "Selbststudium" seine Weltanschauung an, zusammengelesen aus Thesen obskurer Welterklärer und Rassentheoretiker. (...)


Nach dem ersten Weltkrieg, setzte er sein "Selbststudium" in München fort, wo er ebenso diesen Nährboden fand.

Hier noch die genauen Angaben zum Buch:

Brigitte Hamann
Hitlers Wien
Lehrjahre eines Diktators
Piper Verlag
1. Auflage 1998
10. Auflage 2008

In Wien hörte er die Parolen vom "deutschen Herrenvolk" und den slawischen Untervölkern". Ebenso hörte er von den Ideen der "Reinheit der arischen Rasse".

Woher seine Judenfeindlichkeit kam, darüber wird spekuliert und viele seltsame Theorien wurden da schon entwickelt.

Ich zitiere da wieder einmal aus Kershaw:

"Hitlers geschlossene "Weltanschauung" war noch im Entstehen begriffen. Die Grundlage, der pathologische Judenhass, trat erst später in Erscheinung 1. (...)


1 S. 84
 
Zuletzt bearbeitet:
Also diese Methode haben die Nazis später teils sehr erfolgreich erprobt.
Ideologische Verbeldnung kann durchaus schon im Kleinkindsalter stattfinden.
Das hat man bei uns in der DDR auch versucht.
Glaube mir, es hat bei mir zumindest nicht geklappt.
Oder die konnten das 63 bis 66, noch nicht so richtig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja habe ich.
Aber wenn man dem Glauben schenkt, dann ist das doch eine plausible Erklärung für seinen Anti-Semitismus.
Jörg Lanz von Liebenfels oder auch Karl Lueger sprachen ganz klar von den Juden als Feind.

Die genannten Parolen vom "deutschen Herrenvolk" waren zb bei Liebenfels eng verknüpft mit einer Panikmache vor den Juden als ewigem Feind.
Nicht nur die Slawen galten hier als Untervolk (die Anti-Slawn Theorien fanden gerade in der k.u.k. Monarchie Nährboden), sondern auch die Juden.

Schon bei Helena Blavatsky's Theosophie (welche Gudi von List, sowie Liebenfels beeinflusste) lassen sich antisemitische Ansätze finden.
 
Ja habe ich.
Aber wenn man dem Glauben schenkt, dann ist das doch eine plausible Erklärung für seinen Anti-Semitismus.
Jörg Lanz von Liebenfels oder auch Karl Lueger sprachen ganz klar von den Juden als Feind.

Die genannten Parolen vom "deutschen Herrenvolk" waren zb bei Liebenfels eng verknüpft mit einer Panikmache vor den Juden als ewigem Feind.
Nicht nur die Slawen galten hier als Untervolk (die Anti-Slawn Theorien fanden gerade in der k.u.k. Monarchie Nährboden), sondern auch die Juden.

Schon bei Helena Blavatsky's Theosophie (welche Gudi von List, sowie Liebenfels beeinflusste) lassen sich antisemitische Ansätze finden.


Das Problem, das wir hier haben ist, dass es keine verlässliche zeitgenössische Bestätigung gibt, warum und ab wann Hitler zum Antismiten wurde. Man hat die Zeilen aus "Mein Kampf" und Äusserungen von Freunden von Hitler. Beides sind nicht sehr zuverlässige Quellen.

Deshalb bleibt uns nur die Spekulation und die wahrscheindlichen Einflüsse und Möglichkeiten aufzuzeigen. Eine schlüssige Antwort werden wir nicht finden. Es gibt Indizien aber keine Beweise.

Sicher ist das die Jahre in Wien für ihn prägend waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ideologische Verbeldnung kann durchaus schon im Kleinkindsalter stattfinden.

Sicher. Das kann sein. Nur gibst du selbst Quellen wieder, nach denen Hitler

1919 noch keineswegs eine eigene, gefestigte Weltanschauung hatte.

Für mich erscheint Ursis Stellungnahme nicht nur aus diesem Grund die vernünftigste Arbeitsgrundlage zur Frage zu bieten:

Das Problem, das wir hier haben ist, dass es keine verlässliche zeitgenössische Bestätigung gibt, warum und ab wann Hitler zum Antismiten wurde.

Zu deiner Aussage

Außerdem war ich aus irgendeinem Grund während des Posts in der Annahme, der Artikel aus der "WELT" wäre von einem Historiker-Team erstellt worden. Meine Schuld wenn ich jemanden verwirrt habe. ;)

ist noch zu sagen, dass sich die journalistische Berichterstattung über die Geschichte durchaus von der geschichtswissenschafltichen Auseinandersetzung unterscheidet - ohne dass journalistische Beiträge notwendigerweise als unseriös zu betrachten wären. Diese Unterscheidung wird aber von vielen nicht getroffen. Insofern ist die daraus resultierende Verwirrung sicher nicht deine Schuld.
 
Woher seine Judenfeindlichkeit kam, darüber wird spekuliert und viele seltsame Theorien wurden da schon entwickelt.

Ich zitiere da wieder einmal aus Kershaw:

"Hitlers geschlossene "Weltanschauung" war noch im Entstehen begriffen. Die Grundlage, der pathologische Judenhass, trat erst später in Erscheinung 1. (...)


1 S. 84


Das ist das Eine, das Andere sind die vielen zT von Hitler selbst ernannten "Ehrenarier".
Ich wage die These, dass die Entdeckung des "Finanzierungsmittels" Juden noch viel entscheidender zum europaweiten Holocaust beigetragen hat. Der 9. November in der Bedeutung weit vor Wannseekonferenz usw. steht.
 
Das Problem, das wir hier haben ist, dass es keine verlässliche zeitgenössische Bestätigung gibt, warum und ab wann Hitler zum Antismiten wurde. Man hat die Zeilen aus "Mein Kampf" und Äusserungen von Freunden von Hitler. Beides sind nicht sehr zuverlässige Quellen.
Eine Quelle wie unentschlossen Hitler zum Thema Antisemitismus noch 1919 war habe ich gefunden: NS-Archiv : Dokumente zum Nationalsozialismus : Hitlers "Gutachten zum Antisemitismus"
 
Unentschlossen? Das ist doch schon mehr als deutlich.
Doch unentschlossen:
Und dieser Gegendienst besteht nicht nur in jeder möglichen Förderung des Judentums überhaupt, sondern vor allem in der Verhinderung des Kampfes des betrogenen Volkes gegen seine Betrüger, in der Unterbindung der antisemitischen Bewegung.
Naja, vielleicht wäre widersprüchlich der bessere Begriff...
 
Das ist das Eine, das Andere sind die vielen zT von Hitler selbst ernannten "Ehrenarier".
Ich wage die These, dass die Entdeckung des "Finanzierungsmittels" Juden noch viel entscheidender zum europaweiten Holocaust beigetragen hat. Der 9. November in der Bedeutung weit vor Wannseekonferenz usw. steht.

Nur schnell zur Wannseekonferenz, dort wurde der Holocaust nicht beschlossen.

http://www.geschichtsforum.de/209871-post9.html
 
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