Die "verborgenen" Schiffe

Köbis17

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Allgemein als Wendezeitpunkt im Kriegsschiffbau bezeichnet man die 1860iger Jahre, da ab hier gepanzerte Segelkriegschiffe mit zusätzlichem Dampfantrieb die hölzernen Segellinienschiffe als Kern einer Flotte verdrängten.
Der neue Dampfantrieb allerdings war schon viel früher im Einsatz, doch war die Verwendung von feuerbetrieben Anlagen auf aus Holz gebauten Schiffen immer ein Risiko.
Doch auch hier spielte die Erfindung der Schiffschraube durch den Österreicher Joseph Ressel 1829 ein wesentliche Rolle, denn nun konnten die zusätzlichen Dampfantriebe auch optimal genutzt werden.

Dabei möchte ich nun auf das eigentliche Thema kommen, was in wenigen marine-historischen Betrachtungen genauer beleuchtet wird.

Zwischen dem ersten Einsatz einer Dampfmaschine als zusätzlicher Antrieb und dem verbesserten Schiffsschrauben ab den 1840iger Jahren, war das Schaufelrad die einzige Möglichkeit die Kraft der Dampfmaschinen auch in eine Bewegung für das Schiff umzuwandeln.
Der erste Einsatz eines dampfbetriebenen Kriegschiffes war 1824. Dabei wurde die britische Diana als Raddampfer eingesetzt, im Krieg gegen Burma.
Noch mehr Kriegsschiffe als Schaufelraddampfer fanden ihren Einsatz im Krimkrieg, so zum Beispiel die bekannte russische Vladimir oder die Raddampfer der deutschen Bundesflotte, so z.Bp. die Barbarossa.

Durch die großen Schaufelräder als Antrieb gab es aber aus taktischer Hinsicht immer Probleme mit diesen Kriegsschiffen. Die Antriebe waren an den Außenseiten gegen Beschuss verwundbar und benötigte auf den Breitseiten der Schiffe viel Platz, was eine geringer Zahl von Geschützen bedeutete.
Der Vorteil war aber dies, dass man nicht mehr vom Wind abhängig war und in jeder Situation das entsprechende Manöver fahren konnte, was benötigt wurde.
Somit wurden von defensiven bis hin zu offensiven Aufgaben genutzt.
Mit der Einsatzreife der Schiffschraube verschwanden die Raddampfer als Hochseekriegsschiffe allerdings schnell aus den Flottenlisten der Marineführenden Nationen.
Doch in dem Zeitraum von den 1830iger bis in die 1860iger waren diese Raddampfer die Arbeitstiere dieser Flotten der Welt.

Wer kann mehr zu diesem vergessenen Schiffstypen als Kriegschiff beitragen? Namen, Geschichten, technische Daten usw. Alle Informationen sind willkommen.

 
Zur Frühgeschichte des Dampfboots, vor allem ziviler Natur:

Bodo Herzog - 'The Defiance'. Das erste Dampfschiff auf dem Rhein im Jahre 1816, in: Technikgeschichte, Bd. 39 / 1972

Louis C. Hunter: The Invention of the Western Steamboat, in: The Journal of Economic History, Vol. 3, No. 2 (Nov., 1943), S. 201-220

Rudlov, J. (1910), "Die Einführung der Panzerung im Kriegschiffbau und die Entwicklung der ersten Panzerflotten", Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie 2 (1): 1–58
 
Ich habe aus den Büchern des Bandes "Kriegsschiffe der Welt 1860 -1905" eine Aufstellung der britischen Marine, welche Kriegsschiffe sich 1860 in Dienst befanden:

Dabei wird unterschieden in Schaufelradfregatten und Schaufelradsloops.

Die S.-Fregatten liegen bei einer Größe um die 1.500 ts Verdängung, die Anzahl der Geschütze variiert sehr stark. Von 6 bis 19.

Es handeld sich hierbei um 16 Schiffe die zwischen 1839 und 1851 gebaut wurden und fast allesamt ab 1864 verkauft wurden.

Die S.-Sloops sind kleiner und haben Größen von um die 800 ts. Die Anzahl der Geschütze liegt im Bereich von ca. 6 Stück.
Die 36 Schiffe wurden 1832 und 1851 gebaut und man beginnt sie an den 60iger Jahren auszumustern, teilweise sind sie aber noch bis in die 80iger im Dienst bzw. werden in der Liste geführt. Das betrifft vor allem die Schiffe, die damals schon aus Eisen gebaut wurden.

Die russische Marine ist nicht so stark an Schaufelraddampfern. Hier werden 1860 noch 8 Stück gelistet. Gebaut zwischen 1841 und 1852, entsprechen diese Schiffe in ihrer Größe den britischen Sloops.

Noch interessanter sind die US-amerikanischen Raddampfer, die ebenfalls in den 40igern gebaut wurden, aber fast doppelt so Groß sind, wie die britischen S.-Fregatten.
 
Auf der Suche nach Material im Internet zum Thema Schaufelraddampfer, bin auf eine interessante Seite des amerikanischen Bürgerkrieges gestoßen.

Vor allem hier werden viele dieser Typen von Kriegsschiffen eingesetzt, obwohl man in Europa in den 1860iger Jahren schon wieder dazu überging, die Schaufelraddampfer aus den Flottenlisten zu nehmen.

BigCountry.de: Amerikanischer Bürgerkrieg, Gettysburg 1863 in Wort und Bild u.v.m.

 
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Auf der Suche nach Material im Internet zum Thema Schaufelraddampfer, bin auf eine interessante Seite des amerikanischen Bürgerkrieges gestoßen.

Vor allem hier werden viel dieser Typ von Kriegsschiffen eingesetzt, obwohl man in Europa in den 1860iger Jahren schon wieder dazu überging, die Schaufelraddampfer aus den Flottenlisten zu nehmen.

BigCountry.de: Amerikanischer Bürgerkrieg, Gettysburg 1863 in Wort und Bild u.v.m.


Schaufelraddampfer können auch in ziemich flachem Wasser operieren, also auch auf den damals noch nicht regulierten Flüssen wie Missisippi oder Ohio. Ich denke, das ist der Hauptgrund.
 
Schaufelraddampfer können auch in ziemich flachem Wasser operieren, also auch auf den damals noch nicht regulierten Flüssen wie Missisippi oder Ohio. Ich denke, das ist der Hauptgrund.

Stimmt, die Schaufelräder als Antrieb benötigen keine große Eintauchtiefe, was sich natürlich gerade für flachgehende Rümpfe eignet.

Ich habe Bilder einer schönen britischen Schaufelradfregatte als Modell gefunden, schaut mal rein:
Photos ship models paddle frigates 1840

Oder auch ein deutsches Schiff:
http://www.modelships.de/Wheel_steamer_Nautilus/Kanonenboot_Nautilus.htm

Allerdings ist mir das neu, das die Nautilus von 1871 ein Schaufelraddampfer war. Das ist nicht richtig, das Modell kann unmöglich die Nautilus sein. Naja, das Modell ist trotzdem schön.
 
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Stimmt, die Schaufelräder als Antrieb benötigen keine große Eintauchtiefe, was sich natürlich gerade für flachgehende Rümpfe eignet.

Der typische Flußdampfer in den USA, im Bürgerkrieg armiert oder als Transportschiff eingesetzt, glich mehr einem Bügeleisen als einem Schiff. Tiefgang minimal. Wir alle kennen sie aus Filmen.
 
Ein kleine Macht an Schaufeldampfern und Flusspanzerschiffen war Brasilien.

Der Krieg der "Dreifachen Allianz" begann mit der Kaperung eines Brasilianischen Flussdampfers durch die Paraguayer und hatte seinen Höhepunkt mit dem Durchbruch der Brasilianischen Flotte durch die Sperren der Paraguayischen Forts. Es gab auf dem Parana und dem Paraguay sogar regelrechte See- Bzw. Flussschlachten. So z.B. Riachuelo:

Batalla del Riachuelo - Wikipedia, la enciclopedia libre

Die Paraguayer versuchten die feindlichen Schiffe zu entern. Sie hätten es fast geschafft!
 
Auf der königlichen Werft in Danzig lief am 13.11.1851 lief das erste im preußisch/deutschen Inland gefertigte Dampfkriegsschiff, die "Danzig", vom Stapel. Sie war aus Holz, vom Typ eine Radkorvette, 1920 Tonnen groß und besaß eine Maschinenleistung von 588 kW. Die Bewaffnung bestand aus 10 200mm (68pfünder) Bombenkanonen.
Allerdings war die "Danzig" von der britischen Schiffs- und Maschinenbaufirma, Robinson & Russel, in London entworfen worden.

Radkriegsschiffe wurden in drei Klassen geteilt: Avisos für Kurier und Aufklärungsdienste; Korvetten für Aufklärungs- und Sicherungsaufgaben; Fregatten für gleiche Aufgaben, jedoch mit höherem Kampfwert.

Radkriegsschiffe wurden aber nie als vollwertige Kriegsschiffe angesehen. Schon wegen ihrer mangelhaften Seegängigkeit und dem noch sehr geringen Wirkungsgrad der Dampfmaschine. Mit einer Kohleladung kam man nicht besonders weit und die Schaufeln waren beim Segeln hinderlich.
 
Radkriegsschiffe wurden aber nie als vollwertige Kriegsschiffe angesehen. Schon wegen ihrer mangelhaften Seegängigkeit und dem noch sehr geringen Wirkungsgrad der Dampfmaschine. Mit einer Kohleladung kam man nicht besonders weit und die Schaufeln waren beim Segeln hinderlich.

Da fallen mir die Raddampfer der Donauflottille 1914 ein [Kaiserlich-Deutsche Donau-Halbflotttille], hier erwähnt:
Die deutschen Marinen im Minenkrieg ... - Google Bücher
 

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Eine Raddampffregatte mit 740 kW Leistung und Einfachexpansionsmaschine verbrauchte am Tag 70 Tonnen Kohle. Bei einer Geschwindigkeit zwischen 4 und 5 Knoten kam man dann nicht sehr weit.
Bei der Zweifachexpansionsmaschine, die ab 1858 in Gebrauch kam, verringerte sich dann der Verbrauch um gut die Hälfte.
Eine Dreifachexpansionsmaschine, die erste wurde 1882 von A.C. Kirck in Glasgow gebaut, verbrauchte dann nur noch 0,8 kg Kohle pro 1 kW in der Stunde.
 
Ich habe hier noch ein Leckerbissen für Köbis: In Paraguay haben sie vor einigen Jahren die Reste mehrere Raddampfer aus dem oben erwähnten Krieg gehoben und (mehr oder weniger) rekonstruiert:

vaporcue

http://www.histarmar.com.ar/ArmadasExtranjeras/Paraguay/TrAl-BuquesParag-Pirabebe.htm

http://www.histarmar.com.ar/ArmadasExtranjeras/Paraguay/TrAl-BuquesParag-Anambahy.htm

P.S.: Hier ist noch eine englische Zusammenfassung dazu:

http://www.histarmar.com.ar/ArmadasExtranjeras/Paraguay/Ehlers-shipsatVaporCue.htm
 
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Auf der königlichen Werft in Danzig lief am 13.11.1851 lief das erste im preußisch/deutschen Inland gefertigte Dampfkriegsschiff, die "Danzig", vom Stapel. Sie war aus Holz, vom Typ eine Radkorvette, 1920 Tonnen groß und besaß eine Maschinenleistung von 588 kW. Die Bewaffnung bestand aus 10 200mm (68pfünder) Bombenkanonen.

Zu dem Thema Danzig möchte ich auch auf alte Beiträge von mir hinweisen. Dort habe ich den Einsatz der Danzig im Mittelmeer für die preußische Mrine beschrieben:

http://www.geschichtsforum.de/f58/kolonien-und-kriegsschiffe-21136/
 
Hier habe ich ein schönes Bild des Marinemalers Monleon gefunden. Es zeigt den Raddampfer "Isabel la catolica" von 1850, welches mit ihrem Schwesterschiff "Fernando el catolico" ,auf englischen Werften für die spanische Marine gebaut wurde. es waren hölzerne 2878 Tonnen-Schiffe mit einer Länge von 66 Metern und 14,50 Metern Breite. Pro Seite trugen sie 17 200- mm-Kanonen und mehrere Drehbassen. Das erste Dampfkriegsschiff, welches in Spanien hergestellt wurde, war der, nach dem Vorbild der englischen "Vulcano" gebaute Raddampfer "Lepanto" von 1846.
Google-Ergebnis für http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6a/Vapor_de_ruedas_Isabel_II_Monle%25C3%25B3n.jpg
 
...]Durch die großen Schaufelräder als Antrieb gab es aber aus taktischer Hinsicht immer Probleme mit diesen Kriegsschiffen. Die Antriebe waren an den Außenseiten gegen Beschuss verwundbar...
Während das Schaufelrad zum größten Teil über der Wasserlinie angebracht sein muss, befindet sich die Schiffsschraube immer unterhalb der Wasserlinie und ist dadurch vor Kanonenbeschuss geschützt.

Eine grobe Analogie zum cw-Wert von Fahrzeugen:
Die Kraft die eine Bewegung hemmt beträgt: F=Dichte/2*cw*A*c^2
cw ist der Faktor der die "Stromlinienform" eines bewegten Körpers beschreibt.
A ist die Fläche, auf die man blickt, wenn sich der bewegte Körper annähert
und c ist die Annäherungsgeschwindigkeit.
Die Dichte beschreibt die Masse pro Volumen.
Diese beträgt bei Luft ca.1,2 kg pro Kubikmeter und bei Wasser 1000 kg pro Kubikmeter.

Damit hat Wasser, bei ansonsten gleichen (idealisierten) Verhältnissen, eine rd. tausendfache Bremswirkung gegenüber einem Geschoss welches sich in der Luft bewegt.
Ich vermute, dass dies zum Bedürfnis beitragen hat, wichtige Komponenten unter die Wasserlinie zu verlegen.

Grüße hatl
 
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Man muss auch bedenken, dass in den Admiralitäten hauptsächlich alte Seebären saßen, die von dem ganzen neumodischen Quatsch nichts wissen wollten und für die ein qualmendes, schnaufendes Kriegsschiff, gegenüber einem vollgetakelten Segelschiff einfach nur lächerlich aussah.
Auch die ersten eisernen Schiffe, wurden von der britischen Admiralität strikt ,mit der Begründung dass hölzerne Rümpfe leichter geflickt werden könnten, abgelehnt.
Wo Alte das Sagen haben, setzt sich neue Technik sehr schwer durch.
 
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