Haben Künstler in den Goldenen Zwanzigern das Unheil vorausgesehen?

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Gast

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Hallo,

ich würde mich über Meinungen und Diskussionen freuen zu der Frage, ob Künstler der Weimarer Republik bewusst oder unbewusst gespürt und in Bildern/Zitaten/Büchern verarbeitet haben, dass es auf einen weiteren Krieg hinauslaufen wird.

Könnte mir dazu jemand vielleicht Bildtipps geben oder Künstler nennen?

Vielen Dank =)
 
Da kann ich Dir folgende Seite der Bundeszentrale für politische Bildung empfehlen: Der Kampf gegen den Nationalsozialismus vor 1933

Das Gros der Künstler durchschaute Hitler jedoch nicht! Und wer las schon Hitlers Buch ("Mein Kampf"). Eher belächelte man diesen unangenehmen Zeitgenossen mit seinen pöbelhaften Radaubrüdern (SA).
Nach 1933 arrangierten sich dann viele Künstler irgendwie mit den braunen Machthabern.

Gut beschrieben bspw. in:
Klaus Mann "Mephisto" (Roman)
Stefan Zweig "Die Welt von Gestern" Kapitel "Incipit Hitler" (Erinnerungen) ...


Saludos!
 
Das Gros der Künstler durchschaute Hitler jedoch nicht! Und wer las schon Hitlers Buch ("Mein Kampf"). Eher belächelte man diesen unangenehmen Zeitgenossen mit seinen pöbelhaften Radaubrüdern (SA).
Nach 1933 arrangierten sich dann viele Künstler irgendwie mit den braunen Machthabern.

Wenn man sich mal die lange Liste der deutschen Geistesleuchten vor Augen führt, die emigrierten (die Manns, Brecht, Tucholsky) oder ins innere Exil gingen (G.Hauptmann) - dann kann man diese Verallgemeinerung nicht so unwidersprochen stehen lassen.
 
Nach 1933 arrangierten sich dann viele Künstler irgendwie mit den braunen Machthabern.

Wenn man sich mal die lange Liste der deutschen Geistesleuchten vor Augen führt, die emigrierten (die Manns, Brecht, Tucholsky) oder ins innere Exil gingen (G.Hauptmann) - dann kann man diese Verallgemeinerung nicht so unwidersprochen stehen lassen.

Ich sehe in dem Wort >>viele<< keine Verallgemeinerung.
 
Unheil haben einige Künstler erahnt.

Dass es auf einen neuen Krieg hinauslaufen würde, war in den 20er Jahren wohl noch nicht konkret vorhersehbar, es hätte einer besonderen prophetischen Gabe bedurft. Möglicherweise gab es Künstler, die darüber verfügten, sie sind mir jedoch nicht bekannt, was aber nichts heißen soll.

Im Gegensatz zu der Zeit unmittelbar vor dem 1. Weltkrieg war nach dem 1. Weltkrieg in der Bevölkerung niemand mehr scharf auf einen weiteren Krieg, das sollte bei der Fragestellung beachtet werden.

Ein Tipp:
Ein interessanter Autor wäre Alfred Döblin, der unter dem Pseudonym Linke Poot gesellschaftskritisch publiziert hat. Ich denke, es lohnt sich dort einmal nachzuschauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Spontan fällt mir da John Heartfield (Helmut Herzfeld) ein:
John Heartfield: Listing of Art

Anhang anzeigen 8834
"Durch Licht zur Nacht", so lautete die Überschrift dieser Fotomontage, in der John Heartfield zwei Ereignisse zusammenfaßte: den Brand des deutschen Reichstags am 27.2.1933 und die Bücherverbrennungen am 10.5.1933. Das Bild trug die Unterschrift: "Also sprach Dr. Goebbels: Lasst uns aufs neue Brände entfachen, auf dass die Verblendeten nicht erwachen" (1933).
Sendung: Literatur unterm Hakenkreuz

Weitere Beispiele:
Heartfield versus Hitler
Heartfield versus Hitler

Und die bekannte Göring Collage von 1933:

Anhang anzeigen 8835

2. Ganz interessant fand ich auf der anderen Seite folgenden Abschnitt:

In den Jahren 1930-1933 habe sich die Wirtschaftskrise, im Gegensatz zu der von 1919-1923, in der Kunstwerke noch spekulativ gekauft wurden, stark auf den Kunstmarkt ausgewirkt.
Die Folge waren Anpassungstendenzen. So organisierte die Kestner Gesellschaft in Hannover 1933 eine Ausstellung mit dem Titel „Neue Deutsche Romantik“. Im Vorwort des Kataloges werden besonders die Ähnlichkeiten mit Künstler wie Caspar Davis Friedrich und Runge betont. Für die Kestner Gesellschaft bedeutete das ein Abweichen von dem rein avantgardistischen Konzept.
Michalski: Neue Sachlichkeit, Taschen 1992

3. Metzler Literaturgeschichte bescheinigt den Autoren auch keine Weitsicht:

"Die Machtübernahme Hitlers traf die deutschen Schriftsteller dennoch fast unvorbereitet. Nur wenige Autoren wie Brecht, Feuchtwanger und Heinrich Mann erkannten die drohende Gefahr und schätzten die weitere Entwicklung richtig ein., den meisten fehlte die 'Phantasie für das Noch-Nicht-Dagewesene' (L. Marcuse)."
Deutsche Literaturgeschichte, Metzler 2001, S.433
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sehe in dem Wort >>viele<< keine Verallgemeinerung.
Es ist "nur" eine quantitative Abschätzung, die ich im Übrigen für zutreffend halte, wenngleich man für einen "Beweis" erheblich weiter ausholen müsste.

Siehe zum Thema "Künstler nach 1933" vor allem das fünfbändige Werk von Joseph Wulf über "Kultur im Dritten Reich" (Teilbände: Presse und Funk, Literatur und Dichtung, Die bildenden Künste, Musik, Theater und Film).

Unheil haben einige Künstler erahnt.
So ist es! Wobei die "Ahnung" viele Gesichter angenommen hat.

Von der Dunk [1] beschreibt unter der Überschrift "Apokalyptische Stimmungen", dass diese "weit verbreitet" waren: "Viele ergriff das Gefühl, daß die Menschheit nach der Katastrophe des Krieges am Scheidewege angekommen sei, und jetzt war die Wahl entscheidend wie niemals zuvor: Endgültiger Rückfall in die Barbarei oder die Ankunft eines neuen, geläuterten Menschen!"

Nur wenige hatten anfangs die Hakenkreuzler im Blick- mehr als alles andere wurde der Bolschewismus verdächtigt, den "Untergang des Abendlandes" herbeiführen zu wollen, und die Strategie, "das Bild dieses leibhaftigen Teufels auf die Leinwand der kollektiven Phantasien [zu] projizieren", war in Deutschland "sehr wirkungsvoll."

Zu den bereits genannten Namen füge ich Karl Kraus hinzu.



[1] Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Lizenzausgabe Frankfurt ca. 2004, Bd. 1, S. 322 ff.
 
...Künstler der Weimarer Republik bewusst oder unbewusst gespürt und in Bildern/Zitaten/Büchern verarbeitet haben, dass es auf einen weiteren Krieg hinauslaufen wird...

Schau und lies mal über George Grosz.
In der in Berlin (und Prag) erscheinenden Arbeiter Illustrierten Zeitung publizierten antifaschistische, proletarische und intellektuelle Linke Literarisches, Reportagemäßiges und Darstellerisches (Grafik, Karikatur, Fotografie u.Ä.) zu dem gesuchten Thema.
In dem entsprechenden Wikipedia-Artikel findest du einen Großteil der dort mitarbeitenden Künstler/Schriftsteller, z.B. Käthe Kollwitz und Otto Nagel und z.T. weiterführende Links.
In der Satire-Zeitschrift "Eulenspiegel", ab 1932 "Roter Pfeffer" findest du weitere Beispiele.
Als weitere Quellen für deine Frage können u.a. die Assoziation revolutionärer bildender Künstler (ARBKD) bzw. der Bund proletarischer revolutionärer Schriftsteller (BPRS) dienen.
Du siehst, es gab schon einige, die die Ziele der Nazis bereits früh erkannt hatten und dies auch öffentlich machten.
 
Otto Dix fällt mir da auch noch ein, wenn mich meine Kunst-Leistungskurs-Erinnerungen nicht täuschen.
 
Das Gros der Künstler durchschaute Hitler jedoch nicht! Und wer las schon Hitlers Buch ("Mein Kampf"). Eher belächelte man diesen unangenehmen Zeitgenossen mit seinen pöbelhaften Radaubrüdern (SA).
Nach 1933 arrangierten sich dann viele Künstler irgendwie mit den braunen Machthabern.
Wenn man sich mal die lange Liste der deutschen Geistesleuchten vor Augen führt, die emigrierten (die Manns, Brecht, Tucholsky) oder ins innere Exil gingen (G.Hauptmann) - dann kann man diese Verallgemeinerung nicht so unwidersprochen stehen lassen.
Sicher, viele hatten Deutschland den Rücken gekehrt, vor allem Prominente, die es sich leisten konnten (sowohl finanziell, als auch vom Namen her). Aber man sollte nicht das endlose Heer namenloser Künstler (Schauspieler, Maler, Schriftsteller, Musiker, Regisseure etc.) ausser acht lassen, die daheim blieben und sich mehr oder weniger mit dem Regime arrangierten, aus welchen Gründen auch immer.
Sie waren es nämlich, die die Tausenden Theater, Opernhäuser, Kunstgalerien, Buchverlage, Filmstudios, etc. am Laufen und damit am Leben hielten, und zwar bis in die Endphase des Krieges hinein.

Das soll jetzt auch gar nicht als Vorwurf verstanden sein! Denn wer kann schon Otto Normalverbraucher (bzw. politisch völlig desinteressierte Zeitgenossen) verdenken, sich die Tarnkappe politischer Gesinnung über zu stülpen, wenn anders gewisse Pfründe, zB. berufliche Stellung/Weiterentwicklung, gar nicht zu haben sind? Wie soll er die Verlogenheit und/oder Heuchelei eines Regimes erkennen/durchschauen, wenn er von diesem Regime erzogen worden ist und anderes gar nicht kennt oder gelernt hat?
(Bitte nicht Künstler in jeder Hinsicht als Intellektueller interpretieren!)

Und natürlich gab es auch unter den Daheimgebliebenen zahlreiche Prominente, die sich arrangierten, wie bspw. Gustaf Gründgens, Herbert von Karajan, Wilhelm Furtwängler, Marika Rökk, Leni Riefenstahl, Heinz Rühmann, Gustav Fröhlich, Hans Albers, Richard Strauss, Gustav Havemann, Edwin Erich Dwinger, Adolf Ziegler ... um nur einige zu nennen...


Saludos!
 
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