thanepower
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„Macht Frieden Ihr Idioten.“
Es mußte viel passiert sein, bevor einer der ranghöchsten Soldaten, GFM v. Rundstedt, der Wehrmacht einer vorgesetzten Dienststelle einen derartigen Ratschlag erteilt.
Und es verwundert noch weiter, wenn die ranghöchsten Offiziere im Westen 1944 sich mit der Frage eines Staatsstreichs beschäftigen und die Planung dazu initiierten und gleichzeitig den Atlantikwall ausbauten, um die Verteidigung des "Reichs" zu optimieren.
In dieser Entwicklung spiegelt sich die Dialektik der Ereignisse von 1944 wider und sie waren gleichzeitig der Auftakt zum Untergang und der verzeifelte Versuch von Patrioten die Chance eines Erhaltens zum Separatfrieden mit den West-Alliierten.
Die Situation im Westen 1944 am Atlantikwall war durch eine Reihe spezieller Momente gekennzeichnet, die von den anderen Schauplätzen abweichte und auch zu der etwas abfälligen Einschätzung der "Army in Being" führte durch die Ostfront (vgl. Die Denkschrift von Jodl vom 13.04.44 "Strategischer Überblick...in: Deutsche Geschichte 1933-1945. Dokumente. W. Michalka (Hrsg.), S. 217)
1. Die Streitkräfte wurde bis zur Weisung 51 als Reservoir benutzt, um die horrenden Verluste im Osten zu kompensieren.
2. Für die Länge der Atlantik bzw. Nordseeküste standen keine ausreichenden Truppen zur Verfügung
3. Die Truppen, die zur Verfügung standen waren mangelhaft mobil und in der Zusammensetzung als eher durchschnittlich (Kranke, ältere und Ost-Einheiten) zu bezeichnen (vgl Army of the West. The Weekly Reports of german Army Group B from Normandy to the West Wall, Stackpole, 2007).
4. Die Marine war faktisch nicht in der Lage, aufzuklären oder Bewegungen der Alliierten zu unterbinden
5. Die Luftwaffe hatte sich seit der Battle of Britain nicht mehr erholt und zerrieb sich zwischen der Reichsverteidigung und den Anforderungen an der Ostfront sowie der anderen Kriegsschauplätze. Somit konnte auch sie ihrer Aufgabe des Jagdschutzes am Atlantikwall in keinster Weise gerecht werden und nahezu keinerlei Aufklärung über England und den Kanalhäfen leisten! (vgl ingesamt zur Situation auch: 1. W. Warlimont: Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939 bis 1945, Bd. 2; S. 452ff und auch z.B. 2. Die Invasion 1944. Aus dem KTB des OKW, P.E. Schramm (Hrsg))
Vor diesem Hintergrund erhielt Rommel, als Spezialist für allierte Kriegsführung, von Hitler den Auftrag Ende 43, den Atlantikwall zu inspizieren und zu optimieren. In dieser Rolle geriet er als OB der HG B in den Befehlsbereich des OB West v. Rundstedt (vgl auch Ose).
Entscheidung im Westen 1944. Der Oberbefehlshaber West und die Abwehr der alliierten Invasion: Amazon.de: Dieter Ose: Bücher
Das erste Halbjahr 1944 war durch eine Reihe grundsätzlicher Konflikte über die optimale Dislozierung der operativen Reserven (mot. und Pz-Einheiten) gekennzeichnet. Es ergab sich eine, aus unterschiedlichen Gründen, Übereinstimmung von Hitler und Rommel, die Verteidigung direkt an der Wasserlinie zu führen. Von v. Rundstedt, von Guderian und von v. Schweppenburg (OB der Pz Gr. West) vertraten eine abweichende Position, die eher die operative Reserve gestärkt sehen wollten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Motivation von Rommel, den Atlantikwall deshalb so forciert auszubauen, da er aus einer Position der Stärke mit den Allierten über einen Separatfrieden im Westen verhandeln wollte.
Nur aus dieser Position glaubte er, dass sich die Allierten auf einen Waffenstillstand im Westen unter gleichzeitiger Fortführung der Kämpfe im Osten einlassen würden.
Bemerkenswert sind eine Reihe von Punkten.
a. Das Ausblenden der Forderung der bedingungslosen Kapitulation als Vorbedingung für einen Waffenstillstand.
b. Die Erkenntnis, dass vor dem Hintergrund des strategischen Bombenkriegs im „Reich“, eine Fortführung des Krieges nur noch unter extremen Opfern bzw. Verlusten der Angehörigen der Wehrmacht stattfinden konnte
c. Die operative Bewegungsfreiheit, als Voraussetzung für eine erfolgreiche Fortführung des Krieges im Westen, nach einer erfolgreichen Invasion aufgrund des sich abzeichnenden logistischen Zusammenbreuch im Frühsommer 44 der Wehrmacht im Westen nicht mehr gewährleistet wäre.
Vor diesem fragmentarisch skizzierten Hintergrund geriet das Führungspersonal im Westen in den Konflikt zwischen der Anforderung, weiterhin Krieg gegen die Alliierten zu führen und gleichzeitig durch einen Staatsstreich, den „Führer“ zu verhaften und durch ein deutsches Gericht aburteilen zu lassen.
Mit dieser Forderung stellte sich Rommel deutlich gegen den Widerstand, da er Hitler nicht zum Märtyrer machen wollte. Andererseits sollte die Amtsenthebung von Hitler durch eine "rechtsstaatliche" Institution des deutschen Volkes, einem ordentlichen Gericht, erfolgen.
Die Teilnehmer der militärischen Widerstands im Westen waren sich bewusst, dass sie unter dem Einsatz ihres Lebens diese Position vertreten müssen und viele mußten ihr Leben lassen. Aber gleichzeitig haben sie auch dazu beigetragen, die Diskussion über die Legitimität von Befehlen als Traditionsbestand zu hinterlassen.
Vielleicht eine der wertvollsten militärischen preußischen Traditionen, die im Rahmen der "inneren Führung" ihren Niederschlag fand.
In diesem Zusammenhang zitierte Rommel "gerne" mit bitterer Ironie den „Führer" aus „Mein Kampf: „Wenn durch die Hilfsmittel der Regierungsgewalt ein Volkstum dem Untergang entgegengeführt wird, dann ist die Rebellion eines jeden Angehörigen eines solchen Volkes nicht nur Recht, sondern Pflicht ….Menschenrecht bricht Staatsrecht“. (H.Speidel: Invasion 1944. S.61).
Der Kampf im Westen, vielleicht weil er bis 1944 nicht mit der gleichen Härte geführt wurde wie der im Osten, ermöglichte den beteiligten Spitzenmilitärs eine reflektierte Position einzunehmen und über das Ende des "Tausenjährigen Reichs" frühzeitiger und konsequenter nachzudenken wie ihre Kollegen im Osten.
Es mußte viel passiert sein, bevor einer der ranghöchsten Soldaten, GFM v. Rundstedt, der Wehrmacht einer vorgesetzten Dienststelle einen derartigen Ratschlag erteilt.
Und es verwundert noch weiter, wenn die ranghöchsten Offiziere im Westen 1944 sich mit der Frage eines Staatsstreichs beschäftigen und die Planung dazu initiierten und gleichzeitig den Atlantikwall ausbauten, um die Verteidigung des "Reichs" zu optimieren.
In dieser Entwicklung spiegelt sich die Dialektik der Ereignisse von 1944 wider und sie waren gleichzeitig der Auftakt zum Untergang und der verzeifelte Versuch von Patrioten die Chance eines Erhaltens zum Separatfrieden mit den West-Alliierten.
Die Situation im Westen 1944 am Atlantikwall war durch eine Reihe spezieller Momente gekennzeichnet, die von den anderen Schauplätzen abweichte und auch zu der etwas abfälligen Einschätzung der "Army in Being" führte durch die Ostfront (vgl. Die Denkschrift von Jodl vom 13.04.44 "Strategischer Überblick...in: Deutsche Geschichte 1933-1945. Dokumente. W. Michalka (Hrsg.), S. 217)
1. Die Streitkräfte wurde bis zur Weisung 51 als Reservoir benutzt, um die horrenden Verluste im Osten zu kompensieren.
2. Für die Länge der Atlantik bzw. Nordseeküste standen keine ausreichenden Truppen zur Verfügung
3. Die Truppen, die zur Verfügung standen waren mangelhaft mobil und in der Zusammensetzung als eher durchschnittlich (Kranke, ältere und Ost-Einheiten) zu bezeichnen (vgl Army of the West. The Weekly Reports of german Army Group B from Normandy to the West Wall, Stackpole, 2007).
4. Die Marine war faktisch nicht in der Lage, aufzuklären oder Bewegungen der Alliierten zu unterbinden
5. Die Luftwaffe hatte sich seit der Battle of Britain nicht mehr erholt und zerrieb sich zwischen der Reichsverteidigung und den Anforderungen an der Ostfront sowie der anderen Kriegsschauplätze. Somit konnte auch sie ihrer Aufgabe des Jagdschutzes am Atlantikwall in keinster Weise gerecht werden und nahezu keinerlei Aufklärung über England und den Kanalhäfen leisten! (vgl ingesamt zur Situation auch: 1. W. Warlimont: Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939 bis 1945, Bd. 2; S. 452ff und auch z.B. 2. Die Invasion 1944. Aus dem KTB des OKW, P.E. Schramm (Hrsg))
Vor diesem Hintergrund erhielt Rommel, als Spezialist für allierte Kriegsführung, von Hitler den Auftrag Ende 43, den Atlantikwall zu inspizieren und zu optimieren. In dieser Rolle geriet er als OB der HG B in den Befehlsbereich des OB West v. Rundstedt (vgl auch Ose).
Entscheidung im Westen 1944. Der Oberbefehlshaber West und die Abwehr der alliierten Invasion: Amazon.de: Dieter Ose: Bücher
Das erste Halbjahr 1944 war durch eine Reihe grundsätzlicher Konflikte über die optimale Dislozierung der operativen Reserven (mot. und Pz-Einheiten) gekennzeichnet. Es ergab sich eine, aus unterschiedlichen Gründen, Übereinstimmung von Hitler und Rommel, die Verteidigung direkt an der Wasserlinie zu führen. Von v. Rundstedt, von Guderian und von v. Schweppenburg (OB der Pz Gr. West) vertraten eine abweichende Position, die eher die operative Reserve gestärkt sehen wollten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Motivation von Rommel, den Atlantikwall deshalb so forciert auszubauen, da er aus einer Position der Stärke mit den Allierten über einen Separatfrieden im Westen verhandeln wollte.
Nur aus dieser Position glaubte er, dass sich die Allierten auf einen Waffenstillstand im Westen unter gleichzeitiger Fortführung der Kämpfe im Osten einlassen würden.
Bemerkenswert sind eine Reihe von Punkten.
a. Das Ausblenden der Forderung der bedingungslosen Kapitulation als Vorbedingung für einen Waffenstillstand.
b. Die Erkenntnis, dass vor dem Hintergrund des strategischen Bombenkriegs im „Reich“, eine Fortführung des Krieges nur noch unter extremen Opfern bzw. Verlusten der Angehörigen der Wehrmacht stattfinden konnte
c. Die operative Bewegungsfreiheit, als Voraussetzung für eine erfolgreiche Fortführung des Krieges im Westen, nach einer erfolgreichen Invasion aufgrund des sich abzeichnenden logistischen Zusammenbreuch im Frühsommer 44 der Wehrmacht im Westen nicht mehr gewährleistet wäre.
Vor diesem fragmentarisch skizzierten Hintergrund geriet das Führungspersonal im Westen in den Konflikt zwischen der Anforderung, weiterhin Krieg gegen die Alliierten zu führen und gleichzeitig durch einen Staatsstreich, den „Führer“ zu verhaften und durch ein deutsches Gericht aburteilen zu lassen.
Mit dieser Forderung stellte sich Rommel deutlich gegen den Widerstand, da er Hitler nicht zum Märtyrer machen wollte. Andererseits sollte die Amtsenthebung von Hitler durch eine "rechtsstaatliche" Institution des deutschen Volkes, einem ordentlichen Gericht, erfolgen.
Die Teilnehmer der militärischen Widerstands im Westen waren sich bewusst, dass sie unter dem Einsatz ihres Lebens diese Position vertreten müssen und viele mußten ihr Leben lassen. Aber gleichzeitig haben sie auch dazu beigetragen, die Diskussion über die Legitimität von Befehlen als Traditionsbestand zu hinterlassen.
Vielleicht eine der wertvollsten militärischen preußischen Traditionen, die im Rahmen der "inneren Führung" ihren Niederschlag fand.
In diesem Zusammenhang zitierte Rommel "gerne" mit bitterer Ironie den „Führer" aus „Mein Kampf: „Wenn durch die Hilfsmittel der Regierungsgewalt ein Volkstum dem Untergang entgegengeführt wird, dann ist die Rebellion eines jeden Angehörigen eines solchen Volkes nicht nur Recht, sondern Pflicht ….Menschenrecht bricht Staatsrecht“. (H.Speidel: Invasion 1944. S.61).
Der Kampf im Westen, vielleicht weil er bis 1944 nicht mit der gleichen Härte geführt wurde wie der im Osten, ermöglichte den beteiligten Spitzenmilitärs eine reflektierte Position einzunehmen und über das Ende des "Tausenjährigen Reichs" frühzeitiger und konsequenter nachzudenken wie ihre Kollegen im Osten.
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