Militärische Nutzung der Doppelaxt im MA

Ezio

Mitglied
Hallo liebes Forum,

Ich versuche vergeblich auf des Pudels Kern zu stoßen:
Gab es eine militärische (oder repräsentative/rituelle?) Nutzung
der im Trivialsprachgebrauch "Doppelaxt" genannten Waffe
(nein, keine Streithämmer, Rabenschnäbel etc.) im Mittelalter in Europa?
Die Geister die ich rief streiten sich ;)

Wär schön wenn ein paar Informationen, Quellen oder Ähnliches kämen.

Danke für die Hilfe.

Lg Ezio
 
Ich kenne nur Doppelaxtfunde aus dem byzantinischen Raum, so genannte bipennise, die wurden allerdings nur in kurzer Zeit eingesetzt.

Hier zwei Funde:

BYZANTINE IRON AXE
ROMAN BIPENNIS AXE

Die waren aber nicht diese Monster aus den Filmen, sondern mehr in der Größe eines Fokos.

Ansonsten ist mir nicht bekannt, dass man sie verwendet hätte. Ist halt ein weit verbreiteter Mythos.
 
Deine Frage führt da etwas am Ziel vorbei, bei dem, was wir Mittelalter nennen gab es keine einheitliche Bewaffnung, wie man sie aus neuzeitlichen Heeren kennt.

Mit anderen Worten es wurde nach Präferenz benutzt, wenn ein Ritter oder Fußknecht gut mit dieser Waffe umgehen konnte wurde sie von ihm eben benutzt.

Es mag auch vorgekommen sein dass ein Landsturm oder anderwärtige Aufgebote auch mal einheitlich bewaffnet waren, wenn zufällig diese Waffen im Lager waren. Ein Land/Volk allerdings, dass ausschließlich auf eine spezielle Waffe setzte gab es im Mittelalter nicht.

(ich schließe hier Bogner/Berittene Bogenschützen aus, hier gelten Sonderregeln da es Fernkampfwaffen nicht in so vielen Variationen gibt und es auch Probleme in der Logistik verursacht, wenn man zu sehr z.B. Bogen und Armbrust mischt)
 
Zuletzt bearbeitet:
(ich schließe hier Bogner/Berittene Bogenschützen aus, hier gelten Sonderregeln da es Fernkampfwaffen nicht in so vielen Variationen gibt und es auch Probleme in der Logistik verursacht, wenn man zu sehr z.B. Bogen und Armbrust mischt)

Da stimme ich dir zu, auch wenn es hier OT ist. Allerdings gab es durchaus auch da vermischungen, so setzten die Serben sowohl Kompositreflexbögen und Kurzbögen aus Eibe ein, also auch Armbrüste, wenn auch in geringerer Zahl. Meistens aber, blieb man meistens sehr auf Schwerpunkte zB eher Bogenlastig, oder eher Armbrustlastig (der Balkan war zB sehr Kompositbogenlastig, wo man aber viele verschiedene Typen von Kompositbögen verwendete, wie zB Türken, Krim-Tataren, Ungarische, Kumanische etc.).

Jedenfalls war es anders, als bei Nahkampfwaffen, wenn auch zB Byzanz sehr standardisiert fürs Mittelalter war.
 
@sky:
ja, ist mir schon klar.


Jedenfalls war es anders, als bei Nahkampfwaffen, wenn auch zB Byzanz sehr standardisiert fürs Mittelalter war.

Aber ich denke das gilt nur für die Themen in Byzanz. Ich glaube zu wissen dass Byzanz sehr viele Söldner (Franken, Petschenegen, Araber, Rus und wie sie alle heißen) hatte und so unzählige Waffengattungen und -ausprägungen vorhanden waren. Irre ich mich da?
 
Nun ja.der ursprüngliche Zweck der Doppelaxt als Handwerkszeug war es,in einem Werkzeug zwei Beil mit unterschiedlichem Schliff zur Verfügung zu haben- eine (eher keilförmig angeschliffenen zum Baumfällen und eine schärfere zum Behauen und Entasten.

Ähnliche Funktionen könnte die Doppelaxt auch als Waffe gehabt haben.
Eine Klinge war demnach für´s Helmspalten ausgelegt und eine für feinere chirurgische Operationen.
Eine Doppelaxt läßt sich im übrigen auch leichter werfen als eine einfache Axt.
außerdem ist die psychologische wirkung einer Doppelaxt nicht zu unterschätzen.
 
Aber ich denke das gilt nur für die Themen in Byzanz. Ich glaube zu wissen dass Byzanz sehr viele Söldner (Franken, Petschenegen, Araber, Rus und wie sie alle heißen) hatte und so unzählige Waffengattungen und -ausprägungen vorhanden waren. Irre ich mich da?

Stimmt. Aber die meisten waren in ihre Taktik entsprechend eingebunden, zB Franken kamen in die Latinikon, Petschenggen und Araber in die Skythikon und Rus, zusammen mit Skandinaviern und später Engländer, in die Waräger Garde. Sie hatten aber auch eigene Kontingente, wie zB Psiloi, Skoutatoi etc., und da war die Ausrüstung festgesetzt, was auch im Strategikon stand. zB die Skoutatoi in den ersten Zwei Linien sollten Lammelarpanzer tragen, die dahinter reicht eine Kavadion etc.
Die Byzantiner waren nun mal Erben des Imperium Romanum, und das sieht man eben auch daran, dass vieles in Byzanz standardisiert war (wenn auch nicht ganz so wie in Rom).

Mehr Infos hier:
http://www.geschichtsforum.de/f40/s...uppen-im-dienste-von-byzanz-30347/#post458875
http://mongolen.info/thema2075.htm
http://mongolen.info/thema2098.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Gab es eine militärische (oder repräsentative/rituelle?) Nutzung der im Trivialsprachgebrauch "Doppelaxt" genannten Waffe (nein, keine Streithämmer, Rabenschnäbel etc.) im Mittelalter in Europa?

Demmin [1] geht davon aus, dass sich die militärische Nutzung von Doppeläxten auf das Altertum beschränkt hat; die letzten Axtträger waren also die römischen Bipenniser. Über die Gründe könnte man spekulieren.

Die rituelle Nutzung ist schwerer zu fassen; unterm Stichwort Labrys ? Wikipedia hast Du sicher schon nachgeschaut.


[1] Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwicklungen..., Leipzig 4/1893, S. 814
 
Demmin [1] geht davon aus, dass sich die militärische Nutzung von Doppeläxten auf das Altertum beschränkt hat; die letzten Axtträger waren also die römischen Bipenniser. Über die Gründe könnte man spekulieren.

Die rituelle Nutzung ist schwerer zu fassen; unterm Stichwort Labrys ? Wikipedia hast Du sicher schon nachgeschaut.


[1] Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwicklungen..., Leipzig 4/1893, S. 814

Gucke mal auf die Datierung der beiden Äxte: 6./7. Jahrhundert...das ist schon Mittelalter (frühes Mittelalter allerdings).
 
Gucke mal auf die Datierung der beiden Äxte: 6./7. Jahrhundert...das ist schon Mittelalter (frühes Mittelalter allerdings).
Demmin würde sicher die These akzeptieren, dass die altrömische Waffe sich am längsten im "überlebenden" oströmischen Reichsteil erhalten hat.

Interessant finde ich den Hinweis in der Abbildung auf die Axtträger, die Excubitores (The escort of the axe bearers was for the Emperor, the ideal continuation of the ancient tradition of the Lictores, who joined the ancient Consules with their double axe, symbol of the power and of the justice of Rome), eine Art Leibgarde von 300 Mann, die wohl von Leo I. um 460 geschaffen wurde (Excubitors - Wikipedia, the free encyclopedia). Meine These ist, dass die Truppe nicht zum Kriegführen verwendet wurde, sondern zur Besicherung des Monarchen bzw. - Stichwort Liktores - zu symbolischen Zwecken.

Aber ich war nicht dabei und würde mich durch einen verlässlichen Kriegsberichterstatter sofort vom Gegenteil überzeugen lassen.:winke:

PS: Siehe auch http://books.google.com/books?id=gE...d=0CDIQ6AEwDQ#v=onepage&q=excubitores&f=false ("Hoftruppe")
 
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Mir macht auch eine Doppelaxt wenig Sinn im Kampf...das Tzikourion/Fokos/Valashka (ist ja ein und die selbe Waffe) besteht ja normal aus einer normalen Axtschneide, und einem Hammerkopf, Spitz oder einen Adz (kenne die deutsche Bezeichnung nicht). Hammerkopf (im anderen Forum nennen wir ihn "Fleischklopfer") ist recht praktisch, um Helme ziemlich zu demolieren, und der Spitz müsste ihn gar durchschlagen können. Das Adze ist recht praktisch, um im Nahkampf sich zB in die Beine des Gegners einzuhaken, und ihn zu Fall zu bringen. Natürlich hatten aber Adze und Hammerkopf vor allem eine Funktion als Werkzeug (ich verwende mein Tzikourion auch als Werkzeug, um am Bogenschießplatz Nägel einzuschlagen :D)

EASTERN ROMAN IRON AXE ADZE
http://www.turania.hu/catalog/images/vesett-fokos1_k.jpg
 
Okay, danke für die vielen Antworten.
Also kann man resümieren und eine militärische Nutzung nur aufs Frühmittelalter im oströmisch/byzantinischen Raum beschränken. Oder?
 
8. Jahrhundert spätestens.

Im übrigen Fällt mir ein, das ich da ein Bild von einem Reenacter habe, der einen Byzantiner darstellt, ich glaube um 9./10. Jahrhundert.

Levantia - C 10th infantry

Früher hab ich ihn ziemlich kritisiert, da er mEn im Bereich Bögen, wo ich nun mal spezialiert bin, viel Blödsinn in meinen Büchern schreibt, wo ich aber langsam an Sicherheit verliere, ob er nicht doch recht hat (auch wenn ich noch immer der Ansicht bin, dass er eher unrecht hat).
 
hmmm... interessant. aber im text daneben steht doch was von nem tzikourion. schaut das nicht anders aus?
 
Es gab verschiedenste Formen. Grundsätzlich hatte aber ein Tzikourion normalerweise eben Hammerkopf, Adze oder Spitze, und hatte einen langen Stiel mit kleinem Kopf. Die Doppelaxtvariante kommt mir selbst komisch vor, ist aber auch noch ein Tzikourion.
 
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