Ich kenne mich nur mit Äthiopien gut aus, und das Land ist innerhalb von Afrika ein Sonderfall (alte christliche Kultur, eigene Schriftsprache, nie kolonisiert....). Deshalb kann man das alles nicht ohne weiteres auf andere afrikanische Kulturen oder Reiche übertragen.
Das axumitische Reich in Äthiopien (bestand bis ins 9./10. Jh., wenn auch zum Schluß nicht mehr besonders einflußreich) hatte sehr weitreichende Handelsbeziehungen - auch der Mittelmeerraum gehörte zum Einzugsgebiet. Griechisch war eine der Verkehrssprachen, Steininschriften der Herrscher wurden neben Ge'ez und Sabäisch auch in Griechisch verfaßt, griechische Handelsgüter sind gefunden worden. Im Austausch bot Axum Gold, Elfenbein, Weihrauch, Sklaven, Tiere und Felle/Häute (sowohl von Wildtieren als auch von Nutztieren). Es gab sogar Verbindungen bis Indien, wo dann auch die einzigen Reiche außerhalb Afrikas existierten, in denen Afrikaner die Herrscherschicht bildeten. Noch heute gibt es in Indien Volksgruppen, die sich auf äthiopische Wurzeln zurückführen und eine eigene (wenn auch inzwischen stark indisch geprägte) Kultur haben. Siehe dazu z.B.
HIER.
Bitte nicht falsch verstehen, ich meine jetzt nicht, dass der Anstoß kultureller Entwicklung von außen kam, sondern dass die Einflüsse von außen (Islam, Christentum) sehr stark waren.)
Diese Sichtweise halte ich im Fall von Äthiopien für nicht angebracht. Natürlich kam das Christentum von außen, aber das war schließlich in Europa genauso. Das axumitische Reich war immerhin der zweite christliche Staat der Welt, und die Armenier hatten darin nur ein paar Jährchen Vorsprung.
Axum profitierte von verschiedenen Fernhandelswegen, sowohl zur See als auch an Land. Es kontrollierte Karawanenwege nach Norden und war intensiv am Handel im Roten Meer beteiligt. Fernhandel ist tatsächlich ein ganz wichtiger Faktor gewesen, da er Reichtümer und Luxusgüter ins Land brachte und die Existenz einer Herrscherelite erst ermöglichte.
Die Blütezeit des Reiches war spätestens nach dem 6. Jh. vorbei. Grund hierfür nicht zuletzt der Aufstieg des Islam und damit verbunden der Zerfall des Sasanidenreiches, was beides dazu führte, daß Axums Handelseinnahmen zurückgingen. Im 9. Jh. wurde dann Axum immer wieder von Überfällen südlicher Stämme heimgesucht, die schließlich das Reich zerstörten.
Das nächste Machtzentrum Äthiopiens lag dann in Lalibela (damals hieß es Roha), das weiter im Landesinneren, im Hochland lag. Hier entstanden vor allem im 13. und 14. Jh. die berühmten Felsenkirchen. (Gibt es aber auch überall sonst im nördlichen Hochland.) Ein Teil der Kirchen, die man heute in Lalibela besichtigen kann, waren wohl ursprünglich repräsentative und/oder Verwaltungsgebäude und wurden erst später zu Kirchen umgestaltet.
Allerdings sind da die Erkenntnisse recht spärlich, weil die äthiopisch orthodoxe Kirche dort keine Grabungen mag. Aber vielleicht ändert sich das ja bald. In Axum wird jetzt zumindest mit weitreichenden Grabungen angefangen, die sich über einen Teil der modernen Stadt erstrecken. Das betreffende Viertel soll abgerissen werden; neue Häuser an anderer Stelle sind im Bau.
Diese Felsenkirchen in Lalibela (und anderswo) sind natürlich ungeheuer dauerhaft, aber andererseits ist auch eine genaue Datierung sehr schwierig. Bei vielen geht man davon aus, daß sie über mehrere Jahrhunderte immer wieder umgestaltet und erweitert wurden. Dazu kommt, daß äthiopische Geschichtsschreibung eigentlich erst im 13. Jh. anfängt und auch dann ziemlich legendenhaft daherkommt. Für frühere Jahrhunderte ist das wenig hilfreich, so daß man sich auf archäologische und epigrafische Befunde stützen muß.
Über die Könige von Lalibela weiß man daher nur sehr wenig. Erst im 16./17. Jh. sind die Informationen - bedingt auch durch Kontakte mit den Portugiesen - wieder vielfältiger.
Auf dem Gebiet des heutigen Äthiopiens gab es bis weit ins 19. Jh. noch mehrere kleine Königreiche, die erst durch die Kolonialpolitik von Menelik II. und seinen Vorgängern unterworfen wurden. Diese Reiche hatten nun gleich gar keine Schriftsprache und bauten anscheinend auch nicht in Stein - da ist wenig übriggeblieben und schon gar nichts aus dem Mittelalter.