„Auf diese Art macht man eine Säge, um selbsttätig zu sägen.-Sägemühlen

zaphodB.

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Der römische Dichter Ausonius besingt ums Jahr 369 n. Chr. In seinem Mosel-Gedicht mit wenigen Worten, daß man an der Roser Steinsägen durch Wasserräder betreibe
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Ein selbsttätig arbeitendes Sägewerk mit Wasserkraft wird um 1245 vom französischen Ingenieur Wilars entworfen.

Das älteste in Deutschland beglaubigte Sägewerk mit Wasserbetrieb war die Hanrey-Mühle in Augsburg, die für das Jahr 1322 nachweisbar ist

In seinem Notizheft aus den Jahren 1488–1497 beschäftigte sich auch Leonardo da Vinci mit der Konstruktion von Sägewerken und war der erste, von dem wir mir Sicherheit wissen, daß er eine doppelte Säge mit M-förmigen Zähnen verwendete, die ziehend und stoßend operierte.

.. Jaques Besson, Ingenieur des Königs von Frankreich, und Nachfolger Leonardo da Vincis hat ums Jahr 1565 eine Gattersäge erfunden.

Und der Aufstieg des holländischen Schiffbaus wurde erst durch den Einsatz von windbetriebenen Sägemühlen möglich.

Ich möchte in diesem thread nicht nur über die Entwicklung und Konstruktion von Sägemühlen diskutieren, sondern auch über die historischen und gesellschaftlichen Auswirkungen,die diese mechanische Revolution in Antike,Mittelalter und beginnender Neuzeit hatte.

 
Hoi zaphodB.

Ein interessantes Thema, das du da ansprichst. Ich möchte einige Gedanken beisteuern: Bei uns in den nördlichen Voralpen veränderte die Einführung mechanischer Sägereien den Holzbau. Der bis dahin vorherrschende Blockbau wurde nach und nach vom Bohlenständerbau und Holzständerbau verdrängt. Diese Entwicklung setzte aber relativ spät ein, erst im 19. Jahrhundert verschwand der Blockbau fast gänzlich.

Mechanische Sägereien gab es bei uns vereinzelt bereits im 15/16. Jahrhundert und früher. Allerdings waren die selten und das Schnittholz wahrscheinlich so teuer, dass es bloss für repräsentative Bauten Verwendung fand. Im späten 18. Jahrhundert entstanden aber auch in den Dörfern erste Sägereien. Und Mitte des 19, Jahrhunderts hatte dann jede Gemeinde eine oder mehrere Sägereien.
Meist handelte es sich hier um einfache Bauernsägen; Klopfsägen (Schlegelsägen). Die Konstruktion der Klopfsägen ist äusserst simpel. Von einem Wasserrad wird eine mächtige Welle (Wellbaum) angetriebene. Diese hat einen oder mehrere Nocken, die das Sägegatter anheben. Dieses fällt dann unter seinem Eigengewicht wieder herunter und das Sägeblatt macht einen Schnitt. Dies wiederholt sich etwa 30 bis 36 mal pro Minute. Gleichzeitig mit der Fallbewegung des Gatters wird der Stamm mechanisch vorgeschoben. Und der Aufprall des Gatters wird mit Sägemehl oder einem Federbaum gedämpft.
Später wurden diese Klopfsägen durch Sägen mit Pleuelantrieb ersetzt. Diese laufen nicht nur schneller, sie sägen auch im Hub und Zug und sind deswegen um ein vielfaches leistungsfähiger.


Gruss Pelzer

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Das ist eine interessante Entwicklung,insbesondere die Tatsache,daß in dieser waldreichen Region die mechanisierte Sägetechnik erst so spät eingeführt wurde.Gleiches gilt übrigens kurioserweise auch für SkandinavienHier scheint lange die Brettschneidertechnik,also das Zuhauen von Brettern mit Beilen vorgeherrscht zu haben.

Im Gegensatz dazu sind es gerade holzarme Gebiete wie Holland oder Italien, die zuerst Sägemühlen im größeren Stil zu errichten.

Möglicherweise gab es damit weniger Verschnitt oder aber es lag an dem erhöhten Bedarf präzise geschnittenen Holzes.
So soll es den Holländern im 18 Jahrhundert möglich gewesen sein, durch den Einsatz mechanisierter Sägen ein Linienschiff in einem Drittel der Zeit zu bauen ,wie dies den Engländern möglich war.


Ich hae
 
Das ist eine interessante Entwicklung,insbesondere die Tatsache,daß in dieser waldreichen Region die mechanisierte Sägetechnik erst so spät eingeführt wurde.Gleiches gilt übrigens kurioserweise auch für Skandinavien. Hier scheint lange die Brettschneidertechnik,also das Zuhauen von Brettern mit Beilen vorgeherrscht zu haben.


Es ist schon erstaunlich, dass mechanische Sägen erst so spät flächendeckend Verwendung fanden. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mehr Holz maschinell gesägt als von Hand. Und das scheint nicht bloss in den Alpen so gewesen zu sein!
Bis dahin sägte man das Bauholz von Hand mit Rahmen- und Schrotsägen. Oder man beilte sie mit der Breitaxt. Beides ist sehr arbeitsintensiv und nicht gerade rationell…


Gruss Pelzer


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Wie gesagt, in Holland fand das schon füher statt und die theoretische Konstruktion von Muhlen erfolgte ja ebenfalls relativ früh.Hier ist eine solche aus dem Spätmittelalter:
 

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Hoi zaphodB.

Ich habe mir mal erlaubt, dein Bild nochmal zu posten.
Es zeigt eine eher seltene Klopfsäge mit einem Federbaum. Allerdings ist nicht so ganz klar, wie der Antrieb funktioniert…


Gruss Pelzer


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Danke,irgendwie kriege ich meine Word-Skizzen nicht rein

Der Antrieb funktioniert über ein Wasserrad,links oben ist der Bach.
 
:Das Sägewerk funktionier fwie folgt: a stellt den Bach dar, der das unterschlägige Wasserrad b treibt, auf dessen Wellbaum die vier Daumen c sitzen. Diese drücken die Hebel d und mit ihnen die Säge e nieder, die durch den federnden Baum f wieder hochgezogen wird, g ist der in den Führungen h gleitende Balken, den das Zackenrad i gegen die Säge vorschiebt.

 
Hier im Norden gibt es wenig Gefälle für Wassermühlen, jedoch gab es einen nicht geringen Bedarf an Schnittholz für Schiffe. Es musste also per Hand gesägt werden oder mit dem Beil zugeschnitten werden. Gerade in Lübeck, war der Bedarf recht hoch. Hier wurden noch im 16. Jahrhundert Schiffe für halb Europa geabut. So fuhr z.B. John Hawkins, der Ziehvater von Francis Drake, auf der Jesus of Lübeck von 1545 bis 1568.
 
Hoi zäme

Ich möchte noch einmal das Thema windgetriebene Sägen aufnehmen. Ich kenne mich zwar eher in den voralpinen Sägereien aus; vielleicht kann jemand aus dem Norden Deutschlands das eine oder andere noch präzisieren...

Um 1600 wurde in Holland eine völlig neue Art der Windmühle erfunden. Bis dahin hatte man „Bockwindmühle“, bei dieser Konstruktion richtet sich die komplette Mühle nach dem Wind aus. Für eine Mühle kein Problem, für ein Sägewerk völlig unbrauchbar, da sich die Sägerei ja nicht mitdrehen kann...

Bei der neuartigen „Holländerwindmühle“ drehte sich nun bloss noch die Kappe und das Windrad nach dem Wind, das eigentliche Gebäude aber nicht. Nun war es auch möglich, Pumpen oder Sägereien anzutreiben. Diese völlig neue Konstruktion revolutionierte die Sägereien, da nun Balken, Bohlen und Bretter in grossen Mengen hergestellt werden konnten. Schiffe konnten nun in kurzer Zeit und in grossen Mengen gebaute werden.
Und da Holland über wenig geeignete Bäume verfügte; bloss Weiden und krumme Eichen, begannen sie Holz zu importieren. Und da beginnt nun auch wieder mein „voralpines“ Interesse. Aus ganz Deutschland, dem Schwarzwald und sogar aus der Zentralschweiz wurden mit Flössen riesigen Mengen von Tannen, Fichten und Eichen nach Holland gebracht. Diese brauchten das Holz für den Schiffbau (z.B. Masten) und den Siedlungsbau (Fundament-Pfähle)…

Der Boom der Sägereien in Holland dürfte sich nach und nach rheinaufwärts herumgesprochen haben, so dass dann auch in den Voralpen mechanischen Sägereien entstanden? So gesehen beeinflussten die die Holländischen Windmühlen das bäuerliche Handwerk in der Zentralschweiz.


Gruss Pelzer

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Sorry,war zwei Wochen offline. Um die Frage nach den hölländischen "Wind-Sägemühlen " nochmal aufzunehmen. Das scheint eine Art erste mechanische Revolution gewesen zu sein.Wie gesagt,die Holländer konnten ein Linienschiff dank der neuen Sägetechnik ungefähr 6x schneller bauen als die Engländer in der gleichen Zeit ...was die holländische See- und Kolonialmacht begründete.
Von den Holztransporten wiedrum profitierte das gesamte Rheingebiet, insbesondere der Schwarzwald und die Vogesen., von wo aus das Holz bis Amsterdam geflößt wurde.
Meine Vorfahren stammen aus Gernsbach im Murgtal und verdienten ihren Lebensunterhalt zeitweise als Holzhändler und Flößer mit Holland, bevor sie sich am Rhein niederließen.
q
 
Oh ja,da ist ja sogar eine Rampe zum Wasser für die Direktanlieferung vorhanden.

Das Erstaunliche ist,daß diese erste mechanische Revolution durch die Mühlen im Gegensatz zu späteren Veränderungen dieser Art offenbar ohne größere soziale Verwerfungen abgelaufen zu sein scheint. Zumindest ist mir diesbezüglich nichts bekannt, obwohl auch da ganze Berufszweige wie z.B. die Scheit- und Bretthauer bzw.Brettschneider (alle existieren ja nach wie vor in zahlreichen Familiennamen weiter) verschwanden.
im Gegenteil kam durch erhöhte Nachfrage im Holzbau und -handel offenbar sogar so etwas wie Wohlstand in entlegenere Gebiete wie den Schwarzwald.(Gibt es dazu eigentlich irgendwo Statistiken ?)

Was ebenfalls verwundert ist auch,daß die Sägetechnik sich trotz der Handelsverbindungen erst relativ spät in die eigentlichen Waldbau- und Holzerzeugungsgebiete ausbreitete., obwohl sich die räumliche Nähe von Rohstofferzeuger und Produzent des fertigen Produktes doch angeboten hätte.
 
sollte in #13 natürlich "ungefähr 3x schneller bauen als die Engländer in der gleichen Zeit" heißen und nicht 6x schneller....vertippt
 
Es scheint das gleiche Modell zu sein,was Ausonius an der Mosel erwähnt.Auch da handelte es sich um Steinsägen.Offenbar scheint das also bei den Römern ein regelrechter Industriezweig gewesen zu sein ,bei der Bautätigkeit eigentlich kein Wunder.
Hat irgendwer Erkenntnisse wie schnell, im Verhältnis zum Steinhauer diese Sägen arbeiteten ?
Was mich wundert ist,daß Vitzuv die steinsägen nicht erwähnt,obwohl sie doch wohl weit verbreitet waren.
 
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